37. Der Kater auf dem Dach
„Du bist schuld! Ich würde gerne wissen, warum sie so besessen davon ist, bei dir zu sein? Seit sie sich gestern zu dir geschlichen hat und dann wegrannte, hat sie sich dort oben in ihrem Zimmer eingesperrt. Alles, was Arthur und ich versucht haben, um sie hervorzulocken, ist fehlgeschlagen. Was ist vorgefallen?"
Molly kochte. Ihre runden Wangen schienen zu glühen.
Snape stocherte schweigsam in seinem Abendessen.
„Antworte mir!", grollte Molly.
„Jetzt lasst ihn doch erst einmal etwas essen. Er ist erst seit ein paar Stunden auf den Beinen und ihr hackt auf ihm herum. Nicht gerade die feine Art", meckerte Kira.
„Könntest du bitte aufhören, Schniefelus zu verteidigen?", bellte Sirius.
„Könntest du bitte aufhören, mich zu bevormunden?", fauchte Kira zurück. Die letzten Tage hatten auch an ihren Nerven gezehrt.
Snape stand wortlos auf und verließ die Küche.
Kurz darauf hätte man, wenn das Haus nicht magisch versteckt gewesen wäre, einen schwarzen Kater gesehen, der ein ebenso schwarzes Bündel mitschleppte und auf dem Dach des Hauses am Grimmauldplatz Nummer zwölf entlang schlich, wobei dem Tier sein fehlender Vorderlauf nicht gerade behilflich war. An einem der Gaubenfenster stieg er auf den Fenstersims und verwandelte sich in einen Mann. Dieser zog sich, auf dem schmalen Vorsprung Halt suchend, die Kleider an und öffnete mit dem Zauberstab das Fenster, kletterte hindurch und schloss es hinter sich wieder.
„Kannst du mir bitte mal erklären, was das hier soll?", fragte Snape streng und baute sich vor Ginny auf, die ihn geflissentlich ignorierte.
Doch die saß in ihrem Nachthemd auf dem Bett, hatte eine sehr große Schüssel Schokoladeneiscreme vor sich stehen und schaufelte die kühle Süßigkeit in sich hinein. Wütend funkelten ihre Augen nun den Tränkemeister an.
„Was suchst du hier?", fragte sie knapp.
„Dort unten machen sich alle Sorgen. Sie haben Angst, du würdest dir etwas antun oder verhungern ... was ja nicht so scheint." Er sah grinsend auf den großen Topf Eis. „Wobei ich nicht denke, dass das gesunde Ernährung ist."
„Ich wüsste nicht, was dich das interessiert", knurrte Ginny und wandte sich wieder ihrem Eis zu.
„Ginny, was soll das alles? Was willst du denn?" Seine Stimme klang beinahe verzweifelt, und seufzend setzte er sich neben Ginny auf das Bett.
Die junge Hexe blickte nicht auf, als sie antwortete „Dich"
„Mich? … Was willst du denn mit mir?", fragte er verblüfft, doch sichtlich amüsiert.
Ginny warf einen bösen Blick über den Rand des Löffels.
„Ginny, das geht vorbei! Du wirst einen netten jungen Mann kennen lernen … und mich vergessen", setzte er leise hinzu.
„Was glaubst du eigentlich, was ich will? Dich anhimmeln? - Ich will abends in deinen Armen einschlafen und morgens neben dir aufwachen. Ich will dich beruhigen, wenn du einen Alptraum hast und dich an meiner Seite wissen, wenn ich schwierige Zeiten erlebe - oder dachtest du, ich wolle nur Sex? … Das kannst du nun nicht wirklich gedacht haben!"
Severus hielt kurz die Luft an und räusperte sich dann.
„Danke auch! Schön zu wissen, dass du mit jemandem zusammen sein möchtest, den alle Welt abstoßend findet."
Ginny nahm mit einer schnellen Bewegung ihr Kopfkissen und warf es ihm, mit der freien Hand, fest ins Gesicht. Severus legte es beiseite.
„Ginny, du bist sechzehn! Noch nicht einmal volljährig … du könntest meine … ich könnte dein Vater sein", seufzte er.
„Bist du aber nicht! Hat es dir nicht gefallen? … Die Zeit, in der ich bei dir war?"
„Nein", antwortete er sehr hastig. Severus Stimme klang belegt und sehr gedrückt. Doch er sah sie dabei nicht an. (B/N: gggg)
„Schau mir in die Augen und sage das noch einmal." Die junge Hexe sah ihn offen an.
Doch der Zauberer schloss die Augen und atmete geräuschvoll aus.
„Was jetzt? Sag' es mir ins Gesicht!", bohrte Ginny nach.
„Glaubst du, ich hätte mir für irgendeinen anderen Menschen auf dieser Welt den Arm abgeschnitten?"
Ginny schaute ihn groß an.
„Wenn ich es nicht getan hätte, hätte ich dich verloren", fuhr er leise fort.
Sie kuschelte sich ganz dicht an ihn. „Ich hoffe, dass wir uns nie verlieren." Sie steckte sich einen großen Löffel Eis in den Mund.
„Und nun stelle dieses Zeug weg, sonst gefrierst du noch von innen." Er nahm ihr die Schüssel ab und ließ sie auf den Tisch schweben.
„Wärmezauber", grinste Ginny und leckte ihren Löffel sauber.
„Du bist ja fast so schokoladensüchtig wie der Flohträger."
„Nein, bei mir ist es Frustessen!"
„Du bist frustriert? Wegen mir?", fragte er amüsiert.
„Nein, wegen Mad -Eye." Snape sah sie überrascht an. Doch Ginny schüttelte sich vor Lachen.
„Was machen wir jetzt?", fragte Severus, als Ginny sich endlich wieder beruhigt hatte.
„Was du machst, weiß ich nicht, ich gehe jetzt schlafen." Ginny ließ den Löffel zu der Schüssel schweben, zwinkerte ihm zu, drehte sich zur Wand und zog sich die Decke über die Schultern.
Severus saß daneben und schüttelte langsam den Kopf. Dann erhob er sich und ging Richtung Fenster. Nach wenigen Schritten machte er kehrt, legte seine Robe ab und begab sich zu Ginny unter die Decke. (B/N: seufz) Er schmiegte sich ganz dicht an sie und legte seinen Arm um sie. Zufrieden drehte sich Ginny um, sah ihn an.
„Wie bist du eigentlich hereingekommen?"
„Du weißt ja, ich kenne einige inoffizielle Zauber."
„Ich hoffe, du hast dir nicht wieder irgendetwas angekokelt", stichelte Ginny.
„Werd' nicht frech, junge Frau."
„Würde ich nie wagen", murmelte Ginny und war kurz darauf eingeschlafen.
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Als Snape erwachte, lag er auf dem Rücken und Ginnys Kopf ruhte auf seiner Brust. Ihre langen Haare bedeckten seine Schulter und seinen verkrüppelten Arm. Zärtlich strich er mit der Hand über die rote Pracht. Als er merkte, dass sie ebenfalls erwacht war und nun vorsichtig die Ränder seiner Brandnarbe entlangfuhr, lächelte er.
„Soll ich versuchen, die Narbe zu entfernen?"
„Nein, lass sie, sie erinnert mich genau wie dein Arm daran, dass ich einen der mutigsten Männer habe, die ich kenne."
„Einen der mutigsten Krüppel, meinst du."
Ginny hob den Kopf und sah ihn an. Eine Mischung aus Mitleid und Ärger lag in ihrem Blick. Sie schlang ihre Arme um ihn und drückte sich fest an ihn.
In diesem Moment flog die Tür aus den Angeln. Arthur Weasley stand im aufgewirbelten Staub und starrte grimmig auf das Paar im Bett. Snape hatte blitzschnell seinen Zauberstab herbeigerufen und seine Robe an - Ginny konnte nicht sagen, wie er das gemacht hatte.
„Ich habe es doch gewusst! Dafür gehst du nach Azkaban! Amnestie hin oder her, du hast meine Tochter vergewaltigt, nachdem der Krieg vorbei war."
„Daddy, was … wir haben doch nichts …", Ginny war etwas verlegen wegen der misslichen Situation.
„Arthur, beruhige dich!" Snape war langsam aufgestanden, doch Mr. Weasley richtete seinen Zauberstab direkt auf ihn. „Es ist nichts geschehen!"
„Du abartiger, perverser Drecksack!" Arthur bebte vor Zorn. „Sie ist noch ein Kind! Los, du kommst mit. Ginny, du auch. Wir gehen nach unten, Molly wird sich freuen."
„Nein, wir werden nirgendwo hingehen!", zischte Snape recht säuerlich.
„Sie ist meine Tochter! Ich bestimme, was sie zu tun und zu lassen hat. Und dich, dich hat sie zu lassen."
„Glaubst du, es interessiert mich, was du bestimmst? Sie gehört zu mir, und wenn dir das nicht passt …"
„Sie ist noch minderjährig!", brüllte Arthur. „Solange sage ich, was sie darf oder nicht. Sie wird sich von dir fernhalten!"
„Das werden wir ja sehen. Sie gehört mir!"
„Sie ist meine Tochter!"
„STOP! Alle beide! Ich gehöre Niemandem!" Wütend funkelte sie erst ihren Vater und dann Severus an, die aufgehört hatten zu streiten und nun überrascht die junge Hexe anstarrten.
Der Lärm der Explosion hatte die restlichen Bewohner aufgeweckt. Nach und nach versammelten sie sich in dem kleinen Dachzimmer. Und aus Platzmangel auch davor.
„Ich mag den alten Kasten ja auch nicht, aber Ihr könntet mit dem Abriss warten, bis keiner mehr drinnen ist?", tadelte Sirius verschlafen, begann allerdings zu grinsen, als er Snape neben der auf dem Bett knienden Ginny sah. „Dumm gelaufen, was Schniefelus?"
„Sirius, sei ruhig", mahnte Kira ärgerlich.
Molly stürmte in den Raum und blieb steif vor de Bett stehen. „Ginny! Du hast … wenn du nun schwanger bist! Wir müssen dich sofort untersuchen lassen!"
„Genau! Wir lassen sie untersuchen! Dann können wir seine Schandtat beweisen und er muss nach Azkaban!", grollte Arthur.
Ginny wurde weiß um die Nase und fasste Severus am Arm, während sie mit der anderen Hand nach ihrem Zauberstab auf dem Nachtschränkchen tastete.
„Ich werde mich von niemandem untersuchen lassen", fauchte sie schließlich und hielt den Stab abwehrbereit vor sich.
„Du hast keine Wahl! Ich werde ihn anzeigen und dann wird die Untersuchung amtlich angeordnet!", gebot Arthur.
„Das soll erst mal einer versuchen!", zischte Ginny.
„Willst du Ministeriumsangestellte angreifen?", antwortete Molly tadelnd.
„Wenn es sein muss … Ja", Ginnys Stimme war nun fest und bestimmt.
„NEIN!", sagte Severus laut. „Sie wird zu keiner Untersuchung gezwungen und du wirst nicht wegen mir nach Azkaban kommen!" Er blickte Ginny fest in die Augen. „Ich werde zustimmen, meine Aussage unter Veritaserum zu machen."
„Severus!", zischte Lucius beinahe panisch.
Arthur kräuselte die Stirn. „Du würdest es freiwillig tun?", fragte er ungläubig.
„Warum befragt Ihr nicht Severus, ohne ihn anzuzeigen und wenn nichts gewesen ist, lassen wir die Angelegenheit auf sich beruhen?", schlug Lucius vor.
„Dem würde ich glatt zutrauen, dass er neben einem hübschen Mädchen liegt und nichts gebacken bekommt", triumphierte Sirius boshaft. (B/N: gggg)
„Halt die Klappe, Black!", schnauzte Ginny giftig.
„Ginny!", stöhnte Molly entsetzt.
„Wir sollten nach unten gehen und Ginny die Möglichkeit geben, sich anzuziehen. Sagen wir, wir treffen uns in zehn Minuten unten im Salon? Dann können wir in Ruhe darüber reden. Nicht, dass es noch mehr Verletzte gibt, davon hatten wir in letzter Zeit schon genügend", versuchte Remus, die Gemüter zu beruhigen.
„Zehn Minuten!", sagte Arthur finster und nachdrücklich. Er drängte sich durch die Anwesenden und ging nach unten.
tbc
