dreizehn

Vielleicht war es Instinkt gewesen, der ihm gesagt hatte, er solle sich an diesem Abend auf keinen Fall aus seinem Zimmer wagen, um sich in der Küche bei Nancy noch einen Becher Blut zu besorgen. Er und die eifrige Angestellte des Gileshaushaltes hatten sich in den letzten Tagen vielleicht nicht gerade angefreundet – dafür fand sie ihn wohl ein klein wenig zu eigenartig – aber sie waren zu einer freundschaftlichen Übereinkunft gekommen. Gelegentlich wechselten sie ein paar Worte, wenn er unangemeldet in der Küche auftauchte, und scherzten von Zeit zu Zeit über die verschiedensten Dinge. Doch an diesem Abend würde es kein abendliches Treffen zwischen dem Dienstmädchen und dem Vampir geben, denn einem bestimmten Gefühl folgend, verharrte Spike den ganzen Abend in seinem Zimmer. Aufmerksam lauschte er auf sämtliche Geräusche, die er im Haus wahrnehmen konnte, und versuchte alles, um sich von Gedanken an Buffy abzulenken. Er hörte die Diskussionen um das Abendessen, die Nancy mit Lizzy hatte, das ernsthafte Gespräch zwischen Richard und Christopher über die Zukunft des Jungen und die Erwägung ihn im nächsten Schuljahr doch wieder auf eine Privatschule zu schicken, wenn seine Noten weiterhin so gut waren, die sanften Klänge des Klaviers, auf dem Rose versuchte ihre musikalischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und die aufmunternden Worte Arthurs, wenn Rose mal wieder daneben griff und Beethovens fünfter Sinfonie ein brutales Ende bereitete. Alles in allem war es ein harmonischer Familienabend, der in Spike den Wunsch weckte, diesem Haus entfliehen zu können, denn soviel Harmonie war für seinen Geschmack etwas zu viel für einen Abend. Er war schließlich nicht umsonst über hundert Jahre ein skrupelloser Bösewicht gewesen, und fried­volle Familienabende passten da irgendwie nicht ins Schema. Zu analysieren, wann genau er auf­gehört hatte, von sich selbst als Bösewicht zu denken, versuchte er jetzt gar nicht erst anzufangen. Verdammt, er musste unbedingt wieder nach Hause, sonst wurde er hier noch verrückt!

Es war schon später am Abend, Rose und Christopher waren bereits in ihren Zimmern ver­schwunden, er fragte sich, warum Buffy noch immer nicht zu Hause war, aber er versuchte seine Sorge darüber zu unterdrücken, als er hörte, wie Arthur seinen Vater in dessen Arbeits­zim­mer aufsuchte. Auch Spikes hervorragendes Gehör konnte die gedämpften Stimmen nicht wirklich verstehen. Gelegentlich schnappte er mal ein, zwei Worte auf, aber den Zusammenhang konnte er nicht erkennen. Er wollte es gerade schon aufgeben und sich ein Buch aus dem Regal nehmen, das ihn eventuell von weiteren Gedanken ablenken konnte, als die Stimmen lauter wurden, und er in der Lage war, jedes Wort zu verstehen.

„Mit ihr stimmt etwas nicht, Dad, das kann doch ein Blinder sehen. Allein, wie sie schon redet, und du willst mir weismachen, dir ist das noch nicht aufgefallen?" Spike wusste nicht, worüber er mehr erstaunt war, über die Tatsache, dass Arthur richtig wütend klang, oder über die Tatsache, dass der angehende Wächter seinen Vater ‚Dad' nannte. Bisher hatten nämlich all seine Kinder Richard immer nur mit Vater angeredet.

„Ich weiß nicht, was du meinst, Arthur", entgegnete Richard abweisend.

„Dann werde ich es dir beweisen", knurrte Arthur regelrecht, bevor er die Tür zu Richards Arbeitszimmer geräuschvoll schloss und die Treppen in den ersten Stock praktisch hinaufflog.

Spike hatte jedoch keine Zeit, um sich zu fragen, was in den jungen Mann gefahren war, denn im nächsten Moment stand dieser in seinem Zimmer und starrte den Vampir neugierig und anklagend an. Als Spike dem feindseligen Blick des jungen Wächters begegnete, wappnete er sich innerlich gegen eine Auseinandersetzung. Konnte Arthur bereits einen Vampir von einem Menschen unterscheiden? Wahrscheinlich, selbst Lizzy hatte es gekonnt, und wenn Arthur nur ein klein wenig von seinen Eltern mitbekommen hatte, dann wusste er in diesem Augenblick, was Spike war.

„Wer sind Sie und was wollen Sie?" Es waren die ersten Worte, die Arthur sagte, und hätte Spike nicht die tödliche Entschlossenheit in seinem Blick erkannt, hätte er wahrscheinlich ge­lacht.

„Spike", beantwortete er die erste Frage Arthurs, war sich jedoch noch nicht sicher, was er auf die zweite erwidern sollte. „Was hat Richard Ihnen erzählt?" fragte er deshalb in ruhigem Tonfall nach einer Weile, niemals die Augen von seinem Gegenüber abwendend.

„Dass Sie und Ihre Freundin auf der Durchreise sind und nur noch für kurze Zeit hier bei uns wohnen werden", antwortete Arthur ebenso ruhig, sein Gegenüber aber noch immer vorsich­tig musternd.

„Na, dann wissen Sie ja alles, was Sie wissen müssen." Sein Tonfall war arrogant und selbstbewusst, das wusste er selbst, doch er hatte nicht vor auch nur irgendeine Schwäche vor diesem Mann zu zeigen. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich wollte mich gerade zum Schlafen hinlegen."

Ehe er sich versah, spürte Spike, wie er an die Wand geschleudert wurde, und der Wächter seine Arme so abblockte, dass er sie nicht bewegen konnte, und für einen kurzen, wahnwitzigen Augenblick dachte Spike, das wäre die Strafe, weil er erst vor wenigen Stunden genau das Gleiche mit Buffy getan hatte, verwarf den Gedanken aber gleich wieder, und entschied, er hatte zur Zeit wichtigere Probleme.

„Man sollte doch meinen, ein Vampir schläft nicht in der Nacht", zischte Arthur, dessen Gesicht nur wenige Zentimeter von Spikes entfernt war.

„Tja, was soll ich sagen, ich hab mich noch nie an Konventionen gehalten." Spike hatte nicht vor, Arthur zu belügen, auch wenn das in den nächsten Sekunden sein Todesurteil bedeuten konnte.

„Was zur Hölle spielen Sie hier für ein Spiel?"

„Fragen Sie Ihren Vater, Arthur, er wird..." Jeglicher Gedanke war aus seinem Bewusst­sein ver­­­schwunden, als er es erkannte, und in diesem Augenblick sah Spike rot. Nicht in der La­ge, sich die Bilder auch nur vorzustellen, löste sich tief in seinem Innern ein Ton, der nur als das Grol­­len eines Raubtiers definiert werden konnte, schlug Arthurs Hände weg und war im nächsten Mo­ment auf dem jungen Mann. „Was fällt dir ein, sie anzufassen, Giles?" Er war in der Lage zweimal zuzuschlagen, bevor er die Wirkung des Chips nicht länger ignorieren konnte und vor Schmerzen aufschrie.

Arthur, der nicht erkannte, weshalb Spike von ihm abgelassen hatte, nutzte die vorrüber­ge­hen­de Schwäche des Vampirs, zückte den Pflock, den er seit Beginn seiner Ausbildung stets bei sich trug und stürzte sich wieder auf seinen Gegner. Es fehlten nur noch wenige Millimeter, bevor der Pflock sein tödliches Werk vollbringen würde, als Spike mit letzter Kraft den Arm, der die Waffe hielt, abblocken konnte.

„Arthur, lass ihn los", ertönte plötzlich die ruhige Stimme Richards, der unbemerkt das Zimmer betreten hatte, und nun die beiden Männer, die auf dem Boden miteinander rangen, beobachtete.

„Vater, das hier ist ein Vampir", versuchte Arthur Richard zu erklären, der jedoch nur näher trat und seinen Sohn in die Höhe zog.

„Ich weiß", antwortete Richard noch immer ruhig, während er sich zwischen die beiden stellte.

„Ich versteh nicht." Arthur fuhr sich irritiert durchs Haar und starrte seinen Vater an, als hätte dieser den Verstand verloren. „Du weißt das, und trotzdem lässt du ihn hier wohnen?" Fassungslos lief der junge Giles auf und ab, bevor er sich wieder seinem Vater zudrehte. „Ist das einer von diesen Tests von der Akademie, wo wir Prüfungen unterzogen werden, und nicht wissen, wem wir vertrauen dürfen?" Die Hoffnung im Blick Arthurs war deutlich zu erkennen.

„Nein, Arthur, das hier hat nichts damit zu tun." Langsam entfernte Richard den Pflock aus der Hand seines Sohnes und lenkte seine Aufmerksamkeit zum ersten Mal, seit er das Zimmer be­treten hatte, auf Spike. „Geht es Ihnen gut?" Doch Spike sah so aus, als hätte er Richard gar nicht bemerkt. Statt dessen schossen seine Blicke noch immer tödliche Blitze in Richtung Arthurs, die Richard sich nicht erklären konnte.

„Spike?" Seine Stimme war nun lauter und auch nicht mehr ganz so freundlich. Er mochte Spike, das hatte er in den letzten Tagen vor sich selbst zugegeben, aber der Hass, der sich jetzt in dessen Blicken abzeichnete, und der gegen seinen Sohn gerichtet war, jagte ihm einen Schauer über den Rücken, und sämtliche Geschichten, die ihm über Spikes vampirische Familie zu Ohren gekommen waren, schossen ihm in Sekundenbruchteilen wieder durch den Kopf.

Zögernd löste Spike seinen Blick von Arthur und lenkte ihn auf Richard, der ihn fast drohend ansah. Er konnte es ihm nicht verübeln, immerhin war Arthur sein Sohn und ihn zu lieben und zu beschützen war seine oberste Pflicht. Ebenso wie es seine – oder vielmehr Williams – war, seine Mutter und Schwester zu schützen. Die Zweifel, dass ihm das zu Lebzeiten wirklich gelungen war, überwältigten ihn jetzt allerdings, als er versuchte eine logische Erklärung dafür zu finden, weshalb er seine kleine Schwester in jeder Pore des jungen Wächters wahrneh­men konnte.

„Setzen Sie sich", befahl Richard, als er sich sicher war, die volle Aufmerksamkeit des Vampirs zu haben. Sein ernster Blick hinderte Spike daran, Einspruch zu erheben, auch wenn Richard wusste, wie ungern er von anderen Befehle entgegen nahm. „Du auch, Arthur", fügte er hinzu, nachdem dieser sich neben seinem Vater vor dem Vampir aufgebaut hatte, in der Annahme nun zu wissen, was als nächstes geschehen würde.

„Vater..."

„Sofort", unterbrach die strenge Stimme eines Wächters den Sohn, noch bevor er eigentlich protestieren konnte. Richard wartete, bis auch Arthur sich – möglichst weit von Spike entfernt – gesetzt hatte, bevor er, seine Brille putzend, vor ihnen auf und ab marschierte, und überlegte, wie er seinem Sohn all das erklären sollte. Er entschied sich für die einfache – oder vielmehr schwierige – Wahrheit. Immerhin war Arthur ein angehender Wächter und musste mit allen möglichen Dingen fertig werden. Was war da schone eine kleine Zeitreise, ein neutralisierter Vampir und die Vorstellung, eben dieser Vampir könne dazu auserkoren sein, die Welt vor dem Untergang zu bewahren? So weit kam Richard in seiner Erzählung jedoch gar nicht, denn als er versuchte zu erklären, warum Spike keine Gefahr für ihre Familie darstellte, wurde er harsch unterbrochen.

„Vater, bist du sicher, dass er dir da nicht nur was vorspielt? Die Schläge vorhin erschienen mir nämlich verdammt echt, und verdammt schmerzhaft." Wie als Beweis, hielt Arthur sein Kinn in die Luft, wo sich ein deutlicher blauer Fleck abzuzeichnen begann.

Erschrocken und nicht sicher, was er glauben sollte, richtete er seinen Blick auf Spike, der je­doch vermied in die Augen des Wächters zu gucken. „Spike?" Die Enttäuschung, die in der Stim­me mitschwang reichte jedoch aus, um den Vampir dazu zu bringen, sein Gegenüber anzu­se­hen.

"Ein Schlag mehr, und ich wäre ohnmächtig gewesen", erklärte Spike, Arthur ignorierend. „Nicht, dass es dazu gekommen wäre, denn schon nach den ersten beiden Kinnhaken konnte ich nicht mehr geradeaus sehen." Er lachte humorlos auf und vergrub seine Hände in seinen Hosen­ta­schen. „Oder denken Sie, Ihr Sohn hätte den Pflock sonst so nah an mein Herz bringen können?"

„Sie wollen also sagen, es sei reine Selbstverteidigung gewesen?" Das klang überzeugend. Immerhin war Arthur dazu erzogen und ausgebildet worden, Vampire zu hassen und sie zu bekämpfen – wenn eigentlich auch nur theoretisch.

„Nicht direkt", zischte der Vampir, der inzwischen wieder seinen hasserfüllten Blick auf Arthur gerichtet hatte.

„Was soll das denn jetzt wieder heißen?" Richard ließ sich ermattet auf einen der Sessel fallen. Es war zu spät für diesen Blödsinn. Er sollte eigentlich im Bett liegen und darüber nach­denken, wie er seine Gäste so schnell wie möglich wieder nach Hause bringen konnte. Oder seiner Frau zeigen, dass er sie nicht absichtlich in den letzten Wochen vernachlässigt hatte. Als jetzt jedoch keiner der beiden antwortete, war Richard kurz davor die Geduld zu verlieren. „Also, Spike, worum ging es hier, als ich hier reinkam?"

„Lynn", kam seine ruhige, knappe Antwort, die jedoch die beiden anderen Männer im Raum völlig aus dem Konzept brachte.

„Was..." Arthur verstand gar nichts mehr, und schloss den Mund wieder, als er erkannte, dass er nicht wusste, was er sagen sollte.

„Was hat denn Lynn damit zu tun?" fragte Richard, der auch nicht begreifen konnte, wovon der Vampir sprach. Alles, was ihn nun beschäftigte, war die Frage, wie sie Arthur die Sache mit der Zeitreise und William Atherby erklären sollten. Bisher hatte sein Sohn nämlich die Ähnlich­keit – die von Tag zu Tag offensichtlicher für Richard wurde – noch nicht erkannt. Lag wahr­schein­lich daran, dass der Vampir seine eigene Kleidung aus dem 21. Jahrhundert trug und noch immer diese eigenartig gefärbten Haare hatte.

„Fragen wir doch Ihren Sohn", erwiderte Spike äußerlich gelassen, innerlich jedoch vor Anspannung zitternd.

„Arthur?" Richard konnte sich noch immer nicht vorstellen, was Spike meinte, und bei der ratlosen Miene seines Sohnes, ging es diesem wohl ähnlich. „Was könnte es zwischen dir und Lynn Atherby geben, das...?" Der Schalter in seinem Kopf wurde im Zeitlupentempo umgelegt, doch als es plötzlich Klick machte, war das Bild deutlich zu sehen. Ungläubig drehte Richard sich zunächst wieder zu Spike um, nur um im nächsten Augenblick seinen Sohn wieder anzusehen, und festzustellen, dass dessen Züge feuerrot geworden waren.

„Arthur..." Richards Stimme war leise, und in diesem Moment wünschte er, Lizzy wäre hier. Sie könnte mit Sicherheit zwischen Arthur und Spike vermitteln, ohne dass die beiden ein­an­der umbrachten. „Arthur, das Mädchen ist die beste Freundin deiner Schwester", war das Bes­te, mit dem er aufwarten konnte, was ihm jedoch lediglich einen trotzigen Blick seines Sohnes ein­brachte, den dieser immer zur Schau stellte, wenn er versuchte seinen Willen durch­zu­set­zen und die Argumentation seiner Eltern nicht nachvollziehen konnte.

„Was hat das denn bitte damit zu tun?"

„Herr Gott, noch mal", fluchte Richard, plötzlich wieder froh, dass Lizzy nicht mit im Raum war. „Sie ist noch ein Kind, Arthur!"

„Sie ist fast sechzehn", verteidigte Arthur sowohl sich, als auch Lynn.

„In zwei Monaten, du Pappnase", ertönte nun auch Spikes Stimme, der inzwischen ebenso wie Arthur aufgestanden war. „Hast du eine Ahnung, wie lang zwei Monate sind, wenn man fünfzehn ist?"

„Was geht es dich eigentlich an, mit wem ich meine Zeit verbringe?"

Statt auf Arthurs Frage zu antworten, richtete Spike sich an Richard und sah diesen zweifelnd an. „Und der Kerl soll mal ein Wächter werden?"

„Arthur", versuchte Richard die Aufmerksamkeit seines Sohnes wieder auf sich zu lenken, Spike völlig ignorierend. „Bitte setz dich wieder hin, dann werde ich versuchen alles zu erklä­ren."

Jetzt kam der wirklich schwierige Teil, denn wie sollte er ihm die Sache mit der Zeitreise begreiflich machen, wenn er sie selbst nicht wirklich verstand? „Arthur, es hat sich heraus­ge­stellt, dass Spike hier, und Miss Summers... aus der Zukunft stammen. Um genau zu sein aus dem Jahr 2001."

Unter normalen Umständen wäre Arthur jetzt wohl in tosendes Gelächter ausgebrochen, doch etwas am Gesichtsausdruck seines Vaters sagte ihm, wie ernst ihm diese Sache war. Also hörte er sich die ganze Geschichte an, die Richard selbst vor noch gar nicht so langer Zeit zu hören bekommen hatte.

„Nun, und um deine Frage zu beantworten... Es sieht wohl so aus... Du musst verstehen..."

„Lynn ist meine Schwester", fuhr Spike dazwischen, als er das Gestotter des Briten nicht mehr ertragen konnte. Der Vampir nutzte den offensichtlichen Schock, in den er Arthur versetzt hatte aus, um sich bedrohlich vor ihm aufzubauen. „Und wenn du auch nur daran denken solltest, sie anzufassen, mach ich dich kalt, ganz egal, wie sehr mir danach der Schädel brummt."

„Spike, ich bin sicher, mein Sohn hatte immer nur ehrenvolle Absichten Lynn betreffend", schaltete Richard sich wieder ein, der noch immer besorgt den schockierten Ausdruck auf Arthurs Gesicht beobachtete. „Nicht wahr, Arthur?" versuchte er ihn nun harsch aus seinem apathischen Zustand zu befreien.

„Was?" Arthur schüttelte seinen Kopf, um wieder klar denken zu können. Hatte ihm jemand eine Frage gestellt? Sein Vater? „Oh, ja sicher, Dad."

Spike schnaubte wenig überzeugt, entfernte sich aber einige Schritte von Arthur, dessen Züge nun ein leichtes Lächeln umspielten. „Und ich hatte die Befürchtung, William der Blutige Dichter könnte eines Tages davon erfahren und mich zur Rechenschaft ziehen."

„Tja, ich würde sagen, die Angst war berechtigt." Die Drohung in Spikes Stimme war offensichtlich, als dieser Arthur mit stahlblauen Augen fixierte.

„Oh, das ist fantastisch", Arthur sprang auf, der Schock und die Angst des ersten Moments vergessen. „Du, ein Vampir, in meines Vaters Haus, drohst mir? Dad, er..."

„Arthur, jetzt atme erst mal tief durch. Und Spike, Sie hören auf meinem Sohn zu drohen, haben wir uns verstanden?" Die Autorität in Richards Stimme wirkte sowohl bei dessen Sohn, als auch bei seinem Hausgast. „Gut, da wir jetzt alle wieder ruhiger geworden sind, schlage ich vor, dass ihr zwei euch zusammen hinsetzt und die Situation gemeinsam besprecht. Arthur, du wirst mir deinen Pflock geben, und Spike, Sie versprechen mir, ihr Reißzähne nicht zu zeigen. Wenn ich auch nur noch ein Wort aus diesem Raum hier höre, werde ich verdammt wütend werden, und es war ein langer Tag."

„Vater, du willst mich ohne Waffe mit diesem... diesem Ding hier allein lassen?" Arthurs Augen waren angstgeweitet und fassungslos auf seinen Vater gerichtet.

„Ja, Arthur, genau das habe ich vor. Ich bin müde und habe keine Lust weiterhin den Schiedsrichter zu spielen. Spike wird dir nichts tun, mein Sohn, glaub mir, ich habe ihn in den letzten Tagen sehr gut kennengelernt, und wage zu behaupten seinen Charakter einschätzen zu können. Und wenn er sagt, er tut dir nichts, dann wird er es auch nicht", die letzten Worte richtete er nicht an Arthur, sondern sah Spike direkt in die Augen. Der Vampir konnte nur nicken, sich einmal mehr fragend, warum die Mitglieder dieser Familie ihn eigentlich lesen konnten, als wäre er ein verdammtes Buch. Rupert konnte es auch, obwohl der sich noch nie die Mühe gemacht hatte Spikes Charakter näher kennen zu lernen.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verließ Richard den Raum, innerlich betend gerade keinen Fehler begangen zu haben. Spike schien an diesem Abend nicht gerade gut aufgelegt zu sein, was wahrscheinlich zum großen Teil an Buffys Verabredung mit den Atherbys lag, und die Befürchtung Arthur könne die Ehre seiner kleinen Schwester gefährdet haben, schien seine Laune nicht gerade verbessert zu haben. Trotzdem glaubte er an den Vampir und war gewillt ihm eine Chance zu geben. Und was Arthur betraf, so musste der inzwischen auch so weit sein, sich scheinbar aussichtlosen Situationen zu stellen, und Richard war überzeugt, sein Sohn wäre dazu imstande.

Während Richard seinen Weg zurück in sein Schlafzimmer machte, standen die beiden jungen Männer sich schweigend gegenüber, keiner sicher, was er sagen sollte, ohne, dass es in einer Schlägerei enden würde.

„Wann ist das passiert?" fragte Arthur den Vampir unvermittelt.

„In etwa sechs Monaten von heute an gerechnet", antwortete Spike knapp, nicht sicher, was er von der plötzlichen Ruhe halten sollte.

„Dann kann ich davon ausgehen, dass William nichts von Lynn und mir wusste?" Spike musterte sein Gegenüber eingehend. War das Enttäuschung in seiner Stimme?

„Daran könnte ich mich wohl erinnern."

„Wir wollten es eigentlich in zwei Monaten bekannt geben. Wenn sie sechszehn wird", murmelte Arthur benommen. Warum war es in der Zukunft nicht dazu gekommen? Als Spike nicht darauf reagierte, wagte Arthur noch einen Schritt weiter zu gehen. „Ich liebe sie, weißt du, und ich..."

Ein unterdrücktes Grollen ertönte aus Spikes Brust, und Arthur blickte den Vampir erschrocken an. „Und ich würde ihr niemals weh tun", versicherte er eindringlich, nicht gewillt, den Zorn des Untoten auf sich zu ziehen. Spike war jedoch wenig überzeugt, und hatte nicht vor, es Arthur leicht zu machen, als das Knurren immer mehr an ein Raubtier erinnerte.

„Hör zu ... Spike", er machte eine kurze Pause, in der er über diesen absurden Namen nachdachte. „Ich weiß genau, wie du dich fühlst... Na gut, ich habe keine Ahnung, wie du dich fühlst, aber ich kann mir vorstellen, was in deinem Kopf vorgeht." Er stand wieder auf und entfernte sich einige Schritte von dem Vampir. „Weil ich nämlich ganz genauso denken würde, wenn sich einer meiner Freunde an Rose heranmachen würde", sagte er leise, was ihm wenigstens Spikes Aufmerksamkeit einbrachte.

„Wir sind keine Freunde", zischte Spike durch zusammengebissene Zähne.

„Das weiß ich auch, und ich zähle auch William Atherby nicht wirklich zu meinen Freunden. Aber ich hatte die Hoffnung, wir könnten Freunde werden." Er äußerte jetzt nicht sein Bedauern darüber, dass es wohl niemals so weit kommen würde.

„Wenn du ihr in irgendeiner Weise weh tun solltest, und ich erfahre davon, werde ich dir sämtliche Eingeweide herausreißen. Die Schmerzen, die du erleiden wirst, werden schlimmer sein, als alles, was du dir auch nur entfernt vorstellen kannst."

Arthur schwieg für einen Augenblick, in dem er Spike kritisch musterte. „Ich habe den Eindruck, dass Lynn in nächster Zeit nicht durch meine Taten verletzt werden wird." Arthurs Worte waren für Spike wie ein Schlag in die Magengrube, und als Richards Sohn wortlos sein Zimmer verließ, ließ der kalte Ausdruck in seinen Augen, einen Schauer über den Rücken des Vampirs laufen.

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Buffy schloss die schwere Eichentür hinter sich und ließ sich erschöpft gegen das dunkle Holz fallen. Endlich war sie wieder ‚zu Hause' und konnte tief durchatmen. Sie hatte schon fast angenommen, der Abend bei den Atherbys würde niemals enden, und sie wäre auf ewig mit einem Mann eingesperrt, den sie zwar mochte, den sie aber auf keinen Fall mögen durfte – oder vielmehr, der sie nicht wirklich mögen durfte – und so war der größte Teil des Abends eine regelrechte Tortur gewesen. Immer wieder, wenn Cecily Underwoods Name gefallen war, hatte sie sich geradezu zu einem Lächeln zwingen müssen, William mindestens hundert mal versichert, wie nett ihr diese Person doch erschienen war. Bei jeder einzelnen Lüge hatte sie es nicht gewagt, Lynn anzusehen, denn dort, da war sie sicher, hätte sie den Vorwurf des Verrats lesen können.

Es war fast eine Erlösung gewesen, endlich ein erschöpftes Gähnen zu ‚unterdrücken', und so Constances Mitleid auf sich zu ziehen. Noch eine Stunde mehr, und sie wäre niemals in der Lage gewesen, einfach aufzustehen, sich für den netten Abend zu bedanken, und die Familie Atherby einfach ihrem Schicksal entgegeneilen zu lassen. Auch so war es schon schwer, wenn sie sich vorstellte, was Spike mit seiner Mutter und Schwester anstellen würde, sobald er sich dem ersten Blutrausch seines Unlebens hingab. Wie sollte sie nur weiterleben, wenn sie sich immer nur an diese beiden netten, freundlichen Menschen erinnern würde, die es einfach nicht verdient hatten auf diese Weise zu sterben. Und trotzdem konnte sie nichts an ihrem Schicksal ändern, denn sie durfte die Zukunft nicht gefährden. Weder ihre eigene, noch Spikes, noch die der restlichen Welt.

Ein Geräusch aus dem kleinen Salon riss sie aus ihren Gedanken, und neugierig, wie nur eine Jägerin sein konnte, schlich sie lautlos in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Bei dem Anblick, der sich ihr bot, als sie die Tür zum Salon geräuschvoll aufstieß, erstarrte sie jedoch.

„Was ist passiert?" Nur ein Blick auf Richards mitgenommene Züge reichte aus, um ihr zu sagen, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Der Wächter war blass und seine Augen wirkten zehn Jahre älter, als noch vor wenigen Stunden.

Richard musterte Buffy eingehend, bevor er sein mit Scotch gefülltes Glas abstellte.

„Wissen Sie, Buffy, ich war mir immer bewusst einen aufreibenden Beruf zu haben. Ich erlebe die unfassbarsten Dinge und mache Erfahrungen, die 90 der Weltbevölkerung ewig verborgen bleiben werden. Trotzdem bin ich mit diesen Dingen bis jetzt immer gut klar ge­kom­men. Ich wusste um meine Verantwortung der Menschheit gegenüber und habe diese Aufgabe ohne zu Zögern angenommen. Aber jetzt, innerhalb kürzester Zeit, scheint alles aus dem Ruder zu laufen. Hätte mir zum Beispiel jemand vor drei Wochen gesagt, ich hätte heute einen Vampir des Aurelius-Bundes zu Gast, ich wäre in tosendes Gelächter ausgebrochen. Aber nein, das ist ja gar nicht das Absurdeste an dieser Geschichte, denn dieser Vampir kommt – zusammen mit einer Jägerin wohlgemerkt – aus der Zukunft." Richard fuhr sich müde über die Augen, während Buffy ein Grinsen nicht unterdrücken konnte.

„Haben Sie vielleicht schon einen Scotch zuviel gehabt, Mr. Giles?"

„Glauben Sie mir, ich wünschte, es wären noch ein paar mehr gewesen", murmelte Richard ohne zu Zögern, und wieder einmal wurde Buffy durch diesen Kommentar schmerzhaft an ihren Giles erinnert. Müde und erschöpft richtete er seinen Blick wieder auf Buffy. Der Ernst und die Sorge in seinen Augen erschreckte sie. „Mein Sohn hat sich in Lynn Atherby verliebt."

„Ich weiß."

„... und Spike hat davon erfahren", schloss er den Satz, ohne sie zu beachten.

Der Schreck und die Angst standen ihr augenblicklich ins Gesicht geschrieben, als sich ihre Augen weiteten, und sie besorgt nach der Hand des Wächters griff.

„Sie sind aufeinander losgegangen, als wenn es kein Morgen gäbe, und wäre ich nicht dazu gekommen, wäre einer von beiden jetzt wohl nicht mehr am Leben."

Ohne noch ein weiteres Wort abzuwarten, sprang Buffy auf und rannte die Treppen, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, nach oben, und im nächsten Moment stand sie vor ihm.

„Buffy", Spike hatte augenblicklich seine gemütliche Position auf seinem Bett aufgegeben und stand vor ihr, ihren Körper nach äußeren Anzeichen für ihre Aufregung absuchend. „Was ist los, ist alles in Ordnung?"

„Du fragst mich, ob es mir gut geht?" Ohne nachzudenken, schlang sie ihre Arme um seinen entblößten Oberkörper und drückte ihn an sich.

„Hey, ist ja gut", versuchte er sie zu beruhigen. Ihr Verhalten erschien ihm mehr als eigen­ar­tig, denn als sie ihn vor wenigen Stunden verlassen hatte, war er überzeugt gewesen, dass sie nie wieder auch nur ein Wort mit ihm wechseln würde. „Was ist los, Liebes?" Er löste sich wider­willig von ihr, denn der Gedanke ihre Nähe noch länger zu genießen, war verlockend, doch musste er auch herausfinden, was geschehen war, wenn er ihr helfen wollte. Die Tränen auf ihren blassen Wangen erschreckten ihn, und um den Körperkontakt nicht völlig aufzugeben, griff er in einer beruhigenden Geste nach ihren Händen, bevor er sie sanft zu der kleinen Sitzgruppe führte.

Buffy sog seinen Anblick in sich auf, wie um sich zu vergewissern, bevor sich ein Lächeln um ihre Züge bildete. „Er hat dich nicht verletzt", flüsterte sie kaum wahrnehmbar, doch sein gutes Gehör hatte ihre Worte aufgenommen. Einen Moment fürchtete er jedoch sich verhört zu haben, als ihm der Inhalt ihrer Aussage klar wurde. Zunächst wusste er nicht, was er sagen, wie er darauf reagieren sollte. Alles, was er wusste, war, dass sein Herz, wenn es denn noch schlagen würde, gerade mit Sicherheit für einige Sekunden vor Freude zu schlagen aufgehört hätte.

„Richard hat dir erzählt, was hier heute Abend los war?" fragte er nach einiger Zeit klein­laut, nicht gerade stolz auf die Szene, die es mit Arthur gegeben hatte.

„Ja", antwortete sie ebenso leise, von ihrem Gefühlsausbruch peinlich berührt, als ihr die Tränen auf ihren Wangen bewusst wurden. Hatte sie ihn nicht vor einigen Jahren mal als kläg­li­che Heulsuse bezeichnet? Es war wohl an der Zeit sich da an die eigene Nase zu packen. ‚Und warum hat er eigentlich nie ein Hemd an, wenn ich hier ins Zimmer komme? Will er mich um den Verstand bringen?'

„Ich... äh", Spike rang mit den Worten, als er nach einem Weg suchte sein Verhalten von vorhin zu erklären. „Das hatte ich nicht erwartet. Ich meine..."

„Ich weiß." Sie drückte verständnisvoll seine Hand.

„Es war einfach so überraschend. Er war regelrecht in ihrem Geruch gebadet und... ich denke, ich habe nicht klar gesehen." Während er an diesen Augenblick zurückdachte, in dem er den Duft seiner Schwester an diesem fremden Kerl erkannt hatte, spielte er gedankenverloren mit ihrer Hand, die sie ihm noch immer nicht entzogen hatte.

„Tut mir leid, dass du es so erfahren hast", murmelte sie leise.

„Nun ja, wie hätte ich auch sonst davon..." Seine Augen schossen nach oben und blickten sie entgeistert an. „Du...", er entriss ihr seine Hand und stand auf, um unruhig auf und ab zu laufen. „Du hast davon gewusst?"

„Erst seit gestern Abend", versuchte Buffy sich zu rechtfertigen. „Und ich hatte ihr versprechen müssen, niemandem davon zu erzählen."

„Nun, ich glaube nicht, dass Lynn an mich gedacht hat, als sie sagte ‚niemand'!" Der Zorn in seiner Stimme ließ Buffy fast zusammenschrecken, aber sie hatte nicht vor, ihm das zu zeigen.

„Natürlich hat sie dabei an dich gedacht. Ihre genauen Worte waren... gut, ich weiß ihre genauen Worte nicht mehr, aber sie sagte so was wie, wenn mein Bruder es herausfindet, dass ich hier mit einem Typ rumknutsche, bin ich geliefert." Sie machte Anstalten in dem Sessel zu versinken, als sie seinen kreisrunden, vor Entsetzen erstarrten Augen begegnete. „Und vielleicht hätte ich dieses Detail doch lieber für mich behalten sollen", murmelte sie vor sich hin, als er sich ihr wieder näherte. Allen Mut zusammen nehmend, beschloss sie in die Offensive zu gehen. „Hör zu, Spike, es ist doch überhaupt nichts passiert. Sie haben sich im Garten hinten bei den ... wo waren wir gestern Abend, bei den Adams? ... wie dem auch sei. Die beiden haben sich getroffen, nachdem sie sich wahrscheinlich ziemlich lang nicht gesehen haben, und sich begrüßt. Dabei haben sich zufällig ihre Lippen ein klein wenig berührt. Keine große Sache!" Sie schenkte ihm ein Lächeln, von dem sie hoffte, es könne ihn ablenken, doch er schien es gar nicht zu bemerken.

„Keine große Sache? Hast du eine Ahnung, wie das aussehen würde, wenn jemand davon Wind bekäme? Buffy, das hier ist nicht Amerika und auch nicht das 21. Jahrhundert! Hier wird noch darauf geachtet, wie sich junge Mädchen verhalten, und wenn Lynn und Arthur... Gott, ich höre mich schon genauso an, wie diese Schwachköpfe!" Er ließ sich wieder auf seinen Sessel fallen und starrte frustriert an die Decke.

„Spike, glaubst du wirklich, Lynn und Arthur sind die einzigen jungen Menschen, die es wagen, sich heimlich zu treffen und – ziemlich harmlose – Küsse auszutauschen? Wir befinden uns vielleicht im viktorianischen London, aber auch ihr wart damals nur Menschen." Als sie keine Reaktion von ihm erhielt, griff sie nach seiner Hand, und hoffte so, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Du warst kein schlechter Bruder. Ich habe euch beide doch zusammen gesehen ... na ja, William und Lynn ... und sie könnte sich keinen besseren Bruder wünschen."

„Und warum kann ich mich dann nicht mal an einen Arthur Giles erinnern?"

Innerlich stöhnte sie auf, als sie wieder an der Stelle angelangt waren, wo Spike sich selbst in Frage stellte, weil er sich nicht an jede Kleinigkeit aus seinem Leben erinnern konnte. „Weil es über 120 Jahre her ist, und Arthur und Lynn zum Zeitpunkt deines Todes wahrscheinlich noch nie­man­dem ein Wort von sich erzählt hatten", erwiderte sie so sanft sie nur konnte, fest ent­schlos­sen keine Zickigkeit in ihrer Stimme zuzulassen. „Und sieh mal, das hat doch auch was Gu­tes, denn so kannst du dir sicher sein, dass die beiden vorsichtig genug waren, um sich in der Öffent­lichkeit nichts anmerken zu lassen. Also haben sie keinen Zündstoff für Gerüchte geliefert."

„Soll mich das jetzt etwa beruhigen?" War er äußerlich noch völlig beim Thema, so konnte er eigentlich nur an die kleine, warme Hand in der seinen denken. Die Gefühle, die dieser fast flüchtige, und doch innige Kontakt, in ihm auslösten, waren überwältigend, als einmal mehr seine Gedanken zum vorigen Abend zurück wanderten, als er, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick, ihre sanften Lippen auf den seinen gespürt hatte. In diesem Moment hätte die Welt stehen bleiben können, er hätte es nicht bemerkt. Gleichzeitig war er sich jetzt auch schmerzhaft der wachsenden Erektion in seinen Jeans bewusst, die genau zu dem Zeitpunkt aufgetreten war, als er erkannt hatte, dass sie sich Sorgen um seine Sicherheit gemacht hatte. Doch genau wie am Abend zuvor wusste er auch, dass er später, wenn er wieder allein war, selbst damit fertig werden musste.

„... gar nichts daran ändern können."

Die plötzliche Stille riss ihn gewaltsam aus seinen Gedanken, und er war froh, keine Blutzirkulation zu besitzen, denn sonst wäre er jetzt mit Sicherheit so rot wie eine Tomate geworden. Seine Chancen fifty-fifty einschätzend, dass er bei einer Antwort richtig liegen könnte, wagte er den Versuch ihr einfach zuzustimmen. „Ja, du hast Recht." ‚Und wozu genau habe ich ihr jetzt Recht gegeben?', fragte er sich mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend.

„Hast du mir überhaupt zugehört?"

‚Nein, mein Schatz, ich habe mir vorgestellt, wie deine kleine, heiße Hand langsam an meinem Schwanz auf und ab gleitet und mich quält, bis ich den Verstand verliere... Großartig!' Er unterdrückte ein Stöhnen und versuchte unauffällig seine Stellung in dem Sessel so zu verändern, dass die eindeutige Beule in seinen Jeans nicht allzu sehr ins Auge sprang, bevor er sich mit der Beantwortung der Frage auseinander setzen musste.

„Du bist immer noch wütend auf mich, oder?" fragte sie ihn leise, bevor er überhaupt eine Chance hatte, zu antworten, und hinterließ ein irritiertes Stirnrunzeln auf seiner Stirn. Wütend? Warum sollte er wütend auf sie sein? Ach ja, das Essen. Hatte er fast vergessen.

„Äh... ja, genau... ach, nein, eigentlich nicht." ‚Klasse, und ich dachte Joey in Friends wäre erbärmlich!'

„Ich weiß, ich hätte da nicht hingehen sollen." Das erlangte seine Aufmerksamkeit, und für einen Moment verließ ihre Hand seine Gedankenwelt. „Irgendeinen Grund abzusagen, oder die Einladung abzulehnen, hätte ich schon gefunden."

„Es scheint die Zukunft ja anscheinend nicht beeinflusst zu haben", gestand er zögernd ein. Eigentlich hatte er schon kaum mehr an ihre Auseinandersetzung gedacht, doch nachdem sie es jetzt selbst erwähnt hatte, war ein Teil des Zorns wieder zurückgekehrt. Nein, nicht so sehr des Zornes, vielmehr der ohnmächtigen Angst, ihr unüberlegtes Handeln könne seiner Existenz ein jähes Ende setzen.

„Ja, Gott sei Dank!" Das Lächeln, mit dem sie ihn jetzt betrachtete, war fast schüchtern zu nennen, und diese Unsicherheit, die er nun in ihr erkannte, ließ sie ihm nur umso begehrenswerter erscheinen.

„Es tut mir leid, dass ich vorhin so ausgerastet bin", sagte er nach einem Moment, in dem er sich ernsthaft fragte, seit wann sie so nett zueinander waren. Irgendwie surreal! „Ich hab das nicht so gemeint... das mit dem beschränkt sein, und so."

„Ist schon gut. Ich denke... ich hatte nichts anderes verdient." Nur zu deutlich spürte sie den leichten Druck, den seine Finger auf ihre Hand ausübten, und sie fühlte, wie in ihr das Verlangen aufstieg, diese Hände auch auf dem Rest ihres Körpers zu spüren. Sie konnte sich gut vorstellen, wie sie sanft ihre Brüste massierten, bevor sie weiter an ihrem Körper herabwanderten, sich ihrem eigentlichen Ziel stetig näherten, doch dann, kurz, bevor sie dort ankamen, wieder den Rückzug antraten, nur um daraufhin die Reise von vorn zu starten, so lange, bis sie ihn anflehen würde ihr endlich Erleichterung zu verschaffen. Entsetzt über ihre Gedankengänge schoss ihr die Röte ins Gesicht. ‚Was, wenn er meine Erregung bemerkt, wenn er sie riechen kann? Warum verschlingen meine Finger sich eigentlich gerade mit seinen?'

„Ich... ich...", sie hatte Schwierigkeiten ihre Gedanken in klare Worte zu fassen, als sich der Druck seiner Finger auf den ihren verstärkte, und sie hatte das Gefühl in den blauen Tiefen seiner Augen für immer zu versinken. „... ich sollte... jetzt wirklich lieber gehen", schaffte sie es den Satz zu beenden, machte jedoch keinerlei Anstalten aufzustehen, um ihre Absicht auch wirklich in die Tat umzusetzen.

Ihre zögerlichen Worte drangen nur nach und nach in sein Bewusstsein vor, denn alles, was er noch bemerkte, waren ihre Augen, die sich unbarmherzig in die seinen zu bohren schienen, ihre Finger, die still mit den seinen eine Einheit gebildet zu haben schienen, ihr Körper, der Lust und Verlangen ausstrahlte, ohne dass sie sich dessen bewusst zu sein schien. Nicht wissend, wo er die Kraft dafür hernahm, schaffte er es aufzustehen, und sie mit sich nach oben zu ziehen. Sie standen sich gegenüber, nur durch wenige Zentimeter voneinander getrennt, und er konnte ihre Erregung in jeder Pore an ihrem Körper wahrnehmen. Dieses Wissen, dass er ihren Körper so weit gebracht hatte, nur dadurch ihre Hand zu halten – und vielleicht hatte auch sein entblößter Oberkörper seinen Teil dazu beigetragen – ließ ihn nur noch härter werden. „Ja, vielleicht solltest du das besser", raunte er ihr entgegen, bevor er sie an sich zog und seine Lippen die ihren fanden.

Irgendwo tief in ihren Innern dachte Buffy, sie müsse dagegen ankämpfen, dass es falsch war, sich so sehr zu ihm hingezogen zu fühlen, ihn so sehr zu begehren, doch sie ignorierte diese Stimme und konzentrierte sich voll und ganz auf die neuen Gefühle, die Spike in ihre weckte. Ohne nachzudenken schlangen sich ihre Arme um seinen Nacken und zogen ihn so noch näher an sie heran, und als sie seine Zunge an ihren Lippen spürte, öffnete sie diese bereitwillig, um ihm Einlass zu gewähren. Es kam fast einem elektrischen Schlag gleich, als sie seine kühle Zunge zum ersten Mal an ihrer eigenen, viel wärmeren spürte, und einen Moment glaubte sie, vor Lust ver­gehen zu müssen. Unterbewusst merkte sie, wie sich seine schlanken Finger an der Knopf­reihe ihres Kleides zu schaffen machten, doch sie war zu sehr damit beschäftigt, jeden Winkel sei­nes Mundes zu erforschen, als dass sie sich darum hätte kümmern können. Er schmeckte genauso, wie sie es sich vorgestellt hatte, nach Tabak, Alkohol und etwas, das ganz eindeutig Spike war, und für einen Moment hatte sie das Gefühl, sich in dieser neuen Erfahrung zu verlieren.

Es dauerte einen Moment, ehe sie erkannte, welche Möglichkeiten ihr diese neue Situation bot, und sie zögerte nicht länger, sondern ließ ihre Hände sacht an seinen Schultern herunter­wan­dern, bis sie an seinen starken Oberarmen angelangt waren. Dort verharrten sie einen Moment, bevor sie ihre Reise über seinen Rücken fortsetzten und damit begannen, jeden Zentimeter, jeden einzelnen Muskel seines Körpers zu berühren und zu erkunden. Lange schon hatte sie davon geträumt, immer, wenn sie in sein Zimmer gekommen war, und das Spiel seiner Muskeln hatte beobachten können, die einfach nur danach schrieen angefasst zu werden, und jetzt hatte sie nicht vor, sich diese Gelegenheit entgehen zu lassen.

Sie stöhnte protestierend auf, als sein Mund den ihren verließ, lehnte sich jedoch genussvoll in seine Berührung, als sie spürte, wie er ihren Nacken mit feuchten Küssen zu liebkosen begann. Seine Arme schlangen sich entschlossener um ihre Taille und zogen sie so näher an sich, bis sie den Beweis seines Verlangens deutlich spüren konnte.

„Buffy", raunte er an ihren Hals und sandte wohlige Schauer über ihre Haut. Durch dieses eine Wort wusste sie alles, was sie wissen musste. Sie erkannte darin sein Verlangen, spürte jedoch zugleich die Frage, die darin mitschwang. Er ließ ihr die Wahl, fragte sie, ob sie sicher war, ob sie wollte, was sie im Begriff waren zu tun, und ob sie sich der Konsequenzen bewusst war. Das war sie nicht, sie hatte keine Ahnung, worauf sie sich da einließ, doch in dem Moment, als sie ihm tief in die Augen blickte, und die Intensität seiner Gefühle lesen konnte, wusste sie, dass sie bereit war dieses Risiko einzugehen.

Bitte R&R... ja, ich erwähne die Möglichkeit eine Review zu hinterlassen so lange, bis ich eine bekomme ;) lg, N.Snape