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Den Rest des Tages verbrachte ich in meinem Zimmer, wenn jemand klopfte schrie ich, er solle verschwinden, mir war es egal, wer da vor der Tür stand.
Am Abend kam Elladan ohne zu klopfen herein und teilte mir mit, dass wir am nächsten Morgen abreisten, ich meine Sachen packen und dann ins Bett gehen solle, da wir früh abreisen wollten.
Nachdem er gegangen war, stieg ich aus dem Bett und packte meine Sachen. Ich konnte ja doch nichts daran ändern, dass wir abreisten. Ich ließ mir viel Zeit. Ich packte alles ein, bis auf mein Nachthemd, meine Reisekleidung und einen Umhang. Das Nachthemd zog ich sofort über, damit ich mein Kleid auch noch verstauen konnte. Danach löschte ich das Licht und legte mich schlafen.
Kaum hatte ich mich hingelegt, klopfte es an der Tür. Ich wollte gerade zur Zimmertür gehen, als ich bemerkte, dass das Klopfen von der Balkontür kam. Diesmal fiel mir noch rechtzeitig ein, was ich anhatte und zog schnell noch den Mantel über. Dann ging ich rasch zur Balkontür.
Dort wartete Legolas auf mich. Lächelnd sah er mich an. Ich wollte ihn gerade fragen, wie er hier hinauf gekommen war, als ich den Baum sah, der bis zu meinem Balkon reichte, den ich heute Morgen nicht bemerkt hatte. Legolas verschwendete keine Zeit mit langen Erklärungen, sondern umschlang sanft meine Tallie, hob mich hoch und kletterte mit mir über den Baum nach unten.
°Das hat der bestimmt schon öfters gemacht!
Unten angekommen wartete auch schon Sùrion auf uns. Legolas setzte mich auf Sùrion und schwang sich wieder hinter mich. Schnell ritten wir los. Da es schon dunkel war, war ich mir ziemlich sicher, dass uns niemand folgte. (Obwohl Elben ja auch im Dunkeln super sehen!) Bald kamen wir wieder zu der Lichtung, bei der wir schon am vorigen Abend gewesen waren. Endlich kam ich dazu Legolas zu fragen, was das ganze eigentlich sollte.
„Ich wollte doch mit dir alleine sein. Und die Zwillinge haben uns ja ungünstigerweise gestört.", antwortete Legolas endlich, nachdem wir vom Pferd gestiegen waren.
Unsicher blickte ich zur Erde, was die Zwillinge gesagt hatten, verunsicherte mich. War Legolas wirklich nur jemand der die Frauen verführte und dann fallen ließ oder meinte er es ernst?
Als hätte er geahnt, was ich dachte, sagte Legolas:
„Du glaubst doch nicht etwa, was Elrohir und Elladan gesagt haben?"
Erstaunt blickte ich auf:
„Du hast es mitbekommen?"
„Na sicher! Ich hab doch gute Ohren.", sagte Legolas lächelnd. „Aber ich bin nicht so! Das musst du mir glauben! Sie glauben, sie müssen dich beschützen, weil du noch sehr jung bist. Sie sagen immer, dass du selbst auf dich aufpassen kannst, aber in Wirklichkeit sorgen sie sich sehr um dein Wohl. Du bist ja immerhin ihr kleines Cousinchen."
Legolas trat nah an mich heran.
„Aber glaub mir," sagte er sanft und hob mit der Hand mein Kinn, damit er mir in die Augen sehen konnte. „ich würde dir niemals absichtlich weh tun, das könnte ich nicht!"
Legolas verschloss meinen Mund mit seinem zu einem langen Kuss.
Langsam lösten wir unsere Lippen wieder voneinander und Legolas sah mir tief in die Augen. Dann schlang er seine Arme um mich. Endlich verlor ich meine Unsicherheit und erwiderte seine Umarmung.
So standen wir noch eine Weile, eng umschlungen.
°Er riecht echt gut, so nach Wald und Wildnis!
Langsam wurde es kalt, Legolas merkte, dass ich zitterte und fragte:
„Was ist? Ist dir kalt? Was hast du denn unter deinem Umhang an?"
„Fast nichts, aber du erinnerst dich doch bestimmt an mein Nachthemd..."
erwiderte ich zögernd.
Langsam schaute Legolas an mir hinab und als er sah, dass ich Bahrfuß war, hob er mich schnell hoch. Dann trug er mich zu dem Felsen und setzte mich hinauf. Dann kletterte er hinterher, zog seinen eigenen Umhang aus und wickelte mich damit ein. Legolas nahm mich in den Arm und ich lehnte mich an ihn. So saßen wir eine Weile, aber als es immer kälter wurde, ritten wir zurück.
Wir hatten erwartet, dass der ganze Palast schläft, aber er war hell erleuchtet und es herrschte Aufruhr. Als man uns kommen sah wurde sofort nach Thranduil, Elladan und Elrohir gerufen. Als Elladan und Elrohir mich bei Legolas auf dem Pferd sahen, rannten sie schnell auf uns zu und zerrten mich vom Pferd. Aber diesmal wehrte ich mich. Sofort riss ich mich wieder los, wobei ich auf dem Hintern landete. Legolas – er war inzwischen auch vom Pferd gestiegen – half mir gleich auf. Doch sobald ich wieder stand packte mich, zu meiner Verwunderung, Thranduil am Arm und zog mich zu sich.
°Bin ich hier beim Tauziehen gelandet und ich bin das Tau!
Dann herrschte er Legolas an:
„Legolas, was fällt dir ein! Du kannst Tarî doch nicht einfach ohne Abmeldung mitnehmen und das in stockfinsterer Nacht! Außerdem reist sie Morgen ab! Sie braucht Schlaf! Und wie ich höre, ist es nicht das erste Mal, dass du sie einfach so mitnimmst! Na hör mal, sie ist noch jung, wenn jetzt etwas passiert wäre! Wie hätte ich das Elrond erklären sollen und erst Galadriel! Wenn du dir noch einmal so eine Frechheit erlaubst, musst du die nächsten Tausend Jahre bei deinem Freund Gimli bleiben!"
Darauf wusste Legolas keine Antwort. Dabei hatte er seinen Vater immer für sehr verständnisvoll gehalten. Er hätte nie gedacht, dass er so durchdrehen könnte. Thranduil setzte schon zum nächsten Donnerwetter an, aber das bekam ich nicht mehr mit, weil Thranduils Gattin Firuwîn mich mitnahm und mich wieder ins Bett steckte.
Traurig rollte ich mich in meine Decke ein. Ich dachte noch...
°Ich bin doch kein kleines Kind mehr, warum behandeln mich dann alle so? Legolas war der einzige, der mich je als Erwachsene behandelt hat.
...und schlief dann ein.
