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Am nächsten Morgen rüttelte mich Elladan unsanft aus dem Schlaf. Nachdem ich mich endlich dazu durchringen konnte, aufzustehen, drängte er mich zur Eile, da wir bald aufbrechen wollten. Sie wollten aufbrechen, ich wollte lieber hier bleiben, in Düsterwald. Dennoch zog ich mich um und packte meine restlichen Sachen ein. Am Frühstückstisch war ich allein, was mich nicht im geringsten störte. Gerade als ich aufgestanden war, kam Thranduil herein und sah mich Väterlich, fast mitleidig an und sagte, ich solle mich beeilen, da die Zwillinge losreiten wollten. Vor dem Tor sah ich schon mein vollbepacktes Pferd und Elrohir und Elladan auf ihren Pferden sitzen. Suchend sah ich mich nach Legolas um, konnte ihn aber nirgends entdecken. Ich verabschiedete mich höflich von Thranduil und Firuwîn und stieg dann traurig und wortlos auf mein Pferd.

Bis zur Ankunft in Bruchtal sprach ich mit den Zwillingen kaum ein Wort. Ich war wirklich sauer! Als wir angekommen waren, begrüßte ich kurz Elrond und ging dann sofort in mein Zimmer, wo ich erst mal ein langes Bad nahm. Nach dem Bad zog ich mir mein Lieblingskleid an, welches ich in Düsterwald nicht dabei gehabt hatte. Wenig später klopfte es an der Tür. Es war Arwen, die mit Aragorn wegen des bevorstehenden Festes, schon eingetroffen war. Nachdem ich die Tür geöffnet hatte, schloss sie mich sofort in die Arme, wofür ich ihr unendlich dankbar war.

Dann schloss sie die Tür, setzte sich auf mein Bett und sagte:

„Ich habe gehört, was in Düsterwald geschehen ist. Ich meine die Sache mit dir und Legolas."

„Was auch sonst! Das spricht sich ja schnell rum. In dem Fall weiß dein Vater sicher auch schon bescheid!", seufzte ich.

„Ja, Vater weiß es auch schon, aber er findet es nicht so schlimm wie meine Brüder wohl erwartet haben. Jetzt haben sie mich gebeten dir ins Gewissen zu reden. Solche Spinner!" antwortete Arwen lächelnd.

„Na gut, dann leg mal los. Es kann ja nicht schlimmer werden als das, was ich mir von Elladan und Elrohir anhören musste."

„Gut, wie du meinst! Aber ich kann dir nur sagen, dass du eine gute Wahl getroffen hast. Legolas ist sehr anständig und Aragorn wird mir da beipflichten. Lass dir von den Zwillingen nur nichts einreden, lass dir von niemandem was einreden. Was zählt sind deine Gefühle, klar!"

„Ist das dein Ernst?" hakte ich ungläubig nach.

„Ja! Und jetzt schau nicht mehr so traurig, sondern freu dich auf das Fest nächsten im Monat, wo du deinen Legolas wiedersiehst!", endete Arwen.

Dann stand sie auf, zwinkerte mir noch kurz zu und verließ mein Zimmer.

In den folgenden Wochen schwankten meine Gefühle zwischen Sehnsucht, Vorfreude, Unsicherheit und Wut. Sehnsucht nach Legolas, Vorfreude auf Legolas, Unsicherheit bei Legolas' Gefühlen für mich und Wut auf die Zwillinge.

Einen Tag vor der Ankunft der Gäste wichen dann all diese Gefühle meiner Nervosität.

Ich war so damit beschäftig gewesen, über Legolas nachzudenken, dass ich sogar vergessen hatte mir ein Kleid für das Fest zu suchen. Ich stellte den Schrank auf den Kopf, doch ich fand nichts, das passend gewesen wäre. Plötzlich kam Arwen herein und sah das Chaos an Kleidern auf dem Boden.

Lächelnd sagte sie:

„Da bin ich ja rechtzeitig gekommen."

Und Arwen streckte mir ein Kleid entgegen. Das Kleid war wunderschön. Es war lang und einfach geschnitten, aber der weiße, silbern schimmernde Stoff war kostbar und fiel leicht hinunter. Es war fast Schulterfrei mit einer breiten, fein gearbeiteten Borte am Ausschnitt und einem zur Borte passenden Gürtel.

Ich war baff.

„Arwen! Ist das etwa für mich?", fragte ich sie unsicher.

„Na sicher, Tarî! Ich hab mir schon gedacht, dass du nicht daran denkst dir ein Kleid zu besorgen, also hab ich das hier für dich machen lassen."

Glücklich umarmte ich sie.

„Danke Arwen! Das ist so lieb von dir. Es ist wirklich das schönst Kleid, das ich je gesehen hab."

„Dann probier es gleich an!"

Schnell schnappte ich mir das Kleid und zog es an. Es passte wie angegossen. Ich wollte es Arwen zeigen, aber die war unbemerkt schon wieder gegangen. Ich sah mich noch eine Weile im Spiegel an, zog das Kleid dann aber aus, um es zu schonen. Anschließend ging ich gleich ins Bett.

Am Tag des großen Festes wachte ich früh auf. Sobald ich die Augen aufgeschlagen hatte, war ich hellwach. Schnell sprang ich aus dem Bett und sah vom Balkon hinab. Doch ich konnte noch keine fremden Gesichter sehen. Also ging ich wieder hinein, wusch mich, zog mir schnell ein einfaches Kleid über und ging zum Frühstück.

Im Speisesaal traf ich nur Aragorn, der mich freundlich begrüßte. Als ich ihn fragte, ob schon jemand angekommen sei, antwortete er mir, dass die ersten Gäste frühestens in einer Stunde zu erwarten waren. Er fügte lächelnd hinzu, dass es wahrscheinlich Frodo und Sam waren, die als erste kamen. Ich überhörte absichtlich seinen ich-weiß-von-nix-Unterton. Nach dem Frühstück sagte ich Aragorn, dass ich in meinem Zimmer sei, falls mich jemand suchte.

Verzweifelt versuchte ich mich abzulenken. Schließlich ging ich in die Bibliothek und verkroch mich hinter einem Buch. Ich hatte gerade die erste Seite des Buches gelesen, als ein Bediensteter hereinkam und mich in den Hof bat, wo in Kürze Frodo und Sam eintreffen sollten. Ich wollte eigentlich nicht Begrüßungskomitee sein, aber die Chance den berühmten Frodo Beutlin kennen zu lernen, wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Etwa 10 Minuten mussten wir warten, ehe sie eintrafen und wir sie begrüßen konnten. Aber Frodo und Sam wollten sich sofort ausruhen, also konnte ich mich schon bald wieder meinem Buch widmen. Ich ging mit dem Buch in mein Zimmer, da jetzt die Gefahr bestand, dass ich alle zwei Minuten hätte gestört werden können. Auch am Mittag zog ich es vor meine Ruhe zu haben, also ließ ich mir mein Essen auf mein Zimmer bringen. Das Fest sollte am frühen Abend beginnen, wenn alle Gäste eingetroffen waren. Am Nachmittag begann ich mich vorzubereiten. Gemütlich nahm ich noch ein Bad, zog mein neues Kleid über und frisierte mich sorgfältig. Als ich fast fertig war, klopften Aragorn und Arwen, die mich abholen wollten.

Da die beiden nicht wollten, dass ich allein hinunter ging musste sich Aragorn sich noch etwas gedulden, bis Arwen mich fertig frisiert hatte. Leise – damit Aragorn mich nicht hören konnte – fragte ich Arwen ob die Elben aus Düsterwald schon eingetroffen waren. Sie sagte, sie wären schon angekommen, was mich aber keineswegs beruhigte.

Zögernd ging ich, bis zum Festplatz, hinter Arwen und Aragorn her. Unsicher sah ich mich um und entdeckte ein paar bekannte Gesichter. Ich sah meine Großmutter Galadriel und meinen Großvater Celeborn, die gerade mit König Thranduil und Firuwîn sprachen. Ich zögerte kurz, dann ging ich aber zu ihnen, um sie zu begrüßen. Galadriel wollte mich gleich wieder festnageln, aber mit Firuwîns Hilfe gelang es mir, mich wieder elegant zu verdrücken. Langsam ging ich durch die Menge, wobei mir jeder Platz machte.

°Hehe, das Diadem und das Kleid zeigen ihre Wirkung.

Im Laufe des Abends traf ich noch mehr bekannte Gesichter. Gandalf war auch gekommen und irgendwo wuselte auch noch Haldir umher und machte sämtliche schöne Frauen an (egal welche Rasse!).

Doch nirgends konnte ich Legolas entdecken.

Als des Festmahl beendet war und schon längst alle tanzten, begann ich daran zu zweifeln, dass Legolas überhaupt mitgekommen war. Der Abend neigte sich dem Ende zu und ich hatte Legolas nirgends gesehen. Ich traute mich allerdings auch nicht Thranduil zu fragen ob Legolas anwesend war.

Traurig ging ich in einen der vielen kleinen Gärten, setzte mich dort auf eine Bank und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich war ganz allein und von weitem konnte ich noch die Musik spielen hören. Die Zwillinge hatten also doch Recht gehabt, er hatte mich angelogen. Doch plötzlich hörte ich eine Stimme - seine Stimme!

„Darf ich um diesen Tanz bitten?"

Langsam sah ich auf. Er war es. Legolas war also doch gekommen. Ungläubig starrte ich ihn an. Dann hob ich meine Hand, welche Legolas sofort ergriff und mich an sich zog.

Er nahm mich fest in den Arm und flüsterte mir ins Ohr:

„Tut mir leid, dass ich dich nicht früher um diesen Tanz bitten konnte, aber als ich ankam hat mich Gimli gleich seinen Freunden vorgestellt und ich musste alle seine Geschichten über die Gefährten bestätigen. Das hat mich leider den Ganzen Abend gekostet."

„Was ist mit deinem Vater?", fragte ich ihn unsicher.

„Der hat sich wieder beruhigt." Und nach einer kleinen Pause fuhr er fort: „Ich hab dir übrigens etwas mitgebracht."

Legolas legte mir eine kleine silberne Kette mit einem sorgfältig geschliffenem Diamanten um den Hals.

Dann küsste er mich lang und zärtlich.


Soooooo, jetzt da ihr alles durchgelesen habt, habt ihr ja Zeit für ein Review! liebguck