Kapitel 15
In jenen dunklen Tagen ...
Teil 1: Tage des Schädels
Der Montagmorgen brach grau und düster an. Diesmal schien sich der Nebel nicht lichten zu wollen. Harry fragte sich, wie er heute einfach wieder in den Unterricht gehen sollte, als sei nichts gewesen. Er saß am Frühstückstisch und fühlte sich unfähig, sich zu bewegen. Um ihn herum herrschte das übliche Stimmengewirr, das ihm heute laut und grell erschien. Neben ihm saß Neville und las angespannt die Zeitung; an seiner anderen Seite saß Ron und kaute mürrisch auf seinem Toast. Ihm schräg gegenüber saß Hermione neben Lavender, die sich angeregt mit Parvati unterhielt. Auch Hermione blickte kaum von ihrem Teller auf, auf dem sie Toastkrümel herumschob. Harry wollte, dass sie ihn ansah, nur einmal.
Wenn sie mich jetzt ansieht, dann – dann –
Aber konnte er das zu Ende denken? Er hatte Ginny noch nicht einmal geschrieben. Und nun saß er hier und überlegte, ob Hermione und er –
In diesem Moment sah Hermione zu ihm herüber, ein schiefer, kurzer Blick aus geröteten Augen. Ein Blick, der ihm dennoch sofort unter die Haut ging. Er konnte das kaum verstehen. Jetzt waren sie seit Jahren befreundet, hatten so viel zusammen erlebt – und dann das. Wann war das denn nur geschehen? Und warum?
"Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit!", durchschnitt in diesem Moment Professor McGonagalls kühle Stimme den Brei aus Geräuschen. Es wurde sofort still.
"Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Professor Harper plötzlich erkrankt ist und bis auf Weiteres nicht unterrichten kann. Wenn wir Genaueres über die Dauer ihres Fehlens wissen, werden wir uns gegebenenfalls um Ersatz bemühen."
Das löste einiges Gemurmel aus.
"Des Weiteren bittet Madam Sprout denjenigen, der die Nistlingsbeeren aus dem Gewächshaus entwendet hat, diese sofort zurückzubringen. Sie werden benötigt. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich dies nicht als Scherz betrachte", fügte sie drohend hinzu, als in den Reihen der Sechst- und Siebtklässler gekichert wurde.
Neville legte mit einem Schnauben die Zeitung auf den Tisch. Er hatte kein Wort von dem, was Professor McGonagall gesagt hatte, mitbekommen. Als diese sich zurück an den Lehrertisch gesetzt hatte und die Gespräche langsam wieder einsetzten, sagte er tonlos:
"Bellatrix Lestrange hat jemanden angegriffen. Hier, lest euch das durch."
Harry, dankbar für die Ablenkung, sah auf den Zeitungsartikel, neben dem ihm aus einem kleinen Foto die fanatischen dunklen Augen von Voldemorts eifrigster Anhängerin entgegensahen.
"Am späten Freitagabend versuchte eine Frau, sich Zutritt zum Anwesen der Familie Malfoy zu verschaffen, die seit einigen Wochen vermisst wird (wir berichteten). Als Angehörige der Magischen Brigaden sie daran hindern wollten, warf sie wild mit dem Cruciatus-Fluch um sich und verletzte drei Personen. Danach flüchtete sie und blieb bislang unauffindbar.
Einer der Verletzten konnte sie als Bellatrix Lestrange identifizieren, die Schwägerin des verschwundenen Besitzers des Anwesens, Lucius Malfoy. Mrs Lestrange wird bereits wegen anderer schwerer Vergehen gesucht und hat schon eine mehrjährige Haftstrafe in Azkaban hinter sich.
Wenn Sie Hinweise auf den Verbleib der Frau haben, wenden Sie sich bitte an Ihre lokale Station der Magischen Brigaden."
Als Harry aufsah, sah er die Flamme des Hasses in Nevilles sonst so gutmütigem Blick. Bellatrix Lestrange hatte seine Eltern vor vielen Jahren gefoltert, und seitdem lagen sie im St. Mungo's Hospital und dämmerten ihrem Tod entgegen. Und wie gut konnte er gerade heute seinen Hass verstehen. Lupins Tod war wie eine offene Wunde in ihm.
oooOOOooo
Am Nachmittag hatte Harry endlich frei und verkroch sich in den Schlafsaal, wo er wenigstens mit niemandem sprechen musste. Er durchstöberte ziellos seinen Koffer, vielleicht auf der Suche nach einem Trost. Aber da war nicht viel Tröstliches. Das Fotoalbum, das ihn anfangs so gefreut hatte, mochte er nicht mehr ansehen, weil es ihn an die unwillkommenen Neuigkeiten über seine Mutter erinnerte, ebenso erging es ihm mit ihren Ohrringen und dem Goldenen Schnatz seines Vaters, der ihm beinahe davongeflogen wäre, so unaufmerksam war er. Als sein Blick auf die beiden Okklumentik-Bücher von Julia Tranquill fiel, zögerte er einen Moment, dann nahm er sie aus dem Koffer und stellte sie auf seinen Nachttisch. Es war wirklich höchste Zeit, dass er sich wieder damit beschäftigte.
Schließlich hielt er den gläsernen Fotobehälter in der Hand und betrachtete die Frau mit dem langen, wehenden Haar, die ihr Baby so glücklich durch die Luft schwenkte. Im Garten in Godric's Hollow. Er dachte an das Amulett, das Lily mit diesem Foto aufbewahrt hatte. Liebe. Das hatte Liebe bedeutet.
Und dann lag wieder, wie ein unüberwindliches Hindernis, das schwarze Buch mit dem Wappen der Blacks vor ihm. Widerwillig nahm er es aus dem Koffer und drückte verzagt an den Spiralschlangen herum, die es verschlossen hielten. Eine Weile saß er grübelnd vor seinen verstreuten Besitztümern. Dann begann eine Idee Gestalt in ihm anzunehmen. Und schließlich legte er alles außer dem Buch hastig zurück in den Koffer, sprang auf und verließ mit dem Buch den Schlafsaal.
Auf dem Flur begegnete ihm Hermione. Sein Herz schlug schneller, als er sie sah und merkte, wie sie seinem Blick auswich.
"Wo ist Ron?", fragte er leise und konnte im selben Moment nicht glauben, dass er soeben nach seinem besten Freund gefragt hatte, nur um sich zu vergewissern, dass er aus dem Weg war.
"Bei Luna auf der Krankenstation. Es geht ihr besser", antwortete sie. "Ich habe ihn mit einem Packen Jahrbücher dahin abziehen sehen. Sie nehmen dieses Projekt wirklich ernst."
"Vielleicht ganz gut für Luna, wenn sie ein bisschen abgelenkt wird", sagte er gedankenlos. Er hob die Hand und berührte ihre Wange, er konnte einfach nicht anders.
"Und was machst du?", fragte sie, bemüht, es leichthin klingen zu lassen. Sie umschloss sein Handgelenk und zog seine Hand weg, behielt sie aber in der ihren.
"Mir ist eben eine geniale Idee gekommen. Was dieses Buch hier angeht", sagte er und zeigte auf das in schwarze Leder gebundene Buch, das er unter dem Arm trug.
"Lass mich raten – der Raum der Wünsche?", fragte sie mit einem winzigen spöttischen Funkeln in den Augen.
"Ich geb's auf, du bist mir einfach immer einen Schritt voraus", sagte er. "Aber den Tipp hättest du mir ruhig schon früher geben können."
"Ehrlich gesagt ist mir das gerade erst eingefallen. Als du 'genial' sagtest."
Und dann standen sie da und sahen sich an. Ein paar grinsende Erstklässler gingen an ihnen vorbei.
"Komm doch mit mir", sagte er schließlich ganz leise.
Sie stiegen also Treppen um Treppen bis zum siebten Stock hinauf, und Harry fragte sich, was er eigentlich vorhatte. Das Buch war auf einmal völlig aus seinen Gedanken geraten.
Im Flur des siebten Stocks sahen sie überrascht, dass Barnabas der Bekloppte auf seinem Wandteppich dazu übergegangen war, selber einen Spitzentanz vorzuführen – wohl zur Erleuchtung der Trolle, die aber nur erschöpft an Baumstämmen und Felsbrocken lehnten, aus völlig absurd anmutenden Wasserflaschen tranken und seinen Bemühungen mit stumpfsinniger Verwunderung folgten.
"Bekloppt", murmelte Hermione kopfschüttelnd.
Dann gingen sie dreimal an der gegenüberliegenden Wand vorbei, mit geschlossenen Augen und fest auf ihren Wunsch konzentriert: Wir brauchen etwas, um dieses Buch zu öffnen!
Als sie die Augen eben wieder öffneten und frustriert die unveränderte Wand ansahen, sprang aus dieser so plötzlich eine Tür auf, dass Hermione aufschrie. Aus der Tür kam Neville, mit rußgeschwärztem Gesicht und einer blutigen Schramme am Unterarm. In der Hand hielt er einen prall gefüllten kleinen Lederbeutel, und hinter ihm her wehte eine Wolke von Kräuterduft.
"Was –", begann er, und sie fragten gleichzeitig: "Was hast du denn gemacht?"
Neville, dessen ausgebeultes Gesicht man jetzt nicht mehr ansehen konnte, ohne einen leisen Schauder zu verspüren, machte eine Mundbewegung, die wohl ein hilfloses Grinsen sein sollte.
"Ich will diese Magische Waffe herstellen!", sagte er finster und entschlossen. "Ist euch klar, dass wir vielleicht nie erfahren werden, wie es damit weitergeht? Wenn die Harper nicht bald wieder gesund ist – falls sie überhaupt krank ist, heißt das", fügte er düster hinzu.
Über die Waffen hatten weder Hermione noch Harry noch weiter nachgedacht. Mit Harper verbanden sie ganz andere Probleme. Aber Neville hatte natürlich Recht.
"Also versuche ich, das Ding selbst herzustellen."
"Im Raum der Wünsche?"
"Klar. Ich brauche was, um eine Magische Waffe zu bauen", antwortete er. "Und dann hab ich da drin Bücher und allen möglichen Kram gefunden."
"Aber die Harper hat doch gesagt, es gibt keine Bücher zu dem Thema!", sagte Hermione verwundert.
"Da gibt's auch keins, das sich ausdrücklich damit befasst. Aber eine Reihe anderer, die irgendwo 'ne Bemerkung über die Dinger fallen lassen – aus der man wieder auf was schließen kann, das einem weiterhilft", antwortete Neville, der offenbar nicht so leicht zu entmutigen war.
"Du meinst, du lässt den Raum so 'ne Art Literaturrecherche für dich machen?", fragte Hermione begierig und offensichtlich entzückt von der Idee.
"So ähnlich, ja. Glaube ich", antwortete Neville und pflückte ein paar Rußpartikel von seinem Hemd. "Und ich glaub, ich bin ein ganzes Stück weitergekommen. Wollt ihr mal sehen?"
Sie nickten und folgten ihm durch die noch offen stehende Tür in den Raum, in dem noch überall aufgeschlagene Bücher herumlagen.
"Was wolltet ihr eigentlich hier?", fragte Neville, während er den Lederbeutel zurechtzupfte.
Harry sah, wie Hermione auf einmal glutrot anlief und konnte wieder sein Herz im Magen schlagen fühlen. Und dann kam ihm noch eine geniale Idee.
"Wir wollten dieses Buch hier öffnen. Wir haben schon alles versucht, aber nichts klappt. Und jetzt hör mal, Neville, ich hatte gerade 'ne Eingebung! Wenn ich dich mit diesem Buch – äh – bedrohen würde, es nach dir schmeißen würde oder so – müsste deine Waffe dann nicht irgendwie reagieren? Ich meine – vielleicht –"
"Harry, du spinnst doch! Selbst wenn Nevilles Waffe oder was es auch immer sein soll tatsächlich schon so weit ist, riskierst du doch, dass das Buch – vielleicht einfach in Flammen aufgeht oder so!", rief Hermione warnend.
Aber Neville war sehr angetan von der Möglichkeit, seine Konstruktion zu testen.
"Ich habe bisher erst ein paar kleine Schildzauber darin gespeichert", erklärte er, "aber den Versuch ist es wert. Ich glaube nicht, dass sie was kaputtmachen kann", fügte er mit einem kritischen Blick auf den handtellergroßen Beutel hinzu.
"Was ist denn da drin?", fragte Hermione misstrauisch.
"Bestimmte Kräuter und Pflanzen. Und so dies und das", erwiderte er. "Und nun mach schon, Harry! Schmeiß das Ding nach mir! Das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass es einfach auf den Boden kracht."
"Harry –", wollte Hermione noch einmal warnen.
Aber Harry war entschlossen. Er hatte genug von diesem sturen Buch. Entweder ließ es sich jetzt öffnen oder es ging eben in Flammen auf. Er nahm ein paar Schritte von Neville entfernt Aufstellung und holte theatralisch aus.
"Hier, Neville! Nimm das!", brüllte er, während er warf.
Und ob es nun Nevilles Magische Schutzwaffe war, ob die Magie des Raums wirksam wurde oder ob es schlicht der Aufprall auf den Boden war, der es bewirkte – das Buch fiel zu Boden, und es gab ein silberhelles, sirrendes Geräusch, als sich alle kleinen Schlangenspiralen zugleich in den Einband zurückschraubten. Die Buchdeckel sprangen auf.
Alle drei standen da und starrten, für einen Moment schlicht sprachlos.
"Das gibt's nicht!", rief Neville, der sich als Erster erholte. "Das Ding funktioniert tatsächlich!"
Harry bückte sich schließlich und blickte in ein dickes Buch, das viel kleiner war, als der Ledereinband vermuten ließ. Es lag aufgeschlagen da, und er sah, dass die Seiten eng mit einer kleinen Handschrift in hellblauer Tinte beschrieben waren.
"Schlag es bloß nicht mehr zu!", sagte Hermione, immer noch fassungslos.
"Ich nehm' an, ihr wollt da jetzt in Ruhe reinsehen, Leute. Ich lass euch allein!", rief Neville und verließ stolzgeschwellt den Raum.
Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, starrten Harry und Hermione einander an. Er stand auf und schloss sie in die Arme.
Es war vermutlich die Freude über den Erfolg, die sie beide mitriss, jedenfalls machte Hermione sich schließlich halbherzig und ziemlich atemlos von ihm los.
"Wir sollten damit aufhören", sagte sie heiser. "Das – das ist einfach nicht in Ordnung.
"Du meinst, wir brauchen Rons Erlaubnis?", fragte Harry bitter.
"Und Ginnys!", erwiderte sie scharf.
Das wirkte. Harry ließ die Hände sinken, die er gerade nach ihr ausgestreckt hatte.
"Es tut mir leid, Harry!", sagte sie mit einer gewissen Verzweiflung in der Stimme. "Das geht so einfach nicht!"
"Was geht schon einfach!", murrte er.
"Lass uns jetzt in das Buch sehen."
Und dann nahmen sie das Buch und setzten sich zusammen in den großen Ohrensessel, der vor einem Schreibtisch stand, an dem Neville offensichtlich mit seinen Kräutern experimentiert hatte. Nach einem Moment des Zögerns legte Harry den Arm um sie und blätterte dann zum Anfang des Buches zurück.
Und während draußen der Nachmittag langsam in den Abend überging, während Neville dem suchenden Ron erklärte, dass er Harry und Hermione oben im Raum der Wünsche zurückgelassen hatte, während Luna in ihrem Krankenbett beim Lesen auf ein Detail stieß, das ihr das erste Gelächter seit Tagen entlockte – während dieser ganzen Zeit saßen sie hier und lasen in regloser Spannung eine Botschaft, die vor beinahe siebzehn Jahren in dieses Tagebuch geschrieben worden war.
Das Tagebuch
15. September 1980
Gestern war endlich der große Tag. Meine letzte Sprechprobe habe ich morgens beim Anziehen vor dem Spiegel gehalten. Es musste einfach jedes Wort sitzen – eine solche Chance, meine Arbeit einem so großen (und wichtigen!) Publikum vorzustellen, würde ich so schnell nicht wieder bekommen, das war mir klar. Ich hatte von Lucius gehört, dass Lord Voldemort wahrscheinlich sogar persönlich anwesend sein würde! Ich war unwahrscheinlich nervös, schließlich bin ich in den Augen der meisten nicht mehr als ein frischgebackener Schulabgänger.
Mutter hat streng über meine Kleidung gewacht – sie hat Kreacher die Hölle heiß gemacht, als sie einen winzigen Fleck auf meinem linken Stiefel entdeckte (tatsächlich konnte er gar nichts dafür, denn er hatte sie sogar heute Morgen noch mal poliert, aber ich habe dann Haarwasser drauf tropfen lassen, beim letzten Schliff!).
Nun denn. Ich will das Beste gleich vorausschicken: Mein Vortrag war ein voller Erfolg. Ich habe großes Glück, dass der Vorsitzende der Genealogischen Gesellschaft, Adrian Pedigree, auch ein Anhänger der Erneuerungsbewegung ist. So war er bei der gestrigen Veranstaltung anwesend und sprach mich danach auch auf meine Arbeit an. Er wollte außerdem meinen Vortrag auf Pergament haben.
Ich konnte ihm Noblesse siegt! gleich als kleine Rolle mitgeben, ich hatte etwa fünfundzwanzig Stück davon vorbereitet und bin sie auch wirklich losgeworden. Mutter und auch Vater waren verdammt stolz gestern. Ich war es selbst. Meine erste Rede vor öffentlichem Publikum! Und sie dürfte die Leute darauf aufmerksam gemacht haben, dass hier jemand energisch an der Arbeit ist und man in absehbarer Zeit eine Neuausgabe der Noblesse der Natur erwarten darf!
Professor – Blödsinn, ich bin ja kein Schüler mehr! Also: Horace Slughorn war zu meiner Überraschung auch da. Er schätzt es im Allgemeinen nicht so sehr, auf öffentlichen Veranstaltungen gesehen zu werden. Ich schmeichle mir ein bisschen mit der Vorstellung, dass er meinetwegen da war, denn ich hatte ihm geschrieben, dass ich einen Vortrag halten würde. Die ganze Sache mit dem Slug-Club kommt mir jetzt, da ich aus der Schule raus bin, schon ein bisschen kindisch vor, aber andererseits hat der gute Slug tatsächlich hervorragende Beziehungen, und ich habe nicht vor, in dieser Hinsicht schüchtern zu sein ...
Ich war aber von der ganzen Veranstaltung recht angetan. In letzter Zeit hat die Erneuerung ja eine Menge Anhänger gefunden; es scheint immer mehr Leute zu geben, die endlich begreifen, dass wir etwas dafür tun müssen, wenn wir wollen, dass die Zauberer in der Welt wieder das Ansehen erlangen, das ihnen eigentlich zusteht. Und dass – als ein erster Schritt in diese Richtung – die Verwässerung unserer Kraft durch dieses allzu selbstverständlich gewordene Einheiraten von Muggeln stärker unterbunden werden sollte.
Zu eben diesem Thema sprach übrigens Lydias Vater, Berengar Purge. Eine viel beachtete Rede. (Lydia, die neben mir saß, ist in mancher Hinsicht doch reichlich dämlich. Ich glaube, sie hat nicht mehr als das Wort "Ehe" in dieser Rede gehört und ständig versucht, mir vielsagende Blicke zuzuwerfen.)
Und dann habe ich ihn tatsächlich gesehen – wenn auch nur von weitem – den Mann, dem man nachsagt, dass er der Drahtzieher hinter dieser Bewegung ist: Lord Voldemort. Ich habe schon so viel von ihm gehört – über seine ungeheure Befähigung, Anhänger um sich zu scharen, seine Entschlossenheit, die magische Welt wieder zu wahrem Ruhm zu führen, zu dem Platz, der ihr zusteht! Und nicht zuletzt natürlich über sein Genie auf dem Gebiet der Dunklen Künste. Manche nennen ihn bereits einen ‚Mozart der Magie'.
Ich muss gestehen, dass ich sehr neugierig auf ihn war. Mich persönlich fasziniert vor allem die Tatsache, dass er als der Kopf des geheimnisvollen Schwarzen Ordens gilt, jenes düsteren Bundes, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Gesellschaft zur Not auch gegen ihren Willen zu befreien und zu erneuern. Sie wollen aufräumen mit der Bequemlichkeit und Lässigkeit, die sich in den letzten Jahrhunderten so breit gemacht hat in unseren Reihen.
(In den vergangenen Jahren gingen eine Menge recht unangenehmer Vorfälle auf das Konto dieses Bundes. Die Opfer waren, wie vermutet wird, meistens Mitglieder einer geheimen Organisation, die sich wiederum der Bekämpfung der Todesser verschrieben hat – aller Wahrscheinlichkeit nach von Albus Dumbledore ins Leben gerufen, dessen feindselige Haltung gegenüber Lord Voldemort und seinen Idealen allgemein bekannt ist.
Man hat den Lord jedoch nie wirklich der Beteiligung oder gar Anstiftung überführen können. Wann immer es einmal wirklich brenzlig für ihn wurde, war er nicht greifbar. Ich weiß jedoch von mindestens zwei Fällen, in denen die Aurorenzentrale ihn ganz persönlich auf ihrer Fahndungsliste hatte.)
Ich habe ihn wie gesagt nur von weitem gesehen, aber ich hatte ungeheures Glück. Lucius, der gestern natürlich auch dabei war, lud uns zu einem festlichen Dinner ein, bei dem auch Lord Voldemort sein Gast sein würde. Und er sagte, mein Vortrag habe ihn, den Lord, sehr beeindruckt!
28. September 1980
Heute Abend ist das Dinner bei den Malfoys.
In den letzten zehn Tagen habe ich recherchiert und alles zusammengetragen, was ich über Lord Voldemort und die Todesser finden konnte. Ich bin mehr und mehr gefesselt.
Man kann natürlich darüber streiten, mit welchen Mitteln man ein Ziel verfolgen darf. Aber ich denke, jedem ist klar, dass die grundlegende Erneuerung einer Gesellschaft nicht ohne Blutvergießen zustande kommen kann. Das ist ein bedauerliches, aber wohl notwendiges Übel.
Ich denke auch, dass dieser Bund im Grunde Recht hat. Die Gesellschaft ist ein träges Tier. Die meisten Leute sind relativ dumm und wollen nur ihr eigenes kleines Leben in Ruhe genießen. Es ist nötig, dass irgendjemand die Arbeit übernimmt, sie aufzuwecken! Sie in den faulen Hintern zu treten und zu sagen: Hier geht's lang! Besinnt euch auf das, was als edle Gabe in euch ist, bringt sie zur vollen Reife, hütet sie als kostbares Gut!
Da verwenden sie ihre Fähigkeiten, um die Kartoffeln nicht mit den eigenen Händen schälen zu müssen oder um die Hecken in ihren Gärten zu schneiden, ohne sich dabei die Hände schmutzig machen zu müssen. Zum Quidditch-Spielen und für Liebeszauber! Aber sie sollten bedenken, dass Leute mit unserer Gabe die Welt regieren könnten, wenn sie nur wollten und es geschickt anstellen! Und ich meine damit nicht nur unsere ängstlich zusammengekauerte magische Welt, in der sich jeder duckt und versteckt hält, damit nur die Muggel nicht auf ihn aufmerksam werden – nein, ich meine die ganze Welt, die, in der die Muggel regieren, die sich wegen der Knappheit ihrer Energievorräte Kriege liefern. Wegen Dingen also, für die wir nur unsere Zauberstäbe schwenken müssen ... Das hat Lord Voldemort meines Erachtens erkannt. Und wenn er der ist, für den ich ihn halte, dann hat er auch das Zeug dazu, es bis ganz nach oben zu schaffen. Es wäre also nur klug, sich an ihn zu halten, wenn man wirklich Karriere machen will ...
Das sind übrigens Überlegungen, bei denen mir meine Eltern nicht folgen können. Sicher, sie teilen die Ansichten über Reinblütigkeit, über den Unsinn der Muggelehen und darüber, dass man Muggelstämmige und Mischblütige nicht so einfach an Zaubererschulen zulassen sollte. Aber um wirklich Farbe zu bekennen, sich aus der vornehmen Deckung zu wagen, dazu fehlt es ihnen an Mut und Energie. Vielleicht auch an Konsequenz, wenn ich mir meinen Vater so ansehe.
Aber ich will Erfolg haben! Und ich bilde mir ein, einen Blick dafür zu haben, wer mir auf meinem Weg helfen kann. Ich denke, es wäre nur intelligent und vorausschauend, sich mit Lord Voldemort bekannt zu machen.
1. Oktober 1980
Das Dinner bei den Malfoys – ein folgenreicher Abend, wie ich annehme. Ich war schon häufiger bei ihnen zu Gast – schließlich ist Narcissa meine Cousine. Aber einen Abend wie diesen habe ich bei ihnen noch nicht erlebt. Vielleicht war diese Dinnergesellschaft eine Barometeranzeige für das sich verändernde Klima in unserer Gesellschaft. Die Tatsache, dass sich Lord Voldemort persönlich bei einer solchen Sache sehen lässt, spricht ja schon dafür.
Oder sehe ich das falsch? Gewinne ich diesen Eindruck nur deshalb, weil ich nun in die entsprechenden Kreise Einlass gefunden habe? Denn der Daily Prophet ist noch immer täglich mit bösen Meldungen über die Todesser und ihren Anführer gefüllt, mit Warnungen und Panikmache. Und oft einfach mit Gemunkel, wenn ihnen nichts Besseres einfällt. Andererseits habe ich diese Zeitung bislang noch nicht eindeutig Stellung hinsichtlich der Erneuerungsbewegung beziehen sehen. Und das dürfte ihr auch schwer fallen, wenn sie nicht einen Großteil ihrer Leser verprellen will, denn Tatsache ist, dass inzwischen sehr viele die Ideale der Erneuerung zumindest bedenkenswert finden.
Ich denke, die Erklärung dafür ist, dass die Leute die Todesser und die Erneuerung nicht als die beiden Gesichter ein und derselben Ideologie sehen, die sie tatsächlich sind.
Um auf das Dinner zurückzukommen: Es waren etwa zwanzig Personen eingeladen, von denen ich einige schon auf den Veranstaltungen gesehen habe. Und dann natürlich Lord Voldemort selbst.
Die meisten schienen sich bereits zu kennen, und ich kam mir ziemlich allein vor. Zu meiner Freude war auch Bellatrix da, sie ist immer noch die schönste Frau, die ich kenne. Sie schien mit dem Lord sehr gut bekannt zu sein.
(Von Bellatrix konnte ich schon als Kind nie den Blick wenden, wenn sie bei uns im Haus zu Gast war. Sie ist acht, neun Jahre älter als ich, so genau weiß ich es nicht mal, und ich war immer fasziniert von dem Gegensatz zwischen ihr und ihrer Schwester Narcissa: Die eine üppig, mit schwarzem Haar und dunklen Augen, voller Leidenschaft, die andere blond und schmal, mit blauen Augen, ebenso schön auf ihre Weise, aber so unnahbar und kühl!)
Aber ich schweife ab. Bei Tisch wurde so offen politisiert, wie ich es auch bei Lucius noch nicht erlebt habe. So sprach man über die Möglichkeit eines bevorstehenden Ministerwechsels und darüber, mit etwas Glück Berengar Purge (der selbst nicht anwesend war) auf diesen Posten bringen zu können. Das war eine Neuigkeit für mich! Lydias Vater arbeitet allerdings auf einem hohen Posten im Ministerium, in der Abteilung für Internationale Magische Zusammenarbeit. Er ist seit längerer Zeit schon recht aktiv in der Erneuerung und hat den Ruf eines strengen, aber integren Mannes.
Obwohl Lord Voldemort sich selbst nur wenig an der Diskussion beteiligte, war er doch der heimliche Mittelpunkt dieser Runde, er war eindeutig derjenige, dem man seine Ideen vorlegt, der aber im Letzten selbst und frei entscheidet, was daraus werden soll.
Seine Beiträge zeichneten sich denn auch durch ihre analytische Schärfe aus, die in Verbindung mit der Souveränität, mit der sie gemacht wurden, sowie dem bösen Humor, der da oft hindurchfunkelte, sein Charisma wie auch einen eigenen Charme ausmachten.
Ich war wirklich fasziniert von ihm. Er muss einmal sehr gut ausgesehen haben, bis Verletzungen welcher Art auch immer sein Gesicht so eigentümlich verändert haben. Ich kann sehr gut verstehen, dass sich mancher von ihm eingeschüchtert fühlen mag – so schien sich zum Beispiel Narcissa in seiner Gegenwart geradezu zu ducken. Eine Aura der Macht umgibt ihn, eine Kraft, die unberechenbar und darum etwas beängstigend wirkt.
Ich glaube, es ist mir gelungen, ihn auf mein Interesse an seinen Ideen und Plänen aufmerksam zu machen. Als ich mich später verabschiedete, bat ich Lucius in einem spontanen Entschluss, sich bei ihm für mich zu verwenden: Ich sei interessiert, ihm auf besondere Weise Gefolgschaft zu leisten. Lucius lächelte etwas ironisch, vielleicht weil er mich für zu jung hält, ich weiß es nicht. Aber er versprach, dass ich von ihm hören werde. Wahrscheinlich noch vor Ende des Monats ...
8. Oktober 1980
Heute war ich wieder auf einer Veranstaltung der Erneuerung. Im Hinblick auf meine weiteren Ambitionen bin ich entschlossen, Präsenz zu zeigen, wie man so schön sagt.
Die Sache fand diesmal in der Halle einer Grundschule statt und hatte auch ein entsprechendes Thema: Muggel und Mischblütige – Probleme der Koedukation. Der Vortrag von Rosalind Umbridge war zwar etwas trocken, aber doch recht erhellend. Es waren eine Menge Frauen da – eindeutig Mütter von Schulkindern – und ich fand es begrüßenswert, dass sich auch das einfache Volk mit diesen Themen auseinander zu setzen beginnt. Zwar tritt das Muggelproblem an den Grundschulen ja noch nicht in Erscheinung, aber Umbridge beschränkte sich in ihren Ausführungen nicht auf die unteren, sondern fand recht deutliche Worte auch für die weiterführenden Schulen, und zwar insbesondere für die Situation in Hogwarts – ohne den Namen direkt zu nennen.
Diesmal fielen mir einige Leute auf, die hier und da entlang der Wände standen und bei näherem Hinsehen ein bisschen wie Beobachter wirkten. Ich habe die Vermutung, dass die Todesser Veranstaltungen wie diese sehr genau beobachten – wer hingeht, wer spricht, wer sich beteiligt. Diese Beobachter sind es, die im Anschluss Flugblätter und weitere Informationen verteilen. Sie werben Mitglieder für die Erneuerungsbewegung.
Ich musste ja schon etwas grinsen, als ich die gelangweilten Mienen sah – die sind wahrscheinlich stärkere Geschütze gewöhnt als eine Rede gegen die gemeinsame Erziehung von Rein- und Minderblütigen. Und interessantere Aufgaben als die Mitgliederwerbung.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Leute Todesser sind, wenn auch wohl keine ranghohen Mitglieder (allerdings habe ich gehört, dass es in diesem Bund keine Ränge gibt, jedenfalls nicht offiziell).
30. Oktober 1980
Ich warte voll Spannung – eigentlich schon den ganzen Monat über, seit Lucius mir gegenüber angedeutet hat, dass mein Aufnahmegesuch geprüft wird – wohlwollend geprüft, sagte er. Und dass ich mich gegen Ende des Monats bereithalten solle.
Wird also morgen der Ruf des Dunklen Lords auch an mich ergehen? Ich wünsche es mir so sehr, endlich wirklich dazu zu gehören!
31. Oktober 1980, nachmittags
Ich hatte mich schon gefragt, wie man mich wohl verständigen würde –
Heute Morgen fand ich auf meinem Arbeitstisch einen kleinen Brief von Lucius vor, in dem er mich für halb neun heute Abend zu sich bestellt. Mir klopfte das Herz wie wild vor Freude, denn mir war klar, dass dies die Einladung war, auf die ich so sehnsüchtig gewartet hatte.
Als Mutter hereinkam, um wie üblich den Tee mit mir zu trinken und sich eine Weile mit mir zu unterhalten, versteckte ich das Briefchen schnell unter meinen Büchern. Später habe ich es dann verbrannt. Eigentlich sollte ich heute Abend ja mit zum Dinner zu den Rathbones – die sind so langweilig, und ihr Koch ist m.E. unter aller Kritik! – aber ich hatte schon eine Weile an einer Ausrede gebastelt, nur für den Fall, dass es doch wahr werden und ich an Halloween – nun, anderweitig eingeladen werden würde.
ooOoo
Ich bin ungeheuer gespannt. Was erwartet mich wohl? Bisher kenne ich nur Lucius, in dem ich mit großer Sicherheit ein Mitglied des Bundes vermute. Oder kommt das nur daher, weil er mit seinen Ansichten so gar nicht hinter dem Berg hält und ständig von der Überlegenheit der Reinblütigen spricht?
Aber das ist ja in letzter Zeit, wie ich schon anmerkte, auch mehr und mehr gesellschaftsfähig geworden. Meines Erachtens ist es dafür auch höchste Zeit – jedes Geschichtsbuch legt doch Zeugnis für diese Tatsache ab, ich meine: Schlagt es auf, wo ihr wollt, hinter jeder großen Errungenschaft, hinter jeder wirklich grundlegenden Tat steht ein Reinblütiger.
Die Jahre in Hogwarts haben in dieser Hinsicht für die Schüler eine künstliche Realität geschaffen, dank Dumbledore, der ja überhaupt nichts auf Herkunft und Blut gibt.
Er nimmt schon seit jeher jeden Zauberer und jede Hexe auf, so dass die Schule voll von Muggelstämmigen und Mischblütigen ist. Und weil hier sein Wort Gesetz war, waren die Lehrkräfte angehalten, bei der Bewertung für eine ausgeglichene Quote zwischen Reinblütigen und den anderen zu sorgen. Nach außen hin konnte so der Eindruck entstehen, dass Geist und Begabung auf beide Gruppen ziemlich gleich verteilt sind. Aber in den letzten Jahren bin ich darauf nicht mehr hereingefallen. Und seit ich die Schule hinter mir habe und mich mehr und mehr in Gesellschaft reiferer und aufgeklärter Zauberer bewege, sehe ich diese Dinge vollkommen klar. Inzwischen kann ich auf Gesellschaften mit hundertprozentiger Sicherheit bestimmen, wer reinen Blutes ist und wer nicht. Geoffrey, Lydia und ich machen uns seit Wochen ein Vergnügen aus diesem Spiel.
Es ist zu schade, dass Geoffrey so sehr unter der Fuchtel seiner Eltern steht, die ihm mit Enterbung drohen, für den Fall, dass er sich dem Bund anschließen sollte. Und Lydia – na ja, ehrlich gesagt möchte ich gar nicht, dass sie dazu gehört. Ich bin froh, wenn sie meine Ansichten teilt – aber ich mag es nicht sehr, wenn sich Frauen politisch engagieren.
Aber ich bin vom Thema abgekommen. Ich habe Mutter erklärt, dass ich heute Abend zu einem Arbeitsessen bei Egbert Dennehy von der Genealogischen Gesellschaft gehe. Das hatte ich übrigens auch vor – ich bin in den letzten Wochen so gut vorangekommen mit meiner Arbeit! Aber natürlich ist DAS jetzt wichtiger.
ooOoo
Alle Gerüchte, die ich über den Schwarzen Orden gehört habe, purzeln mir seit heute Morgen durch den Kopf. Ob es stimmt, dass sie bei ihren Treffen nackt sind und nur Masken tragen! Ich hoffe, das ist nur eine Erfindung – vielleicht durch irgendwelche alten Märchen über Hexenversammlungen und so entstanden!
Ich frage mich schon die ganze Zeit, wo die Versammlungen der Todesser wohl stattfinden und wie viele Mitglieder sie nun tatsächlich haben. Den Gerüchten zufolge sind sie ja inzwischen auch schon im Ministerium vertreten.
Es ist jetzt kurz nach fünf. Noch mehr als drei Stunden! Ich frage mich, was ich anziehen soll. Und ob ich irgendwas mitnehmen sollte?
1. November 1980
Ich bin ein neuer Mensch. Endlich! Endlich hat Lord Voldemort mich für würdig befunden, in seinem Bund Aufnahme zu finden.
Ich zittere immer noch! Der vergangene Abend – die Nacht, sollte ich wohl besser sagen, denn es war beinahe halb drei Uhr heute Morgen, als ich zurückkam! – hat mich einfach überwältigt. ER hat mir auch schon eine Aufgabe zugeteilt, was mir sehr schmeichelt, umso mehr, als es eine Aufgabe ist, die meinen Interessen und Talenten entspricht – darf ich also annehmen, dass ER weiß, wo meine Stärken liegen – dass ihn auch meine Persönlichkeit interessiert –?
Es war ein ungeheures Erlebnis, das mich verändert hat. Vorher war es mein Kopf, der mir sagte, dass der Dunkle Lord den richtigen Weg geht. Jetzt ist es auch mein Herz – mein ganzes Ich. Ich hätte das nicht für möglich gehalten, aber so ist es. Ich glaube, mehr kann ich heute dazu einfach noch nicht schreiben.
2. November 1980
Was für ein ernüchternder Tag das gestern dann wurde!
Mutter war nun doch etwas erschreckt, dass ich beigetreten bin. Hat sich über die Tätowierung aufgeregt und bestand darauf, dass ich den Arm von Rathbone ansehen lasse.
Vater war, wie nicht anders zu erwarten, völlig aus dem Häuschen vor Ärger. Hielt es für eine Riesendummheit und beschimpfte mich regelrecht. Meinte, ich hätte mir damit die Zukunft verbaut. Slughorn werde sich nun nicht mehr für mich verwenden, es sei allgemein bekannt, dass er sich nie mit irgendwelchen Extremen einlasse. Mir nur recht. Ich komme auch ohne die Fürsprache dieser zickigen alten Jungfer weiter. (Viel schlimmer war für mich damals, dass Onkel Alphard – MEIN Pate übrigens! – sein gesamtes Vermögen meinem Bruder hinterlassen hat, weil der ihm angeblich der einzige selbständig denkende Mensch in unserer Familie zu sein schien ... Sirius, der Angeber – ausgerechnet!)
ooOoo
Also, ich bin ziemlich harsch aus meiner Begeisterung herausgerissen worden. Umso wichtiger ist es mir, meine Aufnahme in den Schwarzen Orden nun hier schriftlich festzuhalten.
Ich apparierte gegen kurz vor halb neun vor dem Anwesen der Malfoys und klingelte. Der Hauself öffnete und erklärte mir aufgeregt, sein Herr habe jetzt keine Zeit, das Baby sei krank und der Heiler gerade da und –
Glücklicherweise kam Lucius da die Treppe herunter, schon im Kapuzenumhang und sichtlich in Eile. Narcissa lief hinter ihm her, so aufgelöst, wie ich sie bis dahin nie erlebt habe. Sie rief ihm nach, er solle doch bleiben. Er könne nicht, so leid es ihm tue, erwiderte Lucius und kam mit angespannter Miene heraus, wo ich immer noch stand. Der Hauself bekam entsprechend eine zornige Rüge (Lucius ist nicht eben der Sanftmütigste ...) und verzog sich eilig.
"Der Kleine kränkelt wieder einmal", sagte Lucius. "Narcissa ist dann immer ganz außer sich. Leider kann ich nicht jedes Mal darauf Rücksicht nehmen."
Als wir das Haus ein Stück hinter uns gelassen hatten, sagte er:
"Wir sollten jetzt apparieren. Nimm meinen Arm!"
"Ich kann selbst apparieren! Ich habe eine Lizenz!"
"Dahin, wo wir jetzt hinwollen, kannst du noch nicht apparieren, glaub mir, Regulus", sagte Lucius ungeduldig. "Jetzt mach schon. Nimm meinen Arm! Den Dunklen Lord lässt man nicht warten!"
Ich gehorchte also und apparierte mit ihm zusammen in –
Es war wie ein Schock, von dem stillen, dunklen Feldweg vor dem Malfoy-Gut in diese fremdartige Umgebung geworfen zu werden.
Es war eine Höhle, erleuchtet vom Licht zahlloser Fackeln, die in Haltern an den Wänden steckten. Wir waren, wie ich erst langsam erkannte, auf einer Insel mitten in einem dunklen, unterirdischen See wieder auf die Füße gekommen. Direkt vor uns stand ein Becken aus schwarzem Stein, und dahinter wartete Lord Voldemort persönlich.
Als ich mich vorsichtig umblickte, entdeckte ich erst, dass in weitem Rund um diese Insel herum, jenseits des Wassers, in Kapuzenmäntel gehüllte Gestalten standen, reglos, mit maskierten Gesichtern, einer neben dem anderen. Ihr Anblick war beklemmend, auch ihre Anzahl, die ich in meiner Aufregung kaum schätzen konnte. Offenbar war ich der nächste, aber nicht der erste Punkt auf ihrer Tagesordnung, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass so viele Mitglieder nur für die Aufnahme eines weiteren zusammengerufen werden.
Schlagartig überfiel mich die schwere Luft und machte mir das Atmen schwer. Als ich mich Lord Voldemort wieder zuwandte, erkannte ich in der großen Gestalt neben ihm eindeutig Bellatrix. Es waren ihre Augen, die durch die Öffnungen der Maske glitzerten.
"Meine Freunde!", rief nun Lord Voldemort. "Meine Freunde, hier ist jemand, der Aufnahme in unserem Bund erbittet. Wer bürgt für ihn?", wandte er sich wieder an uns.
"Ich, Lucius Malfoy, bürge für ihn", antwortete Lucius, der immer noch neben mir stand und meinen Arm hielt.
"Wer ist es, der Aufnahme erbittet?"
"Sein Name ist Regulus Alphard Black, er entstammt einer angesehenen Familie von reinstem Blut", antwortete Lucius, und ich war froh, dass er mich mit einem warnenden Druck an meinem Arm daran gehindert hatte, selbst zu antworten.
"Nun, Regulus, du willst den Todessern angehören?", fragte er nun wirklich mich, und das dunkle Feuer in seinen seltsamen Augen schien sich in mich zu brennen.
"Ja, das will ich", antwortete ich, erleichtert, dass mir die Stimme nicht versagte.
"So sprecht, meine Freunde! Nennt ihm die Pflichten der Todesser!"
"Wir essen den Tod aus der Hand unseres Herrn", erklang es in einem dumpfen Chor ringsum. "Unser Feind ist der Tod, doch der Tod unsrer Feinde ist unsere Kraft. Unser Blut wird leben in Ewigkeit. Aus der Hand unsres Herrn essen wir den Tod ..."
Es war barbarisch und doch rührte es seltsam an tiefste Tiefen. Ich kann nicht einmal genau sagen, was es bedeuten sollte, aber ich spürte, wie mich Schauder um Schauder überlief, als ich da in diese weite Runde sah und die entschlossenen Stimmen hörte. Ja, ich wollte dazu gehören, unbedingt!
"Regulus Alphard Black, willst du den Todessern angehören und dich diesem Bund mit Leib und Seele verschreiben?", fragte Lord Voldemort mich noch einmal.
"Ja! Das will ich!", antwortete ich aus tiefstem Herzen.
Da schwenkte er seinen Zauberstab über dem schwarzen Becken, das wie der gewundene Körper einer großen Schlange geformt war, wie ich nun sah. Die dunkle Flüssigkeit darin entzündete sich mit einem flappenden Geräusch. Die entstehende Flamme war so dunkel, dass sie kaum zu sehen war, aber ihre Hitze strahlte machtvoll aus. Er winkte Bellatrix heran.
Sie hielt einen Gegenstand in der Hand, in dem ich sofort ein Brandeisen erkannte. Hatte ich Furcht? Ja, ich fürchtete mich, denn ich bin ein Mann der Bücher und nicht vertraut mit dem Schmerz. Aber zugleich war diese Szene so vereinnahmend, sie hob mich aus mir selbst heraus und riss mich dahin. So zuckte ich nicht einmal, als sie mir bedeuteten, meinen Arm auf den Rand des Beckens zu legen, wo er sogleich von zwei schwarzen Schlangen umklammert wurde, die sich aus dem Stein herausschlängelten.
Bellatrix tauchte das Eisen in die brennende Flüssigkeit. Es zischte, und grüner Dampf stieg in schweren, betäubenden Schwaden auf. Als sie das Eisen wieder herausnahm, glühte sein Ende in grünem Feuer. Ich sah das Echo dieser Flamme in ihren Augen, als sie das Eisen auf die empfindliche Haut meines Unterarms presste und ich nicht anders konnte als schreien.
Dieser wahnsinnige Schmerz! Er schien in meinen ganzen Körper einzusinken und sich dort festzusetzen. Der Geruch von verbranntem Fleisch – meinem Fleisch! – stieg mir in die Nase, und beinahe wäre ich ohnmächtig geworden. Da reichte mir Lucius einen Becher, und ich trank, und von da an spürte ich zwar noch immer den Schmerz, aber zugleich glitt ich auf ihm dahin wie auf einer atemberaubenden Welle.
Der Rest des Abends ist mir nur in einzelnen Bildern bewusst. Ich war nun ein Todesser und hatte Kapuzenumhang und Maske erhalten. Wir feierten, wir tranken und sangen. War das immer noch da in der Höhle? Ich glaube mich an das dunkle Wasser unter uns zu erinnern, als seien wir alle auf einer schwebenden Bühne darüber gewesen, wo wir an Tischen saßen. Bellatrix küsste mich, auch daran erinnere ich mich, und wie sie lachte, als ich sie festhalten wollte. Die deutlichste Erinnerung aber habe ich ausgerechnet an Severus Snape – kann der wirklich dabei gewesen sein? Ich sehe ihn jedenfalls am Rand dieser schwebenden Ebene stehen und hinunter in das Wasser starren, wo ab und an eine Bewegung in der Tiefe zu erkennen war, wie von einem großen Fisch.
ooOoo
Und jetzt bin ich wieder hier, in dem Haus, in dem meine Mutter herrscht, die meinen Arm mit Salben bestreicht, und wo Kreacher mit seinen Tellern voll Hühnersuppe um mich herumschleicht ...
4. November 1980
Ich wundere mich schon ein wenig über die Aufgabe, die ER mir gestellt hat. Ich soll ihm die Stammbäume von Frank und Alice Longbottom sowie von James und Lily Potter, vormals Evans, erstellen. Ganz besonders interessiert ihn – man höre und staune! – Lily Evans!
Die Evans kenne ich – wie Potter auch – noch von der Schule: Sie ist eine Muggelstämmige (!), Gryffindor, sehr schön, angeblich auch sehr schlau, aber wie schon erwähnt, traue ich da den Beurteilungen nicht, Hogwarts-Lehrkräfte sind nicht frei in ihren Bewertungen.
Sie ist zwei Jahre älter als ich und hat vor zwei Jahren, ziemlich bald nach Abschluss der Schule, James Potter geheiratet, den Busenfreund meines Bruders. Ich glaube, sie haben gerade ein Kind bekommen, aber da bin ich mir nicht sicher, denn Sirius treffe ich kaum noch. Die Potters übrigens sind Reinblütige – oder waren es, bis James diese Schande über sie brachte.
Vater hat mir immer wieder gesagt – das erste Mal übrigens, als ich gerade mal dreizehn war! – du kannst mit Mischblütigen befreundet sein, dich in eine verlieben – meinetwegen mit ihr schlafen – aber nie, nie, niemals ein Kind mit ihr zeugen oder gar eine heiraten. Mutter ist beinahe ausgeflippt über diesen Spruch. Ihrer Ansicht nach sollte ich mit Mischblütigen oder Muggelstämmigen nicht mal reden.
Die gute alte Mum hat schon manchmal was Besessenes! Sirius hat sie ja damals angeschrien, dass sie verrückt sei und in Behandlung gehöre, aber das denke ich nicht. Sie hat eben diesen einen Tick mit der Reinblütigkeit, aber ansonsten ist sie völlig normal. Und selbst dieser Tick geht nicht so weit, dass sie glücklich wäre, ihren Sohn bei den Todessern zu sehen, wie ich in den letzten Tagen feststellen konnte! Obwohl ich glaube, dass sie tief in ihrem Herzen stolz darauf ist, dass ich diese Konsequenz gezeigt habe.
Und wieder bin ich vom Thema abgekommen! Lily Evans war das Thema, das kleine Muggelfrüchtchen, das sich einen Reinblütigen – noch dazu aus einer der ältesten Familien! – geangelt und jetzt aus irgendeinem Grund sogar das Interesse des Dunklen Lords auf sich gezogen hat.
Was ich bisher herausgefunden habe, hätte ich wohl auch dem Schul-Jahrbuch entnehmen können: Ihre Eltern waren Edward und Persephone Evans, letztere eine geborene Williams, beide Muggel, beide Archäologen, beide seit einer Grabung im Irak im Herbst 1977 vermisst.
Frank und Alice Longbottom sind wie James Potter Reinblütige, es dürfte nicht schwer sein, ihre Vorfahren ausfindig zu machen.
Aber natürlich frage ich mich, was der Dunkle Lord mit einem Muggel-Stammbaum will. Es ist mir schon jetzt klar, dass die Evans der wichtigste Punkt dieser Untersuchung sein wird. Dank der Genealogischen Gesellschaft habe ich Zugang zu den Stellen, die mir da weiterhelfen können – sogar bei den Muggeln. Morgen arbeite ich in der Bibliothek der GG.
Die einzige Gemeinsamkeit der beiden Ehepaare, die ich bisher feststellen konnte, besteht übrigens darin, dass drei von ihnen Auroren sind (die Potters können allerdings noch kaum mit der Ausbildung fertig sein). Vermutlich hat auch das etwas zu bedeuten ...
ooOoo
Meine geplante Neuedition von Noblesse der Natur wird wohl trotz all meiner Energie ein Werk von vielen Jahren werden. Aber wenn es mir gelingt, ist mir ein dauernder Ruhm gewiss. Und das ist jedenfalls mehr, als mein überheblicher Bruder von sich behaupten kann. Ich habe gerüchtweise gehört, dass er mit einer Band durch die Gegend tingelt und unter dem Namen Stubby Boardman als Sänger auftritt! Ist es zu fassen! Wenn Mum davon hören sollte, wird sie einen Heiler brauchen, so viel steht fest!
5. November 1980
Heute Vormittag habe ich von der Genealogischen Gesellschaft aus einen Antrag ans Ministerium gestellt, mir Einsicht in die Akten meiner vier Objekte zu gewähren. Dann habe ich mich ans Britische Museum gewandt und um Informationen zu den beiden verschollenen Evans gebeten. Glücklicherweise ist das nicht mein erster Kontakt zum Museum, außerdem ist die Chefsekretärin des Leiters, Monica McIntyre, eine von uns. Ich bin sicher, dass sie mir weiterhelfen kann. Es ist wirklich hilfreich, dass ich bekanntermaßen an der Neuedition des Hauptwerkes der Genealogie arbeite. So fallen solche Anfragen meinerseits überhaupt nicht weiter auf, und im Allgemeinen ist man bereit, mir zu helfen, ohne weitere Fragen zu stellen ...
Am Nachmittag ist es mir dann gelungen, erstaunlich viele Fotos von Lily Evans zusammenzutragen. Quellen sind die erwähnten Jahrbücher und Schulzeitungen, aber auch zum Beispiel ein Foto im Daily Prophet, der damals sogar ein paar Zeilen über James Potters Hochzeit berichtet hat. Die Frau ist wirklich eine Schönheit, das muss man ihr lassen. Ich habe sogar – Forschergeist kennt keine Tabus! – Kreacher beauftragt, bei Sirius ein bisschen herumzuwühlen. Und es hat sich gelohnt, er hat ein hervorragendes Foto von ihrer Hochzeit mitgebracht. Sirius ist selbst drauf, klar, er war ja Trauzeuge. Grinst ganz schön fett.
abends
Unglaublich, was ich da eben entdeckt habe! Lily Evans trägt auf ihrem Hochzeitsfoto den Normannischen Seidenflügel in Silber als Ohrringe! Das mag einem Nicht-Genealogen nichts sagen, aber ich habe sofort erkannt, dass es sich bei dieser speziellen Darstellung um das Wappentier der Peverells handelt!
Na ja, ein bisschen Glück war auch dabei, das muss ich zugeben: Obwohl ich mich recht häufig mit Wappen befasse, ist es doch wohl mehr ein Zufall, dass mir diese Sache aufgefallen ist, denn ich habe gerade gestern Abend noch über dem Vergleich der Wappen der Peverells und der de Longevilles gebrütet.
Wie kommt die Evans an solchen Schmuck? Die Peverells sind eine der ältesten Zaubererfamilien – beim Merlin, Salazar Slytherin war mit einer Peverell verheiratet! Nach meiner dunklen Erinnerung war die Familie Peverell da gerade auf die Britischen Inseln gekommen, war aber in Frankreich schon seit Generationen eine Zaubererfamilie.
Da habe ich also eine Spur und vielleicht auch einen Hinweis darauf, warum sich Lord Voldemort für Lily Evans interessiert. Ich soll ihm demnächst einen ersten Bericht über meine Nachforschungen bringen, hatte schon Angst, mit leeren Händen erscheinen zu müssen. Aber jetzt –
Ich werde Lydia absagen müssen und die ganze Nacht Bücher wälzen!
6. November 1980
Noch eine Überraschung heute! Bin noch einem alten Bekannten von der Schule wieder begegnet – und zwar ausgerechnet in SEINEM Haus!
Ich war zu Lord Voldemort bestellt, weil er einen Auftrag für mich hatte – dazu später – und als mich Benson wieder zur Tür begleitete, sah ich am anderen Ende des Flurs (in der Küchentür, wie sich herausstellte) jemanden stehen, dessen wilde Frisur mir sogar im düsteren Licht dieses Flurs auffiel. Ich musste einfach hingehen und mich überzeugen, weil es mir völlig absurd erschien, dass sie tatsächlich hier sein sollte. Ich kehrte also, zu Bensons eindeutigem Unbehagen, noch einmal um und ging den Gang entlang. Und wirklich, die Frau, die da in der Küchentür stand und sich mit dem Personal unterhielt, war Hekate Harper aus Ravenclaw! Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, während sie mich genauso frech angrinste und grüßte, wie ich das von ihr kannte. Als sei es nichts Besonderes, in der Küche von Lord Voldemort einem alten Schulkameraden zu begegnen.
Sie war in meinem Jahrgang, ein sehr cleveres, schneidiges Mädel. Spielte gerne Streiche. Hat damals die Kugel der alten Cassander geklaut – die hat sich so aufgeregt, dass ihr Unterricht für eine Woche ausfiel. Die Zeit hat sie wohl mit Suchen verbracht ...
Wenn ich mich recht erinnere, gab es da im dritten Jahr aber auch mal eine weniger witzige Sache, in die Hekate verwickelt war – irgendwas war aus dem Pokalzimmer verschwunden, nachdem sie dort (zur Strafe für irgendein Ding, das sie gedreht hat, da bin ich sicher!) die kostbaren Gerätschaften hatte polieren müssen. Sie wurde beschuldigt, diesen Gegenstand – ich glaube, es war sogar irgendein besonderes Ravenclaw-Stück – gestohlen zu haben. Obwohl das Objekt nicht wieder auftauchte, wurde Hekate sozusagen rehabilitiert, als man bei einem Hauselfen ein ganzes Lager von Diebesgut fand.
Ach ja, Schulklatsch! Wie lang her kommt mir das schon wieder vor – dabei bin ich erst seit Juni fertig mit Hogwarts!
Sie war es übrigens auch, die damals nach dem Ravenclaw-Sieg über Slytherin die Slytherin-Trikots wie einen Drachenschwanz an die Schulfahne oben auf dem Astronomie-Turm gebunden hat. Ein echtes kleines Biest.
Wie sich herausstellte, arbeitet ihre Mutter seit vielen Jahren für den Lord – es ist Benson, die Haushälterin! In der Schule war nichts davon bekannt. Hekate war, von ihrer Frechheit mal abgesehen, immer eine typische Ravenclaw (und übrigens auch im Slug-Club!) – wenn die gewusst hätten, dass ihre Mutter die Haushälterin des Dunklen Lords ist! Hekate erzählte mir, dass das natürlich mit allen Mitteln geheim gehalten worden sei, damit sie keine Nachteile deshalb hätte. Nicht mal Dumbledore habe davon gewusst.
Auch Hekate ist also mischblütig, sehr schade eigentlich, denn sie hat mir – trotz ihrer verdammt schlampigen Kleidung! – immer schon gut gefallen. (Ihr Temperament und dann all diese wilden Locken in Kastanienbraun!) Aber ihr Vater war nur ein Squib – und arbeitete bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr als Gärtner bei den de Longevilles, wie sie erzählte.
Woran man aber auch mal wieder sieht, dass es gelegentlich gerade das fremde, unverbrauchte Blut ist, das für das frische Grün an den Zweigen eines verdorrten Stammbaums sorgt. Als Genealoge kann ich nicht umhin, diese Tatsache festzustellen, auch wenn ihre Konsequenzen für die Reinblütigkeit der Gesellschaft störend sind.
Sie sagte es nicht ausdrücklich, aber ich glaube, dass ihre Eltern nicht einmal miteinander verheiratet waren ...
Nachtrag
Im Nachhinein wird mir klar, dass Hekate wohl kaum mal so eben beim Arbeitgeber ihrer Mutter vorbeisehen kann, wie ich zunächst dachte – sein Haus ist durch den Fidelius-Zauber geschützt, und ich könnte nicht mal meine eigene Mutter dahin führen, wenn er nicht zustimmt. Das macht ihre Anwesenheit dort noch rätselhafter.
7. November 1980
Gestern kam ich nicht mehr dazu, von Lord Voldemorts Auftrag zu berichten. Das will ich heute nachholen.
Es ist übrigens das Dunkle Mal, über das er die Todesser zu sich ruft. Es macht sich durch Brennen und Schmerzen bemerkbar, die immer stärker werden, wenn man dann nicht umgehend bei ihm erscheint. In meinem Fall war es sogar so, dass ich zu ihm apparieren musste, er zog mich förmlich zu seinem Haus, in dem ich vorher noch nie gewesen bin. Vielleicht hätte ich sonst seinen Ruf auch gar nicht bemerkt, denn das Mal brennt und schmerzt ohnehin noch recht heftig, trotz Mutters Salben.
Ich weiß nicht, ob es immer so vor sich geht, aber in diesem Fall war es so, dass er uns Todesser einzeln zu sich bestellte und uns den Auftrag erteilte, uns abends um neunzehn Uhr bei einer bestimmten Adresse einzufinden und weitere Befehle abzuwarten.
Ich apparierte also, maskiert und in meinem neuen Kapuzenumhang, und kam mir ein wenig seltsam vor, wie ein Kind, das sich verkleidet hat. Aber das verging in dem Moment, in dem ich in die Gruppe der anderen eintauchte, die dort bereits im Dunkeln warteten. Es waren etwa zwanzig, alle in Maske und Kapuze, schweigend. Ganz in unserer Nähe wurde in einem großen, hell erleuchteten Haus offenbar ein tosendes Fest gefeiert. Als wir vollzählig waren – nach mir erschien nur noch einer – gab uns der Anführer den knappen Befehl, dieses Haus zu stürmen, die Feierlichkeit zu stören und ruhig ein bisschen Kleinholz zu hinterlassen. Es handele sich um die Hochzeit einer Hexe mit einem Muggel, und hier sollten wir mal ein Exempel statuieren.
Wie seltsam ich mich da erst fühlte – ich, der ich nie zu Gewalttätigkeiten geneigt, sondern immer über meinen Büchern gebrütet habe, ich sollte maskiert in eine Feier hineinplatzen und sozusagen die Sau rauslassen! Aber als wir uns erst in Bewegung setzten, taten die Kleidung, die Anonymität, der Gruppeninstinkt ihre Wirkung. Keiner wusste, wer die anderen waren, als wir da in dieses Haus stürmten, Tische und Buffets umwarfen, und hier und da ein paar Leute in die Luft schickten, wo sie kreischend und hilflos herumbaumelten – das hatte was! Zum ersten Mal TAT ich etwas, um meinen Überzeugungen Ausdruck zu verleihen – hielt keine zivilisierte, zahme Rede, sondern drosch mit meinem Zauberstab in dieses dumme Gesindel hinein, dessen entsetzte Gesichter auf unerklärliche Weise meine Wut entfachten. Ich vermute, es ging uns allen ähnlich.
Als wir uns irgendwann draußen wieder sammelten, brannte das Haus, und die Gäste strömten schreiend und wild durcheinander rennend in die Nacht hinaus. Ich fühlte mich beinahe trunken da in der Dunkelheit, in der das sich rasch vergrößernde Feuer flackernd und Funken sprühend diese chaotische Szene beleuchtete.
Dann löste sich unsere Gruppe schweigend wieder auf, jeder apparierte dahin zurück, woher er gekommen war. Ich habe mich noch nie so stark und machtvoll gefühlt wie in dieser Stunde.
8. November 1980
Sensationelle Ergebnisse, auf die ich da bei meinen Forschungen stoße! Letzthin nachts, als ich meinen Bücherschrank nach Büchern durchforstete, die mir bei der Verfolgung der Peverell-Spur helfen konnten, stieß ich auf Wappentiere in der bildenden Kunst von Paulina Beasting und fand darin einen winzigen Hinweis auf die Peverell-Ohrringe, die offenbar seit vielen Jahren als verschollen gelten. Anscheinend waren sie in Kunsthandwerkskreisen nicht unbekannt, es gibt wohl sogar einen Artikel in einer entsprechenden Zeitschrift, der sich mit ihnen befasst. Mir reichte aber vorerst schon die Tatsache, dass der letzte rechtmäßige Besitzer Lawrence Gaunt war! Lawrence Gaunt hatte nur eine Tochter, Pandora, die ihren Cousin Marvolo Gaunt heiratete und mit ihm zwei Kinder, Morfin und Merope, bekam.
So weit, so gut. Aber Morfin starb kinderlos, während niemand weiß, was aus Pandora und ihrer Tochter Merope wurde. So weit reichen übrigens die Stammbäume in Noblesse, wo die Familie Gaunt sehr ausführlich aufgeführt ist – weil sie die einzige überlebende Linie der Nachfahren von Salazar Slytherin bildet! (Mir war dieser Stammbaum allerdings schon von unserer eigenen Ahnentafel her bekannt – Lawrence Gaunts Mutter, Charlotte Peverell, war die Schwester von Tante Elladora, die sich mit ihren ausgestopften Elfenköpfen ein unsterbliches, wenn auch nicht sonderlich geschmackvolles Denkmal gesetzt hat ...)
Wie aber kommt man nun von Pandora bzw. Merope Gaunt, die möglicherweise die letzten Besitzer dieses Schmucks waren, ausgerechnet zu Lily Evans-Potter – die doch offenbar reine Muggelvorfahren hatte? Ich könnte einfach annehmen, dass sie sie geschenkt bekommen hat und sie nichts weiter mit ihr zu tun haben. Aber ich finde diese Spur im Zusammenhang mit dem Interesse des Herrn überaus fesselnd. Sie MUSS etwas zu bedeuten haben!
Leider wird es noch ein paar Tage dauern, bis ich die Daten über die Evans von den Muggelämtern bekomme.
12. November 1980
Die Stammbäume der Longbottoms habe ich jetzt so weit fertig – fünf Generationen zurück, lautete der Auftrag. Sie sind ohne Überraschungen. Bei Potter bestätigte die Untersuchung das, was Lord Voldemort mir gegenüber schon angedeutet hatte: Er ist über seine Mutter, Artemis Pepperleaf, tatsächlich mit einer der Linien verwandt, die wohl zu Recht als direkte Abkömmlinge von Godric Gryffindor gelten. Ein faszinierendes Detail!
Auf weitere Unterlagen zur Sache der Evans warte ich immer noch.
Morgen Abend habe ich eine Dinner-Einladung bei Lord Voldemort, auf die ich überaus gespannt bin!
14. November 1980
Lydia zickt wieder mal herum. Allmählich finde ich das wirklich ermüdend. Sie braucht die ganz große Hochzeit mit allen Schikanen, bevor sie sich zu mehr erweichen lässt als zu ein paar kleinen Küssen im Dunkeln. In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich? Ich denke nicht daran, mich jetzt schon an eine Frau und möglichst noch eine ganze Familie zu binden!
Jedenfalls war ich gestern wieder total entnervt. Da kam die Einladung abends gerade recht. Ich war schon sehr darauf gespannt, wie wohl ein gesellschaftliches Ereignis bei IHM aussehen würde. Ich meine, das Haus ist ja doch recht bescheiden. Was ich übrigens nicht ganz verstehen kann; soviel ich weiß, verfügt er nicht nur über die magischen Mittel, es zu einem angemessenen Wohnsitz zu machen, sondern auch über eine ganze Menge Geld. Aber Letzteres ist vielleicht auch nur ein Gerücht. Wie dem auch sei, ich war gespannt. Ein festliches Dinner, mit Gästen wie zum Beispiel Lucius Malfoy, der nun wirklich verwöhnt ist.
Und es wurde ein Abend der Überraschungen! Lord Voldemort hat uns nicht enttäuscht! Ich bedaure nur, dass Lydia nicht dabei war, denn sie hat sich in letzter Zeit angewöhnt, spöttische Bemerkungen über meine Beschäftigung fallen zu lassen, sie nennt es meinen düsteren kleinen Herrenclub usw. (Ich habe ihr natürlich nicht gesagt, dass ich mich den Todessern angeschlossen habe, sie denkt, ich sei innerhalb der Erneuerungsbewegung in den inneren Zirkel aufgestiegen; das Mal konnte ich bisher noch vor ihr verbergen.)
Es stimmt, Frauen sind bei den Todessern eher unterrepräsentiert, aber ehrlich, was sucht eine Frau auch in einem solchen Bund? Gestern Abend aber waren jedenfalls Frauen anwesend. Und das war nicht die einzige Überraschung.
Das Haus strahlte förmlich, keine zerschlissenen Sessel und abgewetzten Teppiche mehr – keine Spur. Schon von draußen – man appariert da irgendwie immer vor der Eingangstreppe – konnte man erkennen, dass drinnen viel mehr Licht als sonst brannte.
Lord Voldemort muss auch außerhalb seiner Spezialgebiete ein exzellenter Magier sein! Da gab es jetzt ein immerhin annehmbares Esszimmer mit langer Tafel, an der alle Gäste – etwa vierzig, wohlgemerkt! – mühelos Platz fanden, mit Blumen und Kerzen und bestem Porzellan. Bisher deutete nichts darauf hin, dass er für so etwas auch nur ein Auge hat. Außer der Benson waren ausnahmsweise auch zwei Hauselfen da, die ihre Arbeit ordentlich und professionell verrichteten. Das Essen war wirklich gut, es gab Musik und Unterhaltung und ganz hervorragenden Wein.
Lucius kam ohne Narcissa, offenbar ist ihr Sohn Draco, der kaum ein halbes Jahr alt ist, immer noch nicht wieder gesund.
Auch Bellatrix und Rodolphus waren da. Seit sie mich mit dem Dunklen Mal gebrandmarkt hat, sehe ich sie in einem anderen Licht. Eine sehr schöne Frau, mit einer Neigung zur Grausamkeit, die ich zuvor nie bemerkt habe. Ich weiß nicht, welche Empfindung in mir stärker ist: Erregung oder Abscheu. Gestern fiel mir aber noch etwas anderes an ihr auf: Offenbar gilt ihre Leidenschaft nicht allein der Sache der Todesser, sondern auch und vielleicht ganz besonders Lord Voldemort. Sie verschlang ihn während des ganzen Abends mit den Augen und hatte so gut wie keinen Blick für ihren Mann übrig.
Die größte Überraschung – zumindest für mich – war aber Hekate. Dass sie nicht einfach nur die Tochter der Haushälterin war, die sich zufällig gerade im Haus des Arbeitgebers ihrer Mutter aufhielt, war mir in Anbetracht des Fidelius-Zaubers, mit dem das Haus verborgen ist, ja schon klar geworden.
Aber dann saß sie da gestern an der Tafel, in einem wirklich umwerfenden Kleid aus nachtblauer Seide, die Lockenmähne zu einer richtig damenhaften Frisur gebändigt, und bewegte sich mit einem unwiderstehlichen, maliziösen Charme durch die Unterhaltungen – ich muss gestehen, ich war hingerissen. Niemand hätte da an einen Squib und eine Muggel als Eltern gedacht! Ich vermute, sie hätte sogar Mutter beeindruckt – und Vater sowieso.
Aber so überraschend das war, so sehr mich die Verwandlung des schlampig angezogenen Aschenputtels aus Schultagen zu dieser Dame der Gesellschaft auch faszinierte, noch sehr viel erstaunlicher erschien mir die Art, wie sie und Lord Voldemort miteinander umgingen, etwas, das den anderen Gästen ganz offenbar schon vertraut war.
Sie – die Tochter der Haushälterin immerhin, und Benson stand mit ihrer Schürze quasi daneben! – trat nicht wie ein Gast auf, sie kam mir vielmehr wie die Frau des Hauses vor, und Lord Voldemort – dem man sicher nicht gerade eine Neigung zu familiären, freundschaftlichen oder überhaupt vertraulichen Gefühlen nachsagen kann – ging mit ihr um wie ein Onkel mit seiner Lieblingsnichte. Es hatte etwas beinahe – ja, Unheimliches.
Ich fürchte, ich konnte kaum den Blick von ihr wenden. Wie kommt sie zu dieser Vertrautheit mit IHM?
Sie verwickelte schließlich auch mich in ein Gespräch, in dem es um Hogwarts und die alten Zeiten und mein Buchprojekt ging, über das sie recht gut informiert war. Dann beobachteten wir die anderen und klatschten ein bisschen. Zum Beispiel über Severus Snape, den wir beide noch von der Schule her kennen und der gestern Abend auch anwesend war. (Eine weitere Überraschung übrigens, ich wusste ja inzwischen, dass er auch dabei ist, aber ich hätte nicht gedacht, dass er in den Reihen der Todesser so weit aufgestiegen ist, dass er zu einem Dinner bei Lord Voldemort eingeladen wird! Allerdings scheint er an der Akademie für Geheime Künste, die Lucius vor zwei Jahren mitbegründet hat, als eine Art Wunderkind zu gelten.)
Snape ist jedenfalls immer wieder für Klatsch und unfreiwillige Unterhaltung gut. Der kann nicht mal Konversation machen, er gibt sich auch überhaupt keine Mühe. Wenn er tatsächlich mal auf einer Gesellschaft oder zu einem Essen erscheint, so wie gestern Abend, dann bildet er in den Ecken, in denen er sich mit Vorliebe aufhält, immer so etwas wie ein schwarzes Loch. In seiner Nähe verstummen Gespräche, Lachen, ehrlich gesagt, es vergeht einem der Appetit. Wenn man ihn so dasitzen sieht, mit seinem fettigen, ungepflegten Haar, seinen SCHEUSSLICHEN Klamotten, seiner ewig düsteren Miene – der Mann ist gerade zwanzig, was kann einen da zu so einer trüben Tasse machen?
Angeblich ist seine Mutter vor kurzem gestorben. Aber in der Schule war er auch schon so ein Randsteher. Selbst wir aus den Klassen darunter kannten ihn alle. Wenn man ihn irgendwie reizte, riskierte man, dass er einem was anhexte. Mit Vorliebe übrigens eigene Erfindungen, dafür war er richtig berühmt. Die Erstklässler hauten ab, wenn sie ihn nur sahen.
Auch mein Bruder konnte ihn nicht ausstehen, er und James Potter haben ihn gejagt wie ein Kaninchen. Es gibt da auch Geschichten über eine wilde Schlägerei zwischen ihnen, die angeblich sogar im Unterricht (bei Slughorn, hab ich gehört) stattgefunden hat, aber das ist nur ein Gerücht.
Nun, Snape ist ein echter Giftpilz, aber das ist ja nichts Neues.
Was ich witzig finde – und darüber haben Hekate und ich uns gestern Abend zusammen amüsiert – ist, dass er auf manche Frauen anscheinend wirklich attraktiv wirkt. All die düstere Glut und so! Da saß Melissa Rookwood, die Tochter von Augustus Rookwood – übrigens einer der Todesser, die es bis ins Ministerium geschafft haben und sich dort hervorragend halten – also, Melissa Rookwood, süß und kaum sechzehn Jahre alt, saß unserem Freund Severus beim Essen gegenüber und konnte den Blick gar nicht mehr von ihm abwenden. Hat gelächelt und gezwitschert und immer wieder versucht, ihn ins Gespräch zu ziehen, ist aber natürlich kläglich gescheitert. Er war einsilbig, abweisend und schließlich schlicht unhöflich. Dann gelang es ihm, sein Weinglas umzustoßen und seine Tischnachbarin damit zu bekleckern. Als er den ganzen Kram wegzaubern wollte, hätte er beinahe den Ärmel seines Umhangs an einer Kerze in Flammen gesetzt – und das war der Zeitpunkt, an dem Melissa errötend aufgab.
Es ist einfach sein Mangel an KLASSE und Stil, verbunden mit einem ungeheuren Talent, sich im falschen Moment komplett lächerlich zu machen, mit dem er sich jedes Mal ins Fiasko führt. Pech für ihn!
Um auf Hekate Harper zurückzukommen – ich fürchte, am Ende des Abends habe ich mich tatsächlich mit ihr verabredet ... Wir wollen uns morgen Mittag treffen, ich habe sie eingeladen, mit mir bei der Genealogischen Gesellschaft zu Mittag zu essen. Jetzt sitze ich hier und frage mich, was ich da eigentlich mache! Wenn Lydia dahinter kommt, rastet sie aus! Und das sollte ich bei der Tochter des möglichen nächsten Ministers doch besser vermeiden.
oooOOOooo
Hermione sah auf. Es fiel ihr für einen Moment schwer, aus der Welt dieses Buches herauszufinden. Harry hielt ebenfalls inne im Lesen.
"Das ist unglaublich!", sagte er schließlich.
Hermione nickte.
"Und trotzdem müssen wir jetzt aufhören. Es ist schon spät, und Ron wird sich allmählich wundern, wo wir bleiben. Und ich muss unbedingt noch an meiner Bewerbung arbeiten, das ist jetzt seit Tagen liegen geblieben. Klingt bescheuert, nach allem", fügte sie hinzu. "Aber so ist es."
Sie stand auf und reckte sich.
"Und du, du solltest zu Ron gehen und ihm das Tagebuch zeigen. Es ist sehr wichtig", sagte sie. "Lass uns nachher weiterlesen. Vielleicht einfach im Gemeinschaftsraum."
Er nickte. Der Gedanke an Ron lag ihm wie ein Stein im Magen.
"Hermione! Warte!"
Sie stand schon in der Tür. Er sprang auf und zog sie zurück. Sie schüttelte den Kopf.
"Dann sag mir, was wir machen sollen!", sagte er leise.
"Ich weiß nicht", sagte sie.
