Hi, habe beschlossen den letzten Rest in einem Schwung hochzuladen: 1. weil ich denke es wirkt alles zusammen besser, 2. weil ich mal wieder nicht mein Versprechen eingelöst habe allen zu schreiben. Sorry. Ich hoffe euch gefallen die letzten Kapitel… trotz des Endes. Vielleicht werde ich im Anschluss noch ein alternatives Ende ins Netz stellen.
Hi Callista, hab mir dieses Mal Mühe gegeben andere Trennungszeichen einzusetzen.
Im Übrigen hoffe ich, dass das Ende nicht allzu sehr in Kitsch ausartet…
Eventuell wird es irgendwann noch ein alternatives Ende geben.
17. Snapes Opfer und Riddles Schicksal
Voldemort starrte in die Menge der Zauberer, die sich ihnen gegenüber aufstellten. Der Orden war gekommen. Die Narren kamen zum Fest. Seinem Fest. Er lachte und verstummte zugleich. Er sah sie. Ihre wehenden Locken, den Zauberstab fest in der Hand starrte sie ihn an und in ihrem Blick lag ein noch größerer Triumph, als er ihn zuvor bei Potter gesehen hatte. Seine Gefangene. Snapes Preis. Hermine Granger. Potters Freundin. In ihm war nichts als Wut. Wut und Hass. Verrat. Man hatte ihn verraten. Snape hatte ihn verraten, sein treuester Diener hatte ihn betrogen.
„Severus Snape", zischelte er. Er würde den Mann töten. Und seinen Körper zu seinesgleichen schleudern. Ein Narr unter Narren.
„Snape", dieses Mal lag mehr Kraft in seiner Stimme. Doch Snape antwortete nicht, warf sich ihm nicht vor die Füße. Welche Dreistigkeit. Welch Fehler. Er würde dafür zahlen, Snape würde der erste sein, der an diesem Abend sein Leben lassen würde. Aber vorher würde er erfahren, was Schmerz bedeutete.
Es war nicht Snape, der sich ihm in diesem Moment vor die Füße warf, sondern Lucius Malfoy. Der Versager, der nur aufgrund seiner Gnade noch unter den Todessern weilte. „Er ist fort, Mylord!" sagte er und Voldemort vernahm den Abscheu in seiner Stimme. Warum Lucius Snape so hasste, konnte Voldemort nur zu gut erraten. Auch wann es begonnen hatte. In dem Moment, als Lucius erkannte, dass er nicht mehr an erster Stelle stand. Und in dem Moment, als Lucius begriff, dass er nicht nur seine Stellung an Snape zu verlieren drohte, sondern auch seine Frau.
„Was heißt das? Er ist fort?", zischelte Voldemort und für einen Moment war er versucht Lucius für das Überbringen der schlechten Nachricht zu strafen. Aber er brauchte ihn noch. Der Orden war mir vielen mutigen Zauberern und Hexen gekommen, die an diesem Abend zum letzten Mal das Angesicht der Welt erblicken würden.
„Er ist nicht hier, Mylord. Wann er gegangen ist, wissen wir nicht, Mylord. Aber… aber es scheint mir… verzeiht Mylord, dass ich das so sage. Es scheint, als habe er euch verraten…"
Ja, dachte er. Verraten. Das könnte dir so passen Lucius Malfoy. Du könntest seine Stellung wieder bekommen und er…
Der rote Blitz verfehlte ihn nur knapp. Es hatte also begonnen. Für Snape blieb später noch Zeit.
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Es hatte begonnen. Harry spannte seinen ganzen Körper an. Heute würde es enden und morgen würde er frei sein. Frei von dieser Bürde oder tot. Er umklammerte seinen Stab fester, als Hermine eine Hand auf seine Schulter legte.
„Harry", sagte sie leise, „du musst mir versprechen, dass du Snape am Leben lässt, hörst du. Ich verdanke ihm mein Leben."
Harry starrte sie wütend an. „Er hat Dumbledore getötet."
„Bitte Harry, vertrau mir. Er wird nach dem Kampf bekommen, was er verdient, aber fordere ihn nicht heraus. Ich bitte dich. Nein, ich flehe dich an."
„Warum? Warum nimmst du ihn noch immer in Schutz, Hermine? Nach allem, was geschehen ist."
„Wenn du ihn tötest wird es dich verändern, Harry Potter. Voldemort zu töten ist eine Sache, er ist ein Monster, eine Kreatur, aber Snape ist ein Mensch. Verkauf nicht deine Seele, Harry, indem du ihn tötest. Bitte. Es geht hier nicht um ihn, sondern um dich." Hermine zitterte während sie sprach. Es war eine Lüge. Es ging nicht um Harry, jedenfalls nicht nur. Es ging auch um Snape. Er musste leben. Er musste einfach.
Harry starrte sie weiter an.
„Harry, bitte versprich es mir." Vielleicht war es der Schmerz, der in ihrer Stimme lag, der ihn überzeugte. Er nickte. „Ich verspreche es", sagte er leise.
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Sie verloren sich im Kampfgetümmel. Alle versuchten Harry den Weg zu Voldemort zu bahnen. Sie waren in der Überzahl, gut ausgebildet. Aber all das machten die Todesser durch ihre Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit wett. Wie viele „Expelliamus" und „Stupify" sie an diesem Tag bereits gesprochen hatte, konnte Hermine nicht sagen, sie hatte irgendwann den Überblick verloren. Sie wusste nicht einmal für wen es besser stand. Sie sah nur den Schmerz und das Leid, das der Kampf mit sich brachte und es brannte in ihrer Seele. Es erschien ihr alles so sinnlos. Sie schloss die Augen, als sie einen Auror mit weit geöffneten Augen auf dem Boden liegen sah. Der erste Tote, den ein Mensch sah, sei der Schlimmste, hatte sie einmal gelesen. Vielleicht stimmte das. Wie sollte sie das beurteilen? Sie presste die Augenlider aufeinander. Erschöpfung. Kopfschmerz. Wann war das alles vorbei?
Es war dieser winzige Augenblick der Unaufmerksamkeit, der ihr fast das Leben kostete. Als sie die Augen öffnete, wurde sie heftig zurück geschleuderte und schlug einige Meter entfernt schmerzhaft auf den Boden auf. Der Stab flog ihr aus der Hand und eine Gestalt mit silberner Maske beugte sich über sie.
„Keine Angst, Granger, ich werde dich nicht töten", zischte der Mann und Hermine erkannte die Stimme von Lucius Malfoy, „noch nicht….stupify!"
„Er wird nicht gewinnen, nicht war… er… er wird nicht gewinnen und zurückkommen."
Snape blickte auf den zitternden jungen Mann, der auf der Holzbank vor dem Fenster saß. Eigentlich hätte Draco Malfoy an diesem Tag an der Seite seines Vaters sein sollen, für die Ideale eintreten, die er so verehrte. Aber er tat es nicht. Konnte es nicht. Snape hatte stets gewusst, dass Draco noch zu jung war für derartige Aufgaben. Vielleicht wäre er in ein, zwei Jahren so weit gewesen. Aber so hatten sie ihn vollkommen überfordert. Nach Dumbeldores Tod kam der Triumph und dann die Erkenntnis, dass das nicht alles gewesen war. Dass es grausamere Taten gab. Man hatte seinen Vater entlassen. Zu Dracos Pech. Wie immer hatte Lucius die höchsten Anforderungen an seinen Sohn gestellt. Zu hoch. Zurück geblieben war ein jammerndes Bündel, das sich vor der Welt und sich selbst fürchtete. Draco hatte nie die Stärke und die Grausamkeit seines Vaters besessen. Und Überzeugungen allein machten einen Menschen noch lange nicht zu einem gnadenlosen Mörder. Draco tat, was man von ihm verlangte. Jubelte. Triumphierte. Und ging daran zugrunde. Wie Narzissa es gesagt hatte: Er war noch ein Kind. Nicht mehr.
„Ich muss gehen, Draco."
„Er wird mich doch nicht zwingen das wieder zu tun, nicht wahr. Ich will meinem Vater keine Schande machen, aber…"
Tränen liefen sein Gesicht herab und seine blasse Hand umfasste den staubigen Fenstersims. Eine alte und staubige Hütte war Dracos Malfoys Palast geworden. Sein geheimer Zufluchtsort, den außer ihm nur Snape kannte.
„Draco sei still. Du verrätst dich und wirst dich damit noch einmal in Schwierigkeiten bringen."
Wieder schluchzte der Junge auf. Er war in einer schlimmen Phase. Vor zwei Tagen noch hatte er mit dem größten Vergnügen ein junges Mädchen vergewaltigt und misshandelt und sie dann hilflos der Meute überlassen. Es hatte ihn nicht gestört. Lucius war stolz gewesen. Das war das wichtigste gewesen. Aber jetzt verging der Junge in Schuldgefühlen. Wieder einmal. Fast tat er Snape leid. Fast glaubte er sich selbst in dem Jungen zu erkennen.
„Ich muss jetzt wirklich gehen, Draco."
„Aber du… du wirst doch wieder kommen?"
„Ich weiß es nicht."
„Du wirst doch wieder kommen?" Dieses Mal wisperte er die Frage so leise, das Snape ihn kaum verstehen konnte.
„Ich gehe nicht davon aus den heutigen Tag zu überleben." Ohne ein weiteres Wort zu sagen verließ Snape Dracos Unterschlupf.
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Hermine blinzelte. Jemand hatte sie von ihren magischen Ketten gelöst. Oh nein. Lucius Malfoy. Alles begann von vorne. Wegen ihrem Leichtsinn. Wegen ihrer Unaufmerksamkeit. Sie erzitterte.
„Shhhhh", hauchte er ihr sanft ins Ohr, „keine Angst, hörst du? Ich bin es."
„Severus?"
„Kannst du aufstehen? Wir müssen hier weg, bevor die anderen Todesser zurückkommen."
„Und Malfoy?"
Hermine sah ihn an. Sah den Schmerz. „Er ist tot", sagte er leise, „komm jetzt."
Sanft zog er sie in die Höhe. Hermine schwankte, er stützte sie. „Wir müssen Potter finden."
„Harry war ganz vorne." Mit einem Mal war Hermine ganz wach. Sie lief los, an Lucius Malfoys leblosen Körper vorbei. Snape direkt hinter ihr. Und dann sah sie ihn. Harry kniete vor Voldemort, der seinen Stab auf ihn gerichtet hatte.
„Harry!" Hermine schrie entsetzt auf. Das sollte so nicht sein. Harry sollte dort nicht sitzen, Voldemort sollte nicht in dieser Machtposition sein.
Und dann ging plötzlich alles ganz schnell. Ein Blitz traf Voldemort, der mit ganzer Kraft zurück geschleudert wurde, sich auffing, seinerseits seinen Stab hob. Hermine hörte sein Avade Kedavra nicht, sah nur den grünen Blitz auf sich zufliegen. Wurde von hinten umfasst, zur Seite gerissen. Spürte den Blitz dicht an ihr vorbei fliegen. Hörte Snape aufstöhnen. Sah wieder Harry. Harry mit seinem Stab. Harry, der vor Voldemort stand. Sah den Todesser direkt über ihr. Sprach einen Spruch, wusste nicht einmal welchen. Der Todesser wurde fortgeschleudert. Harry. Sein grüner Blitz. Voldemort, der erneut zurück geschleudert wurde. Harry, der in die Knie ging. Rauch, der sich um die kämpfenden Gestalten legte. Rauch, der ihr den Blick versperrte. Und dann hörte sie Snape wieder leise stöhnen.
Hermine drehte sich um. Da lag er. Lächelte sie an. Dieses Mal ganz ungezwungen. Dann stöhnte er wieder leise auf.
„Was hast du?"
Snapes Hand zitterte, als er Hermine den blutigen Dolch entgegen streckte. Blutige Hände. Blutige Robe.
Hermine schloss die Augen. Nein. Das konnte nicht sein. Sie sah ihn wieder an. „Bist du verletzt?", fragte sie leise und wusste zugleich welch eine sinnlose und dumme Frage sie ihm gerade stellet. Offensichtlich war er das. Und offensichtlich hoffte sie, dass sie sich nur täuschte. Dass es nicht Snapes Blut war, das an seinen Händen klebte.
Snapes Stimme war heiser. „Es ist nicht schlimm. Aber er hat mich damit erwischt… ein wenig." Snape richtete sich mit verzerrtem Gesicht auf während er mit einer nachlässigen Geste auf den Todesser deutete, der bewusstlos neben ihnen lag. „Kannst du mir aufhelfen?"
Hermine starrte ihn an, zitterte, nickte. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, half ihm hoch, obwohl sie wusste, dass er sich mit der Verletzung nicht bewegen durfte. Er stützte sich schwer auf sie, während sie schlurfenden Schrittes auf den nahe gelegenen Waldrand zugingen.
Sie wusste nicht einmal, ob Harry es geschafft hatte. Wusste nicht, ob sie gewonnen hatten. Und mit einem Mal war es auch nicht mehr wichtig.
„Hier ist gut", sagte er plötzlich und deutete auf eine Stelle weiches Moos direkt unter einer alten, großen Birke. Einige weiße Rindenstücke lagen auf dem Boden. Und genau dort ließ Snape sich herab gleiten. „Danke." Dann schloss er die Augen und ließ Hermine einsam stehen.
„Der dunkle Lord ist tot", sagte er plötzlich.
Hermine ließ sich neben ihn auf den Boden gleiten.
„Woher weißt du…"
„Das Brennen in meinem Arm hat aufgehört." Für einen kurzen Moment öffnete er die Augen sah sie an. Dann schloss er sei wieder. Er erschien Hermine so unendlich müde.
„Es ist nur schade", seine Stimme wurde immer leiser. „Es ist nur schade, dass ich mit ihm gehen muss. Zum allerersten Mal finde ich das wirklich traurig". Und dann lachte er heiser.
18. Das Klagelied des Phönix
„Ich werde Hilfe holen", sagte sie zitternd.
Snape ergriff ihre Hand. „Nein", hauchte er, „nein…"
„Aber du stirbst, wenn ich nicht gehe…" Tränen liefen Hermines Wangen herab.
Ein zaghaftes Lächeln umspielte Snapes Lippen.
„Glaub mir, Hermine, es ist besser so."
„Nein… nein", flüsterte sie, ihre Hand berührte sanft seine Wange, „das ist nicht fair, Severus… du hast schon so einen hohen Preis dafür gezahlt, uns zu helfen…"
Snape schloss die Augen. Ihre Hand war warm und weich. Ja, er fürchtete sich. Er fürchtete sich so. Er brauchte ihren Trost. Verlangte danach. Langsam öffnete er die Augen. „Niemand außer dir wird mir Glauben schenken, Hermine, sie werden mich zum Tode verurteilen… aber zuvor werden sie mich demütigen. Und dich ebenso."
„Ich werde für dich aussagen… Sie werden mir glauben. Fawkes wird da sein… und Dumbledores Bild… Severus, bitte lass mich Hilfe holen."
Snape spürte wie er langsam zu zittern begann. Es war so kalt. „Selbst wenn sie dir glauben Hermine… ich will so nicht weiter leben. Mit dieser Schuld… Ich kann das nicht."
„Und mich mit der Schuld zurück lassen, dass ich dich habe einfach sterben lassen?" schluchzte Hermine auf.
„Komm her", sagte Snape und zog das Mädchen in seinen Arm, „Du weißt, dass du keine Schuld hast. Halt mich einen winzigen Augenblick. Gib mir einfach das Gefühl… lass mich in dem Glauben, dass ich dir etwas bedeuten würde…"
„Aber du bedeutest mir etwas…", schluchzte Hermine, während sie ihren Kopf in die Beuge zwischen seiner Schulter und seinem Hals grub.
Snape lachte leicht auf. Seine Hand strich ihr sanft über den Rücken. Sie brauchte Trost, nicht er. „Danke", sagte er leise, „danke für alles"
Hermine weinte leise.
Sie konnte seinen flachen Atem spüren, seine Hände die sie umfassten, die das einzig Lebendige festhielten. Sie fühlte das Blut, das seine Roben durchtränkte, sich in ihren Umhang sog.
Er spürte ihre Tränen, die seinen Hals hinab liefen. Ihren Atem, der durch sein Haar glitt. Severus Snape war glücklich. Es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass es einen Menschen gab, der ihm verziehen hatte. Einen Menschen, der um ihn weinte.
Keiner von beiden sah auf, als der leuchtend rote Phönix sich zu Snapes Füßen setzte und sie ansah. Sein Blick war traurig, doch er weinte nicht. Vielleicht konnten selbst seine Tränen Snape nicht helfen, vielleicht wusste er aber auch, dass seine Hilfe hier nicht gewollt war.
Hermine spürte wie Snapes Herzschlag sich verlangsamte und sein Atem immer mehr stockte. Sie wollte etwas sagen, aber vor Traurigkeit brachte sie kein Wort hervor, nur ein hilfloses Schluchzen. „Danke, Hermine", sagte Severus noch einmal, dann spürte Hermine wie sein Körper erschlaffte und er langsam an ihr herunter zu Boden glitt.
„NEIN!" Hermine schrie vor Schmerz auf. Es war nicht fair. Es war nicht fair.
Schluchzend barg sie den leblosen Körper in ihrem Schoß. Fawkes blickte sie an und Hermine sah die winzige Träne, die in seinem Auge schimmerte. Dann erhob Fawkes sein Lied. Traurig. Schmerzhaft. Hermine hatte ihn nur einmal so singen gehört: an jenem Tag, als Albus Dumbledore starb.
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So fanden die Auroren Hermine. Die Luft war erfüllt vom Gesang, die Blätter rauschten sacht im Winde. Hermine hielt noch immer Snapes Körper im Arm. Weinte.
Mit geröteten Augen blickte sie zu den verwirrten Auroren auf.
„Er hat mich gerettet", flüsterte sie leise, „er hat uns doch alle gerettet."
19. Still Dumbledore´s Man
Sie hatten geredet. Harry und sie. Lange. Sie hatten gesprochen über die Zeit in der sie fort gewesen war. Den Schmerz und die Einsamkeit. Sie hatten die ganze Nacht dagesessen. Damals als alle feierten und Hermine weinte. Harry war gekommen, nicht der impulsive Junge, sondern der gebrochene Mann, der zu viel Leid gesehen hatte. Und Tod. Meistens war es Hermine die sprach, leise, fast flüsternd. Sie sprach über Snape, seine Wunden, die jetzt die ihrigen waren. Sie sprach über Verlust und Ungerechtigkeit, über den Tod, der die mit sich riss, die es am wenigsten verdient hatten. Harry verstand nicht. Hermine sprach von der alten Zeit, als sie noch glücklich waren. Damals, als Hogwarts noch seine Tore geöffnet hatte und ihre größte Sorge war die langweiligen Stunden bei Binns zu überstehen. Sie sprach von Dumbledore und wie sehr er fehlte. Harry weinte. Und dann sprach sie von Snape. Sah den Hass in Harrys Augen, der langsam tiefem Schmerz wich und einer bitteren Erkenntnis. Er hörte ihr zu, ohne ein einziges Wort zu sagen. Sie sprach von ihm und dann weinte sie.
Sie hatten gestritten. Ron und sie. Lange. Sie hatten gestritten über das Gespräch, das sie mit Harry geführt hatte. Den Schmerz, den Ron in den Gesichtszügen seines besten Freundes erkannt hatte. Sie stritten, um das was Hermine gesagt hatte. Was Harry so in Verwirrung gestürzt hatte. Sie stritten. Schrieen. Meist war es Ron, der schrie. Hermine kam nicht zu Wort. Ron schrie sie an, dass sie nicht verstand. Er schrie, dass Snape sie eingewickelt hatte. Schrie, dass er sich nie verändert habe. Nannte ihn Mörder. Und dieses Mal war es Hermine die als erste weinte. Und da verstummte er, nahm sie in den Arm. Bat um Verzeihung. Und endlich gab er ihr die Zeit zu reden. Sie sprach wieder von Snape. Von dem, was sie erfahren hatte. Von dem, was sie gesehen hatte. Und je mehr sie sprach, desto größer wurde die Kluft zwischen ihnen.
Sie hatten geweint. Ginny und sie. Einfach geweint. Nicht mehr. Harry hatte Ginny bereits alles erzählt. Und sie hatte verstanden. Verstanden, was Ron nicht wahr haben wollte. Sie brauchten keine Worte. Wie Schwestern lagen sie sich in den Armen und weinten still. Weinten, weil endlich alles vorbei war.
Sie hatten geschwiegen. Professor McGonagall und sie. Lange. Sie hatten still an Dumbledores Grab gestanden und vor sich hin gestarrt. Fawkes hatte neben ihnen gesessen. Irgendwann hatte Hermine dann angefangen zu erzählen. McGonagall hatte weiter geschwiegen und ihre Hand auf Dumbledores Grab gelegt. Der Stein war warm von der Sonne. Dann hatte sie genickt. Sie hatte still getrauert, ohne ein Wort, ohne eine Träne. Nur ihre angespannten Gesichtszüge verrieten die Regung ihres Geistes. Sie hatten geschwiegen.
Sie hatten Fragen gestellt. Fragen über Snape. Über ihr Verhältnis. Fragen. Fragen. Sind Sie bereit das zu beeiden? Magisch? Sind Sie bereit sich auf den Einfluss schwarzer Magie untersuchen zu lassen? Sind Sie bereit überprüfen zu lassen, ob jemand ihre Gedanken manipuliert hat? Was genau ist in der Höhle geschehen? Wie ist er gestorben? Sind sie bereit das ganze unter Einfluss eines Verritasserums zu wiederholen? Ja! Ja! Ja! Sie hatten so unendlich viele Fragen gestellt. Über Wochen. Sie hatten sie leiden lassen. Als Lügnerin hin gestellt. Sie hatten sie gequält. Aber sie war standhaft geblieben. Hatte nicht geweint. Hatte nicht geflucht. Geduld. So viel Geduld hatte sie noch nie in ihrem leben aufgebracht. Sie hatten Fragen gestellt. Der Orden. Das Ministerium. Die Auroren. Die Richter. Und Hermine hatte geantwortet.
Und am Ende stand es fest. Es war ein einfacher Streifen weißes Papier mit einem blutroten Siegel. Amtlich. Severus Snape war nie ein Todesser gewesen. Von dem Vorwurf des Mordes an Albus Dumbledore wurde er wegen Verkettung unglücklicher Umstände frei gesprochen. Wegen seiner Tätigkeit als Spion, der Rettung von Hermine Granger und seinem mutigen Eingreifen in der letzten Schlacht wurde er post mortem ausgezeichnet. Aber es machte Hermine nicht glücklich. Es war amtlich beglaubigt, dass Severus Snape stets treu an der Seite Dumbledores gestanden hatte. Das war alles, was sie zu erreichen erhofft hatte und dennoch weinte sie, als sie den Brief in Empfang nahm. Es brachte Severus Snape nicht zurück. Es brachte ihn einfach nicht zurück.
20. Das schwarze Grab
„Du hattest Recht", sagte sie leise und legte die Hand zärtlich auf das schwarze Grabmahl. „Und auch nicht."
Die Sonne brannte. Es war mitten im Sommer, es war heiß und drückend geworden in den letzten Augusttagen. Hermine zupfte sich nervös ihr weißes Sommerkleid zu Recht.
„Ja. Sie haben mich gedemütigt mit ihren Fragen. Aber sie haben mir geglaubt. Hörst du, Severus. Sie haben mir alles geglaubt. Du bist frei gesprochen von jedem Vorwurf."
Langsam ließ sie sich neben dem Grab ins Gras gleiten, das Gras war kühl, so ganz anders als die heiße Luft um sie herum. „Es hat uns alle sehr verändert. Harry ist so erwachsen geworden, dass er mir fast Angst macht. Ron… ich kann es kaum glauben. Er arbeitet so viel. Lernt. Er macht das, was ich nicht kann. Ich bin ein dummer Bücherwurm, der sich nicht auf das konzentrieren kann, was er eigentlich liest. Das ist aus mir geworden… Weißt du es ist schwer zu begreifen, dass einem all das Wissen, all das, was man gelesen hat, am Ende nicht weiter hilft. Das Leben ist so anders…"
Eine kleine weiße Wolke zog über den Himmel und verdeckte für einen Augenblick die Sonne. Ein Augenblick Erleichterung von den gleißenden Strahlen.
„Hogwarts wird wieder eröffnet und wir werden alle unseren Abschluss machen. Ich wette die meisten Schüler freuen sich auf den neuen Tränkelehrer. Aber ich nicht… eigentlich freue ich mich gar nicht auf Hogwarts. Irgendetwas ist da kaputt gegangen…"
Hermine bettete ihren Kopf an den heißen Stein.
„Das einzige, was mir Hoffnung gibt, ist, dass ich dir einen winzigen Gefallen tun konnte. Ich weiß, dass das im Tod nicht mehr zählt. Aber… aber ich dachte es sei ein Zeichen. Für alles, was du getan hast. McGonagall hat dem sofort zugestimmt. Weißt du es war eine sehr kleine Zeremonie, als sie dich hierher überführt haben… ich wünsche mir so, dass dich der Gedanke neben Dumbledore zu liegen glücklich macht… mich glücklich macht."
Verstolen wischte Hermine sich die kleine Träne aus dem Augenwinkel. Sie wollte nicht mehr weinen. Dann blickte sie auf das andere Grab. Das Weiße. Und auf die Türme von Hogwarts, die sich in der Ferne abzeichneten. „Du bist zuhause, Severus."
„Mionie?" Es war Ron, der sie rief. Ron, mit dem sie sich endlich wieder vertragen hatte. Sie liebte ihn, obwohl er ein elender Sturkopf war. Sie liebte ihn.
„Ich muss gehen, Severus." Noch einmal strich sie über die Grabplatte, dann stand sie auf und lief Ron entgegen. Sie trafen sich am See, umarmten sich und versanken in einem tiefen Kuss. Ron deutete stumm auf den See und Hermine nickte lachend. Ja. Schwimmen war eine ausgezeichnete Idee.
Noch immer lachend tauchten sie nackt in das kalte Wasser. Die Sonne brannte. Und in der Ferne glänzte der Marmor. Schwarz und Weiß. Schatten und Licht. Es war das einzige, das von ihnen blieb. Von Albus Dumbledore und seinem treuesten Freund Severus Snape.
Ende
