Can't fight this feeling

PART TWO

Wenn Mac etwas nicht ausstehen konnte, dann waren es unbeantwortete Fragen. Auch ein Grund, wieso er zu den Besten in seinem Beruf gehörte. Außerdem wußte er, daß es für ein klärendes Gespräch mit Stella keinen idealen Zeitpunkt gab. Seine Partnerin gehörte eigentlich nicht zum dem Typ Ermittler, der sich in einen Fall zu sehr hineinsteigerte, ihn mit nach Hause nahm, aber sie war sicherlich immer mit viel Herz dabei.

Mac empfand dies nicht als Schwäche, eher als Stärke Stellas, aber gelegentlich mußte man sie zurück auf die rechte Bahn stupsen. Bei diesem Gedanken lächelte er. Und wie oft hat sie dich schon auf den rechten Weg zurückgebracht ? Unzählige Male. Dieses Mal jedoch war es anders, zumindest redete Mac sich das ein.

Sofort meldete sich seine innere Stimme, war es wirklich so anders ? Schließlich war Stella nicht alleine zu dieser frühen Stunde unterwegs. Sie hatte recht gehabt mit ihrer Vermutung. Mac Taylor war noch nicht zu Hause gewesen, er konnte einfach nicht schlafen. Und das hatte viele Gründe. Aber er hatte nicht gewußt, daß Stella auch unter Schlaflosigkeit litt.

Der gewaltsame Tod der drei Frauen schien ihr stark zugesetzt zu haben. Doch erst vor einigen Tagen hatte Mac die Veränderung an seinem Partner bemerkt.

Stella zeigte immer stärker die typischen Symptome eines Menschen, der definitiv zu wenig Schlaf bekam. Natürlich versuchte sie es herunterzuspielen, zu verstecken mit ihrer typischen leichten Art, aber sie konnte ihn nicht täuschen, oder doch ? Er war sich dessen nicht mehr so sicher.

Sie verbarg etwas vor ihm, und das gehörte auch zu den Dingen die er, Mac Taylor, nicht ertragen konnte.

Plötzlich wurde dem Detective bewußt, daß er schon eine geraume Weile in dem schwach beleuchteten Flur stand. Da die Tagschicht erst in einigen Stunden ihren Dienst antreten würde, war es relativ leer in diesem Teil des Gebäudes und es waren noch lange nicht alle Lichter eingeschaltet.

Mac warf einen letzten Blick auf den Kaffeefleck am Boden und schritt dann langsam in die Richtung von Stellas Büro. Im ersten Moment sah es so aus, als wäre sie noch nicht da. Die Lichter waren ausgeschaltet und der gläserne Raum wurde nur durch die entfernte Flurbeleuchtung und durch die Lichter der Stadt beleuchtet, doch beim Näherkommen konnte er ihre schlanke Gestalt sehen.

Sie stand am Fenster, mit der rechten Schulter lehnte sie an einer der dicken Sicherheitsglasscheiben und ihre Stirn berührte das Fenster vor ihr.

Ihre ganze Körperhaltung drückte eine solche Müdigkeit und Hoffnungslosigkeit aus, daß es Mac fast das Herz zeriss. Einen Moment lang überlegte er, ob er vielleicht zu ihr gehen sollte, doch dann verwarf er diesen Gedanken wieder. Was, wenn sie nicht gestört werden wollte ? In den letzten Monaten hatte sie sich immer mehr distanziert und er hatte wenig Erfahrung in solchen Dingen.

Verunsichert blieb der CSI im Türrahmen des Büros stehen.

Zum ersten Mal fiel ihm auf, daß Stella dünner geworden war. Sie war immer schlank gewesen, fast schon zerbrechlich, aber im kalten Licht der Neonröhren wirkte ihre Haut wie Papier.

Ihr Gesicht spiegelte sich in den Scheiben, wirkte grau und eingefallen.

Was ist nur los mit dir ? Wieso sprichst du nicht mit mir ? Warum weichst du mir aus ?

All diese Fragen wirbelten in seinem Kopf, doch er brachte keinen Ton heraus. Er stand einfach nur da und beobachtete die Frau, die eine feste Konstante in seinem Leben geworden war.

Unwillkürlich stieß er einen Seufzer aus und seine Schultern sanken herab. Es war, als hätte ihre Hoffnungslosigkeit die seine noch verstärkt.

Das leise Geräusch brachte Leben in die Frau am Fenster. Mit einem unterdrückten Aufschrei wirbelte Stella herum. Mac konnte sehen, wie ihr etwas aus der Hand glitt, und als er einen Wimpernschlag später ein klatschendes Geräusch vernahm, fiel es ihm wieder ein. Der Becher mit ihrem Kaffee.

„ Mac ! Du hast mich zu Tode erschreckt ! „

Zitternd griff Stella nach der Kleenexbox auf ihrem Schreibtisch, zog einige der Tücher heraus und ließ sich dann auf die Knie nieder, um die Reste ihres glücklosen Espressos aufzuwischen.

Ihre Unsicherheit nahm zu. Sie konnte den forschenden Blick seiner Auge auf ihrem Rücken fühlen. Verdammt, dieser gläserne Schreibtisch bot ihr keine Deckung.

Stella spürte wie der Blick vor ihren Augen verschwamm. Mit aller Macht versuchte sie die Tränen zurückzuhalten. Große Mädchen weinen nicht, hatte man ihr früher immer gesagt, damals nach dem Tod ihrer Eltern. Was für ein blöder Spruch. Knirschend biß sie die Zähne zusammen, wollte sich keine Blöße vor ihrem Chef und Freund geben.

Plötzlich fühlte sie, wie jemand sacht ihre Handgelenke umfasste. Mac. Das Zittern wurde stärker.

„ Stella, lass mich dir helfen. Bitte „ , seine Stimme klangt sanft, fast flehend und sie wußte, daß er nicht den verschütteten Kaffee meinte.

Unfähig etwas zu sagen, hielt sie ihren Blick gesenkt und fixierte die Spitzen seiner schwarzen Lederschuhe.

Als Mac spürte, daß sie ihm wieder nicht antworten würde, stand er vorsichtig auf . Seine Hände hielten immer noch sanft ihre Handgelenke umschlossen.

Stella wehrte sich leicht, doch er war so viel stärke als sie. Er zog sie mit sich nach oben und plötzlich stand sie so dicht vor ihm, daß sie sein Aftershave riechen konnte.

„ Mac ... „ doch ihre Stimme ließ sie im Stich.

„ Lass mich dir helfen. „ , wiederholte er seine Worte.

„ Es ist alles ok, Mac. „ , brachte sie hervor, doch sie sah ihm dabei nicht in die Augen, wußte, daß er ihre Lüge sofort durchschauen würde. Man konnte Mac Taylor nur schwer belügen.

„ Hör auf damit, Stella. Nichts ist ok mit Dir. Du isst nicht, du schläfst nicht ... „ , seufzend brach er ab.

„ Was ist nur los mit Dir ? „

Immer noch hielt sie ihren Blick gesenkt, starrte verbissen auf seine Schuhspitzen, als sie plötzlich fühlte, wie er den Griff um ihre Handgelenke löste.

„ Stella, schau mich an. „ vorsichtig, fast schon zärtlich, legte er einen Zeigerfinger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf bis ihre Blicke sich trafen. Er sah die Tränen in ihren Augen und erschrak. Stella Bonasera war einer der stärksten Menschen die er kannte. In der Zeit nach Claires Tod war sie es, die ihm durch die dunkelsten Phasen seines Lebens geholfen hatte, und jetzt war es an der Zeit die Rollen zu tauschen, auch wenn er den Grund für ihre Trauer noch nicht kannte.

„ Komm her ... „ , Mac zog sie sanft an seine Brust. Stella wehrte sich dagegen, doch er ließ sie nicht los, und nach wenigen Augenblicken fühlte er ihren Widerstand erlahmen. Er schlang die Arme um ihre Schultern und hielt sie fest an sich gedrückt. Doch der Ausbruch, mit dem er gerechnet hatte, blieb aus. Sie stand nur still an ihn gelehnt und vergrub ihr Gesicht an seinem Hals. Nach einigen Minuten erwiderte sie seine Umarmung, und er fühlte einen Teil seiner Anspannung von ihm abfallen.

Seit Claires Tod führte er ein einsames und zurückgezogenes Leben. Er war noch nie ein Partytyp gewesen, aber er hatte sich in der Zeit nach dem elften September noch mehr verschlossen.

Immer wieder hatte Stella ihn aus der Reserve locken müssen. „ Komm doch mit, Mac. Den Irish Coffee dort wirst du lieben. „ Anfangs hatte er immer abgelehnt. Die Arbeit lieferte ihm mehr als genug Gründe, doch Stella hatte nie aufgegeben. Und so hatte er vor einiger Zeit angefangen nachzugeben. Erst nur selten, aber dann immer häufiger, bis es schließlich zur Selbstverständlichkeit wurde, ab und zu nach der Arbeit etwas Trinken zu gehen.

„Mac ? „

Ihre Stimme riß ihn aus seinen Gedanken.

„ Ja, Stella ? „

„ Es sind die Träume. Sie verfolgen mich, lassen mich nicht schlafen. Seit vier Nächten wache ich schreiend auf.

Ein Mann verfolgt mich, und egal wie schnell ich laufe, er kommt näher und holt mich ein. „

Er sagte nichts, hielt sie nur fest und hörte ihr zu. Es war besser, sie die Geschichte erzählen zu lassen. Er wollte sie mit seinen Fragen nicht bedrängen. Nach einer kurzen Pause erzählte sie stockend weiter.

„ Die Bilder der Frauen gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Sie waren mir so ähnlich Mac, herrjeh ..das hätte ich sein können. „

Sie hatte Recht, er wusste es. Jede dieser drei Frauen hätte sie sein können. Alle Opfer waren südländischen Typs gewesen. Groß, schlank und mit langen braunen Haaren.

Um ehrlich zu sein, er hatte selber oft über diese Möglichkeit nachgedacht. Einer der Gründe warum er heute Nacht wieder nicht schlafen konnte.

Insgeheim war er sogar froh gewesen Stella heute Nacht hier anzutreffen. Das bedeutete, daß sie in Sicherheit war. Er verhielt sich unprofessionell, das wußte er. Stella war schließlich ein Cop und durchaus in der Lage sich zu verteidigen, aber dennoch blieb dieses ungute Gefühl. Sie wußten einfach zu wenig von dem Täter. Er war vorsichtig, geradezu beängstigend sorgfältig. Er schien ihre Arbeitsweise zu kennen, die technischen Möglichkeiten.

Nie fanden sie am Tatort ausreichende Spuren, und die paar mickrigen Beweisen die sie dann doch nach einer halben Ewigkeit fanden, verliefen sich schon nach kurzer Zeit im Sande. Es war zum Verzweifeln.

„ Verdammt Mac, ich habe Angst. Dieser Bastard spielt mit uns, er ist uns immer einen Schritt voraus und wir können nichts machen. „

Stella wich einen Schritt zurück, löste sich aus seiner Umarmung. Der plötzliche Verlust ihrer Körperwärme ließ ihn frösteln.

„ Ich habe das Gefühl, daß ich den Verstand verliere. Vorhin war ich mir nicht mehr sicher, ob ich das Fenster verschlossen hatte oder nicht. Auf der Straße schaue ich mich immer wieder um. Wenn das Telefon klingelt zucke ich zusammen. Das ist doch nicht normal, Mac. Ich bin keine dieser verschüchterten Frauen. Und doch schlafe ich mit der Waffe unter meinem Kopfkissen ... „ , ihre Stimme war zum Ende immer leiser geworden, doch plötzlich hob sie den Kopf und sah ihm direkt in die Augen.

„ Wir müssen ihn schnappen. „

„ Das werden wir, Stella. Ganz sicher. „

Als er sah, daß Stella nur mit Mühe ein Gähnen unterdrücken konnte, legte er ihr die Hand auf den Rücken und schob sie in Richtung Tür.

„ Du legst dich jetzt ein bißchen aufs Ohr, Stella. „ Ohne Dich kann ich diesen Job nicht machen, und wenn du so weiter machst, brichst du mir früher oder später zusammen. „

Er wußte, daß sie protestieren würde und fügte nachdrücklich hinzu.

„ Keine Widerrede, Stella. Oder ich muß meinen Rang ausspielenund es Dir befehlen!„ Er lächelte sie an, um seinen Worten die Schärfe zu nehmen.

Stella wußte wann sie verloren hatte. Wenn Mac diesen Blick hatte, waren Argumente sinnlos. Das mußte ein Überbleibsel aus seiner Zeit bei der Army sein.

Um ehrlich zu sein war sie sogar ganz froh. Ihre Müdigkeit war zurückgekehrt, und sie begrüßte sie wie eine alte Bekannte. Trotzdem, der Gedanke zurück in ihre Wohnung zu fahren war alles andere als verlockend.

Mac schien ihre Gedanken zu erraten.

„ Du kannst auf der Couch in meinem Büro schlafen. Im vorderen Schrank findest du eine Decke und ein Kissen. Du hast noch ein paar Stunden bis die Schicht wechselt, solange wirst du ziemlich ungestört sein. „

„ Und was ist mit Dir ? „

„ Im Gegensatz zu Dir, habe ich meinen Kaffee getrunken. „ er grinste sie linkisch an.

Stellas Blick wanderte zu der kleinen Pfütze am Boden vor dem Fenster. Die Kleenextücher lagen achtlos am Boden und hatten schon einen Teil der dunklen Flüssigkeit aufgesogen.

„ Ich komme klar, Stella. Wenn du möchtest, leiste ich Dir Gesellschaft und sehe noch mal die Zeugenaussagen durch. Ich weiß nicht warum, aber irgendwas irritiert mich daran. „

Der gleiche Instinkt, dachte sie bei sich und mußte trotz der Situation lächeln.

„ Warum lächelst du ? „

„ Nichts, Mac. Das mit der Gesellschaft klingt gut, und falls ich nicht einschlafen kann, kannst du mir ja was vorlesen. „

Dieses Mal war es an ihr ihn anzugrinsen.

„ Geht klar, Stel. „

Er reichte ihr die Hand um den Pakt zu besiegeln.

Als sich ihre Hände trafen, fühlten beide seit langem wieder ein Gefühl der Zuversicht. Vielleicht würde ja doch alles gut werden.

Beide konnte nicht ahnen, wie falsch sie mit diesem Gefühl lagen.

TBC