Kapitel 4 - Die Ankunft in einer neuen Welt

Neugierig schaute Harry aus dem Fenster, doch es war nur grau in grau zu sehen. Das einzige, was zu hören war, war das geisterhaft schallende Getrappel der Nightmares.

„Wo sind wir hier?" fragte Harry neugierig.

„In einer Art Zwischenraum, den nur die Nightmares betreten können, Milord."

„Amelia!"

„Entschuldigt, aber ich werde euch nur innerhalb des Palastes mit eurem Namen anreden und auch nur wenn wir allein sind. Alles andere würde mich nur aus dem Konzept bringen." sagte Amelia mit fester Stimme.

„Ach! Und was ist mit meinem Konzept?" fragte Harry sarkastisch.

Nun sah ihn Amelia unsicher an, „Bitte Milord. Ich bin eure Dienerin und ich wurde erzogen, mich so zu verhalten." flehte sie.

Harry seufzte und nickte, „Ist schon gut. Mach dir keine Sorgen ob du mich verärgerst oder nicht. Solche Kleinigkeiten sind für mich unerheblich, dazu habe ich viel zu schlimme Dinge erlebt."

Amelia nickte mitfühlend, „Ich weiß."

Es schmerzte sie, ihren jungen Gebieter so leiden zu sehen, auch wenn er sich äußerlich gefasst und hart zeigte. Ihre Augen verhärteten sich, als er seinen Blick wieder dem Fenster zuwandte.

Sie würde dafür sorgen, dass ihm so etwas nicht noch mal passierte und sie würde die Schuldigen bestrafen.

Welch glückliche Fügung, dass zumindest einer bald in Askaban landen würde.

Sie musterte ihren neuen Gebieter zum ersten Mal in Ruhe.

Er sah stattlich aus in seiner schlanken und doch athletischen Gestalt, seine langen welligen Haare locker über den Schultern und seine leuchtenden grünen Augen. Und der Anblick in der Umkleide des Drachenledermeisters war ihr ebenfalls noch vor Augen. Sie seufzte innerlich.

Die elegante und schützende Robe aus Drachenhaut, die mit ihrem tiefen matten Schwarz so gut zu ihm und seiner Situation passte, unterstrich den Eindruck noch. Er sah gut aus und wie ein geborener Herrscher. Auch wenn sie genau wusste, dass er sich momentan noch nicht so sah.

Doch seine Mimik und der Umgang mit anderen Menschen, hart wenn es darauf ankam, freundlich, wenn es angebracht war, die Kontrolle über seine Gefühle und seine logischen Entscheidungen kombiniert mit dem Willen, das Richtige zu tun machten ihn zu einem Anführer. Und Willen hatte er mehr als genug, sonst hätte er sich nicht so in Form halten können, während er in Askaban war.

Überhaupt, wie war er eigentlich entkommen? Er war nun schon der zweite, der das aus eigener Kraft geschafft hatte. Zusätzlich musste er auch einiges gelernt haben, denn wenn sie ihren Berichten trauen durfte, beherrschte er momentan mehr und komplexere Zauber, als er in der Schule gelernt haben dürfte, wie den Schild zum Beispiel.

Doch bevor sie ihn fragen konnte, waren sie bereits angekommen.

Die Türen wurden von außen geöffnet. Sie bedeutete Harry zuerst auszusteigen.

Harry strich seine Robe glatt und trat aus der Kutsche. Sofort knieten sich vier Wachen, die rechts und links neben dem Weg warteten nieder.

„Lang lebe Lord Scyde." sagten sie synchron.

Hinter ihm trat Amelia erhobenen Hauptes hinaus und verneigte sich kurz vor Lord Scyde.

„Erhebt euch." sagte Harry trocken.

Die Wachen standen auf und salutierten.

Er sah ihnen in die Augen und erkannte, dass sie kampferprobte Krieger waren. Die Augen zeigten, dass sie schon gekämpft, gelitten und getötet hatten. Es waren harte Burschen.

„Ich möchte, dass ihr Wachen euch nicht vor mir verneigt."

„Aber..." setzte der am nächsten Stehende an, er war offensichtlich der Anführer.

„Schweigt!" bellte Harry hart, „Im Falle eines Angriffes oder Hinterhaltes seid ihr im Nachteil, wenn ihr kniet. Wenn ihr mir Respekt erweisen wollt, so salutiert und neigt meinetwegen kurz das Haupt, doch bleibt aufrecht stehen. Zudem bin ich auch der Oberbefehlshaber der Truppen, richtig?"

„Das ist richtig, Milord." sagte der Soldat.

„Dann grüßt mich, wie einen Vorgesetzten, nicht wie einen Herrscher. Das ist besser, oder?"

Der Soldat nickte, „Sehr wohl Milord."

„Amelia, was liegt als nächstes an?" fragte er beherrscht und ohne Emotion.

„Wir werden sie zu eurem Schloss führen, die Wachen werden uns begleiten. Ich werde euch die Haupträume des Schlosses zeigen und euer Quartier Milord. Morgen werden euch sicher einige der wichtigeren Leute hier sprechen wollen. Soll ich eine Audienz ansetzen?"

„Mach das!"

„Wie ihr wünscht, Milord." sie neigte zur Bestätigung leicht ihr Haupt und trug etwas in ihr Buch ein.

„Das Buch, sendet es Nachrichten für euch?" fragte Harry neugierig.

„Ja, so in der Art. Die betreffenden Leute empfangen die Nachricht. Wenn ich Zahlungen anweise, wird von Gringotts Geld transferiert, ich kann Informationen abrufen und andere ähnliche Dinge." erklärte Amelia.

Zwei Wachen gingen voraus, Harry folgte und seitlich hinter ihm lief Amelia. Harry seufzte angesichts diesen Verhaltens innerlich, doch er verstand, dass es so Brauch war.

Dahinter kamen die nächsten beiden Wachen.

Sie schritten eine gepflasterte Straße entlang und kamen durch eine Stadt, die allgemein aussah wie die Winkelgasse. Sie war voller kleiner Geschäfte, in denen magische Gegenstände und andere Dinge verkauft wurden. Ihm fiel auf, dass die Leute nicht nur ihm einen Heidenrespekt entgegen brachten, sondern auch Amelia. Obwohl sie eine Dienerin war, musste sie in der Hierarchie des Volkes von Scyde eine hohe Position innehaben.

Sie kamen nach einer Weile an ein Schloss, das von grünen Wiesen und sorgfältig gestutzten Bäumen umgeben war. Das Schloss war etwas kleiner als Hogwarts und aus schwarzem Stein gebaut. Es war nicht so verwinkelt und verspielt wie Hogwarts sondern einfacher und doch erkannte man sofort, dass es wehrhafter war, leichter zu verteidigen. Es wirkte auch düsterer als Hogwarts, dunkler und stärker. Als sie durch das schwere Tor schritten, spürte Harry die Macht der Schutzzauber, die das Schloss umgaben.

„Willkommen zu Hause, Lord Scyde." sagte Amelia ehrlich erfreut.

Harry lächelte ihr zu und trotz des düsteren Eindruckes, den das Schloss vermittelte, fühlte er sich wie zu Hause. Erschrocken bemerkte er die zwei Kreaturen, die neben dem Tor Wache hielten und ihn und die Wachen sorgfältig musterten, es waren Greifen, komplett schwarze Greifen, Kreaturen die den Körper eines Löwen hatten, dessen Fell sich vor den vorderen Pranken zu einem ebenso schwarzen Federkleid wandelte und in einem riesigen Adlerkopf endete. Komplettiert wurde das magische Wesen durch ein Paar gewaltiger schwarz gefiederter Flügel. Was die mächtigen Kreaturen noch beeindruckender machte, waren die silbernen Augen und der gefährlich aussehende Schnabel.

Auf die meisten Menschen mochten die beiden Greifen furchteinflößend wirken und puren Terror erzeugen, doch Harry fühlte sich irgendwie von den Wesen angezogen. Er schritt auf sie zu und der Anführer der Wachen fragte besorgt, „Milord?" Alle vier Wachen zogen ihre Waffen und Zauberstäbe, doch Harry winkte ab.

Er schritt auf die Greifen zu, die fast zahm zu ihm herüber trotteten und ihn wie treue Hunde anstarrten. Harry lächelte und tätschelte ihnen die Schädel. Sie senkten ergeben die Häupter und knurrten vergnügt.

Als Harry sich abwandte und wieder zu den Wachen zurück ging, traten sie an ihre Posten zurück.

Die kleine Gruppe starrte Harry an, doch setzte ihren Weg in das Schloss fort.

„Das hätte eigentlich noch nicht möglich sein sollen, Milord." sagte Amelia leise.

„Warum nicht?" fragte Harry neugierig.

„Ihr habt euch noch nicht an das Schloss gebunden. Erst nach dieser Zeremonie sollten eure Kräfte als Lord Scyde freigesetzt werden." erklärte Amelia beeindruckt.

Harry zuckte nur mit den Schultern, „Ich habe schlimmeres gesehen, als die beiden Greifen."

„Ich weiß. Dennoch ist es erfrischend zu sehen, wie jemand, der nicht von Scyde kommt, so furchtlos den Nightmares und Nachtgreifen gegenübertritt."

Harry sagte nur, „Keine Ahnung woran das liegt, doch ich finde sie nicht furchterregend sondern anmutig und edel. Mächtig ohne Frage, doch nicht furchterregend."

„Gut zu hören, Milord. Wollt ihr die Zeremonie gleich durchführen, Milord?"

„Was hat sie für Folgen?"

„Nun, ich denke, ihr werdet danach erschöpft sein. Doch wenn ihr euch gleich niederlegt und ruht, seid ihr morgen früh wieder frisch und munter."

„Dann sollten wir die Tour durch das Schloss auf morgen vertagen. Wir führen die Zeremonie durch, dann bringt ihr mich auf mein Zimmer und ich ruhe."

„Wie ihr wünscht, Milord." sagte Amelia mit einer Verbeugung.

„Zeigt mir den Weg, Amelia."

Sie führte ihn zu einem kreisrunden Raum, der nach seiner Schätzung in der Mitte des Schlosses liegen dürfte. Die Wachen postierten sich neben der Tür, begleiteten die beiden allerdings nicht in den Raum. Sie öffneten die Tür für Harry und Amelia.

„Wenn ihr mir folgen würdet, Milord?"

Amelia trat in den Raum und Harry folgte ihr in die Mitte. Dort stand ein Kristall auf einem Podest aus kunstvoll geschmiedetem Gold. Der Kristall selbst war nahezu kopfgroß und tiefblau. Dennoch schien er von innen zu leuchten und zu pulsieren.

„Was muss ich tun?" fragte Harry.

„Nur beide Hände auf den Kristall legen. Er wird all deine verborgenen Talente aktivieren unter anderem die Macht über alle dunklen Wesen, die in dem Blut der Lords von Scyde verborgen liegt. Ich habe es natürlich noch nicht gesehen, doch die Berichte sagen, dass es etwas schmerzen wird, abhängig von eurer Macht, jedoch nicht unerträglich."

„Kein Problem." sagte Harry zuversichtlich. Er schloss die Augen und legte die Hände auf den Kristall.

Ein glühender Schmerz fuhr seine Arme entlang und von den Schultern nach oben zu seinem Kopf und nach unten bis in seine Zehenspitzen. Trotz allen schmerzhaften Erfahrungen, die er schon gemacht hatte, trotz aller Selbstbeherrschung, die er sich erarbeitet hatte, konnte er sich nicht zusammenreißen und schrie herzzerreißend auf, so unerträglich war der Schmerz. Er fühlte sich, als würde er von innen verbrennen.

Amelia verstand nicht, was geschah. Nach allem, was ihr über das Ritual beigebracht worden war, sollte es nicht mehr, als ein leichtes Ziehen sein. Harry wurde von einem blauen Licht erleuchtet das wie ein Herzschlag zu pulsieren schien. Mit jedem Impuls schien das Licht sich weiter auszubreiten bis es schließlich stetig leuchtete. Sie wurde blass, als sie Harrys Schrei vernahm, konnte sich jedoch nicht rühren, so sehr sie auch auf ihn zu eilen wollte. Sie war durch die Magie des Kristalls erstarrt.

Als Harrys Schrei endete und das Licht für einen Moment konstant um ihn geleuchtet hatte, erlosch das Licht und der Kristall strahlte heller als je zuvor. Harry sank auf die Knie und Amelia konnte sich wieder bewegen. Sie eilte auf ihn zu und half ihm auf. Er war kaum bei Bewusstsein.

„Wie geht es euch?" fragte Amelia besorgt.

„Ich denke, ruhen wäre eine gute Idee." murmelte er.

Sie führte ihn mit Hilfe der Wachen zu seinem Quartier und legte ihn auf das Bett. Als die Wachen weg waren, entkleidete sie den benommenen jungen Lord.

„Danke, Amelia. Nun lasst mich allein."

Sie sah aus, als wollte sie etwas sagen, doch nickte, bevor sie sich aus dem Zimmer zurück zog und die Doppeltür hinter sich schloss. Harry war schon längst in tiefen Schlaf versunken.

Trotz der extremen Erfahrung, die er am letzten Tag gemacht hatte, erwachte Harry wie immer mit Sonnenaufgang. Voller frischem Elan stand er auf und ging ins Bad. Dort erst fiel ihm auf, dass er bis auf die Unterwäsche entkleidet war und er wurde rot.

„Amelia!" murmelte er überrascht zu sich selbst, doch dann schmunzelte er über ihre Aufopferungsbereitschaft. Etwas war anders, er schloss die Augen und versuchte, seinen Körper und seine Magie wahrzunehmen. Überrascht öffnete er die Augen und schnappte nach Luft, er fühlte sich mächtiger, stärker... vollkommen, als wäre etwas zurückgekehrt, was ihm schon immer gefehlt hatte.

Er duschte schnell und kleidete sich in eine seiner neuen Roben, die sie gestern erstanden hatten. Darunter trug er natürlich seine neue schwarze Weste aus Drachenhaut und die entsprechende Hosen dazu.

Als er auf die Zimmertür zuging, um nach draußen zu treten, fiel ihm ein Körperpanzer auf, der neben der Tür auf einem Ständer stand. Er sah furchteinflößend aus. Der Brustpanzer war aus einem festen schwarzen Material gearbeitet, das matt schimmerte. Die Außenlinien waren elfenbeinfarben gearbeitet, als würde ein Muster aus Knochen die schwarze Panzerung umschließen. Auf den Brustplatten waren zwei schwarze Flügel abgebildet, die ihm mehr als nur bekannt vorkamen, sie waren nahezu das perfekte Abbild seiner Animagusform, nur das sie schwarz waren im Gegensatz zu seinen.

Dazu gehörte offenbar ein schwarzer glänzender Umhang, der an den Schultern des Panzers befestigt war.

„Acrumantulaseide." murmelte Harry, denn er erkannte das Material wieder, es war das selbe wie sein neuer Umhang.

Den Abschluß machte ein Helm, der aus dem selben Material gearbeitet zu sein schien wie der Brustpanzer und ebenso mit dem elfenbeinfarbenen Material umrahmt. Der Helm hatte schmale Schlitze wo die Augen waren und einen tief gezogenen Nasensteg und die Seiten des Gesichts waren so geschützt, dass der Mund nahezu das einzige war, was man sehen konnte.

„Sicherlich imposant, wenn man unerwünschte Gäste beeindrucken will." murmelte Harry amüsiert, nicht im geringsten verängstigt von dem 'Outfit'.


AN: Ich weiß, das war nur ein kurzes Kap, aber ich musste hier den Bruch machen. Ich danke natürlich allen für die reviews und weiter so. Das nächste Kap wird nicht so lange auf sich warten lassen ;-)

TheRealBarni: OC steht für Original Character, also jemand, der nicht in den Büchern von JKR vorkommt.

Tolotos: Jupp, das Pairing wird so, wie es sich bisher bei LoCA abgezeichnet hatte... zumindest zu dem Zeitpunkt, als ich die Story geschrieben hab ;-)

Alex Black 5: Hmm, warum grad Ron? Ich kann ihn nicht leiden, darum grins Außerdem passt es zu ihm, er ist immer eifersüchtig und er steht auf Hermine... das ist nicht so ooc, wie du glaubst.