1. Raus aus den Federn
Nein, nicht schon wieder! Er war wach. Warum mußte dieser Tag immer wieder kommen? Jedes Jahr versuchte er einfach den ganzen Tag zu verschlafen, aber irgendwie gelang es ihm nie. Mürrisch sah Severus Snape aus dem Fenster, es schneite noch immer, wie es seit zwei Tagen unaufhörlich schneite. Eigentlich hatte er nichts dagegen, er mochte den Schnee. Schnee brachte Ruhe, Frieden, Schnee hatte etwas Reines an sich. Aber nicht heute, heute nervte ihn alles und jeder, das wußte er jetzt schon.
Seufzend stand er auf, vorsichtig ein Bein nach dem anderen aus dem Bett schwingend, blieb auf der Kante sitzen und überlegte einen Moment. Was kam jetzt? Ach ja, Frühstück mit Albus. Prima, wunderbar. So sehr er ein gemeinsames Frühstück mit dem Direktor in dessen Privaträumen auch genoß, heute nicht. Heute wollte er seine Ruhe. Aber natürlich, die war ihm nicht vergönnt. Wenn er nicht binnen der nächsten halben Stunde bei Albus auf der Matte stand, stand dieser bei ihm, das wußte er. Also tappte er mürrisch ins Bad, duschte schnell und machte sich fertig. Schwarze Hose, schwarzes Hemd, schwarzer Gehrock, perfekt. Nur keine gute Laune aufkommen lassen, alles, nur das nicht. Er war schlecht gelaunt und das sollten die anderen auch merken, damit sie erst gar nicht auf die Idee kamen, ihm mit ihrer nervenden, aufgesetzten Freundlichkeit auf den Geist zu gehen.
Auf den Gängen lief er hin und wieder einigen Schülern über den Weg, die jedoch sicherheitshalber einen großen Bogen um ihn machten. Perfekt, sollten sie ihn nur alle in Ruhe lassen. Aber um die Schüler machte er sich auch gar keine Sorgen, das Problem waren die Lehrer. Die fühlten ich nämlich in der Pflicht heute besonders freundlich zu ihm zu sein, von wegen besonders, überhaupt freundlich zu sein, denn das waren sie ja eigentlich nie. Er wußte, daß er im Kollegium nicht sonderlich beliebt war, nein, das war untertrieben. Die Kollegen mieden ihn, er mied die Kollegen. Perfekt. Wenn er nur an McGonagall dachte, begann sein Magen schon zu rumoren. Diese Frau verstand einfach nichts von Quidditch und versuchte dann auch noch mit ihm darüber zu debattieren, so was unsinniges. Verstand sich von selbst, daß er am Ende immer Recht behielt. Früher oder später gab Minerva es ja doch immer auf, ihn zu provozieren war nicht einfach.
Dieser Gedanke entlockte ihm jetzt doch ein flüchtiges Lächeln, gut, daß das keiner sah. Severus Snape lächelte nicht, niemals. Zumindest nicht, wenn es jemand sehen konnte. Na schön, bei Albus, aber das war ja auch etwas anderes. Albus wollte ja IHN sehen, die anderen sahen immer nur Severus Snape, den dunklen Tränkemeister, den Todesser. IHN sahen sie nie, weil er es sie nicht mehr sehen ließ. Es hatte ihm zuviel Leid und Kummer gebracht, das hatte er abgestellt. Nur bei Albus, da ging das nicht, da war es aber auch nicht nötig.
Seufzend
erreichte er den Wasserspeier, nannte ihm da Paßwort und ging
dann hoch in Dumbledores Büro. Wie jeden Samstag erwartete ihn
der Direktor schon am gedeckten Frühstückstisch, begrüßte
ihn mit einem strahlenden Lächeln und einer kurzen Umarmung.
"Severus, schön, daß du schon da bist."
"Albus."
"Setz
dich, setz dich, Tee oder Kaffe?"
"Tee", antwortete Severus
schmunzelnd, es war doch jede Woche dasselbe. Eine kleine
Beständigkeit in ihrem sonst so unbeständigen Leben, eine
Sicherheit an die sie sich klammern konnten, die sich nicht änderte.
Eine Weile saßen sie so da, schwiegen und genossen das ruhige Frühstück, weit weg von der Großen Halle. Severus mochte diese Massenversammlungen zu den Mahlzeiten nicht, blieb ihnen fern so weit es ihm irgend möglich war. Meist ließ es sich nicht vermeiden, vor allem, da Albus darauf bestand, daß sich auch der Tränkemeister an diesen beteiligte. Manchmal konnte der alte Zauberer halt verflixt stur sein.
"Nun
Severus, wie war die Woche?"
"Wie immer, willst du eine
Statistik? Longbottom hat keinen Kessel geschmolzen und es ist auch
ausnahmsweise nichts explodiert, du hast recht, wenn ich´s mir
recht überlege, war das eine angenehme Woche."
Dumbledore
schmunzelte in seinen Bart, er hatte da was anderes gehört. "So,
und wieviele Punkte hat Gryffindor verloren?"
Nun lächelte
auch Severus. "Weiß nicht genau, zwischen 90 und 110, hab
nicht so recht mitgezählt."
"Tatsächlich, und warum
haben sie die verloren?"
"Weil Unfähigkeit meines
Erachtens nicht belohnt gehört, oder bis du da anderer
Ansicht?"
"Nein, nein, ich mische mich da auch nicht ein,
Minerva meinte nur, ich solle mir dir darüber sprechen, das habe
ich hiermit getan."
"Das hast du."
Wieder entstand ein
Moment des Schweigens, der abermals von Dumbledore unterbrochen
wurde.
"Severus, ich weiß, du willst das jetzt nicht
hören, aber ich muß es doch erwähnen."
Severus
stöhnte und überlegte rasch, was er Potter in dieser Woche
alles an den Kopf geworfen hatte, wofür er wieviele Punkte
abgezogen hatte und welchen Schülern er welche Strafarbeit oder
Nachsitzen aufgebrummt hatte. Dabei stellte er fest, es war eine
ganze Menge.
"Ich höre Albus..."
Dumbledore
schmunzelte bei dem genervten Tonfall seines Tränkemeisters
erneut, "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag Severus."
