Dreizehn

Sankt Petersburg, Russland

In Simons Haus

10. Dezember 2004

12:07 Uhr

Lara fluchte unterdrückt, als sie ihren Bruder sah, wie er da oben mit einer Colt Python stand und auf seine eigene Schwester zielte. Sie waren keineswegs Verwandt, jedenfalls nicht auf die eigentliche Art. Das einzige, was sie verband war die Blutsbruderschaft, die sie im Alter von sieben Jahren geschlossen hatten. Sie schallt sich selbst eine Idiotin und wünschte sich hier niemals aufgetaucht zu sein.

„Ups.", begann Simon: „Hätten wir nicht damit gerechnet, dass unser Brüderchen so ein fieses Arschloch ist?", wollte er wissen. Lara funkelte ihn nur böse an...was sollte sie sonst tun? „Ich weiß, ich weiß.", er ging theatralisch auf und ab und wedelte mit dem Colt herum: „Du denkst dir jetzt wie konnte er mir das antun, nach allem was wir gemeinsam hatten.", er starrte in ihren erstaunten Blick: „Oh ja, Lara Croft ich hab es nicht vergessen. Unsere gemeinsame Zeit als Kinder und weißt du was.", er zielte gespielt auf Chase und lachte: „Du bist an allem Schuld."

Chase warf Lara einen fragenden Blick zu und machte eine Geste, die verdeutlichen sollte, dass er sich versuchte an einen der Männer heranzupirschen. „Ne, ne Blondschopf. So was macht man nicht...ihr seit doch Gäste.", er überlegte kurz: „Oder eher Gefangene, so wie mein Freund, Winston!" Aus dem Schatten trat Sheffield mit einem weiteren Revolver in der Hand und was das wichtigste war, er richtete ihn auf Laras Butler, der geknebelt auf die Knie sank. Über seinem linken Auge war eine kleine, mittlerweile verkrustete Platzwunde.

„Was habt ihr mit ihm gemacht?", zischte Lara böse. Und Simon wich gespielt und vor Angst schlotternd zurück: „Lara, Lara, Lara. Nicht wir haben das gemacht, du warst es."

„Jetzt lass gefälligst dieses Psychogequatsche! Red Klartext, warum arbeitest du für Sheffield.", Lara war nur dankbar, dass ihre Freunde sich daraus hielten. Wenn sie sich einmischten, könnte es aller Leben gefährden.

„Nun gut, Croft.", er hob eine Braue: „Schau her. Nicht ich arbeite für Sheffield...", er legte den Colt an Sheffields Schläfe: „Sondern er für mich.", eine Kugel löste sich und bohrte sich durch den Schädel des Mannes, der nicht einmal mit der Wimper zuckte, als die Kugel auf der anderen Seite wieder herauskam und Blut in Sturzbächen hervorschoss. Dann kippte er vorn über und rollte die Treppe hinab, landete vor Saras Füßen, die sich eine Hand vor den Mund schlug.

„Du Schwein.", zischte Lara und versuchte ihn einzuschüchtern. Doch der Typ war viel zu verrückt, um das mit sich machen zu lassen. Stattdessen fuhr er sie gespielt wütend an: „Na. Wer wird denn hier gleich beleidigend. Also wirklich, ich erwartete mehr von dir.", er nickte ungläubig mit dem Kopf: „Aber nun zu deiner anderen Frage: „Du hast mich benutzt, Lara. Ich hab dich geliebt und du hast mit mir geschlafen und mich dann fallen lassen." „Und das rechtfertigt dich, einen Mann zu killen, in mein Haus einzubrechen und meinen Butler zu kidnappen?", wollte Lara von ihm wissen.

„In meinem kranken Hirn schon.", er wurde langsam wütend, dass spürte sie: „Aber nicht nur das. Du hast mich vollkommen ignoriert und du hast mich...ach, ist doch scheiß egal.", er zielte auf Winston.

„Nicht!", schrie Lara und er hielt inne:„Was willst du?"

„Die Bücher, Croft.", Simon senkte die Pistole und Lara atmete aus. „Wenn das alles ist.", sie warf ihm den Koffer mit den Büchern zu. Dieser fing ihn auf und ließ einen der Soldaten ihn öffnen. Dann blickte er hinein, griff sich eins der Bücher und blätterte darin. Doch schon schlug seine Euphorie in blankes Entsetzen um. Aber er hatte es ja so gewollt.

„Verarschst du mich?", zischte er. Sie verneinte: „Sie sind codiert und ich weiß, wo ich den Schlüssel finden kann."

„Dann such ihn.", schrie er und Winston kniff erschrocken die Augen zusammen. Lara tat er leid. Sein Job war es eigentlich nur ihr Haus einwenig in Schuss zu halten und ihr das Leben ein Stück zu erleichtern. Doch stattdessen wurde er von ihrem Blutsbruder gekidnappt und geschlagen. Das ging zu weit. Vielleicht hätte Lara Simon jetzt töten können, doch dann hätte sie das Leben aller in diesem Raum verwirkt.

„Und womit?", fragte sie dann laut: „Deine Männer haben mein ganzes Zeug." Simon blickte verdutzt zu dem Dutzend Personen in diesem Foyer, dann nickte er einem zu und er verschwand. „Du bekommst es wieder. Aber nur, wenn du versprichst, dass du nicht schießt, ich weiß doch wie Gewaltbereit du bist."

Lara nickte: „Das ist nur fair. Und lass Winston frei." Doch er verschloss ihr den Mund mit einer Geste: „Sicher nicht, Schätzchen.", er lachte: „Wo wäre dann der Witz, wenn ich dich nicht bedrohen könnte. Du würdest abhauen und das war's!", erneut ein Lachen: „Nein Lara. Den behalte ich.", er griff Winston an die Stirn und fuhr ihm sanft darüber: „Und auch das." Ein weiterer Mann trat aus dem Schatten mit der Ellipse auf einem Samtkissen.

Dann kamen endlich ihre Waffen und auch Indys Hut, ihre Papiere und die Geldbörse. Der Söldner warf den Kram runter und Lara fing ihn auf.

„Ich gebe dir eine Woche.", rief Simon laut. Und Lara wollte auffahren, doch er brachte sie wieder zum Schweigen: „Eine Woche, nicht mehr und nicht weniger. Ab jetzt!", er blickte auf die Uhr.

Lara warf noch einen letzten Blick auf Simon und ihren Butler, der verängstigt, aber mit großer Willenskraft dem Schmerz entgegen sah, dann eilte sie zur Tür hinaus und rannte aus dem Garten. Ihre Freunde folgten ihr.

Sie hielten erst, als sie wieder in der Nähe des Stadtparks waren. Ihr Atem ging keuchend von dem hastigen Lauf und ihr Herz schlug gegen ihren Brustkorb, was aber eher daran lag, dass sie sich Sorgen um Winston machte. Simon war offensichtlich verrückt und dann auch noch im Besitz ihrer wertvollsten Schätze: Winston, die Bücher und die Ellipse.

„Was war denn das gerade?", wollte Indiana wissen, als er neben ihr zum stehen kam. „Das.", begann Lara und die Erinnerung an die traurigen Augen ihres Butlers versetzte ihr ein Stich ins Herz: „War mein Bruder." Chase schnaubte und blickte absichtlich in eine andere Richtung. Er war eifersüchtig auf Simon, dass er ebenfalls mit Lara geschlafen hatte. Und sie konnte ihn ja auch verstehen. Doch jetzt war nicht die Zeit für klärenden Kram. Sie musste etwas unternehmen.

Aber was?

Was zuerst?

Was war wichtig?

Lara wusste es nicht, in ihrem Kopf drehte sich alles. Winston, Flug buchen, beeilen, Winston, Ausrüstung besorgen, Winston...es war zum verzweifeln. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sara neben ihr trat nervös von einem Bein auf das andere und auch die beiden Männer an ihrer Seite waren nicht weniger nervös.

Und das trug ebenfalls zur Unsicherheit von ihr bei. Sie war geschult auf solche Situationen. Sie hatte schon Öfters so was gemeistert. Und doch war sie total durch den Wind. Wie konnte Simon ihr das nur antun? Warum tat er so was? Was sollte sie nur machen? Das war einfach zu viel.

„Lara was ist los?", Sara bemerkte das bleiche Gesicht ihrer Freundin und diesen nervösen, unsicheren Blick in ihren Augen. So kannte sie Lara gar nicht. Sie schien mit der Situation überfordert zu sein. Also sollte ihr jemand helfen. Sara atmete ein mal tief durch, dann ergriff sie das Wort: „Okay. Was brauchen wir alles?", sie sah ihre Freunde an.

„Waffen!", rief Chase und Sara hob einen Finger.

„Ein Flug nach China.", setzte Indiana fort und Sara hob noch einen Finger. „Ausrüstung.", Sara blickte ihre Freundin fragend an. Sie schien sich wieder zu fangen und dann klärte sich ihr Blick wieder: „Genau! Sara und ich gehen zur Bibliothek und ihr beide.", Sara sah zu, wie Lara auf die Jungs zeigte:

„ Ihr holt die Ausrüstung. Enterhaken, Glasschneider, Kälteanzug alles was wir zum Einbruch brauchen." Auf Indys Stirn erschien eine steile Falte, die immer höher rutschte: „Einbruch?" Lara nickte.

„Nicht alle Schätze dieser Welt liegen unter Tonnenweise Gestein."

Das schien einleuchtend, denn er sagte nichts mehr dazu. Dann trennte sich die Gruppe. Chase und Indiana gingen los, auf der Suche nach dem passenden Laden und Sara folgte ihrer Freundin zur Stadtbücherei.

Sankt Petersburg, Russland

Auf den Straßen

10. Dezember 2004

12:32 Uhr

Indiana folgte einer inneren Karte in seinem Kopf, die er sich vor sechzig Jahren eingeprägt hatte bei seinem letzten Besuch in dieser Stadt. Doch hier hatte sich vieles verändert und er konnte sich nur an den Sehenswürdigkeiten orientieren. Es war nicht leicht als Fremder in dieser Zeit. Doch er machte das beste daraus.

Zurück konnte er ja nicht. Sie bogen gerade in eine der vielen Gassen ein und folgten dieser bis zum Ende. Dann standen sie vor einer Sackgasse. „Mist, wo ist es hin. Hier war doch ein Laden.", murmelte er.

Chase blickte ihn fragend an: „Wann? Vor sechzig Jahren? Indy, ich will ja nicht nörgeln, aber deine Erinnerungen sind veraltet." Und der Grabräuber gab dem Blonden Kerl recht. Hier würde er sich nicht mehr zurecht finden. Er fluchte und schlug mit der Hand gegen die Wand. Der Schmerz schoss durch seine Faust, aber er unterdrückte den Aufschrei und kämpfte den Schmerz nieder.

Winston war Laras Butler und außerdem war er im Besitz des Artefakts, weswegen Indiana überhaupt hier gelandet war. Sie mussten was unternehmen, deswegen verließen sie die Gasse und Indy versuchte sich mit seinem bisschen Russisch zu verständigen: „Iswiniti!", sprach er eine ältere Frau an. Diese blickte ihn fragend an und er fuhr fort.

Gde, Arugija magazin?", er fragte nach einem Waffenladen. Die Frau lachte bei seiner Aussprache, denn er hatte einen sehr starken Akzent und er hatte, frei übersetzt gesagt: „Wo Waffenladen?"

Dann beschrieb sie ihm kurz den Weg zu drei verschiedenen Läden und Indiana war einwenig überrascht, dass die Frau so viele kannte. Er wollte gar nicht wissen, was so zu Hause an der Wohnzimmerwand alles hängen könnte. Waffen, Schädel...

Er wollte nicht daran denken. Und trotzdem malte er sich grade eine typische, russische Wohnung aus in der so was an der Wand hing. Das war immer so. Wenn man nicht daran denken wollte, dann tat man es erst recht. Das war so ein typischer Teufelskreis.

Dann liefen sie weiter. Die Mädels mochten vielleicht schon längst ihr Ziel gefunden haben und warteten ungeduldig auf sie. Chase holte ein Stück auf und rannte nun neben ihm: „Was hast du der Alten eigentlich gesagt?"

„Ich wollte nur wissen wo hier ein Laden ist.", wehrte sich der Archäologe. „Ach und warum hat sie dann gelacht?", Chase blickte ihn mit belustigter Miene an.

„Lach nicht. Ich konnte ihr immerhin erklären, was ich wollte.", zischte Indy Jones seinen Partner an und bog in eine Seitenstraße ein, fand den Laden und betrat diesen.

„Okay. Chase hier ist es nun an dir. Ich wette Lara und du habt es schon des Öfteren getan!", Indiana machte einwenig Platz, so dass der andere sich umsehen konnte.

„Worauf du einen lassen kannst.", murmelte Chase gedankenverloren, während er durch die Reihen ging und die Ausrüstung zusammensuchte.

Lara und Sara trafen nach einigen Minuten in der Bibliothek ein. Die Grabräuberin hatte sich sofort in diesen Ort verliebt. Hohe Decken mit kunstvollen Malereien, viele Reihen voller Bücher und eine düstere, traurige Atmosphäre. Das war wirklich ein toller Ort. Und sie wünschte sie hätte mehr Zeit sich umzusehen.

Doch das hatte sie nicht. Sie suchten schnell einen Rechner der noch frei war und setzten sich dran. Dann öffnete sie den Internet Explorer und wählte sich bei Lycos ein. Suchte nach Yu Noa Zong. Und sie fand ihn sogar. Sein Anwesen lag in Kashgar, einer größeren Stadt im Westen von China. Sie druckte sich die Informationen und einen Lageplan von dem Anwesen aus, einige Bilder und außerdem noch ein Bild von ihm und seiner Familie. Dann wählte sie nur Yu Noa, um einwenig über ihn in Erfahrung zu bringen. Fand sogar einiges.

Vorher zog sie aber ihr Handy und wählte Chase Nummer. Einen Moment später ging er dran: „Yo!"

„Hey, ich bin's!", sie stoppte kurz: „Wärt ihr so nett und würdet einen Flug buchen nach Kashgar...oder ganz in die Nähe?" Sie lauschte noch einen Moment, dann verabschiedete sie sich und legte auf: „Gut was steht da so?"

Jemand tschte sie an und Lara bat verlegen um Verzeihung, dann lass sie flüsternd vor: „Yu Noa Zong ist ein korrupter Mann. Man munkelt, er habe was mit der Mafia zu tun. Sein vieles Geld erlaubt es ihm seine Feinde ungesehen verschwinden zu lassen. Meist wird sogar die Polizei geschmiert.", sie lass weiter und meinte dann: „Bla, bla...war ja eigentlich klar. Was steht da noch so?"

„Dich scheint es ja nicht zu überraschen, was?", wollte Sara wissen. „Nicht wirklich. Ich hab damit gerechnet.", erklärte Lara ihrer Freundin und lass sich die Kapitel durch. Allgemeines (Vorwort), Sein Leben, seine Religion, sein Anwesen...das war Interessant, also druckte sie sich die Seiten noch aus, denn dort stand einiges über das Sicherheitssystem. Dann lass sie weiter...seine Vorfahren, die Schätze...auch das war wirklich nützlich. Leise lass sie vor: „Yu Noa Zong besitzt einen Haufen wertvolles.

Seine Privatsammlung wird auf etwas 20 Millionen US Dollar geschätzt. Die meisten seiner Schätze hat Yu Noa nicht ohne Leichen geborgen. ‚Es war nicht leicht so ein mächtiger Mann zu werden', sagte er über sich selbst. Und das erstaunlichste ist...", Lara stockte der Atem, als sie lass was da stand.

Er möchte seine komplette Sammlung bei einer großen Versteigerung auflösen." „Nein.", flüsterte sie leise und konnte ihren Augen nicht trauen.

Fortsetzung folgt: