Ich möchte an dieser Stelle meinen Fans Cora211 und Matthias danken, die mich immer wieder inspirierten weiterzuschreiben und auch noch Dangerosa aus dem Forum, die mir seit kurzem als Betaleserin bei Seite steht. Danke an alle...und jetzt viel Spaß beim nächstens Kapitel.
Sechsundzwanzig
Surrey, England
Croft Manor
18.Dezember 2004
11:21 Uhr
Die Chaika hielt vor dem Tor von Croft Manor. Das Stahlgitter war noch immer geschlossen, doch die Fronttür war offen. Wahrscheinlich hatte Simons Mannschaft die Tür gestürmt. Lara saß wieder am Steuer und kurbelte das Fenster runter: „Croft, Lara.", sagte sie leise in eine Sprechanlage. Die Stimme wurde analysiert und dann ertönte eine computergenerierte Frauenstimme: „Willkommen daheim, Lara Croft. Sie haben drei neue Nachrichten." Lara schmunzelte und schloss das Fenster, dann öffnete sich das Tor summend. Winston schlief, während Sara in einem englischen Buch lass, dass sie bei ihrer Durchfahrt durch London gekauft hatten. Während Chase und Indy Gedankenverloren aus dem Fenster starrten. Sie hatten Tagelang nicht geduscht und sahen dementsprechend aus. Laras Haar fühlte sich strähnig und fettig an.
Die Klamotten waren Schweißdurchtränkt und außerdem schon an einigen Stellen aufgerissen. In Frankreich hatten sie keinen Zug mehr bekommen und mussten den Tunnel mit dem Wagen durchfahren. Keine besonders schöne Erfahrung unterirdisch zu hängen. Deswegen hatte auch Indy das Steuer übernommen. Lara fühlte sich einfach zu sehr an ihre Zeit in der ägyptischen Pyramide erinnert. Es war heiß und stickig gewesen. Der Tunnel besaß zwar ein Belüftungssystem, aber trotzdem rief er unschöne Erinnerungen auf. Sie fragte sich allerdings, warum gerade jetzt?
Die ganze Zeit, während sie nach Von Croys Mörder gesucht hatte und während der Zeit in dem unterirdischen Bunker war da nichts gewesen. Und jetzt? Was war wohl der Katalysator für so was? Die Ereignisse mit Simon? Eine von mehreren Möglichkeiten. Ein schlechter Traum an den sie sich nicht erinnern konnte? Aber jetzt war wieder gut. Sie fühlte sich okay und auch teilweise ausgeruht.
Der Wagen lenkte auf einen der leeren Plätze im Innenhof. Sie besaß einige Stellplätze unter freiem Himmel unter schönen Laubbäumen, die aber im Moment kahl waren. Und dann natürlich noch das Parkgeschoss im Keller. Das war um einiges größer. Es regnete und die Tropfen prasselten in beruhigend monotonen Abständen auf das Dach des Wagens. Es war ein plötzlicher Platzregen, der eingesetzt hatte, seit sie in London waren. So als wollte das Wetter sie nicht hier haben. Leise rüttelte sie Winston wach.
Der alte Mann erschrak einwenig und Lara warf ihm ein beruhigendes Lächeln zu: „Wir sind da." Winston nickte und stieg aus. Sara und die anderen räumten ihre Sachen zusammen und stiegen ebenfalls schweigend aus. Lara blickte auf ihre Uhr. Es war noch nicht mal Mittag und das schlimmste. Es war der 18te Dezember.
Bald war Weihnachten. Und das hatte sie vollkommen verdrängt. Irgendwie war ihr der Schnee in Russland so „normal" vorgekommen und die Hitze in China hatte sie vollkommen vergessen lassen, dass es bald so weit war. Sie fühlte sich ein wenig schuldig, dass sie es vergessen hatte. Winston hatte wahrscheinlich schon längst alle Sachen besorgt, während sie in der Weltgeschichte herumgeeiert war.
Doch darüber konnte sie sich im Inneren des Hauses den Kopf zerbrechen, bevor sie sich noch eine Erkältung holte. Also griff sie im Kofferraum nach den Büchern und der Rolle, schirmte sie so gut wie möglich mit dem Körper ab und eilte ins Haus, während Chase den Koffer trug. Die Klamotten darin waren teilweise noch ungetragen, aber Lara hatte sich nicht motiviert gefühlt sich umzuziehen.
Als sie im Inneren war, schloss sie die Tür und atmete durch. Endlich daheim.
Eine Dusche, gründliche Inspektionen ob auch noch alles da und niemand ungewolltes im Haus war, drei gelesene Mails (eine von Madeline, eine von Ebay und eine von der Pariser Polizei, die sie gerne noch mal sprechen würde.) und eine halbe Stunde zusätzliche Pflege (Beine und andere Stellen rasieren, Peeling, Haarkuren, Fönen etc.) später saß Lara in der Bibliothek ihres Anwesens. Der Regen prasselte noch immer gegen die Fenster und neben ihr stand ein duftender Kakao. Sie hatte irgendwie plötzlich Lust gehabt auf etwas tröstendes und wärmendes.
Nach all der Aufregung schien ihr das genau passend. Die Deckenleuchter waren aus, nur ein Kamin und eine kleine Schreibtischlampe leuchteten die große, dunkle Halle dürftig aus. Es war erst kurz nach zwölf, aber der Himmel war so verhangen, dass es beinah so dunkel wie in der Nacht wirkte. Chase saß unten im Wohnzimmer und genoss das Fernsehen, Sara war noch in einem der Bäder, Indy im Trainingsraum und Winston wuselte irgendwo im Haus rum, wie ein Schatten der über einen wachte und immer dann da war, wenn man ihn brauchte.
Der blaue Frottebademantel duftete frisch nach Wäsche und deshalb hatte sie ihn auch angelassen. Sie wollte es so gemütlich wie möglich, so lange es noch ging. Aber sie musste die Sichel Sache schnell beenden, bevor Simon Wind davon bekam, dass Lara wieder auf Croft Manor war.
Sie hatte sich gedacht, dass Simon sie wahrscheinlich für klug halten würde, dort nicht hin zu fahren, so dass er keinerlei Männer dahin schickte. Und sie schien recht zu haben. Noch hatte sich niemand gemeldet.
Es war ein schönes Gefühl so sauber zu sein. Sie fühlte sich zum ersten Mal richtig gut seit diese Sache im Unterwasser Tempel begonnen hatte. Vieles war seit dem passiert. Und vieles war nicht besonders angenehm gewesen. Sandy war tot. Lara hatte gerade angefangen die Frau zu mögen, da hatte sie einen sinnlosen Selbstmord begonnen. Eine traurige Geschichte, fand Lara.
Das arme Mädchen hatte einen solchen Hass auf ihren Bruder, dass sie sich selbst opferte, um ihn endlich los zuwerden, und nicht mal das hatte geklappt. Lara nippte an ihrer Tasse. Ein Blitz schlug ganz in der Nähe irgendwo außerhalb des Geländes ins Meer ein und erhellte die dunkle Bibliothek für einige Sekunden.
Dann erhob sie sich, leerte die Tasse in einem Zug und verließ die Bibliothek, schritt durch den langen Flur, erreichte das Foyer und ging über die Galerie zum anderen Hausflügel. Dort betrat sie ihr Zimmer und griff nach den in Stoff gewickelten Büchern und dem Pergament. Wenn sie schon die Ellipse vergessen und Sandy sich geopfert hatte, dann wollte sie die Sache schnell hinter sich bringen.
Dann wurde die Tür ihres Badezimmers geöffnet und Sara kam, in ein Handtuch gewickelt so groß wie ein Dampfer, heraus. „Hey.", meinte sie leise und ging zu ihremKoffer, den sie hier gelassen hatte, als sie nach Russland aufgebrochen waren. Jetzt hatte sie wieder ihre Klamotten zurück. Auch Lara zog sich schnell um, wählte einen roten Pullover und eine Jeanshose. Sara entschied sich für eine graue Bluse und eine schwarze Jeanshose.
Dann verließen sie das Schlafzimmer wieder, Lara mit ihren Fundstücken. „Was machst du jetzt?", wollte Sara, eher rhetorisch, von ihrer Freundin wissen. Diese hob die Sachen in ihren Händen einwenig an: „Simon in den Arsch treten."
„Ah. Was mich wundert ist, Simon hat doch die Ellipse, nicht?", begann Sara und die Archäologin nickte zustimmend: „Warum hat er den Rest nicht auch geklaut? Die Iris, den Infada Stein und die anderen Schmuckstücke? Er hatte doch die Chance."
„Simon ist nicht Yu Noa. Er ist nicht auf Profit, sondern auf Rache aus.", erklärte sie der Polizistin, die daraufhin ein nachdenkliches Gesicht machte, während sie sich auf den Weg ins Erdgeschoss machten. Sie sah Winston, wie er durch die Räumlichkeiten ging und die Pflanzen begoss. Einige der Pflanzen waren eingegangen, wegen der vielen kalten Luft, die durch die offene Tür geströmt war. Hauptsächlich die tropischen Pflanzen. Unten im Keller hatte sie noch eine Art Biotop angelegt, mit einer kleinen Tempelanlage und subtropischem Klima. Dort wuchsen einige sehr seltene Pflanzen, die teilweise sogar giftig waren. Aber auch eine Reihe von heilenden Pflanzen. Es war eine Art Dschungel im Kleinformat.
Dort lebten auch einige, vom Aussterben bedrohte Schmetterlingsarten, die in dem mehr und mehr zerfallenden Dschungel da draußen kaum noch Lebensraum hatten, und andere Insekten, so wie einige Spinnen und Schlangen. Es war nicht gerade legal so was zu halten, doch die Außenwelt erfuhr nichts davon und die Tiere hatten genug Platz und Nahrung.
Der Dschungel war eine Art Äquivalent zu dem Aquarium, das sie ebenfalls unten angelegt hatte und mit der Zeit immer weiter ausbaute. Mittlerweile beherbergte dieses Aquarium eine Reihe verschiedener, ebenfalls sehr seltener Fische. Sie würde sich ja auch einen Hai oder einen Tiger halten, doch das wäre nicht fair den Tieren gegenüber.
Diese Tiere brauchten ihre Freiheit, auch wenn viele den Wilderern in die Finger fielen. Da hatten es die Haie aber auch nicht besser.
Aber jetzt verwarf Lara das Thema erst mal und folgte dem Weg weiter ins Wohnzimmer, wo Indy (der wahrscheinlich mittlerweile mit dem Training fertig war) und Chase sich einen alten schwarz/weiß Film ansahen.
Chase blickte fragend auf, während Indy sofort aufsprang und ein wenig peinlich berührt aussah, so als hätte seine Mutter ihn mit einem Mädchen erwischt. Lara schmunzelte leicht und legte die Bücher auf dem Tisch ab: „Die Arbeit ruft." Chase grinste vielsagend und erwiderte dann: „Sorry Babe, aber meine Wenigkeit wird dir leider nicht helfen können."
„Und warum nicht, Chase?", wollte Lara wissen und sah ihn herausfordernd an.
„Ich hab Miss Madeline Hovan gesagt, dass ich sie unterrichten werde, sobald wir zurück sind. Deswegen fahre ich jetzt zum Museum und erzähle ihr, wie es mit den Büchern steht.", Chase verneigte sich gespielt und eilte in Richtung Foyer. Lara schritt hinterher, reichte ihm seine Jacke, die dieser dankbar annahm und dann drückte er ihr einen kurzen Abschiedskuss auf die Lippen: „Bis bald, Red. Du weißt, dass ich dir gerne helfen würde."
Dann eilte er in den strömenden Regen hinaus, rannte zum Karrport und stieg auf das, noch trockene Motorrad, warf den Motor an, winkte Lara noch mal zu und brauste dann Richtung Tor.
Lara drückte einen Knopf auf einem dem Schaltpulte neben der Eingangstür und das Tor öffnete sich summend, dann verschwand Chase um die Kurve und das Tor schloss sich wieder. „Ich weiß.", antwortete sie schließlich leise auf seine Aussage. Allerdings hörte er das nicht mehr.
Sie drehte sich weg, schloss die Tür und ging zurück zu Indy und Sara, die das Deckenlicht angemacht hatten und nun über dem Pergament grübelten. „Und schon was gefunden?", wollte sie von ihren Freunden wissen. Doch diese verneinten mit einem Kopfschütteln. Sie ließ sich neben Sara nieder und begann ebenfalls zu suchen.
Eine Reihe von deutschen Buchstaben und dazu dann passend die geheimnisvollen Zeichen, die sie auch in den Büchern gefunden hatten. Lara nahm einen Stift und einen Block, aus einer kleinen Schublade in dem niedrigen Couchtisch und notierte sich die Zeichen, dann besah sie sich den Rest. Eine Reihe von Beispieltexten, alle über den großen Führer. Seine Reden hauptsächlich, die verschlüsselt wurden, um daran zu üben. Außerdem stand dort, dass die deutsche Fassung von Hitlers Büchern bei einer der vielen Bücherverbrennungen zerstört worden war. Doch dazu hatte sie jetzt keine Zeit: „Sucht noch ein Stück weiter, dann kommt in mein Büro."
Sie erhob sich und verließ das Wohnzimmer durch eine andere Tür, wobei sie sich im Vorbeigehen noch den ersten Band der Bücher schnappte. Ein langer Flur folgte, mit einem roten Perserteppich. Links von ihr war die ganze Seite verglast und auf der Rechten Seite waren in gleichmäßigen Abständen Raumtüren.
An der Wand hingen noch einige Gemälde und in ein oder zwei Vitrinen standen Figuren aus den verschiedenen Kulturen. Sie wirkten echt, waren aber meist nur Souvenirs aus dem jeweiligen Land. Ägypten, Griechenland, Italien, Peru, Honduras...
Viele Figuren mit vielen Bedeutungen. Doch Lara hielt sich nicht damit auf, sich die Sachen anzusehen, die sie sowieso schon so oft gesehen hatte. Stattdessen ging sie zu der vierten Tür und öffnete diese. Hier lag ihr Büro, dass sie nutzte, wenn sie Telefonate und ähnliches mit wichtigen Leuten führte. Der Regen hatte nachgelassen und der Himmel klärte sich auf.
Super, dachte sie, in Russland Schnee, in England Regen. Ist ja typisch. Lara schaltete das Licht ein und sah sich in dem Raum um. Sie war schon lange nicht mehr hier gewesen, in ihrem „Bürotrakt". Gegenüber von ihr prangte ein großes Glasfenster mit Blick auf den Außenparkplatz und den Springbrunnen, der allerdings im Moment ausgestellt war.
Vor dem Fenster stand ein großer Eichentisch mit dunkler Lackierung. Links und rechts von ihr standen einige Bücherregale, vollgestopft mit allen möglichen Akten. Von PC-Ausdrucken über Länder, Kulturen, wichtige Persönlichkeiten, Finanzen und anderen Geldsorgen, bis hin zu einigen Privaten Familienfotoalben.
Unter ihren Füßen befand sich ein weiterer, schwerer Perser, der ihre Schritte dämpfte, während sie zu ihrem Tisch ging und sich niederließ. Sie ließ den Wälzer mit einem hörbaren Knall auf den Tisch fallen. Ihr Blick fiel auf den Schreibtisch. Eine Leselampe, ein Notizbuch mit wichtigen Nummern, aufgeschlagen bei Werner von Croy, ein Packung Kaugummi, ein Stiftblock und einige Fotos von ihr und Chase, als sie noch ein Paar gewesen waren.
Irgendwie fand Lara das seltsam. Die Sache mit Chase. Es war nicht so, wie sie es sich beide gewünscht hatten. Es war einfach nicht mehr das, was es früher einmal gewesen war. Und diese Erkenntnis versetzte Lara einen stich. So sollte es nicht sein.
Kurze Zeit später erhob sie sich wieder und wand sich dem zu, dass sie eigentlich vorgehabt hatte. Sie ging zum Kopierer und legte den Block mit den geheimen Zeichen darauf, dann begann der Kopierer seine Arbeit und druckte zwei weitere Fassungen aus, die sie auf den Schreibtisch neben die Bücher legte.
Während sie auf Indiana Jones und Sara wartete, besah sie sich die Bücher in den Regalen noch mal genauer. Eigentlich weniger aus Interesse, sondern eher um sich die Zeit bis dahin zu vertreiben.
Und endlich betraten ihre Freunde das Zimmer. Sara und er trugen jeweils ein Buch. Lara warf ihnen ein Lächeln zu, dass aber einwenig geknickt wirkte: „Ich hab die Liste mal kopiert für euch.", sie reichte jedem ein Blatt: „Machen wir uns an die Arbeit. Ich möchte endlich aufhören immer nur an Simon zu denken.", sie überlegte kurz, „Das meinte ich jetzt nicht so, wie es geklungen haben mag."
Indiana nickte geistesabwesend, während er die Liste durch sah. Sara ging zu ihrer Freundin hin und legte ihr eine Hand auf die Schulter: „Ich sehe doch, dass dich etwas bedrückt, Sweetheart. Was ist es?" Lara streifte ihre Hand ab: „Nichts...schlimmes." „Chase?", wollte sie wissen. Und Lara musste gestehen, dass sie es gut fand, dass Sara sich um sie sorgte. Also erzählte sie ihre Bedenken: „Ich weiß auch nicht genau. Eigentlich sollte ich glücklich sein, aber das bin ich nicht.", sie dachte kurz nach und fügte hastig hinzu: „Es liegt nicht an ihm, es liegt an mir.
Ich denke nicht, dass unsere Beziehung gut wäre für uns.", sie stoppte und atmete aus. Sara machte ein bedrücktes Gesicht, dann nahm sie ihre Freundin in den Arm und drückte sie ganz fest. Bis Indy sich einmischte: „Was ist los?" Lara kicherte leise, während Sara nur: „Männer!", murmelte.
Er hatte nichts mitbekommen, da ihn diese Liste ziemlich in Beschlag genommen hatte. Dann straffte Indy seine Schultern, setzte sich seinen Hut, den er eben noch in der Hand hatte, auf und salutierte gespielt: „Ich verzieh mich dann mal.", er hob das Buch, „Den Schinken hier durchackern.", dann schloss sich die Tür und die Mädels waren alleine.
Fortsetzung folgt:
