Aysha starrte zu Legolas, bis das Bild vor ihren Augen verschwamm. Schnell schloss sie die Lider. Sie hoffte, dass der Elb sich von ihr abwenden würde, aber er tat es nicht. Langsam führte er sie in ihren Unterschlupf zurück. Dann wollte er einen weiteren Schritt hinaus wagen um nach Gimli zu sehen. In diesem Moment öffnete die Heiligelbe ihre Augen.
"Geh nicht!" Langsam drehte er sich um und sah zu Aysha hinab. "Komm her..." Vorsichtig kniete er sich neben sie.
"Warum bin ich euch eigentlich gefolgt...?" Legolas sagte nichts. "Versprichst du mir etwas?"
"Wenn ich es halten kann..."
"Versprichst du mir, dass du immer zuerst an dich denkst, dann an mich, wenn mir etwas zustößt?"
"Wieso soll ich dir das versprechen?"
"Bitte sag ja!" Plötzlich schreckte Aysha auf. "Galadriel...ich soll suchen...Vergangenheit und...Zukunft...und..."
"Aysha!" rief Legolas und schüttelte sie.
"Was? Wie? Ich? Nein!" schrie sie erschrocken auf. "Wer? Lass mich los!" Legolas wich zurück.
"LASS-MICH-LOS!" kreischte sie ein zweites Mal und diesmal schlug sie Legolas von sich. Die Heiligelbe zitterte am ganzen Körper. Langsam hob sie ihre bebende Hand. Der Elb sah unbeholfen zu ihr hinüber. "Vergangenheit..." murmelte sie wieder, doch diesmal war sie bei vollem Bewusstsein. Legolas hörte ich zu.
"Vergangenheit... Ich war allein...Verlassen von allen...Aber, ...Aber davor..."
"Davor?"
"Davor war ich bei den anderen. Viele meines Volkes waren dort. Ich kannte sie...Sie sind weg...Da war dieser Mann...Ich weiß nicht was..."
"Versuch dich zu erinnern! Wer ist er?"
"Er kam auf uns zu...Die anderen rannten in alle Richtungen davon. Nur ich nicht. Ich konnte nicht. Ich wollte nicht. Etwas zog mich in seinen Bann... Alles verschwand. Selbst die Welt um mich herum verwischt langsam..." Aysha hielt für einen Moment den Atem an.
"Was passierte dann?"
"Er sprach zu mir... er sprach von Tod und...und"
"Erinnere dich!" "Und...ich weiß es nicht! Danach beginnen meine alten Erinnerungen. Das Haus. Mein Land. Das Meer. Ich muss ihn finden, Legolas! Er weiß es!"
"Beruhige dich! Noch bist du hier!"
"Ja...ich...du hast Recht."
"Was ist eben geschehen?"
"Ich weiß nicht. Es war wie ein Traum...Ich muss ihn suchen gehen! Wir müssen ihn suchen gehen!"
"Gimli, du und ich?"
"Ja...aber nein...lieber nicht. Ich gehe alleine. Es ist zu gefährlich." "Wenn du gehst, gehen wir auch."
Nachdem sie am nächsten Morgen den Zwerg geweckt hatten, zogen sie den halb Schlafenden in den sicheren Unterstand, denn der Regen hatte noch nicht nachgelassen. Gimli war jedoch bald wach und begann damit Legolas herum zu kommandieren.
"Du holst die Pferde!" Der Elb stand auf und ging in den Regen hinaus. Gimli war gerade dabei Aysha eine Geschichte zu erzählen, da kam Legolas auch schon zurück. Bis auf die Knochen durchnässt keuchte er:
"Sie sind weg! Verschwunden!" Aysha stand auf.
"Was heißt: Sie sind weg?" Sie drängte sich an Legolas vorbei ins Freie. Nichts. Sie sah sich um. Kein Laut. Kein Hufgetrampel. Nichts. Aysha pfiff kurz...Ein zweites Mal...Wieder nichts. Ein harter Windstoß erfasste sie und die Heiligelbe taumelt nach hinten. Mit lautem Klatschen ihrer nassen Kleidung knallte sie gegen Legolas, der versuchte sie aufzufangen.
"Und was machen wir jetzt?" fragte Gimli, nachdem Aysha sich wieder gesetzt hatte.
"Ohne Pferde kommen wir nie nach Helms Klamm!"
"Das hatten wir auch nicht vor. Ich auf jeden Fall nicht!" sagte Aysha laut und so begannen sie und Legolas dem Zwerg von ihrer nächtlichen Begegnung zu berichten.
"So ist das also." murmelte Gimli als die beiden ihren Vortrag beendet hatten. "Merkwürdige Elben. Fast so seltsam wie Hobbits." Die beiden sahen ihn schief an.
"Ich habe fast gesagt!"
"Ich finde, ich sollte doch alleine gehen. Dann kommt ihr nach Helms Klamm und könnt eure Versprechen einhalten. Außerdem seid ihr in Sicherheit."
"Es wäre nicht klug, dich alleine gehen zu lassen." sagte Gimli schnell. "Und warum nicht?"
"Zum Beispiel, weil du eine Frau bist."
"Du traust mir ja viel zu, Gimli Gloinsohn!"
"Du weißt selbst am besten, was mit dir geschehen ist." fügte Legolas hinzu.
"Weil ich eine Frau bin und..."Aysha hielt inne. "Hört ihr das?"
Legolas und Gimli horchten auf. Der Elb starrte hinaus. "Ein Pferd!"
"Das ist Galdan!" schrie Aysha, packte ihre Waffen und rannte sofort in den strömenden Regen hinaus.
"Warte!" rief der Elb und stürmte mit Gimli hinter ihr her. Aysha blieb auf der durchweichten Grasfläche stehen.
"Galdan! Arod! Kommt zurück!" Legolas Ruf schallte hinter ihr:
"Arod!" Plötzlich schoss das große, weiße Tier hinter einer Steinansammlung hervor und kam genau vor seinem Herrn zum stehen. "Wo ist Galdan?" flüsterte Legolas seinem Pferd zu. Und Arod schien ihn tatsächlich zu verstehen. Das Tier drehte sich langsam um. Erst schien es zu Aysha zu blicken, dann an ihr vorbei zu den Steinen zwischen denen es hervor gekommen war.
"Du glaubst doch wohl nicht, dass dein Pferd mit dir spricht?" knurrte Gimli hinter dem Elben.
"Wir sollten trotzdem...Aysha?" Legolas packte Arods Zügel und führte ihn hinter Aysha her, die schon in die gezeigte Richtung davon gerannt war. Plötzlich war sie verschwunden. Gimli und Legolas entdeckten sie jedoch schnell. Die Heiligelbe kniete neben dem Leib ihres Pferdes, das vor ihr am Boden lag. Der Regen prasselte auf das schwarze Fell.
"Geh nicht!" flüsterte Aysha und strich über den nassen Pferderücken. "Galdan..." Das Pferd schnaubte, dann floh das Leben aus seinen großen Augen. Das Gewitter war zurückgekehrt und der laute Donner übertönte das Schlagen ihres Herzens in Ayshas Ohren. Mit ihren Händen krallte sie sich in die dunkle Mähne, die über ihren Knien lag. "Er wird nicht zu dir zurückkehren. Er wird aus den Sternen auf dich hinab sehen, wenn du ihn suchst." flüsterte Legolas Aysha auf Elbisch zu, nahm Galdan die Zügel ab und legte sie der Heiligelbe in die Hand. Gimli starrte auf den leblosen Körper.
"Seht euch das mal an!" sagte er überrascht und zog einen Pfeil aus dem Rücken des Pferdes. Legolas nahm ihn entgegen. Aysha sah zu ihm hinauf. Verwirrt starrte sie den Pfeil an. Langsam hob sie Hand und berührte ihn.
"Nein..." Gimli und Legolas sahen sie an.
"Das...das ist mein Pfeil. Seht das A unter den Federn? Nur meine Pfeile tragen dieses Zeichen... Sagt mir, dass ich immer bei euch war und ihr mich immer gesehen habt!" Gimli murmelte:
"Ich finde keine Erklärung dafür. Wenn ihr eine Idee habt, wie das zu Stande gekommen ist, dann raus damit. Hier wird ein Spiel mit uns gespielt. Der jenige, der Schuld daran ist soll meine Axt zu sehen bekommen!" Dann stapfte er einige Schritte davon. Aysha zuckte zusammen, als Legolas seine Hand auf ihre Schulter legte.
"Ven govedich?"
"Ich habe Angst, Legolas."
"Komm!" Ayshas Hand wanderte ein letztes Mal über Galdans Fell, bevor sie sich erhob.
"Wo fangen wir an?" grummelte Gimli uns packte den Griff seiner Axt. "Wenn du das Ziel deiner Reise nicht kennst, musst du dort suchen, wo die Unendlichkeit den Augenblick bestimmt und dich zum Anfang deiner Reise trägt." murmelte Aysha. "Das hat mir einmal jemand gesagt. Vor sehr langer Zeit..."
"Das habe ich dich dir einmal gesagt, Aysha. Der letzte Freund deiner Vergangenheit." Die drei erschraken und sofort spannte Legolas seinen Bogen mit dem Pfeil, der in Ayshas Hand ruhte. Doch die Heiligelbe hielt ihn vom Schießen ab.
"Wo bist du?" rief sie in den Regen hinein und ließ Gimli und Legolas hinter sich.
"Hier!" erhielt sie eine Antwort und sofort erschien eine immer heller werdende Gestalt vor ihnen. Gimli wollte zum Schlag ausholen, aber Aysha stellte sich in den Weg.
"Warte noch!" Arod bäumte sich auf, als der Schatten mehr und mehr Gestalt annahm.
"Daynic!" Aysha stürzte auf die Gestalt zu, die nun als ein, in einen langen Mantel gekleideten Elben zu erkennen gab. Sie warf sich um seinen Hals und küsste ihn überglücklich. Er strich über ihr Haar.
"Schön dich zu sehen, Katzenauge..."