Legolas
und Gimli starrten Aysha an. Der Elb war kurz davor Daynic ein
zweites Mal anzugreifen. Er fühlte sich von Aysha verlassen und
doch blieb er ruhig, als ob er genau wüsste, dass sie ihn nie
verraten würde. Aber nach dieser Aussage war er sich nicht mehr
so sicher... Aysha drückte Legolas ihr Schwert in die Hand,
streckte Daynic ihre Hand entgegen und zog ihn auf die Füße.
In diesem Moment schienen sie mehr zu Kriegsgefährten geworden
zu sein als zu zwei sich liebenden.
"Nén." sagte
Aysha leise.
"Vaiwa." Erhielt sich als Antwort.
"Was
reden die da?" flüsterte Gimli Legolas zu.
"Keine
Ahnung. Ich verstehe ihre Sprache nicht...Eine Mischung aus Quenya,
Sindarin und irgendeiner Ost-Sprache..."
"Verstehst du
jetzt warum ich hier bin?"
"Vielleicht ein großes
Stück mehr als vorher." murmelte die Heiligelbe. Gimli
konnte die Stille um ihn herum nicht mehr ertragen.
"Herr...Daynic."
begann er. "Was habt ihr hier eigentlich verloren?" Daynic
sah ihn an.
"Ich schlage vor, wir suchen uns erst einen
trockenen Unterstand. Oder leben Zwerge und Waldelben neuerdings im
Meer? Dann können wir weiter sehen."
"Dort!"
Daynic gab Ayshas Hand frei, die er bis jetzt gehalten hatte. Dann
zog er seine Kapuze tief in sein Gesicht und folgte dem Zwerg, der
auf ihr Lager zuging. Mit einigem Abstand folgte Aysha den beiden.
Sie ging an Legolas vorüber ohne sich umzudrehen. Dieser bewegte
sich nicht. Als die Heiligelbe es bemerkte blieb sie stehen und sah
sich um. Dann nahm sie ihm Arods Zügel ab und hielt sie
verkrampft fest. "Irgendetwas sagt mir, dir wäre es lieber
gewesen, wenn er nicht gekommen wäre." Aysha nickt kurz und
wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. Der Elb begutachtete das
Schwert in seiner Hand. Und je länger er auf die Klinge starrte
desto unterlegener kam er sich vor. Als ob das Schwert versuchte ihn
abzuwehren. Es schien nicht für seine Hände geschmiedet
worden zu sein.
"Aber er ist hier..." flüsterte
Aysha. "Das glaube ich einfach nicht!" Dann lachte sie
leise. "Er ist zurück..." Sie blieb stehen und sah
Legolas an. "Ich habe nachgedacht. Letzte Nacht. Und...ich
denke, du... hast etwas Besseres als Freundin, Gefährtin oder
Schwester verdient als mich! Und jetzt ist er auch noch zurück
und...und... Legolas, ich habe dich einfach nicht verdient. Nicht
durch irgendetwas was ich je getan habe oder je tun könnte."
"Darum
geht es mir nicht. Mir nicht und allen anderen auch nicht. Außerdem
hast du schon mehr getan, als andere es nicht einmal vorstellen
können. Es reicht mir schon deinen Namen zu kennen." "Wenn
du mich so gut verstehst, warum belässt du es nicht dabei?"
Legolas überlegte einige Zeit bevor er antwortete und seinen
Blick an Ayshas Augen heftete.
"Weil ich wissen will, ob du
meinen Namen kennst." Die Heiligelbe verstand, aber sie wusste
auch, in was für Gefahr sie sich mit der nächsten Antwort
begeben konnte.
"Ich kenne deinen Namen. Aber in SEINER
Gegenwart wage ich nicht ihn auszusprechen."
"Dann
behalte ihn für dich, auch, wenn du ihn vielleicht vergessen
wirst." Aysha sah den Elben mitleidensvoll an, bevor sie ihren
Weg fortsetzte. Sie streckte ihren Arm zur Seite und in diesem
Augenblick löste sich das Schwert, das noch immer in Legolas
Hand ruht in Luft auf. "Versuche nicht, mit und auch nicht gegen
das Wasser zu kämpfen. ´Nén´ ist eine
mächtige Waffe in den richtigen Händen..."
Als die
beiden den durchnässten Unterstand erreichten, hatten sich Gimli
und Daynic bereits gegenüber gesetzt und starrten sich an. Aysha
setzte sich neben Daynic, der wie eine steinerne Statue in einem
schwarzen Umhang und leuchtend grünen Augen auf der Erde saß
und seine warme Hand behutsam auf ihr Knie legte. Legolas ließ
sich neben Gimli nieder, der Daynic immer wieder mit Fragen löcherte,
auf die er keine Antwort erhielt. Irgendwann gab der Zwerg es auf.
Nun durchbrach der Heiligelb die Stille:
"Es gibt nichts,
was ihr über mich wissen müsst. Ihr wisst schon zu viel
über SIE. Gebt sie frei!"
"FREI?" schrie
Aysha ihn an, warf ihren Umhang zurück und schlug Daynics Hand
von ihrem Bein. "Was heißt hier freigeben? Ich bin frei!"
Legolas sah scharf von einem Heiligelb zum anderen. Daynic begann
wieder damit in seiner Sprache zu reden, was den Elben sehr
verwirrte: "Und zum Lügen wirst du auch gezwungen! Sei
vernünftig und sieh dir an, was für Freunde sie sind! Was
haben sie bis jetzt für dich getan? Ich habe euch beobachtet!
Sag mir ein Beispiel!" Nach einem Gemisch aus allen Sprachen
kehrte Daynic schließlich doch noch zur Gemeinsprache zurück.
Gimli wurde nun noch wütender:
"Wir zwingen sie hier zu
gar nichts! Aysha!" Daynic, Legolas und Gimli brüllten bald
durcheinander.
"Aysha!"
"Hast du vergessen, was
früher war?"
"Hör nicht auf ihn!"
"Aysha!"
"Aysha!" Sie wich immer weiter
zurück, bis sie es nicht mehr aushielt: "Baw! Bad ego! Hört
auf damit!" Dann rannte sie wütend und ängstlich in
den Regen hinaus.
"Lasst mich in Ruhe!" Legolas rief
ihr hinter her: "Aber..."
"Lasst mich in Ruhe!
Alle drei! Lasst mich mein Leben leben. Was ihr tut ist mir egal."
Kräftig schlug sie die Decke hinter sich zurück und lief
weiter.
"Du Hornochse!" Gimli wollte hinter Aysha her,
aber Daynics Hand schnellte vor und zog ihn zurück.
"Nicht
so ein großer Hornochse wie du, wenn du ihr folgst!"
"Lass sie, Gimli!"
Daynic hielt ihn noch immer
fest. "Was hat ein Zwerg damit zu tun, außer, dass er
große Reden halten kann?"
"Nichts, was den
Herrn-nicht-aus-dem-Westen zu interessieren hätte!" Mit
einem Satz riss Gimli sich los, packte mit der einen Hand Daynics
Mantel mit der anderen drückte er den Hals des Heiligelben gegen
den Baumstamm.
"Los! Sag schon! Worum geht es hier
eigentlich?" Daynic ergriff Gimlis Hand und schob sie ohne große
Anstrengung zu dem Zwerg zurück. Dieser ließ sich wie von
einem Pfeil getroffen neben Legolas auf den Boden sinken. Der Elb
überlegte kurz. Dann begann er leise in seiner Sprache auf
Daynic einzureden:
"Warum tust du so etwas?" Daynic
zögerte.
"Eigentlich ist es nicht für deine Ohren
bestimmt zu erfahren, was sie erlebt hat...ich werde es dir erzählen.
Aber der Zwerg..." Gimli verstand, was Daynic ihm klarmachen
wollte. Er nickte Legolas kurz zu, dann ging er langsam mit einem
Auge auf Daynic hinaus. Unter einem schützenden Baum angekommen
hielt er nach Aysha Ausschau. Doch von der Heiligelbe fehlte jede
Spur...
