Dreiunddreißig
Surrey, England
Croft Manor
2. Januar 2005
18:00 Uhr
"Du willst was?", Sara blickte ihre Freundin fragend an. „An einer Talkshow teilnehmen. Ist das denn so schlimm?", wollte Lara wissen und überschlug die Beine, während sie sich, wieder zu Hause angekommen, ihrer Kleider entledigte. Sie wollte ein Bad nehmen, denn es war ein harter Tag gewesen: „Das ist die beste Möglichkeit an Simon heranzukommen.", erklärte die Archäologin weiter.
„Das kann ja sein, aber irgendwie erscheint mir die Idee viel zu sehr nach: Hier bin ich Simon, wehe du fällst nicht auf diese miese Falle rein.", erwiderte ihre Freundin stur und folgte Laras Bewegungen mit dem Kopf. Die Archäologin rannte quer durch ihr Zimmer und legte hier und da Sachen ab, kämmte sich die Haare oder nahm sich ein Handtuch: „Kann ja sein. Aber das ist es ja gerade, was ich beabsichtige.", Lara zuckte mit den Schultern, während sie sich gleichzeitig ein altes Top von ihr anblickte: „Ich weiß ja, dass er sicher mit einem Haufen Männer ankommt. Aber vergiss nicht, Sara süße, dass sind auch nur Söldner. Keiner davon würde die Hand für Simon ins Feuer legen. Sie würden sofort abspringen, wenn es sein muss."
Das klang zwar logisch, aber Sara schien nicht locker lassen zu wollen. Und Lara verstand ihre Sorge ja auch einwenig. Schnell wickelte sie sich ein Handtuch um den nackten Körper, als es plötzlich an der Tür klopfte. „Kann ich reinkommen?", wollte eine Männerstimme (die von Indy) wissen. „Klar.", riefen die beiden Frauen gleichzeitig und Indiana betrat nach einem kurzen Zögern das Frauenzimmer.
„Hab ich das eben richtig gehört?", wollte er, halb grinsend wissen. „Wegen der Talkshow das?", hakte Lara nach. Der Grabjäger nickte und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Ja, dass hast du.", erklärte die Schatzjägerin tollkühn und stellte sich trotzig auf: „Und jetzt lasst mich bitte allein, ich muss ein Bad nehmen. Und außerdem noch Anrufe tätigen."
„Komm.", Sara schob Indiana mit nach draußen und schloss die Tür. Lara war wieder allein. Und das war gut so. Schnell eilte sie zum Telefon, um sich mit der Redaktion irgendeiner Talkshow kurz zu schließen. Es würde sich schon was finden lassen, immerhin war sie Lara Croft. Sie lächelte.
Eigentlich erstaunlich, dass sie nicht total von sich selbst überzeugt war, dass sie nicht so eingebildet wurde, wie andere Promis. Wobei sich Lara nicht als Promi bezeichnen würde. Was Lara zu einer Berühmtheit gemacht hatte, waren die vielen Legenden, die sich um sie rankten. Keine davon hatte Lara je bestätigt, doch sie waren fast alle wahr. Außer Legenden wie Lara Croft wurde zusammen mit Elvis Presley in einer Herrentoilette beim im-stehen-pinkeln gesehen. Sie hatte Elvis getroffen, auf einem Wohnwagen Camp in Texas getroffen. Doch hatte er keineswegs erfreut gewirkt, dass sein Aufenthaltsort gefunden worden war. Er hatte blitzschnell auf Lara das Feuer eröffnet.
Die Archäologin hatte es sich danach auch geschenkt dies der Presse mitzuteilen. Lara wählt die Nummer von Manny's Talkshow Talk on. (Anmerkung: Wurde von mir frei erfunden) Nach einem kurzem Moment des Wartens ging eine Frau dran. „Talk on Redaktion, Sandra Hellik am Apparat, was kann ich für sie tun.", sie klang keineswegs erfreut über Anrufer, da sie wahrscheinlich jeden Tag irgendwelche Verrückten abwimmeln musste, die mit ihrer neusten Talkidee kamen. Lara hatte mal mit einer Bekannten, die bei einer, mittlerweile pleite gegangenen, Talkshow gearbeitet hatte, geredet. Diese hatte ihr von den wahnsinnigsten Themenvorschlägen erzählt. „Meine Katze beißt mich, werde ich jetzt an Vollmond auch eine?" oder „Mein Vater ist der Sohn seiner Mutter. Haben sie ähnliche Probleme?" Die meisten dieser Vorschläge waren auch von irgendwelchen Komikern gemacht worden, die irgendwem irgendwas auf die Nase binden wollten. Doch nicht selten waren solche und ähnliche Vorschläge wirklich ernst gemeint.
Lara stellte sich mit Namen vor und schon schien die Frau um einiges interessierter an diesem Gespräch zu sein. In England gab es wohl niemanden, dem dieser Name nicht geläufig war. Faszinierend, was man mit einwenig Geheimniskrämerei um seine Abenteuer rund um die Welt und im Bett alles erreichen konnte. Dabei sah Lara in sich keineswegs irgendeine Vorbildfigur oder gar eine Heldin. Klar, hier und da rettete sie auch mal die Welt, aber wen juckte das schon?
Die Welt wusste nur selten, dass sie wirklich in Gefahr war. „Was kann ich für sie tun, Miss Croft?", wollte die Frau, mit der wohl freundlichsten Stimme die Lara je untergekommen war, wissen. Lara schilderte ihr kurz und absolut sachlich ihr Problem (den Teil mit: Mein Blutsbruder will mich umbringen und das nur, weil er gefallen daran gefunden hat total durchzudrehen, ließ Lara einfach aus), wobei sie doch einwenig in die Trickkiste griff und schon ergatterte sie sich für morgen Mittag um eins einen Live Auftritt bei Talk on.
Zufrieden mit ihrem Plan legte Lara auf und ging schließlich schleunigst ins Bad, wo sie sich Wasser in die Wanne einließ. Es würde ein wundervoller Abend werden.
Unten
Sara langte mit Indy ihm Wohnzimmer im Erdgeschoss an. Gemeinsam und beinah synchron ließen sie sich auf die Couch fallen und legten die Füße erschöpft auf den Couchtisch vor ihnen. Sara blickte rüber zu ihrem Freund und Kollegen: „Willst du was trinken?" Dieser dachte kurz über den Vorschlag nach: „Ein Bier wäre klasse." Die Polizistin nickte. Dann verschwand sie in Richtung Küche, wo man sie mit Glasflaschen am Kühlschrank hantieren hörte. Indy grinste, als er sich die Vorstellung von Lara in einer Talkshow noch mal durch den Kopf gehen ließ. Das war irgendwie lächerlich und schrie geradezu nach Falle.
Simon wäre sicher nicht so doof und würde darauf reinfallen. Oder? Doch das war irgendwie weniger sein Problem. Er kannte Lara zwar nicht lange, aber er wusste, was für eine toughe Frau sie war. Sie schien jedes Problem nahezu ohne Schwierigkeiten lösen zu können. Oder sie löste dann auch noch die Schwierigkeiten.
Sara betrat kurze Zeit später wieder das Wohnzimmer, in jeder Hand eine Bierflasche. Die eine reichte sie an Indiana weiter, die andere trank sie selbst. Dann ließ sie sich wieder auf der Couch nieder: „Was denkst du, was jetzt kommen wird?", wollte sie von ihm wissen. „Ich glaube in Hollywoodfilmen nennt man so was Finale.", scherzte Indiana, auch wenn ihm wirklich nicht nach scherzen war. Die Frage hatte ihn auch schon mehrere Nächte gequält. Wenn die Sache mit der Sonnenscheibe nach über 60 Jahren endlich ihren Abschluss fand, war Indy allein.
In Lara und Sara hatte er zwar gute Freundinnen, wahrscheinlich die besten, gefunden...doch er gehörte hier nicht hin. Das merkte er jedes Mal, wenn plötzlich irgendwas über seinen Weg lief, dass er noch nie gesehen hatte. Erstaunlich was ein paar Jahre aus der Welt machen konnten. Indiana Jones war hier aber auf jeden Fall falsch. Doch wie sollte er in seine Zeit kommen? Das war einfach unmöglich.
Er ließ den Kopf hängen und seufzte. „Was ist?", wollte Sara wissen und nippte an ihrem Bier. Indiana hob langsam den Kopf: „Können wir etwas Musik machen?" Sara nickte und griff nach der Fernbedienung auf dem Couchtisch. Dann drückte sie einige Knöpfe und die Musik begann leise zu spielen. Nothing Else Matters von Metallica erklang aus den Boxen. „Danke.", Indiana nickte. Diese Bewegung zeigte schon, was sich verändert hatte. CD-Player, die auf Knopfdruck über Kabellose Boxen Musik im Raum verteilten.
Zwar wunderte sich Indy keineswegs darüber, wie ein Steinzeitmensch über das Feuer, aber es war doch erstaunlich...falsch.
„Ich hab Angst.", begann er.
„Wovor?", Sara wirkte erstaunt und senkte die Bierflasche von ihren Lippen.
„Vor der Zukunft!"
Weitabseits von London
Ein geheimes Versteck
2. Januar 2005
18:41 Uhr
Madeline Rivers wurde gewaltsam zu Boden gedrückt, von einem kalten Lauf aus Stahl. Metall, dass sie bedrohte. Irgendwie lächerlich. Doch Madeline hatte genug gesehen, um zu wissen, was dieses bisschen Metall aus ihrem Kopf machen konnte. Deswegen schwieg sie. Ein anderer Grund war der Knebel, der vor ihrem Mund hing und ihr das Sprechen verbot. Sie hatte Angst, doch sie wollte es sich nicht anmerken lassen. Sie haben John getötet, kam es ihr wieder in den Sinn. Er und diese fremde Frau, die ihr die Magnum an den Kopf hielt. Vor etwa drei Jahren hätte Madeline nicht einmal gewusst, wie sich der Lauf einer Magnum an der Stirn anfühlte. Jetzt konnte sie sogar genau sagen, welche Marke es war. Die Arbeit mit Lara Croft hatte sie vieles gelehrt, vor allem eines...Angst zu haben!
Doch Madeline war eine Überlebenskünstlerin und außerdem ein akzeptabler Schütze. Sie war früher oft mit ihrem Vater jagen gewesen, bevor er verstorben war. Das hatte ihr Spaß gemacht, wenn sie auch persönlich niemals auf ein lebendes Tier geschossen hatte. Wenn sie an die Waffe der Frau dran kommen, wenn sie ihre Hände lösen, wenn sie Zeit haben würde zu zielen, würde sie die beiden überwältigen können. Doch leider waren diese „Wenn" alle nicht erfüllbar.
Ihre Lage war aussichtslos. Der Mann, sie glaubte er hieß Simon, saß vor einem kleinen schwarz-weiß Bildschirm und sah sich irgendeine Sendung an, während die junge Frau scheinbar genüsslich Madeline beim leiden zu sah. Ab und zu zog sie einige Polaroid Fotos aus ihrer Tasche, die sie mit ihrem Mann glücklich zeigten. Dies zerriss Madeline beinah das Herz. Doch sie versuchte nicht zu weinen. Das wäre ziemlich feige.
Plötzlich schrie der Fremde erschrocken auf: „Das ist doch nicht wahr, oder?" „Was ist?", wollte die Frau wissen. Dieser drehte den Bildschirm und die Frau wand sich von Madeline ab, blickte zum Fernseher. Madeline erkannte Lara Croft und das Logo von Talk on. Hat sie wirklich vor eine Talkshow abzuhalten? Es war eine Werbung für die morgendliche Sendung. Hatte Lara nichts besseres zu tun?
Dann kam ihr ein Gedanke. Lara tat es sicherlich aus einem Grund, sie wollte Simon und diese Frau in eine Falle locken. Oder so? Aber wenn sogar Madeline darauf kam, würden es die beiden Gangster mit ihrer ganzen Truppe von Söldnern doch sicher auch schaffen dahinter zu blicken. Vielleicht beabsichtigte sie das aber auch? In der Museumskuratorin keimte ein Hoffnungsfunke auf. Sie würde freikommen, wenn alles gut lief.
Schließlich kam die fremde Frau wieder zurück und schmiss Madeline das Foto ins Gesicht: „Was soll das?", sie ging vor Madeline in die Hocke: „Was plant diese Schlampe!" Madeline antwortete nicht, wie denn auch? „Sag!", brüllte sie. „Hillary, halt die Klappe.", zischte Simon. Also hatte die Fremde doch einen Namen: „Außerdem hat sie einen Knebel, falls du es noch nicht vergessen hast." Hillary lachte plötzlich auf und riss ihn zurück: „Ich Dummerchen. Hätte ich gar nicht mehr dran gedacht. Und jetzt...sprich."
Madeline hob den Kopf und feuchtete ihren Gaumen an, der von dem Stoff vollkommen ausgetrocknet war. Dann spuckte sie der Hexe ins Gesicht: „Keine Ahnung. Kann ich etwa Gedanken lesen?" Hillary holte zum Schlag aus, doch dann besann sie sich eines besseren: „Wenn das ein Trick sein soll, ich kann auch einiges. Sie wird sich noch wundern." Sie begann zu lachen. Madeline schluckte. Das sah nicht gut aus. Lara wo bleibst du?
London, England
Talk on, Studio
3. Januar 2005
12:56 Uhr
Noch vier Minuten bis die Sendung begann. Lara Croft saß in der Maske und wurde gerade zurecht gemacht. Als ein Mann mit Klemmbrett und Headset hereinkam: „Machen sie sich bereit Miss Croft." Lara lächelt. Einige Männer versahen Lara mit einem kleinen Mikro, damit auch bloß jeder sie hören konnte. Peinlich, peinlich, dachte sich Lara. So weit kam es also schon. Indy und Sara saßen im Publikum und lachten sich sicher ins Fäustchen. Lara Croft, Tochter eines Adligen, Abenteurerin, Liebhaberin und Archäologin, saß in einer Talkshow, um einen alten Feind anzulocken.
Noch drei Minuten, die Maske war fertig und Lara erhob sich, zupfte ihren Anzug zurecht. Eine Dolce & Gabbana Spezialanfertigung die auf Lara Crofts Körper wie eine zweite Haut saß und ihre Kurven betonte. Schon praktisch Designer schon mal beschützt zu haben, dachte die Archäologin belustigt. Dann wurde sie von einem Mann nach draußen geführt. Einige Gänge entlang, dann stand sie vor einer Schiebetür. „Begrüßen sie nun unseren Gast Lara Croft, die uns heute über ihre neusten Pläne berichten wird.", hörte sie durch die Tür gedämpft.
Diese glitt wie aufs Stichwort auf, eine Nebelmaschine versprühte künstlichen Nebel und Scheinwerfer beleuchteten sie von hinten. Lara setzte ihr bestes Staubsauger-Vertreter-Lächeln auf und ging über die Schwelle. Aus Boxen hörte Lara das Lied Not a girl von Britney Spears. Fürchterlich. Gingen sie etwa davon aus, Lara sei noch keine Frau? Sie kannte zwei Argumente die dagegen sprachen.
Lara ging die Treppe hinab und gab dem Talkmaster die Hand. „Willkommen.", meinte dieser zu ihr. Dann begab sich Lara auf ihren Platz. Direkt neben einem dicken Mann, der sich als Archäologe ausgab aber seinem Aussehen zufolge eher an einen besoffenen Arbeitslosen erinnerte. Der Talkmaster beruhigte die klatschenden Gäste, dann begann er kurz eine Einleitung zu rezitieren, ehe er sich an Lara wand.
„Willkommen Miss Croft. Sie wollten also von ihrem neusten Ziel erzählen, was macht es so besonders, dass sie sich dazu entschließen uns davon zu erzählen.", er schwieg einen kurzen Moment: „Sonst sind sie doch auch sehr geheimnisvoll." Lara hatte das Verlangen sich verteidigen zu müssen. Doch sie beherrschte sich und ging nicht auf die Provokation ein. Das taten Talkmaster oft, sie brachten ihre Gäste auf die Palme und dann gingen sie aufeinander los.
Lara hoffte nur, dass Simon zu sah. Und das Madeline noch lebte. „Na ja, ich weiß nicht.", begann Lara: „Ich finde das alle ein Recht haben zu erfahren, wohin es geht. Ich hab mich entschlossen dieses abgeschiedene Leben zu meiden. Ich will mehr unter die Menschen." Der Master nickte zufrieden und blickte auf seine Karte: „Und was erhoffen sie an diesem Ort zu finden? Oder eher...wo geht es denn nun hin?"
Lara lächelte. Jetzt kam der entscheidende Moment: „Nach Tibet. Ich suche ein antikes Artefakt, dass einem eine erheblich hohe Summe verspricht." Sie konnte nicht sagen, dass dieses Artefakt die Macht besaß die Welt zu verschlingen, denn das wäre ziemlich fatal. „Und wie viel genau?", wollte der Talkshowmaster wissen. „Das sag ich nicht.", Lara lachte: „Sonst werde ich ja von Grabräubern nur so belagert."
„Bezeichnen sie sich nicht auch selbst als Tomb Raider?", wollte ein Mann aus der hinteren Reihe wissen. Publikumsfragen, dass war gut. Die Menschen interessierten sich für Laras Story. „Das ist die Presse, die mir diesen Namen gab. Ich selbst sehe in mir eher eine Archäologin und Forscherin. Nur das ich eben etwas andere Methoden praktiziere." „Die da wären?", fragte der Master.
Anscheinend würde dies ein langer und harter Tag werden, dachte sich Lara. Jetzt musste sie sich aber auch der Masse stellen. Die Geister die ich rief, kam es ihr in den Sinn. Sehr passender Vergleich. „Ich suche nach Schätzen von hohem Wert und großer Macht, jedenfalls laut Überlieferungen, deshalb vertraue ich dabei auch nur auf mich und meine Freunde.", Lara provozierte das Publikum einwenig, um weitere Details verraten zu können.
Aber sie wusste instinktiv...Simon hatte den Köder geschluckt.
Am anderen Ende der Stadt erhob sich Simon von seinem Stuhl. „Pack die Sachen, Hillary. Es geht auf nach Tibet." Hillary lächelte und zerrte die Geisel in die Höhe: „Isses so weit?", wollte sie wissen. Simon nickte: „Ja, wir werden endlich die Chance haben es auszuprobieren."
Fortsetzung folgt:
Was ist es? Was verbirgt sich hinter der Falle, die sie Lara stellen wollen? Wird Madeline diesen Trip überstehen und was geschieht mit Indy? Das und mehr lest ihr hoffentlich bald.
