Als Aysha wieder zu sich kam saß sie noch immer vor Daynic im Sattel des Pferdes. Sie ritten eine dunkle Straße entlang. Es schien früher Nachmittag zu sein, soweit Aysha es erkennen konnte, denn vor ihren Augen war alles verschwommen und alle Farben der Baume und des Himmels schienen sich zu vermischen. Die Sonne stand hoch über ihnen und der Wind blies durch die verdorrten Bäume am Straßenrand. Daynic hatte Aysha ihre Kapuze in ihr Gesicht gezogen und so konnte sie noch wenig von dem erkennen, das nun geschah.
"He ihr! Mein Herr!" rief eine raue Stimme in der Nähe.
"Wollt ihr ein kleines Geschäft machen?"
"Was für ein Geschäft?" fragte Daynic hinunter. Der Mann mit den dunklen Haaren, den dreckigen Händen und dem Pferdewagen lächelt tückisch.
"Ein Tausch... Wie ich sehe, habt ihr eine Gefangene bei euch." Er kam auf Aysha zu und schlug ihre gebundenen Hände in die Höhe.
"Starke Finger und die Handgelenke einer Frau."
"Das stimmt. Aber was wollt ihr?"
"Ich nehme euch eure Last ab, wenn ihr möchtet..."
"Wieso sollte ich?"
"Weil einige Meilen weiter die Posten aufgestellt wurden und jeden kontrollieren der mit Gefangenen die Stadt betritt."
"Auch das noch..." murmelte Daynic leise.
"Außerdem hättet ihr dann eine Sorge weniger."
"Und wie wollt ihr an den Wachen vorbei kommen?"
"Ich habe meine eigenen Wege."
"Ich soll sie ausliefern. Sie wird im ganzen Land gesucht. Wer sie fängt und wieder verliert wird schwer bestraft."
"Und was, wenn außer uns beiden niemand davon erfährt? Ist eine Belohnung auf sie ausgesetzt?"
"Nein."
"Na also... Ihr werdet nicht bestraft und nicht angehalten. Und ihr bekommt natürlich etwas für sie..."
"Was bietet ihr mir?"
"Was euch gefällt, Herr. Mein Wagen ist voll mit schönen Tauschgütern. Kleidung, Waffen oder Geld..."
"Was werdet ihr mit ihr machen?"
"Ich werde sie gut behandeln. Der Rest ist meine Angelegenheit...Was ist nun?" Daynic schwang sie aus dem Sattel.
"Zeigt mir eure Waren!"
"Folgt mir..." Der Mann ging auf seinen Wagen zu, mit einem Auge immer auf Ayshas Gestalt gerichtet. Sie tuschelten kurz. Nach zwei Minuten kam Daynic mit einem Schwert und einigen anderen kleineren Dingen zurück. Er zog Aysha den Fetzen aus dem Mund.
"Und ich habe geglaubt du liebst mich. Und nun verkaufst du mich!" "Wer hat hier denn zuerst unseren Eid gebrochen?" Angewidert spuckte Aysha Daynic in das Gesicht. Der Mann hatte sich hinter seinem Wagen verkrochen.
"Was ist?"
"Einen Moment noch!" rief Daynic zurück und wischte sich über das Gesicht. Dann zog er Aysha vom Pferd und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.
"Habe ich je ´Ich liebe dich´ gesagt?" Er stieg auf und ritt davon. Der kleine Mann hatte die letzten Momente beobachtet und konnte gar nicht verstehen, was er sah.
"Hat er jetzt seine...nein. Das bilde ich mir nur ein..." dachte er und ging auf Aysha zu. Aysha wusste nicht, ob sie aus Wut oder Trauer weinen sollte. Darum versuchte sie an nichts zu denken und schluckte ihre Tränen herunter. Der Mann nahm ihren Arm.
"Ich weiß nicht, was hier geschieht, aber ich kann euch leider auch nicht frei lassen. Ich muss auch mein Geld verdienen." Aysha nickte. "Kommt!" Er zog sie neben sich auf den Wagen und fuhr los.
"Wohin werdet ihr mich bringen?"
"In das Verließ des Nebels. Dort müsst ihr auf euch aufpassen. Sehr aufpassen. Ich kann euch außer ein wenig Essen nichts mitgeben. Dort werden euch alle Waffen genommen."
"Ich weiß." murmelte Aysha. "Ich war schon einmal dort..."

Den ganzen nächsten Tag waren die beiden schon geritten. Und diesmal konnte sich auch Gimli dazu durchringen in der Nacht zu reiten. Und nach zwei Tagen und Nächten erreichten sie schließlich die Tore von Minas Tirith. Wie einige andere Wanderer wurden sie von einer Wache angehalten.
"Willkommen in Minas Tirith. Herr Legolas, Herr Gimli. Wohin möchtet ihr?"
"Wir möchten mit eurem König sprechen. Es ist sehr dringend." rief Legolas dem Mann durch den Lärm, der von einer Kutsche erzeugt wurde, hinunter. Der Wächter drehte sich um und gab einigen anderen Männern ein Zeichen.
"Kommt herein. Ich habe jemanden ausgeschickt um eure Ankunft anzukündigen. Nehmt den Weg über den Marktplatz. Dann hinten um die Häuser. Ein kleiner Umweg. Jedoch wesentlich leerer als der Hauptweg zum Palast."
"Wir danken euch." rief Gimli und verbeugte sich ein wenig. Sofort trabte das Pferd in die Stadt hinein.
"Der König erwartet euch. Überlasst mir euer Pferd." Hörten sie auf einmal eine hell gekleidete Frau neben sich. Gimli sah zu Legolas. "Warum nicht?" sie stiegen ab und drückten der Frau die Zügel in die Hand. Sie verbeugte sich kurz und führte das Tier zu nahe gelegenen Ställen. Der Zwerg sah sich um.
"Unsere Ankunft scheint sich ja schnell auszubreiten..." Auf ihrem Weg wurden sie immer wieder von Leuten gegrüßt, von denen sie sogar einige wieder erkannten.
"Wir sind hier bekannter als das Bier im Auenland..." grummelte Gimli und lief schneller. "Sehr komisches Gefühl..." Bald hatten sie den Palast erreicht und verlangsamten ihren Schritt.
"Herzlich Will..."
"Lasst uns durch!" rief Gimli und drängte sich an den Wachen vorüber. Verwirrt sahen die Männer zu dem Zwerg herab, traten schließlich doch zur Seite. Legolas und Gimli gingen langsam in den gewaltigen Thronsaal. Und da erblickten sie ihn auch schon. Aragorn stand an der Seite des großen Raumes und unterhielt sich mit zwei bewaffneten Männern.
"Elessar!" hallte plötzlich Legolas Stimme in den Wänden wieder. Aragorn drehte sich um. Mit einer Handbewegung schickte er die Männer fort und ging auf seine beiden Freunde zu.
"Schön euch wieder zu sehen. Was treibt euch hier her? Immer, wenn ich mich umdrehe kommen hier andere Leute herein und erzählen mir, dass irgendetwas Furchtbares passiert sein muss, weil ihr sehr in Eile ward. Eben meinte jemand, Sauron sei zurückgekehrt."
"Nachrichten breiten sich an deinem Hof sehr schnell aus..." grummelte Gimli und sah sich um.
"Aber warum seid ihr denn jetzt eigentlich hier?" Er winkte Legolas und Gimli an einen Tisch in der Nähe. "So und jetzt ganz langsam..." Legolas holte kurz Luft und begann zu erzählen...

Auch Aysha hatte eine lange Reise hinter sich. Innerhalb von zwei Tagen hatte der Händler noch drei andere Personen ertauscht. Eine Frau und zwei Männer. Einer von ihnen war ein Mensch. Er trug nur eine Hose und auf seinem Rücken waren die Spuren von Peitschenschlägen zu erkennen. Aysha hatte den Händler gebeten anstatt, dass er ihr etwas zu essen geben würde diesem Mann ein Hemd oder einen Mantel zu geben. Und tatsächlich reichte die Gutherzigkeit des Händlers aus um einen seiner Mäntel abzugeben, wofür der Mann sich mit einem freundlichen "Vielen Dank" bei dem Händler und einem Lächeln bei Aysha bedankte. Der Elb, der noch bei ihnen war schien auch sehr mitgenommen zu sein. Seine Zöpfe ließen sich nur noch erahnen und das Schwert an seiner Seite erzählten Geschichten von unzähligen Kämpfen. Die Frau war mehr in Lumpen als in Kleider gehüllt und doch schien sie mehr zu sein als eine aufgesammelte Bettlerin. Aysha fühlte, dass sie etwas zu verbergen hatte.
Bald hatten sie das Ziel ihrer Reise erreicht.
"Runter!" rief der Händler und stieß die vier von seinem Wagen. "Dort entlang!" Sie folgten ihm einen schmalen Weg entlang. Als sie um eine Ecke bogen, konnten sie die großen dunklen Tore des Gefängnisses sehen. Die Elbe wollte davon laufen, doch der Händler war schneller. "Schön hier bleiben!" Plötzlich traten einige Männer hinter den Bäumen hervor. Einer von ihnen kam auf den kleinen Händler zu.