Donner grollte am Himmel. Die Steine bebten.
Mit einem lauten Knall wurde die Tür aufgeschlagen und ein lebloser Körper wurde auf den Boden geworfen.
"Nein! Aysha!" schrie Merry und ließ sich neben der Heiligelbe auf den Boden fallen. Pippin war wie gelähmt. Er bewegte sich nicht. Lanjaniel und Mergon starrten genauso verwirrt auf Ayshas Körper.
Pippin betrachtete sie von Kopf bis Fuß. Ihr Gesicht war ein einziges Gemisch aus Schweiß, Blut und Staub. Und der Rest ihres Körpers sah nicht anders aus.
Dann sah er zu Ayshas Hand hinab. Die Wunde war noch weiter aufgerissen und schien sich entzündet zu haben.
Ihre Augen waren geschlossen.
Der Merry und Lanjaniel begannen sofort damit Ayshas Verletzungen zu säubern und zu verbinden.
"Sie lebt doch noch, oder?" fragte Merry geistesanwesend. Mergon legte seinen Kopf auf Ayshas Brust und wartete. Einige Momente später erhob er sich wieder.
"Sie lebt noch. Aber nicht mehr lange, wenn wir nichts unternehmen!" Ein weiterer Donner zog über sie hinweg.
"Was ist das?" Pippin blickte ängstlich zum Fenster hinaus und suchte danach Rat in Lanjaniels Gesicht.
"Ich weiß nicht genau... Vielleicht wieder diese Zauberer... Aber was es auch war, es hat ihr das Leben gerettet. Es muss sie mitten im Kampf gestört haben."
Plötzlich regte sich wieder Leben in Aysha. Sie hustete laut und Merry half ihr dabei sich aufzusetzen.
"Peregrin, pack dieses Zeug da hinten in die Ecke." rief Mergon dem Hobbit zu und hob die Heiligelbe hoch.
Pippin und Merry schoben das gesamte Stroh zusammen und legten einen ihrer Mäntel darüber. Dann bettete Mergon Aysha auf den weichen Untergrund. Doch diese rührte sich nicht mehr...

Daynic lief mit seinem Begleiter aus der Arena. Die meisten der Besucher rannten panisch in alle Richtungen davon. Doch sie gehörten nicht dazu. Hinter ihnen donnerte es ein weiteres Mal. Daynic schien es nicht zu stören.

Aragorn, Legolas, der Wirt und etwa fünfzehn andere Bewohner des Gasthauses hatten sich auf der Straße versammelt.
Der Wirt erklärte ruhig, dass es sich anscheinend um etwas völlig normales handle und man sich keine Sorgen machen brauche.
Aragorn und Legolas standen ein weinig Abseits und sahen zum Himmel hinauf. Und auf einmal erschien ein riesiger Schatten über ihren Köpfen. Einige Frauen hinter ihnen brachen in lautes Geschrei aus.
Ein fast unsichtbarer Blitz schoss daraus hervor und zerstörte ein Haus einige hundert Meter von ihnen entfernt.
Legolas hob schnell den Arm um sich vor den herannahenden Trümmern zu schützen. Aragorn regte sich auch dann nicht als er von einem Stein an seiner Hand getroffen wurde. Er hatte etwas entdeckt...

Lanjaniel wischte mit einem Stofffetzen über Ayshas Gesicht. Und langsam öffnete die Heiligelbe ihre Augen.
Es schien sie zu beruhigen in die vertrauten Gesichter zu blicken. Sie atmete schwer und ein Bluttropfen rann über ihre Augen, so dass sie sie wieder schließen musste.
Pippin hielt ihre Hand so fest er konnte.
"Aysha, sieh uns an! Hier bist du erst einmal in Sicherheit. Bitte, mach deine Augen auf. Du darfst nicht einschlafen!"
Aysha verzog ihr Gesicht vor Schmerz als Lanjaniel ihren Arm anhob. Plötzlich öffnete sie ihre Augen wieder. Sie konnte kaum etwas erkennen und ihr Mund war ausgetrocknet und doch versuchte sie zu sprechen:
"Ich bringe euch so alle in große Gefahr..."
"Nein, du bist hier. Uns geschieht nichts." flüsterte Merry zu ihr hinab.
"Ihr dürft nicht... Ich... Lasst mich gehen... Lieber will ich aufrecht sterben als mit der Last eures Todes... auf Knien umher kriechen zu müssen..."
"Hör auf so etwas zu sagen." sagte Mergon langsam. "Achtung, das könnte jetzt wehtun..."
So vorsichtig wie er könnte setzte er Aysha auf und packte ihren Arm. Die Heiligelbe schrie auf. Pippin biss die Zähne zusammen. Es kam ihm vor, als würde es ihm viel mehr wehtun als ihr.
Als er fertig war legte Mergon sie zurück.
"So, jetzt müssen wir warten."
"Hast du gehört, Aysha?" flüsterte Merry leise. "Bald geht es dir besser. Du musst nur noch ein wenig durchhalten."
"Dafür ist es zu spät, Merry..."
Und stumm formte sie noch einige letzte Worte:
"Ich konnte mich nicht einmal von ihm verabschieden..."

Aragorn und Legolas jagten gleichzeitig in eine Richtung davon.
"Da hinten ist er, Aragorn!" rief Legolas und zeigte auf einen fortlaufenden Schatten. "Dieser Daynic entwischt uns nicht noch einmal!"

Daynic zog seinen Begleiter schnell um eine Hauswand in eine der kleinen Seitenstraßen. Dann liefen sie weit in die verwinkelten Gassen hinein.

Gerade noch hatte Aragorn Daynics Mantel aufblitzen sehen. Legolas war nur einige Schritte hinter ihm. Jede Straße führte in eine Sackgasse. Daynic hatte keine Möglichkeit zu entkommen.

Daynic hörte die immer lauter werdenden Schritte hinter sich. Er gab seinem Begleiter ein Zeichen sofort blieb dieser stehen. Daynic lief auf eine Mauer zu.

"Oh, Verzeihung!" murmelte Aragorn, als er gegen einen Mann stieß. "Habt ihr zufällig einen Mann hier entlanglaufen sehen?"
"Nein. Hier ist nie jemand. Schönen Tag noch..."
"Ja, danke..."
Legolas hatte sich bereits umgesehen.
"Weg. Er ist wie vom Erdboden verschluckt..."

"Aysha...nein..." flüsterte Pippin und krallte sich in den Mantel der Heiligelbe. Lanjaniel stand schnell auf um nicht auch in Tränen auszubrechen.
Mergon tat das einzig Richtige. Er ging auf die Tür zu und rüttelte an den Gitterstäben.
"He, ihr da! Kommt her!"
"Was?" Eine der Wachen kam auf ihn zu. "Siehst du nicht, dass wir auch noch bessere Dinge zu tun haben, als die Wünsche von Gefangenen zu erfüllen?"
"Mergon!" rief Lanjaniel plötzlich hinter ihm. Schnell drehte er sich um und er traute seinen Augen kaum. Ayshas Körper begann sich langsam aufzulösen.
"Was geschieht hier?"
Lanjaniel sah zu dem leblosen Körper herab.
"Ich befürchte, hier hat noch jemand anderes außer dem Tod seine Finger im Spiel..."
Mergon trat einen Schritt heran.
"Aber wer stielt eine Tote?"

"Verdammt..." gab Aragorn nur von sich. Plötzlich zog ein weiterer Donner über den Himmel.
"Lass uns hier verschwinden!" sagte Legolas langsam und sah hinauf. "Das verheißt nichts Gutes..."
Dann liefen die beiden so schnell sie konnten zu dem kleinen Gasthaus zurück.
Der Wirt war noch immer damit beschäftigt die Gäste zu beruhigen. Plötzlich schossen drei Reiter aus einer Straße hervor. Einer von ihnen hielt an:
"Diese Stadtviertel muss gesichert werden. Jeder, der sein Anwesen verlässt wird in sicheren Gemächern untergebracht. Alle anderen können frei über ihr Wege entscheiden, solange sie dieses Viertel verlassen. Bitte folgen sie uns."
Langsam schritt er weiter.
Legolas und Aragorn gingen zu ihren Pferden. Schnell waren sie gesattelt und so folgten sie ihrem Führer bis tief in die Stadt hinein.

Einige Moment später lag nur noch Ayshas Mantel auf den kalten Steinen. Pippin wischte sich über sein Gesicht und sah auf:
"Und nun?"
Mergon hob den langen Mantel auf und betrachtete ihn kurz. Dann legte er ihn Merry und Pippin um die Schultern.
"Abwarten. Solange wir hier sind können wir nichts tun..."
Da bemerkte Pippin eine kleine Innentasche.
"Merry, sieh mal!" flüsterte er fast unhörbar zu seinem Freund hinüber. Dann zog er eine lange Kette hervor.
"Was ist das?" fragte Merry langsam.
"Das sollen andere nie erfahren." antwortete Lanjaniel und nahm die Kette aus Pippins Händen.
"Wir wollen es aber wissen!" drängten die beiden Hobbits fast gleichzeitig.
"Na gut, ihr seid sowieso nicht beteiligt. Also, seht ihr diese großen einzelnen Ringe?"
Die Hobbits nickten.
"Auf jedem steht ein Name."
"Für jedes Opfer einer, oder wie?" fragte Merry mehr aus Spaß.
"Genau. Versteht ihr jetzt, warum ich euch das eigentlich nicht verraten darf?"
Wieder nickten sie. Dann griff Pippin ein weiteres Mal in die Tasche.
"Da ist noch was drin..."
Er hielt Merry noch einen Kettenring vor die Nase. Und beide erschraken als sie den Namen lasen.

Daynic kicherte vergnügt. Er hatte sich von seinem Begleiter verabschiedet und schlenderte durch die Straßen. Langsam öffnete er seine Hand.
Zwischen seinen Fingern ruhte ein kleines, goldenes Amulett mit Ayshas Namen in der Mitte.
"Wie schön der Tod für manche doch sein kann..." murmelte Daynic und ging auf sein Hauses zu, das nur einige Gassen entfernt stand.
Er grüßte den Wächter mit einer Geste und trat danach in die Eingangshalle. Er lief die lange Treppe hinauf und auf ein Zimmer zu. Kurze Zeit später schwang die Tür auf...