Legolas rüttelte Aragorn wach. Lanjaniel sammelte ihre Sachen zusammen und befestigte sie am Sattel eines der Pferde.
"Wann brechen wir auf?" fragte sie langsam und sah zu Aragorn hinab.
"Sofort." antwortete Aragorn und erhob sich. "Wie sieht es mit den Gefangenen aus?"
"Sie brechen ebenfalls gerade auf..." Legolas sah zu dem riesigen Trupp hinüber, der sich langsam in Bewegung setzte. "Wir sollten ihnen noch ein wenig Vorsprung lassen."
Lanjaniel verstaute noch einen Beutel und wandte sich dann ihren beiden Begleitern zu.
"Was geschieht eigentlich mit Aysha? Sollen wir sie zurücklassen? Wir sind zu dritt. Wir könnten uns trennen."
"Nein." warf Aragorn ein. "Wir trennen uns nicht. Das..."
Legolas schob ihn beiseite und flüsterte:
"Aragorn sie hat Recht. Wenn Aysha wirklich noch am Leben ist, dürfen wir sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen!"
"Derjenige würde allein zurück reiten müssen. Das wäre zu gefährlich. Es ist sicherer, wenn wir zusammen bleiben."
"Willst du Aysha alleine lassen? Was, wenn sie gefangen gehalten wird, oder..."
"Nein. Und selbst, wenn sie noch am Leben ist, kann sie auf sich allein aufpassen."
"Du hast gehört, was unsere nette Begleiterin gesagt hat. Sie müsste noch am Leben sein." Legolas gab nicht auf seinen Willen durch zu setzten. "Aragorn, du hast ihr ein Versprechen gegeben!"
Aragorn sah nachdenklich zu Boden.
"Ja...du hast Recht." Er winkte Lanjaniel wieder zu sich und Legolas. "Und genau deswegen werde ich derjenige sein, der zurück reitet."
"Du wirst hier gebraucht. Dein Schwert wird hier verlangt." Versuchte Legolas ihn zu überreden nicht zu gehen, sondern ihn zurückkehren zu lassen.
"Ich weiß worauf du hinaus willst, Legolas. Ich gehe. Nicht du, verstanden?"
Der Elb nickte kurz und Aragorn stieg auf den Rücken seines Pferdes.
"In Ordnung. Ich... Was macht ihr da?"
Lanjaniel ging umher und suchte den Boden ab. Nach einiger Zeit bückte sie sich und hob eine Vogelfeder auf. Sie strich kurz darüber und die Feder leuchtete auf. Dasselbe wiederholte sie mit zwei anderen Federn.
"Frau Lanjaniel?" fragte Aragorn leicht verwirrt, doch die Elbe ließ sich bei ihrer Arbeit nicht stören. Legolas verwunderte es fast gar nicht, dass sie irgendwelche Federn vom Boden aufhob und etwas Merkwürdiges damit anstellte.
Wahrscheinlich hatte er schon zu lange den Geschichten der Heiligelben gelauscht...
"Frau Lanjaniel?" fragte Aragorn nun ein zweites Mal.
"Hier!" sie hielt Aragorn eine der Federn hin, die er verwundert entgegen nahm.
"Aha... und was soll ich damit?"
Sie drückte Legolas ebenfalls eine Feder in die Hand.
"Damit können wir immer in Kontakt bleiben."
Aragorn und Legolas wechselten verwirrte Blicke. Lanjaniel fuhr fort:
"Schreibt damit irgendwo auf einen Gegenstand. Die anderen beiden werden es dann sehen und antworten können."
Aragorn und Legolas waren noch immer sehr skeptisch.
"Briefe ohne Papier und Tinte..." murmelte der Elb und steckte die Feder ein. "Etwas ungewöhnlich... Nein! Die Gefangenen! Sie sind schon los gezogen! Wir müssen ihnen folgen!"
Die beiden Elben schwangen sich ebenfalls auf die Pferde und verabschiedeten sich von Aragorn.
"Finde Aysha, Aragorn." rief Legolas ihm nach. Als Aragorn schon außer Sichtweite war flüsterte er:
"Halte dein Versprechen..."

Aysha schlug seinen Arm beiseite.
"Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt, dass ich zurückkehren werde. Von dir war nie die Rede!"
"Wenn du das sagst..." meinte Daynic nur. "Du wirst über kurz oder lang doch an meiner Tür stehen und um Einlass bitten. Du hast genug Zeit dazu..."
"Zeit? Zeit ist das einzige, was ich nicht habe! Und du kannst sie mir nicht geben!"
"Dann warte ich...
"Und worauf genau willst du warten?"
"Auf den Tod deiner Freunde, da sie ja anscheinend das einzige sind, was dich davon abhält zu..."
"Verschwinde!"
"In Ordnung... Früher oder später wirst du verstehen..."
"Raus!"
Aysha suchte nach einem geeigneten Gegenstand. Sie griff nach einer Blumevase und warf sie, samt Inhalt, nur einige Zentimeter von Daynic Kopf entfernt gegen den Türrahmen.
Ohne ein Wort verschwand der Elb in den Gang hinaus und die Tür schwang hinter ihm klackend in das Schloss.

Merry und Pippin waren müde. Sie hatte fast nicht geschlafen und ihre Füße trugen sie nur mit Mühe weiter.
Immer, wenn der Trupp für einen Moment stehen blieb, warfen die beiden Hobbits sich auf den Boden um ihre Kräfte zu sammeln.
"Merry, was glaubst du, wie weit es noch ist?"
"Zu weit. Ich kann jetzt schon nicht mehr." keuchte Merry zurück und stemmte sich auf die Beine. "Ich finde, die anderen könnten langsam anfangen uns zu retten..."
Pippin biss in ein Stück Brot, das jeder von ihnen am Morgen erhalten hatte.
"Da hast du Recht. Vielleicht sollten wir einfach selber ausbrechen."
"Du glaubst doch wohl nicht im Ernst daran, dass wir hier die Spur einer Chance haben!"
"Naja..."
"Siehst du, Pip? Also quälen wir uns hier weiter ab. Irgendwann muss das doch ein Ende haben..."

Aysha war in der Nacht zuvor weinend auf das Bett gefallen und hatte nachgedacht.
Als die Sonne noch tief stand war sie aufgestanden und hatte sich daran gemacht das Haus zu erkunden. Daynic hatte sie noch nicht zu Gesicht bekommen. Es kam ihr sogar gelegen, dass er nicht wieder ohne Unterlass auf sie einredete.
Sie durchkämmte viele der Zimmer und Gänge des Hauses. Am meisten störten Aysha alle verriegelten Türen und Fenster, die Daynic mit einem Zauber vor ihr verschlossen hatte. Oft hatte sie versucht eine dieser Türen zu öffnen, doch ihre Kräfte reichten dazu nicht aus.
Und so ging sie betrübt in ihr Zimmer zurück und starrte über das Geländer des Balkons.

Gimli und Mergon hatten sich mit der Zeit angefreundet und ließen die unfreundliche Zeit mit langen Erzählungen an sich vorbei gleiten.
"Woher kennt ihr Aysha?" fragte Mergon zu Gimli hinab.
"Da muss ich überlegen...Das ist schon so lange her... Ich glaube... wir haben uns das erste Mal in Bruchtal getroffen. Ja, genau, da war es!"
"Die Elbenstadt?"
"Ja, sie ist sehr schön. Hätte ich vorher nie gedacht."
"Ein Zwerg und eine Heiligelbe in Bruchtal..." murmelte Mergon lächelnd. "Hie geschehen wirklich merkwürdige Dinge..."
"Das kann man wohl sagen. Erzählt mir mehr von euch."
"Über mich gibt es nichts zu erzählen."
"Woher stammt ihr?"
Das weiß ich nicht genau. Als ich einige Köpfe kleiner war bin ich mit einer Mutter aus dem Westen geflohen. Ich weiß nicht mehr warum. Meine Mutter wurde gefangen genommen. Da muss ich sechs Jahre alt gewesen sein. Ich erkundete allein den Osten. Die Aina edhel wollten nichts von mir und ich wollte nichts von ihnen. Da war ich zu unvorsichtig. Vor einigen Wochen haben sie mich dann doch gefangen genommen."
"Interessante Geschichte..."

Plötzlich wurde die Tür hinter ihr aufgeschlagen. Aysha griff sofort nach der Blumenvase, die auf der anderen Seite stand, doch es war nicht Daynic, der eintrat.
Zwei junge Frauen kamen langsam in den Raum und verbeugten sich. Aysha stellte die Vase auf ihren Platz zurück und trat näher.
Eine der Frauen legte einige Kleidungsstücke auf das Bett, die andere ging auf Aysha zu.
"Unser Herr hat uns zu euch geschickt. Er wird in den nächsten Tagen nicht anwesend sein, deswegen sollen wir uns um euch kümmern. Falls ihr Wünsche oder Fragen habt ruft nach uns, my Lady."
Aysha betrachtete ihr Gegenüber. Sie hatte rötliches Haar und trug ein langes, grünes Kleid. Die andere Frau hatte ihre Haare zu einem komplizierten Zopf gebunden, der über die nicht verflochtenen Haare über ihre Schulter hing.
"Wie sind eure Namen?"
"Mein Name ist Gayacuien." meinte Ayshas Gesprächspartnerin. "Und das ist Ireth Miriel. Ihr müsst wissen, sie ist stumm und kann deshalb leider nicht mit euch sprechen."
Die Frau hinter Gayacuien machte eine freundliche Geste und strahlte Aysha an.
"Und wie unterhält sie sich mit Fremden oder mit euch und eurem Herrn?" fragte die Heiligelbe weiter.
"Wir verständigen uns mit Zeichen. Sie hat gelernt ihre Gedanken zu übertragen. Aber viele Fremde mögen es nicht und deshalb macht sie meist gar nicht auf sich aufmerksam."
"Wurde Telepathie nicht verboten?"
Aysha sah erst zu Gayacuien, dann zu Ireth Miriel.
"Mir nicht..." schallte es in Ayshas Kopf.
"Schön..." murmelte die Heiligelbe. "Geht jetzt. Wenn ich Hilfe brauche, rufe ich euch."
"Ja, my Lady." Verabschiedete sich Ireth von Aysha und verließ den Raum. Gayacuien sah noch einmal zurück.
"Ihr könnt uns Gaya und Ireth nennen, my Lady."
Dann schloss das Dienstmädchen die Tür.

Aragorn ritt geradewegs in die Stadt zurück. Nach einiger Zeit kam er auch an dem Gashaus vorbei, in dem er und Legolas eine Nacht verbracht hatten.
"Gefängnis der schwarzen Klippen...Das ich nicht lache..."

Aysha starrte auf die Straße hinunter. Die wenigen Reiter und Wanderer zogen langsam an ihren Augenwinkeln vorbei. Plötzlich bog eine Gestalt um eine Hauswand. Aysha beobachtete sie verwundert. Dann schrie sie hinunter:
"Aragorn! Ich bin hier oben!"

Aragorn sah auf. Einige Meter über ihm stand Aysha auf einem Balkon und sah aufgeregt zu ihm herab. Sofort sprang er ab.
Die Heiligelbe sah sich kurz um.
"Warum bist du hier?"
"Weil wir dich suchen!"
Aysha zuckte zusammen. Irgendetwas stimmte nicht...

Auf einmal hielt der Trupp an.
"Was ist passiert?" fragte Merry leise. "Kannst du irgendwas sehen, Pippin?"
"Warte kurz...Da hinten. Ich sehe eine Stadt. Aber sie ist noch weit entfernt. Ein paar Männer machen da irgendwas am Boden..."
"Machen irgendwas am Boden... Kannst du dich auch klar ausdrücken?"
Doch Merry brauchte keine Erklärung mehr. Denn plötzlich schossen aus allen Richtungen feine, blaue Lichtstrahlen übe r sie hinweg und überschnitten sich zu einem riesigen Netz, bis schließlich eine riesige zart blaue Kugel um sie lag.
Die Gefangenen liefen umher und verteilten sich.
Merry und Pippin entdeckten Gimli und Mergon und liefen so schnell sie konnten zu ihnen.
"Was ist das?" fragte Mergon langsam und sah zu den nun bläulich gefärbten Bäumen hinüber.

Die Heiligelbe trat einen Schritt zurück.
"Was hast du?" drang die bekannte Stimme zu ihr hinauf. Aysha blickte ernst. Sie schluckte. Und plötzlich wurde Aragorn niedergeschlagen.
Die Straße war leer und niemand hatte es bemerkt.
Die Gestalt unter der Kapuze sah zu Aysha hinauf.
"Aysha? Alles in Ordnung?" Sie nickte trocken und starrte auf den am Boden liegenden Körper. Aragorns Gesicht veränderte sich. Seine Züge wurden weicher und seine Haare heller.
"Was soll das?" fragte die Heiligelbe hinab.
"Ich weiß nicht..." sagte die Gestalt und zog sich die Kapuze aus dem Gesicht.

Lanjaniel und Legolas blieben ebenfalls stehen. Verwundert betrachteten sie das blaue Farbenspiel.
"Warten wir?" fragte die Elbe zu Legolas hinüber. Er nickte und starrte zu den Gefangenen.

Aysha sah noch immer in die Tiefe. Doch diesmal war sie um einiges erleichterter. Der echte Aragorn musterte den Niedergeschlagenen. Dann suchte er die Hauswand nach der Tür ab.
"Hol mich hier raus!"
"Wie? Soll ich vorne anklopfen und fragen ob ich dich kurz ausleihen darf!"
"Mach keine Scherze, sondern hilf mir!"
Doch Aragorn war schon hinter der Hausecke verschwunden.

Jaja, so trifft man sich wieder...
Meine Freundin wollte unbedingt mit in die Geschichte. Man gebe seinen Namen in einen Elbengenerator ein und tadaa: Schon hat man seine Elbischen Namen.
Jetzt sind wir halt Putzfrauen und Kindermädchen im Haus von Daynic.
Sie wollte das so. Und, wenn sie, dann ich auch.

Bye
Ireth