Liebe Ginny,
wie geht es Dir? Hast Du mit Severus über Deinen Besuch beim Heiler gesprochen?
Es tut mir wahnsinnig Leid, dass Dich meine Sorge um Dich derart nervös gemacht hat. Das wollte ich nicht, wirklich! Ich wollte nur ehrlich sein und … nun ja, Du bist doch meine beste Freundin, und ich wollte Dich einfach nicht anlügen, verstehst Du?
Und weil Du meine beste Freundin bist, habe ich mich auch so sehr erschrocken, dass Du so blass ausgesehen hast, als Du hier warst.
Irgendetwas konnte nicht stimmen – und dieses etwas sind nicht nur die Wechseljahre, die vielleicht so langsam im Anmarsch sind, liebe Ginny. Also bitte halte Dich an das, was der Heiler gesagt hat!
Ja, ich weiß, dass Du Dich sicher viel besser mit Tränken auskennst als er es tut und sicher auch besser weißt, ob dieser Trank wirkt oder nicht.
Aber dieser Mann ist Heiler, er hat das Fach studiert, er kennt sich gut mit Menschen und Krankheiten aus und weiß, was er tut. Ich höre das doch auch immer von Draco; die Patienten sind sehr kritisch geworden, was die Wirkung und Nutzbarkeit von bestimmten Therapien und Medikamenten angeht. Wenn sich nicht unverzüglich eine Besserung einstellt, dann wird der Arzt oder Heiler schnell als Scharlatan bezeichnet.
Aber das ist nicht so – gut, schwarze Schafe gibt es sicherlich auch in dem Beruf, aber das ist doch eher die Minderheit.
Bitte glaube mir und nehme diesen Trank – auch, wenn er scheußlich schmeckt. Du weißt doch: Was gut schmeckt, hilft auch nicht (der Lieblingsspruch meiner Großmutter damals, wenn Sie uns mit Lebertran und ähnlich ekeligem Zeug füttern wollte).
Was hat Severus denn dazu gesagt?
Ich bin mir sicher, er ist derselben Meinung wie ich, oder?
Lieber ein paar Wochen diesen scheußlichen Trank einnehmen und mit ein wenig Übelkeit leben, als an dieser Geschwulst erkranken und vielleicht sterben.
Das will ich nicht, Ginny!
Ich will nicht, dass Du Dein Leben so leichtsinnig aufs Spiel setzt! Bitte vertrau mir und dem Heiler – wenn nicht für mich, dann für Deine Kinder und für Severus…
Was soll denn aus ihnen werden, wenn du krank wirst? Oder denk an Deine Schüler! Sollen sie auf die Kunst der Zaubertrankbrauerei verzichten müssen, weil ihre Professorin krank ist?
Das möchtest Du doch nicht, oder?
Ich habe mit Draco übrigens über Severus gesprochen.
Er ist derselben Meinung wie ich. Er meint zwar auch, dass dieser Trank nur die Symptome und nicht die Ursachen bekämpft, aber er ist der Meinung, dass die Symptome erstmal Vorrang haben. Es ist wichtig, dass Severus sich wieder beruhigt, dass er Schlaf findet und Kraft schöpfen kann, um sich dann der Behandlung der Ursache stellen zu können.
Es gibt da diese neue Behandlungsform – nächsten Monat ist hier in der Schweiz ein Kongress, bei dem ein gewisser Professor Mayerhoff (ein Zauberer aus einer Muggelfamilie) aus Deutschland, einen Vortrag darüber hält – und zwar handelt es sich dabei um eine Kombination als Hypnose, Akupunktur und einer Kombination von verschiedenen Heiltränken, die das Unterbewusstsein schärfen und zum Vorschein bringen können. Die Hypnose soll dann helfen, in dieses Unterbewusstsein einzudringen und die Dämonen auszutreiben.
Ich weiß, dass hört sich ziemlich abenteuerlich und obskur an, oder?
Aber vielleicht hilft es ja – es auszuprobieren schadet sicher nicht.
Wenn ich Draco richtig verstanden habe, dann sucht Professor Mayerhoff noch einige Testpersonen, die sich stationär einer dreiwöchigen Behandlung unterziehen wollen.
Meinst Du, Severus würde da mitmachen?
Glaubst Du, dass Du und Hogwarts ihn so lange entbehren könnt?
Apropos Hogwarts.
Natürlich kommen wir zum Weihnachtsball. Draco freut sich doch schon das ganze Jahr darauf – und ich auch. Ich sehe die anderen, Harry, Ron, Jackie, Neville, Hannah und die Kleinen doch viel zu selten.
Ich zähle schon fast die Tage bis dahin.
Was meinst Du? Vielleicht könnt ihr ja nach dem Weihnachtsball mit uns hierher nach Davos kommen und wir feiern Weihnachten zusammen in der kleinen Berghütte? Das wird sicher lustig.
Überlegt es Euch!
Oder bekomme ich dann Ärger mit Molly, wenn ich ihr schon wieder die Tochter und die Enkelkinder entführe?
Du hattest nach meinem Buch gefragt.
Nun, wie es aussieht, scheint meiner Verlegerin das letzte Kapitel jetzt doch endlich gefallen zu haben. Es ist jetzt beim Lektor und wenn alles gut geht, geht das Buch Ende November endlich in Druck.
Drück mir die Daumen, ja?
So langsam aber sicher bin ich nämlich wirklich dabei, die Lust am Schreiben zu verlieren. Es hatte sich in den letzten Wochen und Monaten irgendwie mehr zu einer Last entwickelt, was fatal war.
Schreiben ist Kreativität, und die soll Spaß machen. Sobald zuviel Druck dahinter steht, verliert man schnell die Lust oder – was noch schlimmer ist – der Kopf ist dann plötzlich wie leer gefegt und man bekommt keinen vernünftigen Satz aneinander gereiht …
Ich bin später mit Tonks verabredet und schon wahnsinnig aufgeregt. Ich habe sie ja schon seit Monaten nicht mehr gesehen. Seit sie nach Amerika gezogen sind, haben wir uns ziemlich aus dem Augen verloren und nur noch zum Geburtstag oder an Weihnachten mal geschrieben. Und dieser eine kurze Besuch im Sommer war so kurz, dass er eigentlich gar nicht zählt.
Doch letzte Woche hat sie plötzlich und völlig unerwartet eine Eule geschickt und gefragt, ob sie sich schnell mit mir treffen könnte. Es wäre etwas passiert und sie bräuchte meinen Rat.
Der ganze Brief war irgendwie total wirr und krakelig geschrieben, so als ob Tonks sehr nervös oder durcheinander gewesen wäre …
Ich hoffe, es ist nichts mit Remus oder den Kindern passiert.
Ich halte Dich deswegen auf dem Laufenden.
Und Du, liebe Ginny, hältst mich auf dem Laufenden, was Dein Unwohlsein und Severus betrifft, verstanden?
Und bitte, Ginny, ich weiß, dass ich mich anhöre, wie meine eigene Mutter, aber ich bin wirklich um Dich besorgt und will nur, dass es Dir gut geht! Also bitte verteufle mich nicht wegen meiner Ratschläge; nimm sie zur Kenntnis und denke darüber nach, in Ordnung?
Ganz liebe Grüße schickt Dir
Deine Freundin
Hermine
-TBC-
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