Liebe Ginny,

vielen Dank für Deinen Brief!

Es freut mich, dass das Wochenende für Dich sehr erfrischend war. Auch, wenn wir uns nicht soviel gesehen haben, bin ich doch froh und glücklich, dass Du gekommen bist, und ich Dir zumindest Deine Hirngespinste in Bezug auf die Worte unserer Kinder austreiben konnte.

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es gut und richtig war, dass Du gemerkt hast, was Du an Deinem Mann hast und lange Zeit für selbstverständlich hingenommen hast. Ich glaube, die ungewohnte Umgebung hat einen großen Teil dazu beigetragen und ich möchte euch dringend raten, mal ein paar Tage Urlaub zu machen! Wie wäre es, wenn die Zwillinge nach Weihnachten einfach bei uns bleiben und ihr beide, Severus und Du, ein paar Tage alleine in die Hütte fahrt?

Das würde euch sicher gut tun (und auf die Zwillinge passe ich schon auf!)

Aber sag mal, wieso soll ich Deinen Brief in den Kamin werfen? Ist es das, was Du mit meinen unmöglichen, weinerlichen Briefen gemacht hast bzw. tust? Sie einfach vernichte?

Nein, Ginny! Ich bewahre jeden Brief von Dir auf (und ich habe sie alle gesammelt – der älteste müsste jetzt schon über zwanzig Jahre alt sein – die Karten aus der Schulzeit nicht mitgerechnet). Es macht Spaß, sie ab und an wieder hervorzuholen und durchzulesen.

Am Sonntag, nachdem Du wieder weg warst, habe ich den großen Schuhkarton erst wieder hervorgeholt und ein paar der alten Briefe gelesen. Das war sehr amüsant und auch erkenntnisreich. Erinnerst Du Dich noch an deinen Antwortbrief, nachdem ich dir von meinem „Unfall" im Cafe in der Winkelgasse erzählt habe, als ich Draco mit seiner Cousine gesehen habe? Oder daran, was Du über jenen Weihnachtsball geschrieben hast, an dem sich unser beider Leben grundlegend geändert hat?

Es ist schön, in alten Erinnerungen zu schwelgen und sich wieder bewusst zu machen, was man doch an dem Partner hat und warum man sich ursprünglich in ihn verliebt hat.

Doch die Briefe helfen mir auch noch aus einem anderen Grund: Ich versuche zu verstehen, was im Moment in meinen beiden Töchtern vorgeht, wie Virg sich fühlt, wenn sie an ihren Draco denkt und wie sehr sie sich nach ihm sehnt, wenn er hier ist und sie bei euch in Hogwarts!

Und das gilt umgekehrt für Draco genauso. Ich habe ihn erst gestern dabei ertappt, wie er minutenlang nur am Esstisch gegessen hat, die volle Gabel Spagetti halb auf dem Weg zum Mund, und Löcher in die Luft gestarrt hat. Das war richtig süß (und noch süßer war es, als er vor Verlegenheit ganz rot geworden ist, als ich ihn angesprochen habe).

Die erste Liebe ist doch etwas wunderbares, oder?

Ach, könnte man doch noch einmal so jung sein, wie unsere Kleinen …

Ich habe Virg schon eine Eule geschickt, dass sie auf jeden Fall am Wochenende mitkommen soll (und an Minerva schreibe ich gleich auch noch wegen der Ausgeherlaubnis). Dann können die beiden auch ein wenig Urlaub machen und sich Zeit für sich nehmen.

Als ich Draco davon erzählt habe, ist er ein bisschen komisch geworden; ich glaube, seine Vaterinstinkte sind wieder mit ihm durchgegangen. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum er darauf bestanden hat, dass er mit Eurem Draco in einem Zimmer schläft, während Virg sich mit mir das Zimmer teilen muss.

Kannst Du das verstehen?

Ich meine, die Kinder werden schon irgendwie das machen, was sie machen wollen, und mir ist es lieber, sie tun es hier als in irgendeinem schmuddeligen Hotelzimmer …

Ich merke gerade, wie sich mein Magen zu einem dicken Knoten zusammenzieht, während ich diese Zeilen schreibe – ich glaube, Dracos Panik war doch nicht so verkehrt … ich werde mit Virg darüber sprechen. Sie ist doch mein kleines Mädchen und noch viel zu jung und … - Nein, ich höre mich an wie meine Mutter! Und das will ich nicht!

Anderes Thema:

Mein Buch ist gestern in Druck gegangen und die ersten Probeexemplare habe ich heute bekommen. Habe Dir schon eins beiseite gelegt, Ginny, damit Du wieder was zum Schmökern hast.

Du kannst Dich also schon mal freuen, wenn Du morgen Abend kommst.

So, jetzt muss ich aber Schluss machen, da Draco los will (er hat mir versprochen, den Brief mitzunehmen – ich hoffe, er denkt vor lauter Verliebtheit auch daran, ihn Dir zu geben.)

Es drückt Dich ganz feste,

Deine Hermine

Liebe Hermine!

Vielen Dank für Deinen Brief!

Nein, natürlich sollst Du meinen Brief nicht wortwörtlich in den Kamin werfen ... ich denke, Du weißt schon, wie es gemeint war. Vergiss einfach, was ich da geschrieben habe. Du weißt, manchmal spinne ich ein bisschen.

Aber ich musste schmunzeln, als Du erzählt hast, dass Du die Briefe wieder hervorgekramt hast. Natürlich habe ich alle Deine Briefe noch ... und habe es auch zum Anlass genommen, mal wieder die kleine Kiste aus meinem Sekretär zu holen.

Und ich habe es genossen, ich habe mir vorgestellt, wie Du da sitzt und meine Briefe liest ... und habe selber über dem Brief, in dem Du mir den Kopf zurecht gerückt hast, fast angefangen zu heulen: „Du kannst Dir doch nicht einreden, Du seiest in Severus Snape verliebt?".

Doch, ich kann.

Ich konnte damals, und ich kann es auch noch nach fast zwanzig Jahren.

Und dann ... ja, die Briefe, als Du mit Jane schwanger warst und so lange nicht aufstehen konntest ... und die Briefe vor 2 Jahren wegen Narcissa ...Wir könnten unsere Briefe veröffentlichen, sie wären fast ein Stück Zeitgeschichte.

Nein, keine Sorge, das war ein Witz.

Dass ihr Euch wegen Virg Gedanken macht, ist – glaube ich – normal, und mir schwant schon schlimmes, wenn die Zwillinge erst mal anfangen, an Männer zu denken ... Mein Mann wird durchdrehen.

Aber mach Dir keine Sorgen – Draco hat schon immer gesagt, er wäre niemand „von der schnellen Truppe", und ich denke, die Zwei werden sich Zeit lassen. Und ... ja, ich weiß nicht, wie ich das sagen soll ... aber er erscheint mir ... so ernst, wenn er über Deine Tochter spricht. Ich denke wirklich, dass sich die Beiden fürs Leben gefunden haben. Und wenn sie dann ... na ja, ich kann und will mir das nicht vorstellen, was mein Baby da macht, aber es wird schon seine Richtigkeit haben.

Du meine Güte, er ist doch gestern erst eingeschult worden!

Egal ...

Ich werde mich jetzt wieder an meine Papiere setzen ...

Und ich freue mich auf unser gemeinsames Wochenende.

Ganz viele liebe Grüße

Ginny

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