Hermine, Du kannst sagen was Du willst:
Ich sehe keine Gespenster.
Gestern ist Draco angekommen, und heute unterhält er sich wieder mit Virg über seinen Vater.
Ich schwöre Dir, ich schwöre Dir bei allem, was mir lieb, wert und heilig ist:
Sie haben über Severus geredet.
Und es ging um etwas Medizinisches.
Hermine, ich komme nicht erst übermorgen.
Ich packe ein paar Sachen zusammen, rede mit unseren Kindern und bin heute Abend in Deinem Kamin.
Bitte sei bei mir ... Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich brauche glaube ich Deine Hilfe ...
Vielen, vielen Dank
Deine Ginny
Liebe Hermine!
Wie versprochen sende ich Dir gleich den Brief, dass ich gut eingetroffen bin und dass es mir einigermaßen gut geht.
Ich bin gut angekommen, habe Virg abgeliefert und setzt mich gleich hin, um Dir die Nachricht zu schicken. Denn ich bin ja froh, dass Du Dich um mich sorgst ...
Vielen, vielen Dank noch einmal, dass Du Severus nichts von meinem „Abgang" erzählt hast ...
Das wäre das letzte, was ich wollte.
Er hätte ein schlechtes Gewissen, er würde sich noch mehr Sorgen machen, als er sowieso schon macht ... Er soll sich erst einmal um sich selber kümmern.
Aber es war wirklich eigenartig – ich meine, andere Leute kippen ja mal öfter „aus den Latschen", aber ich ... so etwas hatte ich noch nie, aber es war wohl einfach zu viel.
Nachdem ich Severus zur Rede gestellt hatte und wir – nachdem er erst einmal angefangen hat zu streiten, wie immer, wenn ihm etwas peinlich ist – endlich über alles gesprochen haben, habe ich genau solange die Starke gespielt, wie ich im Zimmer war.
Das nächste, an das ich mich erinnere, bist Du, wie ich auf Eurem Sofa liege und Du mit mir redest ... dazwischen ist irgendwie ein absoluter Filmriss.
Jedenfalls ist es ausgesprochen peinlich, auf einmal wach zu werden und alle starren einen an ...
Ich verstehe Severus ja, dass er mir zunächst nichts von seinen Sorgen erzählt hat.
Natürlich, er war noch nie der mitteilsamste aller Männer ... und wird es auch nie sein. Das weiß ich und ich wollte ihn von Anfang an nie anders haben, als er ist.
Aber spätestens, wenn er sich in Behandlung begibt, weil er merkt, dass sein Gehör noch schlechter wird, als es schon immer war, sollte er vielleicht seiner Frau doch Bescheid sagen, oder?
Wenn ich mir überlege, was ich ihm vorgeworfen habe in der letzten Zeit, könnte ich vor schlechtem Gewissen beinahe verrückt werden. Ich meine, wie viel von den Dingen, die ich ihm vorgeworfen habe, lassen sich so doch ganz einfach klären?
Wenn ich nur gewusst hätte ...
Ich meine, ich hatte mich schon so sehr daran gewöhnt, dass er schlechter hört als andere Leute, ich habe das so automatisch mit berücksichtigt, dass ich jetzt eine akute Verschlimmerung einfach gar nicht wahrgenommen hatte.
Bin ich eine schlechte Ehefrau, Hermine?
Ich mache mir so Sorgen, weil ich ihn so wenig beachtet hatte. Und sogar noch einen bösen Willen dahinter vermutet hatte.
Nun ja ... Geschehenes ist geschehen, und ich denke, wir haben ja auch noch am nächsten Tag wieder ausgesprochen.
Trotzdem bleibt ein schaler Nachgeschmack ...
Nächste Wochen kommt er auf alle Fälle heim, das ist die Hauptsache ...
Ich freue mich darauf, und werde bis dahin alles einfach wunderbar vorbereiten.
Es drückt Dich,
Deine Ginny
Liebe Ginny,
vielen, vielen Dank für Deinen schnellen Brief! Ich glaube, jetzt kann ich wieder beruhigt einschlafen.
Du hast uns ganz schöne Sorgen gemacht, meine Liebe! Einfach so zusammen zu brechen – ohne Vorwarnung, ohne ein Anzeichen, einfach so …
Mir ist erstmal vor Schreck das Herz stehen geblieben (Draco meinte, er hätte uns fast ein Doppelzimmer reserviert…), aber ich bin froh, dass Du schnell wieder zu Dir gekommen bist, und dass auch nichts nachgekommen ist.
Trotzdem hat Draco die Bluttests gemacht und mir den Umschlag gegeben. Ich habe nicht reingeschaut und auch so keine Ahnung, was drin steht (Du weißt ja, wie das mit der ärztlichen Schweigepflicht ist). Ich lege den Umschlag bei (und hoffe, dass Du als Patientin daran denkst, wie neugierig eine Freundin sein kann).
Wie ich Dir schon an unserem letzten Abend gesagt habe, freue ich mich sehr, dass Du Dich mit Severus ausgesprochen hast, und dass er bald wieder zu Dir nach Hause kommt.
Was Deine Frage zu der schlechten Ehefrau betrifft: Nein, Ginny, Du bist keine schlechte Ehefrau! Absolut nicht!
Du musst und darfst Dir keine Vorwürfe machen, dass Du von Severus' Hörproblemen nichts gewusst hast. Bei jedem anderen hätte man vielleicht die Zeichen übersehen, aber nicht bei Severus!
Er ist ein Meister der Illusion. Wenn er etwas verbergen will, dann tut er es auch – und zwar so, dass man es einfach nicht herausfinden kann. Niemals!
Wie glaubst Du, hat er sonst die Zeit unter Voldemorts Herrschaft überlebt?
Oder denk doch nur an Euren zehnten Hochzeitstag, als wir beide Wochenlang darüber gerätselt haben, welche Überraschung er für Dich wohl haben könnte.
Nein, Severus hat die Krankheit für sich behalten wollen und auch alles dafür getan, dass Du nichts davon erfährst – und dass er es geschafft hat, ist nicht Deine Schuld!
Also, liebe Ginny: Höre auf, Dir deswegen Vorwürfe zu machen, freue Dich stattdessen, dass er bald heimkommt und hilf mir, herauszufinden, was mit Jane los ist!
Hast Du die Diskussion beim Mittagessen mitbekommen, als Virg auf einmal angefangen hat, über Jane zu lästern? Als sie behauptet hat, dass Jane nicht dieses Unschuldslamm sei, für das wir sie halten. Als sie dann noch behauptet hat, dass Jane uns seit Monaten hintergeht und heimlich hinter unserem Rücken zu einer Lebedame geworden sei, ist Draco ja echt der Kragen geplatzt…
Ich bin seitdem wieder mehr als beunruhigt… Auf der einen Seite denke ich, dass Virg sich nur dafür rächen wollte, dass sie doch nicht bei Draco schlafen durfte, aber auf der anderen Seite bin ich doch unsicher, ob nicht doch - und wenn ja, wie viel – Wahrheit in ihren Worten steckte.
Kannst Du mit Jane reden, Ginny? Ich weiß, Du hast im Moment genug eigene Sorgen (und ich weiß auch, dass ich Dir verboten habe, Dich zu sehr anzustrengen und aufzuregen), aber ich wäre Dir trotzdem sehr, sehr dankbar, wenn Du mal vorsichtig nachhorchen könntest.
Nicht, dass meine Jane noch auf die schiefe Bahn gerät und wir sie so verlieren, wie Jackie und Harry fast ihren Steven verloren hätten, als dieser vor ein paar Jahren plötzlich beschlossen hatte, nicht mehr nach Hogwarts zurückzukehren, sondern lieber mit den „Jungs" in London abzuhängen.
Jackie und Harry haben damals eine schwere Zeit durchgemacht und sie nur überstanden, weil sie sich beide hatten.
Ich möchte nicht, dass Draco und mir dasselbe passiert. Wir lieben uns zwar und sind auch wieder glücklich, wir reden, lachen und haben Spaß, aber trotzdem habe ich da immer noch diese komischen Wochen im Herbst im Hinterkopf, als wir uns bei dem kleinsten Anzeichen eines Problems voneinander entfernt haben.
Ich weiß nicht, ob wir das überstehen würden, Ginny!
Aber lass uns das Thema wechseln (so kurz vor der Weihnachtszeit will ich nicht schon wieder Trübsal blasen).
Hast Du schon die Gelegenheit gehabt, in dem Buch zu blättern? Falls ja, hat es Dir gefallen? Ich habe Tonks ja ebenfalls ein Exemplar geschickt. Sie wird morgen vorbeikommen. Ich bin mal gespannt, was sie zu sagen hat- wenn sie denn überhaupt den Nerv hatte, in das Buch hereinzuschauen). Ich glaube, Remus ist jetzt endgültig ausgezogen; Harry hat in seinem letzten Brief erwähnt, dass er sich in London eine Wohnung genommen hat.
Oh je, jetzt habe ich doch wieder angefangen, schlechte Neuigkeiten zu verbreiten …
Ich glaube, ich höre dann an dieser Stelle lieber mal auf, bevor mir noch mehr Sachen einfallen.
Ich drücke Dich ganz feste, meine liebe Ginny, und hoffe, dass Du bald schreibst und sagen kannst, was die Tests ergeben haben (und vielleicht weißt du auch, was mit Jane los ist).
Liebe Grüße schickt Dir
Deine Hermine
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