Liebe Ginny,
vielen Dank für Deinen Brief!
Es freut mich sehr, dass der Kuchen gelungen ist und dass er Dir geschmeckt hat. Alles andere hätte ich für Lisa und Lena auch sehr, sehr schade gefunden … Die beiden haben sich so sehr ins Zeug gelegt. Sie sind ja solche Perfektionisten, dass man schon fast Angst bekommen muss, es mit einer Miniatur-Ausgabe ihres Vaters zutun zu haben - also, ich meine das jetzt vom Standpunkt einer Schülerin aus gesehen, wie wir es damals waren, als Severus noch der griesgrämige, gefürchtete Lehrer war. Verstehst Du? Und –
Ach, ich glaube, ich verhasple mich da gerade in etwas, das ich eigentlich gar nicht so meine und was ich auch gar nicht sagen bzw. schreiben will.
Es tut mir Leid! Wenn dies nicht ausgerechnet mein letztes Blatt Pergament wäre (den Rest habe ich heute Morgen aus Versehen zum Feuer entfachen benutzt), dann würde ich den Brief noch einmal neu schreiben, aber so musst Du wohl damit leben (oder besser gesagt, ich).
Ich bin total nervös, Ginny!
Ich weiß auch nicht, was los ist … Vielleicht ist es der ganze Weihnachtsrummel, die vielen Touristen, die hier herumlaufen, das ununterbrochene Gedudel von Weihnachtsmusik in den Straßen und Geschäften … oder vielleicht auch nur die Tatsache, dass ich mich an Deinen Rat gehalten und Draco nichts von Jane erzählt habe. Es ist mir nicht leicht gefallen, glaub mir, Ginny, und ich war schon mehr als einmal kurz davor, es ihm zu sagen, aber dann habe ich es im letzten Moment doch noch gelassen.
Es ist besser so … Das ist es doch, oder?
Ach, Ginny! Wäre doch heute schon Weihnachten und diese Geheimniskrämerei hätte endlich ein Ende …
Es ist so schrecklich, zu wissen, dass der Weihnachtsball nicht so werden wird, wie Draco ihn sich hier jeden Abend ausmalt, und nichts sagen zu können oder zu dürfen.
Und dann ist Jane auch noch nicht mal erreichbar …
Das ist absolut schrecklich und ich halte es langsam aber sicher nicht mehr aus.
Ich habe Jane eine Eule geschickt und ihr erklärt, dass ich ihrem Dad nichts gesagt habe und dass ich mich darauf verlassen werde, dass sie ihm erklärt, warum ich schweigen musste. Ich hoffe, sie ist klug genug und hält sich daran …
Aber genug davon. Ich glaube, ich werde dich ab Übermorgen noch genug mit diesem Thema belästigen.
Ich schreibe Dir eigentlich auch nur, um Dir mitzuteilen, dass Euer Sohn morgen Abend nach Hause kommen wird. Da Draco noch den Nachtdienst übernehmen musste (hier herrscht gerade wieder akuter Personalmangel) werden wir erst am Tag danach anreisen. Es wird aber später Nachmittag bis Abend werden, da wir vorher noch einen Abstecher nach London machen, um meinen Dad zu besuchen und um ein paar Geschenke einzukaufen.
Ich hoffe, das passt Euch!
Falls nicht, dann melde Dich noch kurz. Sollte ich nichts mehr von Dir hören, dann werden wie planmäßig kommen.
Ich freue mich sehr auf Euch und auf Hogwarts (ach, wie sehr ich das Schloss doch vergesse …)
Weihnachtliche Grüße aus dem eingeschneiten Davos schickt Dir
Deine Hermine
P.S. Habe vorhin Post von meiner Verlegerin bekommen; mein Buch steht auf der Bestsellerliste des Witch's Weekly auf Platz eins. Ist das nicht toll?
Meine liebe Hermine!
Seid Ihr wieder gut in Davos angekommen?
Wir hatten ja leider dann am Morgen nach dem Weihnachtsball nicht mehr so viel Zeit, es war eigentlich schade, dass wir nur noch das schnelle Frühstück hatten – aber klar, es war schon toll, dass die beiden Dracos so lange frei hatten – da ist es verständlich, wenn sie dann so schnell wie möglich wieder an die Arbeit müssen.
Und ich war auch wirklich froh, dass Ihr schon ein paar Tage vorher da wart – ich glaube, wenn ich alleine hätte versuchen müssen, Severus davon zu überzeugen, mit auf den Ball zu gehen – er hätte den Abend wohl lesend vor dem Kamin verbracht.
Sein Standardargument war die ganze Zeit: „Natürlich macht es dir nichts aus, mit mir zum Ball zu gehen, du musst mich ja zu mir stehen und mich lieben, wir sind ja verheiratet. Aber ich will nicht, ich habe keine Lust, ich sehe keinen Sinn darin."
Er ist so stur wie ein Maulesel.
Ohne die Überredungskunst Deines Mannes würden wir jetzt noch streiten.
Und bis zu einem gewissen Grad habe ich seine Scheu vor dieser Veranstaltung ja auch verstanden – aber was hätte es gebracht, wenn er nicht gegangen wäre? Ich meine, er muss sich ja doch irgendwann einmal mit der Welt auseinandersetzen und kann sich nicht auf Dauer verkriechen. Nicht vor der Öffentlichkeit, nicht vor alten Bekannten, die ihn vielleicht fragen, wie es ihm geht, und auch nicht vor sich selber ...
Und da war es doch eine gute Gelegenheit – und wir sind ja auch nicht sehr lange geblieben, gerade solange, bis Remus und Tonks unsere Wohnung wieder frei gegeben haben.
Haben die zwei sich schon wieder bei Dir gemeldet? Bist Du schon auf dem „neuesten Stand"?
Also, um es vorneweg zu nehmen: unsere Wohnung steht noch und es gab keinen größeren Sachschaden.
Tonks war zuerst da und hatte es sich gerade mit einem Tee vor unserem Kamin gemütlich gemacht, als Remus eingetroffen ist.
Der wollte, als er gesehen hat, dass seine Frau da ist, sofort wieder durch die Tür hinaus, aber Severus hatte die Tür bereits verschlossen und hat ihm dabei den Weg versperrt – Du kannst es Dir ja vorstellen, auf seine volle Größe aufgerichtet, in diesem schwarzen Festumhang und mit einem Gesichtesausdruck in echter Snape – Manier ... Remus ist erst mal unwillkürlich wieder zwei Schritte zurückgetreten.
Es kam dann zu einer kleinen Diskussion, die aber im Sande verlief, zumal Remus (Du kennst ihn ja) wenn er aufgeregt ist nicht anfängt zu schreien wie jeder andere normale Mensch, sondern immer leiser und schneller redet – die zwei haben sich dann an der Tür ganz schön miteinander verhaspelt, und es ging viel mehr um die Tür an sich als um die Tatsache, dass wir die Zwei willentlich hereingelegt haben und es war schon fast ein lustiger Anblick – und das hat Gott sei dank Tonks auch so gesehen, die Spannung war schon etwas gelöst und sie ist dann zu ihrem Mann hingegangen, hat ihm die Hand auf die Schulter gelegt und hat gemeint, dass wir eigentlich ja ganz reicht hätten und dass sie ja wirklich mal miteinander reden sollten.
Remus hat meinem Mann noch einen letzten wütenden Blick zugeworfen, wir haben ihnen Tee, Rotwein und Knabbereien hingestellt und sie gerade am Kamin sitzen lassen.
Das nächste Mal habe ich sie ziemlich eng aneinandergeschmiegt auf der Tanzfläche gesehen ...
Es ist also alles wieder in Ordnung, denke ich.
Wir sind dann ja auch bald gegangen ...
Hat Dein Mann denn jetzt eigentlich noch einmal mit Jane gesprochen?
Ich habe nur mitbekommen, wie sie ihre kleine Rede gehalten hat – aber ob und wie sie sich nun noch mit ihrem Vater ausgesprochen hat ...
Und sie ist ja jetzt nach London unterwegs, ich tappe also völlig im Dunkeln.
Lass mich also nicht zu lange warten auf Deinen nächsten Brief, ich bin gespannt wie ein Schießbogen.
Ansonsten fühle Dich noch einmal ganz fest umarmt ...
Viele liebe Grüße auch an die beiden Männer
Ginny
Tja, so langsam kommen wir mit der Geschichte auch wieder zum Ende. Einen Brief haben wir noch - und den gibt es, wenn Ihr uns viele Reviews schreibt am Samstag.
Also: Knopf drücken und in die Tasten hauen :-)
