Das erste was ich spürte, als ich erwachte, waren meine schweißnassen Hände. Sie krampften sich um eine Decke und zitterten.
„Shh", sagte jemand leise und fuhr mir sanft übers Haar. „Ist ja gut, Kindchen, Sie sind in Sicherheit."
Als ich die Augen öffnete, sah ich in Madame Pomfreys gutmütiges Gesicht. Ein beruhigendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und sie half mir mich aufzusetzen.
„Kommen Sie, ich muß die Bettwäsche wieder wechseln. Sie müssen wohl einen schlimmen Traum gehabt haben."
Als ich aufstand sah ich was sie meinte. Decke, Kissen und Laken waren nass von meinem Schweiß und auch meine Sachen klebten an meinem Körper.
Schnell zauberte sie neue Bezüge aufs Bett und scheuchte mich wieder hinein. Dann reichte sie mir ein Glas Wasser.
„Danke", krächzte ich und leerte es in einem Zug.
„Ruhen Sie sich aus. Heute Abend können Sie dann wieder in Ihrem eigenen Bett schlafen."
Plötzlich schwang die Tür zum Krankenflügel auf und Snape kam hereingerauscht.
„Ich muß mit Ihnen reden", meinte er barsch zu mir, was Madame Pomfrey ein empörtes Schnauben entlockte.
„Professor Snape", fuhr sie ihn an. „Ich möchte doch wohl sehr bitten! Sehen Sie nicht, dass Ihre werte Kollegin Ruhe braucht?"
„Natürlich sehe ich das, Poppy. Aber es ist unumgänglich, dass ich mit ihr spreche. Wenn Sie uns also bitte für einen Moment alleine lassen würden?" Snape bemühte sich um einen höflichen Ton, was ihm aber nicht ganz gelang.
Madame Pomfrey wollte widersprechen, doch Snapes stechender Blick brachte sie dazu, das Zimmer zu verlassen.
„Sie sollen doch nicht alleine draußen herumlaufen", fuhr Snape mich dann auch direkt an.
„Danke der Nachfrage, mir geht es gut", gab ich sarkastisch zurück und verdrehte die Augen. Das letzte was ich jetzt gebrauchen konnte, war ein mich anschnauzender Snape.
„Was haben Sie so früh eigentlich schon draußen gemacht?" überging er meinen Kommentar und zog sich einen Stuhl heran. Na großartig, er hatte scheinbar vor länger zu bleiben.
„Wüsste zwar nicht, was Sie das angeht, aber ich bin gejoggt. Zufrieden?"
„Sie treiben Sport?" Er klang ein wenig verwundert, was mich zu einem Grinsen veranlasste.
„Von nichts würde ich meine Figur nicht halten können."
„Wie auch immer. Sie hätten tot sein können."
„Danke, dass Sie mich so feinfühlig daran erinnern."
„Was war mit Ihnen eigentlich los? Warum haben Sie den Mantikor nicht verflucht? Stattdessen standen Sie da, als wäre Ihnen der Teufel persönlich erschienen."
Als Snape den Mantikor erwähnte spürte ich, wie mir die Farbe aus dem Gesicht wich und mein Körper wieder anfing zu zittern.
„Glauben Sie mir", meinte ich leise und versuchte das Zittern unter Kontrolle zu kriegen. „Mir ist mein ganz persönlicher Teufel erschienen."
Aus einem Impuls heraus fasste er nach meiner Hand, zog sie aber sofort wieder weg, als er spürte, wie kalt und nass sie war.
Er sah mich an und zum ersten Mal seit ich ihn kannte, konnte ich echte Besorgnis in seinem Blick erkennen. Eine Gefühlsregung, die ich diesem Mann niemals zugetraut hätte.
„Wie meinen Sie das?"
Eine Weile rang ich mit mir, ob ich ihm von meinem Kindheitstrauma ausgelöst durch einen Mantikor erzählen sollte. Schließlich gewann der Drang, das Erlebte einfach nur loszuwerden und so erzählte ich ihm, wie ich als Kind fast von einem Mantikor verschleppt und verspeist worden wäre.
„Seitdem bekomme ich jedes Mal Angstattacken, wenn ich das Wort Mantikor nur höre", schloss ich.
„Sind sie so zur schwarzen Magie gekommen?" fragte Snape, der mir die ganze Zeit über schweigend zugehört hatte.
„Hm, so hab ich das noch gar nicht betrachtet. Na ja, immerhin hat sie mir das Leben gerettet sozusagen. Wenn mein Vater keinen der Unverzeihlichen angewendet hätte... wer weiß..."
„Was ist denn weiter passiert?" Scheinbar war er ehrlich interessiert und so erzählte ich ihm auch noch den Rest der Geschichte.
„Mein Vater wurde natürlich vom Ministerium bestraft. Immerhin hat er zwei Unverzeihliche angewendet und dann auch noch in der Gegenwart von Kindern. Seine Strafe fiel allerdings nicht schwer aus, schließlich hat er es nur gemacht, um mich zu retten. Seitdem hält er sich von den Dunklen Künsten fern. Ich brauche ja wohl nicht zu sagen, dass es ihm überhaupt nicht gepasst hat, dass ich mich so in dieses Thema hineingekniet habe. Dem Zoo musste er auch noch eine Entschädigung zahlen. Am Ende hatte sich herausgestellt, dass der Mantikor tatsächlich ausgebrochen war. Vater war stinksauer auf das Ministerium und den Zoo. Ich wäre beinahe draufgegangen und die dachten nur daran, dass sie eine wertvolle Attraktion weniger hatten. Aber was will man machen?"
Während des Erzählens hatte ich mich ein wenig entspannt.
„Aber sagen Sie", fiel mir dann noch ein. „Was haben Sie eigentlich morgens draußen gemacht?"
„Ich?"
„Ja. Aber ist ja eigentlich auch egal. Ich kann froh sein, dass Sie gerade da waren."
Ich setzte mich auf und drückte Snape impulsiv einen Kuss auf die Wange.
„Sie haben mir das Leben gerettet. Danke!"
Ein zarter Rosaton überzog seine Wangen und er räusperte sich verlegen.
„Ja... äh... ich... äh... Trotzdem wäre es besser, wenn Sie nicht mehr alleine in die Nähe des Waldes gehen", flüchtete er sich in seine kühle Art.
„Jetzt reicht es aber wirklich", platzte Madame Pomfrey herein. „Raus mit Ihnen und zwar sofort!"
„Schon gut, Poppy. Ich verlasse ja schon Ihre heiligen Hallen." Snape hob ergeben die Hände und verließ die Krankenstation.
Am Abend durfte ich wieder in meine eigenen Räume und ließ mich dort seufzend ins Bett sinken.
Bitte keine Abenteuer mehr, war das letzte woran ich dachte, als ich einschlief.
Am nächsten Tag nahm ich wieder meinen Unterricht auf. Dumbledore hatte zwar gemeint, ich könne mich noch ein paar Tage von dem Schock erholen, aber das wollte ich nicht.
Die Arbeit lenkte mich am besten ab und ich wollte meine Schüler schließlich auf ihre ZAGs vorbereiten.
Doch so einfach wie ich es mir vorgestellt hatte, lief es nicht.
Draco schien immer noch böse auf mich zu sein und ließ weiterhin keine Gelegenheit aus mir das Leben schwer zu machen. Doch heute hatte ich nicht die Kraft und Lust dazu, mich damit zu beschäftigen und so ließ ich ihn einfach.
Es schien wie verhext. Der Unterricht verlief schleppend und die Kids waren nicht sonderlich an meinem Stoff interessiert, sondern wollten viel lieber etwas über den Mantikor erfahren.
Es blieb mir also nichts anderes übrig ihnen etwas über dieses Wesen zu erzählen, was mir unsagbar schwer viel.
Als ich am Spätnachmittag endlich wieder in meinem Zimmer war, ließ ich mich aufs Bett fallen. Ich wollte einfach nur weg.
Der Tag war einfach grässlich gewesen und ich beschloss den Abend in Hogsmeade zu verbringen, um mich ein wenig abzulenken.
Dazu zog ich meinen schwarzen Rock und ein schwarzes Top mit einer Schlange drauf an.
Gerade als ich das Schloss verlassen wollte, lief mir Snape über den Weg.
Stirnrunzelnd musterte er mich und sah mich fragend an.
„Wo wollen Sie denn hin?"
„Das geht Sie gar nichts an", gab ich kühl zurück und wollte mich schon an ihm vorbeidrängen. Seine ewige Fragerei ging mir auf die Nerven. Doch er hielt mich am Arm zurück.
„Ich denke doch."
„Und ich denke nicht. Sie sind nicht mein Kindermädchen und jetzt lassen Sie mich los, verdammt!"
Ich machte mich von ihm los und marschierte ohne ein weiteres Wort nach draußen. Als ich den halben Weg nach Hogsmeade zurückgelegt hatte, hörte ich Schritte hinter mir. Ich konnte mir schon denken, wer das war und so ging ich weiter.
Als Snape mich eingeholt hatte, vertrat er mir den Weg und sah mich düster an.
„Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass es nicht ratsam ist abends alleine hier herumzulaufen."
„Und dafür machen Sie sich die Mühe mir hinterher zu laufen? Nur um mir das noch mal zu sagen? Die Mühe hätten Sie sich sparen können."
„Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt", knurrte er und schlug den Weg Richtung Hogwarts ein.
Als er merkte, dass ich ihm nicht folgte, blieb er stehen und sah mich abwartend an.
„Vergessen Sie es. Wenn Sie nicht wollen, dass ich hier alleine herumlaufe, dann müssen Sie mich schon begleiten."
Damit setzte ich meinen Weg nach Hogsmeade fort und war überrascht, als er plötzlich wieder neben mir auftauchte.
„Wehe, Sie ruinieren mir den Abend", warnte ich ihn. „Der Tag war schon schlimm genug."
In Hogsmeade angekommen betrat ich schnurstracks die „Drei Besen" und suchte mir einen Tisch in einer stillen Ecke.
Noch war es nicht sehr voll, was sich aber bald ändern würde, sobald die anderen Zauberer ihren wohlverdienten Feierabend genießen wollten.
Snape hatte sich mir gegenüber niedergelassen und sah mich missmutig an.
„Und was haben Sie jetzt vor?"
„Das was man in einer Bar eben so vorhat..."
„Und das wäre?"
„Ach kommen Sie, als wenn Sie das nicht wüssten."
„Ich gehen grundsätzlich nicht in Bars."
„Warum wundert mich das nicht?" meinte ich sarkastisch und winkte die Kellnerin herbei.
„Was darf es denn sein?"
„Bringen Sie mir einen Wein, bitte."
„Und für Sie?" wandte sie sich an Snape, doch der sah sie nur so finster an, dass sie schnell das Weite suchte.
Bis der Wein kam schwieg ich beharrlich und sah mich statt dessen in der Bar um. Als die Kellnerin kam und eine Flasche Wein mit zwei Gläsern auf den Tisch stellte, verzog Snape das Gesicht.
„Ich trinke nicht", meinte er zu mir und wollte sein Glas schon von sich schieben, doch so leicht ließ ich ihn nicht davon kommen.
„Nicht so schnell, werter Kollege." Bevor er protestieren konnte hatte ich die beiden Gläser schon gefüllt. „Schon vergessen? Sie wollten mich ja unbedingt begleiten, dann trinken Sie wenigstens ein Glas mit mir."
„Nur wenn Sie mir erklären, was zum Teufel Sie hier vorhaben", meinte er und griff widerwillig nach seinem Glas.
„Mich besaufen und Kerle abschleppen."
„Das ist nicht Ihr Ernst!" Entsetzt sah er mich an.
„Mein voller. Aber den letzten Teil haben Sie mir ja schon versaut. Also muß ich mich wohl mit dem Wein begnügen."
„Was soll das denn heißen?"
„Na, meinen Sie irgendein netter, gutaussehender Mann würde sich trauen an meinen Tisch zu kommen, wenn Sie hier sitzen?"
Snape runzelte nur die Stirn und versuchte den Sinn meiner Worte einzuschätzen.
„Vergessen Sie es einfach und lassen Sie uns über was anderes sprechen."
„Was treibt Sie hierher? Ich gehe mal davon aus, dass Sie morgen Unterricht haben und da ist es nicht sehr ratsam sich dem Alkohol hinzugeben. Außerdem hatten Sie erst gestern eine unschöne Begegnung mit einem Mantikor", meinet er und konnte einen vorwurfsvollen Ton nicht ganz unterdrücken.
„Wie recht Sie doch haben", spottete ich und stürzte das Glas hinunter. „Aber soll ich Ihnen mal was sagen? Die letzten Tage waren einfach nur die Hölle. Erst sabotiert Draco Malfoy meinen Unterricht, dann hatte ich das zweifelhafte Vergnügen seinen Vater kennenzulernen und als wenn das noch nicht genug wäre, taucht dieses... dieses Ding auf und will mich zum Frühstück verspeisen."
Ohne Snape zu fragen füllte ich sein Glas wieder auf und schüttete den restlichen Wein aus der Flasche in meins.
„Trotzdem kein Grund sich in Wein zu ertränken", beharrte er halbherzig.
Nach einer Weile war er derjenige, der die Kellnerin zu uns rief und die nächste Flasche orderte.
„Ich dachte Sie trinken nicht", meinte ich und fing an zu kichern. Langsam begann ich die Wirkung des Weines zu spüren und das war gar nicht gut.
Denn es konnte vorkommen, dass ich etwas tat, was ich hinterher bereuen würde.
„Normalerweise nicht... aber wenn ich mich in solch angenehmer Gesellschaft befinde... wie kann ich da nein sagen?"
Scheinbar erzielte der Wein bei Snape eine ähnliche Wirkung wie bei mir. Er wirkte plötzlich lockerer, sonst hätte er so etwas nie gesagt.
„Ah, Sie finden meine Gesellschaft also angenehm?" grinste ich und warf einen Blick in die Flasche.
„Hab ich das gesagt?"
„Nein, aber da ja niemand sonst mit uns am Tisch sitzt, habe ich das einfach mal auf mich bezogen."
Ich stellte die Flasche auf den Kopf und beobachtete gespannt, wie der letzte Tropfen Wein sich am Rand sammelte und dann ganz langsam in mein Glas plumpste.
„Ui, leer. Hallo! Wir brauchen Nachschub!"
Snape nahm mir die Flasche aus der Hand und stellte sie außerhalb meiner Reichweite ab.
„Meinen Sie nicht, Sie haben genug?" fragte er.
„Ich fange gerade erst an."
„Aber..."
„Nix aber! Ich habe gerade angefangen Sie nett zu finden, also verderben Sie mir nicht den Spaß." Oh nein, was redete ich denn da?
Snapes Mundwinkel zuckten verdächtig und er gab der Kellnerin einen Wink, damit sie die nächste Flasche brachte.
„Sie finden mich also nett?" bohrte er nach.
„Ist daran etwas ungewöhnlich?" fragte ich zurück und sah ihm dabei in die Augen.
„Hm... wenn ich es genau bedenke... ja. Ich denke, die meisten Leute würden mich nicht unbedingt als nett bezeichnen."
„Wenn Sie damit Ihre Schüler meinen, liegen Sie gar nicht mal so falsch", grinste ich und wollte nach der Flasche greifen, die die Kellnerin gerade brachte.
Doch Snape war schneller.
„Was sagen denn meine Schüler so?"
„Als ob ich Ihnen das sagen würde..."
„Ich weiß es sowieso schon, trotzdem würde ich gerne wissen wie Sie darüber denken..."
Er schenkte uns beiden ein, behielt die Flasche aber in seiner Nähe.
„Über was? Über Sie?"
„Nein, über das was meine Schüler so sagen."
„Na ja, ich würde sagen, dass sie gar nicht mal so unrecht haben."
„Ach?" Snape zog eine Augenbraue hoch und sah mich interessiert an.
„Wenn Sie wollen können Sie ganz schön gemein sein", erklärte ich ihm. „Aber wenn Sie wollen können Sie auch anders. Wissen Sie, ich fand es richtig rührend, dass Sie sofort nach mir gesehen haben, nachdem diese Bestie mich attackiert hat."
Ich sah ihm wieder in die Augen und griff aus einem Impuls heraus nach seiner Hand. Im ersten Moment dachte ich, er wolle sie wegziehen, doch er ließ sie da wo sie war und sah mich nur auffordernd an.
Doch für meinen Geschmack hatte ich schon zuviel gesagt und so erwiderte ich seinen Blick nur.
„Warum sind Sie so?" fragte ich ihn, nachdem ein paar Minuten peinliches Schweigen verstrichen waren.
„Wie bin ich denn?" gab er belustigt zurück.
„So... ach ich weiß auch nicht... kühl und abweisend? Ja, ich glaube das trifft es."
Er hob die Schultern und trank von seinem Wein.
„So bin ich nun mal."
„Aber jetzt nicht."
„Nicht?"
„Nein. Jetzt sind Sie nett und nicht so distanziert wie sonst. Sie sind ein interessanter Mann, Severus."
Oh mein Gott, was habe ich denn nun schon wieder gesagt? Ich sollte echt weniger trinken.
„Finden Sie?"
„Würde ich sonst mit Ihnen hier sitzen und Wein trinken?"
Plötzlich kam mir in den Sinn, was ich hier gerade tat und es erschreckte mich schon ein wenig. Ich war gerade dabei auf heftigste mit Snape zu flirten und es wunderte mich, dass er darauf sogar einging.
Aber wahrscheinlich lag es einfach daran, dass wir nach drei Flaschen Wein nicht mehr zu den Nüchternsten zählten und der Wein gewisse Blockaden und Hemmungen einfach davongespült hatte.
Als die dritte Flasche auch leer war, musste ich mir eingestehen, dass ich nun doch genug hatte.
„Ich passe", sagte ich deshalb mit einem schiefen Grinsen, welches von Snape andeutungsweise erwidert wurde.
„Nicht doch", spöttelte er, doch schien insgeheim froh zu sein, dass er die Kellnerin nicht nocheinmal herbeirufen musste.
„Doch, doch. Wenn ich nicht etwas tun will, was ich hinterher bereue, sollte ich jetzt besser gehen."
„Was könnte das schon sein?"
„Auf dem Tisch tanzen und schmutzige Lieder singen?" schlug ich vor und dabei kamen peinliche Erinnerungen in mir hoch.
„Sie doch nicht."
„Wenn Sie wüssten..."
„Jetzt haben Sie mich aber neugierig gemacht."
„Das tut mir leid, aber diese Geschichte werde ich Ihnen garantiert nicht erzählen."
Damit stand ich auf. Das heißt, ich wollte aufstehen. Nur leider tat der Wein seine Wirkung und ließ mich einen unbeholfenen Schritt vorwärts taumeln.
Schnell war Snape neben mir und hielt mich fest.
„Sie haben recht, wir sollten gehen."
Im Schloss angekommen versuchten wir so leise wie möglich zu sein und huschten durch die Gänge.
Snape brachte mich zu meinem Zimmer und sah mich besorgt an.
„Sicher, dass es Ihnen gut geht?"
„Klar. Bis auf die Kopfschmerzen geht es mir gut. Keine Sorge, ich muß mich auch nicht übergeben. Die Phase hab ich schon lange hinter mir."
Ich stieß die Tür auf und stolperte ins dunkle Zimmer.
„Wenn Sie allerdings etwas gegen die Kopfschmerzen hätten, wäre ich Ihnen sehr dankbar."
„Ich kann Ihnen etwas zaubern, wenn Sie möchten."
Er folgte mir ins Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
Während er mit irgendwelchen Sachen hantierte, entfachte ich ein Feuer im Kamin und zog die Vorhänge vor die Fenster.
Als Snape fertig war, drückte er mir einen Becher mit einer eklig riechenden Flüssigkeit in die Hand.
„Trinken Sie das. Dann müssten Ihre Kopfschmerzen schnell verschwinden."
„Das ist nicht Ihr Ernst?"
„Ich weiß, dass es nicht gerade appetitlich riecht", schmunzelte er. „Aber es wirkt."
„Na dann..." Ich leerte den Becher und verzog das Gesicht.
„Kann ich sonst noch was für Sie tun?"
„Nein. Schlafen Sie gut."
Er wandte sich schon zum gehen, da fiel mir noch etwas ein.
„Einen Moment noch."
„Ja?"
Ich wollte einen Schritt auf ihn zugehen, stolperte aber über meine Schuhe, die ich achtlos von meinen Füßen geschleudert hatte, sodass ich direkt in seine Arme fiel.
Er fing mich auf und bei seiner Berührung lief mir ein wohliger Schauer den Rücken hinunter.
„Ja?" fragte er noch mal und als ich zu ihm aufsah, befand sich sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt.
Der Schein des Feuers tanzte in seinen schwarzen Augen und verlieh ihnen etwas mystisches.
Später wusste ich selbst nicht mehr warum ich das tat, aber ohne länger darüber nachzudenken schlang ich meine Arme um seinen Hals und küsste ihn.
Zuerst wehrte er sich gegen den Kuss, doch sein Sträuben erlahmte schnell und er erwiderte ihn. Seine Hände glitten auf meine Hüften und ich ließ es zu, dass er mich näher an sich zog.
Ich roch seinen herben Duft und allein das Gefühl von seinen Lippen auf meinen, schaltete mein klares Denken vollkommen aus. Weder dachte in diesem Moment daran, dass Snape mein Kollege war, noch daran, dass er das dunkle Mal Voldemorts trug. Auch störte mich in diesem Moment herzlich wenig, dass ich ihn eigentlich gar nicht kannte und dass er mir bislang eher reserviert begegnet war.
Unser Kuss wurde leidenschaftlicher. Ich befreite ihn von seinem Umhang, dabei registrierte ich gar nicht mehr, dass ich wahrscheinlich die einzige seit langem war, die ihn ohne sein geliebtes Kleidungsstück zu sehen bekam.
Unter dem Umhang trug er ein etwas altmodisches schwarzes Hemd und eine schwarze Stoffhose, allerdings nicht mehr lange.
Langsam öffnete ich sein Hemd und streifte es ihm von den Schultern. Als meine Fingerspitzen sanft über seine Brust strichen seufzte er wohlig auf. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen und ich hatte ihn noch nie so entspannt gesehen. Der verkniffene Ausdruck, den er immer zur Schau trug war verschwunden und er wirkte gleich viel entkrampfter und gelöster, was ihn sogleich anziehender machte.
Meine Hände wanderten weiter über seinen Bauch nach unten. Seine Hose fiel zu Boden, als ich sie öffnete und schnell befreite ich ihn von seiner Boxershorts.
Deutlich konnte ich seine Erregung sehen und ließ meine Hand noch tiefer gleiten, bis sie kurz darüber war. Dort verharrte ich kurz und ließ sie dann wieder sanft nach oben fahren, was Severus einen enttäuschten Seufzer entlockte.
Er küsste mich wieder, doch diesmal war der Kuss ungleich leidenschaftlicher und fordernder als beim ersten Mal.
Mein Rock landete auf dem Boden und er zog mir das Shirt über den Kopf. Seine Fingerspitzen glitten über meinen Rücken und ließen mich erschauern. Er öffnete meinen BH und ließ seine Hände an meinen Hüften hinuntergleiten. Dabei streifte er meinen Tanga ab und fuhr mit den Händen über meinen Bauch nach oben.
Langsam drängte er mich zum Bett und wir sanken darauf nieder.
Als wir erschöpft und verschwitzt nebeneinander lagen, schmiegte ich mich an ihn und es dauerte auch nicht lange bis ich eingeschlafen war.
Am nächsten Morgen wachte ich mit dröhnendem Kopf auf. Es war noch nicht ganz hell draußen. Lange konnte ich demnach nicht geschlafen haben. Ich versuchte mich zu erinnern, was in der Nacht eigentlich geschehen war und nach und nach klärten sich meine Erinnerungen.
Erschrocken setzte ich mich auf. Dabei rutschte mir die Decke von den Schultern und ich erkannte schockiert, dass mir meine Erinnerungen keinen Streich gespielt hatten. Ich hatte tatsächlich mit Severus geschlafen.
Durch meine abrupte Bewegung weckte ich Severus, der mich verschlafen anblinzelte.
Also war es doch kein Traum.
Hastig rückte ich ein Stück von ihm ab und zog mir die Decke bis zum Kinn, um meine Blöße zu bedecken.
Severus setzte sich ebenfalls auf und sah mich merkwürdig an.
„Heute nacht warst du aber nicht so schamvoll", grinste er und beugte sich zu mir, um mir einen Kuss zu geben.
Unwillkürlich wich ich vor ihm zurück.
„Was hast du?" fragte er alarmiert und sah mich aus zusammengekniffenen Augen an.
„Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst", brachte ich hervor und er starrte mich ungläubig an.
„Was?"
„Geh, bitte."
Severus sah mich noch eine Sekunde lang ungläubig an, dann stand er wortlos auf, raffte seine Sachen zusammen und bedachte mich noch mal mit einem verletzten Blick, bevor er das Zimmer verließ.
Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, war ich erleichtert und doch wieder nicht. Wie hatte das bloß passieren können. Leider wäre es zu leicht gewesen, die Schuld dem Wein zuzuschieben, aber so betrunken war ich nicht gewesen.
Allerdings sah es mir gar nicht ähnlich, sofort mit jemandem ins Bett zu steigen. Ich war eigentlich nicht der Typ für One-Night-Stands. Gestern Abend jedoch hatte ich mich in Severus Gesellschaft so wohl gefühlt wie schon lange nicht mehr. Doch warum der Abend für uns letztendlich im Bett geendet hatte, konnte ich mir nicht erklären. Denn auch ihn hätte ich nicht so eingeschätzt, dass er bloß aus Spaß an der Freude mit einer Frau ins Bett steigt. Zudem hatte mir sein ganzes Verhalten heute nacht gezeigt, dass dies wohl schon lange nicht mehr der Fall gewesen war.
Als ich an die vergangene Nacht dachte, lief mir schon wieder ein Schauer den Rücken hinunter. Konnte es tatsächlich sein, dass ich doch mehr Gefühle für ihn hegte, als ich mir eingestehen wollte?
Und wenn, könnte es dann tatsächlich sein, dass er ebenso empfand? Doch sollte dies wirklich der Fall sein, dann hatte ich es gerade so richtig versaut. So schnell würde er sich mir gegenüber bestimmt nicht mehr öffnen.
Wütend boxte ich ins Kissen. Warum hatte ich ihn bloß weggeschickt? Das hatte ich doch gar nicht gewollt.
