Draco Malfoy und der Amethyst
Nerve niemals Draco
Natürlich fanden wir keine Frösche im See, nur drum herum saßen ein paar, die aber unserer Aufmerksamkeit nicht wert waren. Es waren Hufflepuff Schüler. Blaise grinste vor sich hin, als wir an ihnen vorbeigingen, und ich warf ihnen nur böse Blicke zu. Für heute hatte ich mein teuflisches Potenzial fast verbraucht, alles Potters Schuld!
Generell gewöhnte ich mich schnell in die Schule ein, es war, als wäre ich nie fort gewesen. Alles verlief gewöhnlich, zu gewöhnlich nach meinem Geschmack.
Am ersten Samstag nach den Ferien begann ich mir doch, Gedanken über Raven zu machen. Nicht, dass er eine Gefahr dargestellt hätte, nein. Aber es war nun einmal so, ich wollte abgesichert sein.
Ich saß im Gemeinschaftsraum und schrieb an einem Aufsatz über den Stamm der Mala, da kam besagter Raven reingestürmt (wir in Slytherin stürmen für gewöhnlich immer, wir haben keine Zeit zum Gehen). Ich hob meinem Kopf bei dem Lärm, den er machte, doch er achtete nicht auf mich. Er fluchte und ging in Richtung Schlafsäle.
„Raven", sagte ich laut. Er blieb stehen und blickte sich nach dem Rufenden um, und ich stand auf. „Keine gefunden, die dir deine Hausaufgaben besorgt?"
Raven runzelte die Stirn. „Das geht dich einen Scheißdreck an, Malfoy."
„Ich weiß", sagte ich, und ging auf ihn zu, „Aber du kannst mich nicht einfach stören und dann denken, du kommst davon."
„Malfoy, dir gehört Slytherin nicht."
Ich grinste. „Nein, leider. Aber da ich eine Klasse höher bin als du, und noch dazu unbestreitbarer Anführer des Hauses, ist es deine Pflicht, mich zu informieren, worüber immer ich informiert werden möchte."
„Anführer des Hauses? In deinen Träumen vielleicht."
Er machte auf dem Absatz kehrt und rannte die Treppen hinauf. Ihm musste klar sein, dass er damit seinen Tod besiegelt hatte. So ein selten dämlicher Idiot.
Ich setzte mich zurück und konzentrierte mich. „...die Mala sind ein alte Volk, dessen magische Kräfte so stark waren –"
„DANN SETZT ES ABER WAS!"
Ich knallte die Feder auf den Tisch und sprang auf. Ich stürmte (siehe oben) zum Eingang, wo der Störenfried hereinkam, ein Erstklässler huschte an mir vorbei, doch ich achtete nicht auf ihn und legte meine Hände grazil um Blaise' Hals und drückte zu.
„Dra... co...", ächzte er.
„Ja?"
„Lass... das..."
„Was denn?"
Er würgte noch mehr und ich ließ los. „Kannst von Glück sprechen, dass ich zu tun habe. Wag es nicht, mich noch einmal zu unterbrechen!", zischte ich und kehrte zu meinem Tisch zurück. Eine Sekunde später ließ Blaise sich auf den Stuhl neben mich fallen.
„Willst du nicht wissen, was der kleine Pimpf –"
„Nein."
„Ah, die Mala. Geschichte, was?"
„Zabini", sagte ich ruhig. Er sprang auf. „Schon gut, schon gut. Mir fällt gerade ein, ich muss noch... äh, etwas üben oder so." Und dann rannte er weg, zu den Schlafräumen. Sein Glück. Also weiter im Takt.
„...dass Spuren davon noch heute zu finden sind. Zum Beispiel – Was soll denn das?"
Ein Kessel. Auf meinem Aufsatz. Ich sah mich schon wegen einem Herzanfallim St. Mungo liegen, aber nicht ohne den Übeltäter vorher umgebracht zu haben.
„Der ist so geil, Draco, damit kann ich jetzt sogar außerhalb des Unterrichts –"
„Du kriegst gleich außerhalb des Unterrichts ein paar auf die Rübe."
Theo seufzte und nahm den Kessel vom Tisch. „Du hattest auch schon einmal bessere Laune", log er. Einen bitterbösen Blick von mir später war er verschwunden.
Dann war es endlich ruhig im Gemeinschaftsraum. Es hatte sich wohl rumgesprochen, dass ich hier Hausaufgaben mache. Und dabei will ich nun mal nicht gestört werden.
Nach einer Stunde schrieb ich den letzten Satz und lehnte mich zurück, während ich überlegte, an wem ich nun meine schlechte Laune auslassen konnte. Wo waren die Erst- , Zweit-, Dritt-, Viert-, Fünft-, Sechst- und Siebtklässler, wenn man sie mal brauchte? Wo steckte Pansy?
Im Schlafsaal saßen Theo und Blaise auf einem Bett und redeten leise. Ich schmiss meine Sachen auf mein Bett und trat zu ihnen. Sie blickten mich zweifelhaft an.
„Fertig?", fragte Blaise. Ich nickte.
„Oh, gut", sagte er, klatschte in die Hände und zog ein kleines Büchlein hervor. Ich runzelte die Stirn, als ich mich neben Theo setzte. „Was ist das?"
„Ein Notizbuch", sagte Theo. Blaise nickt und blätterte, las einen Moment und klappte es dann wieder zu.
„Was haltet ihr davon, unsere nette Pansy zu besuchen?", fragte er.
„Wen?", fragte ich. Blaise runzelte die Stirn, und Theo lachte auf.
„Jetzt mal ehrlich, Draco. Dies ist unser letztes Jahr und alles, vielleicht solltest du mal anfangen, ehrlich zu ihr zu sein."
Ich hob die Augenbrauen.
„Oder wenigstens ehrlich zu dir selber. Liebst du sie?", redete Blaise weiter. Was war bloß in ihn gefahren?
„Wahrscheinlich", antwortete ich und erhob mich. Ich mochte keine Verhöre. „Wenn ihr mich entschuldigen würdet, ich muss noch Rachepläne schmieden."
„Potter?", fragte Theo.
„Nein, diesmal nicht. Obwohl, der kriegt auch noch eine Abreibung", sagte ich.
„Aber das verlangt viel Vorbereitung. Ich dachte eher an Raven."
„Was? Wieso?", fragte Blaise, plötzlich sehr aufmerksam.
„Er war biestig und unerträglich."
„Draco, würde jeder so denken, wie du, dann würdest du schon nicht mehr unter uns weilen."
„Zabini, du kannst froh sein, dass ich dich zu meinen Freunden zähle", sagte ich nur.
Am nächsten Tag saß ich mit Theo und Vince im Gemeinschaftsraum, als plötzlich Bradfort hereinstürmte (ich gebe ja zu, diese Tat lässt ihn in einem besseren Licht erscheinen) und keuchend vor uns zum Stehen kam. Ich blickte ihn abwertend an.
„Was ist los, hat deine Mami dir nicht genug Süßigkeiten geschickt?", fragte ich. Er schüttelte den Kopf. „Dort draußen... Cliff wird... ein Riese..."
Ich sprang auf. Mit Riese kann nur Hagrid gemeint sein, und Cliff war Ravens Vorname. Wer von den beiden auch fertig gemacht wurde, es wäre ein Spaß, den ich nicht versäumen durfte.
Doch auf dem Gang sah ich, dass mit Riese nicht Hagrid gemeint war, sondern Greg. Er verpasste gerade Raven eine Abreibung, die sich gewaschen hatte. Ich schaute eine Zeitlang zu, dann trat Theo hinzu und hielt Greg auf.
„Goyle! Lass das, hör auf! Er ist doch ein Slytherin, du meine Güte!" Theo riss Greg von Raven fort. Er grunzte und sah richtig wütend aus. Raven lag auf dem Boden und wimmerte, seine Nase war blutverschmiert. Ich ging zu ihm und stellte einen Fuß auf seinen Bauch.
„Das soll dir eine Lehre sein, meine Autorität in Frage zu stellen. Mach das ja nicht noch einmal", sagte ich.
Dann winkte ich Theo und Greg und sie folgten mir in den Gemeinschaftsraum. Kaum dort angekommen, drehte ich mich zu Greg um.
„Was sollte denn das? Ich sagte, ich will ihn demütigen, damit meinte ich nicht, dass du ihn fast zu Tode prügeln sollst!" Greg zuckte mit den Schultern und wischte mit seinem Ärmel über seine Nase. „Das war ne persönliche Sache", meinte er. „Ach? Was hat er dir denn getan?", fragte ich und ich konnte es nicht verhindern, abwertend zu klingen.
Greg blickte mich wütend an. „Nichts, Malfoy, was dich interessieren würde." Er wandte sich ab und ging zu den Schlafräumen.
Abgesehen von Gregs kleinem Anfall verlief der Sonntag langweilig. Ich hatte meine Hausaufgaben, die die meisten heute erledigten, schon gemacht.
Am Mittwoch beim Frühstück landete eine Eule vor meiner Nase und streckte mit ihr Bein entgegen. Es war keine von unseren Eulen, da war ich mir sicher. Ich entrollte das Pergament und las.
„Mr. Malfoy,
Befinden Sie sich heute Abend um Acht Uhr in der Großen Halle ein; dort wartet Mr. Filch mit einer Strafarbeit auf Sie.
Professor McGonagall"
Da hatte die alte Schrumpeltante sich aber ganz schön Zeit gelassen, denn Potters Angriff lag schon über eine Woche zurück. Ich schaute zu seinem Tisch, aber ich konnte ihn nicht ausmachen. Dann fiel mein Blick auf Theo, der ganz blass auf ein Pergamentblatt starrte. Hatte er auch eine Strafarbeit bekommen? Wofür?
Dann stand er wortlos auf und verließ die Halle. Ich blickte ihm stirnrunzelnd hinterher. Schien ihn ja richtig unvorbereitet zu treffen. Aber vielleicht war es nur ein Versehen, denn Theo hatte doch nichts angestellt?
Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass wir langsam losgehen sollten. „Kommt", sagte ich zu Vince und Greg, die ausnahmslos dieselben Fächer wie ich gewählt hatten. Sie nickten, nahmen sich noch ein paar Toasts und standen auf. Ich wartete aufbruchsbereit an der Tür auf sie, da kam mir Potter mit seinen Anhängseln entgegen.
„Sieh mal einer an. Potter, Schlammblut und Wiesel", begrüßte ich sie. Weasley lief rot an, wie einfach das bei ihm war!
„Malfoy", knurrte er. Granger packte ihn am Arm und zog ihn ohne mich eines Blickes zu würdigen aus der Halle. Auch Potter wollte gehen, aber ich stellte meinen Fuß vor seinen und er strauchelte. Er fing sich und drehte sich zu mir um.
„Malfoy, du kannst mich mal", sagte er.
„Tss, so unhöflich, Potter? Ich wollte dich eigentlich etwas fragen", sagte ich mit einem schadenfrohen Grinsen. Er verschränkte seine Arme und zog die Augenbrauen nach oben.
„Du? Mich? Und was, wie ich mich so ohne Eltern fühle?"
Schlagartig verflog meine gute Laune. Ich stieß ihn mit einem Finger an. „Darüber macht man keine Witze", sagte ich. Es verunsicherte ihn sehr, man konnte in seinem Gesicht wie in einem offenen Buch lesen. Ich spürte Vince und Greg hinter mich treten und hörte sie knurren.
„Wann hattest du denn diese Einsicht?", sagte Potter.
„Das geht dich nichts an. Kommt", sagte ich zu Vince und Greg und verließ die Halle. Potter rief noch irgendetwas von wegen „Was wolltest du mich denn dann fragen?", aber ich ignorierte ihn. Selbst Schuld.
In Wahrsagen saß ich mit Vince an einem Tisch und wir versuchten, der Kristallkugel unsere Zukunft zu entlocken. Ich sah nichts darin und dachte mir etwas aus. Aber als Vince dran war, starrte er konzentriert hinein. So konzentriert, wie ich ihn noch nie gesehen hatte, außer beim Essen.
„Ich sehe... eine Taube, was hat das zu bedeuten, Draco?"
Ich zuckte mit den Schultern, blätterte dann aber doch in meinem Buch. „Taube, steht für Ärger und Turbolenzen in Ihrer Umgebung innerhalb weniger Tage", las ich gelangweilt vor. „Schreib auf, das ist immerhin etwas", fügte ich hinzu.
Professor Trelawney passierte unseren Tisch, aber sie sagte nichts. Sie war eine sehr stille Lehrerin, zumindest seit ich sie einmal in einem Wutanfall als „unseriöse und unfähige Klatschtante" bezeichnet hatte.
„Professor, ich habe etwas gesehen", sagte Vince. Sie blieb stehen und drehte sich widerwillig zu ihm um. „Tatsächlich? Nun, das ist der Sinn dieses Unterrichts, nicht?"
„Schon, aber bis jetzt habe ich mir immer alles ausgedacht!"
Ich stöhnte und Trelawney runzelte die Stirn. „Das ist aber nicht schön. Wie es scheint, sind Sie vollkommen unbegabt."
„Aber wenn ich doch etwas –"
„Übung macht den Meister, Vincent", sagte sie und ging weiter. Ich lehnte mich vor. „Du bist vollkommen trocken in der Birne. Du kannst ihr doch nicht sagen, dass du dir Sachen ausdenkst", zischte ich. Vince zuckte mit den Schultern und starrte wieder fasziniert in die Glaskugel.
In Kräuterkunde, dass eigentlich alle Slytherin hatten, erschien Theo nicht. Das wunderte mich schon etwas, denn ich blieb ja wegen einer Strafarbeit auch nicht dem Unterricht fern.
„Sag mal, hat Theo etwas gesagt?", fragte ich Pansy, die vorhin mit ihm Unterricht gehabt hatte. Sie schüttelte den Kopf.
„Er war nicht in Muggelkunde", antwortete sie und sah an mir vorbei, „Aber ich habe etwas interessantes in einem Buch gelesen."
„Das ist schön für dich", sagte ich und drehte mich wieder um.
„Willst du denn nicht wissen, was?"
Generell war ich schon neugierig. Aber bestimmt nicht, wenn es mit Muggeln und Pansy zu tun hatte. „Nein", sagte ich, ohne mich umzudrehen. Ich tat, als hätte ich Probleme mit meiner Alraune, damit sie mich in Ruhe ließ.
„Du nimmst gar keinen Anteil an meinem Leben, Draco", sagte sie.
Ich seufzte und hielt meine erdverschmierten Hände hoch. „Es ist jetzt wirklich ein bisschen ungünstig, Pansy", meinte ich.
„Verstehe", sagte sie gereizt und beugte sich zu ihrer Pflanze hinab. Greg an meiner anderen Seite räusperte sich. Ich blickte ihn fragend an, aber er schüttelte den Kopf. Was hatten sie bloß heute alle?
Auch Blaise war sehr abwesend, als ich mich beim Mittagessen neben ihn setzte. Er kaute lange an seiner Selleriestange und starrte Löcher in die Luft.
„Was ist denn los?", fragte ich, fast schon ärgerlich, weil ich ahnungslos war. Er blickte mich verträumt an und ich hob die Augenbrauen.
„Ja?"
„Also, Draco... ich muss dir etwas erzählen... später, nicht hier."
Ich nickte. „In Ordnung. Seit wann magst du Sellerie?"
Er blickte auf die Stange, als sehe er sie zum ersten Mal, und verzog das Gesicht. „Tue ich doch gar nicht, warum sagst du mir das nicht früher?" Er schmiss sie auf den Tisch, schüttete sich Bohnen und Kartoffelbrei auf, aß zwei Bissen und ließ dann seine Gabel fallen.
„Ich habe keinen Hunger. Ich warte im Schlafsaal auf dich, ja?"
Wieder nickte ich und blickte ihm verwirrt hinterher.
