Draco Malfoy und der Amethyst

Strafarbeit mit Potter

Ich blickte mich an dem Tisch um, Theo war nicht erschienen. Also langsam wurde ich wirklich neugierig, was es mit seiner Strafarbeit auf sich hatte.

Ich ließ Greg und Vince am Tisch sitzen und bereitete mich gedanklich auf das nun anstehende „Männergespräch" mit Blaise vor, als ich fast in jemanden hineingelaufen wäre. „Potter", beschwerte ich mich, „Pass doch auf!"

Ich schubste ihn zur Seite und lief in die Halle, und, wer konnte es glauben, er kam mir nach gelaufen!

„Malfoy, warte doch!", sagte er. Ich lief weiter und überlegte. Sollte ich mir anhören, was Potter zu sagen hatte...? Und was könnte das schon sein?

„Malfoy, was wolltest du mich heute morgen fragen?"

Nun drehte ich mich doch um, denn wenn der arme Junge wieder Albträume gehabt hatte, musste ich ihn in die Realität zurückbefördern, oder etwa nicht? „Potter, ich warne dich: strapaziere nicht wieder meine Nerven. Es reicht, dass ich heute wegen dir eine Strafarbeit am Hals habe!"

„Also musst du heute auch antanzen? Oh nein, womit habe ich das verdient?", stöhnte er. Auch? AUCH?

„Jetzt sag nicht, die wollen uns zusammen bestrafen... das ist die schlimmste Strafe überhaupt... macht wohl Sinn", murmelte ich zu mir und drehte mich wieder um.

Im Schlafraum saß Blaise auf dem Bett und starrte aus dem Fenster. Ich setzte mich zu ihm.

„Schieß los", eröffnete ich das Gespräch.

Er blickte mich an, als bemerkte er mich jetzt erst und ließ sich nach vorne aufs Bett kippen. Er stöhnte, setzte sich wieder auf und meinte dann: „Draco, ich halte das nicht länger aus!"

„So?"

„Es ist Alice, Draco. Kennst du sie?"

Ich nickte, aber ich vermute, es war eine rhetorische Frage. Er sprach sofort weiter. „Kennst du das, wenn dir ein Mädchen nicht mehr aus dem Kopf geht und du jedes Mal, wenn du sie siehst, Hitzeanwallungen bekommst?"

„Also eigentlich..."

„Und dein Herz rast und deine Beine drohen, jeden Moment nachzugeben und deine Hände vollkommen verschwitzt sind?"

„Bist du vielleicht krank?"

„Und ich bin manchmal vollkommen aufgedreht und dann wieder total down, wenn sie nicht da ist."

„Das mit dem Aufgedreht- sein habe ich bemerkt."

„Wir haben schon oft was miteinander gemacht, aber gleich haben wir ein Date, Draco, ein richtiges Date."

„Kurz gesagt?"

„Ich bin verliebt, kennst du das denn nicht?"

„So wie, als ihr alle im ersten Schuljahr ein Gegenmittel gegen Liebe gesucht habt?"

„Ja." Blaise nickte.

„Na ja, ich war schon mit Pansy zusammen, deswegen wurde ich davon verschont."

„Also versetzt sie dich nicht in diese Stimmung?"

Ich überlegte. „Nicht so, wie du es beschrieben hast. Es ist eher... so ein Gefühl, als müsste ich so schnell wie möglich das Weite suchen, aber ich unterdrücke es immer."

Blaise machte große Augen. „Vielleicht solltest du dich nach anderen Mädchen umschauen. Ihr seid doch wirklich schon lange zusammen."

Ich nickte langsam und dachte nach. Ich habe mir noch nie groß Gedanken über Mädchen gemacht, ich schätze mal, Pansy war ein abschreckendes Beispiel gewesen. Plötzlich kam mir ein ganz anderer Gedanke und ich blickte mich im Schlafsaal um. Die Vorhänge vor Theos Bett waren zugezogen. Ich deutete mit dem Kopf dahin und blickte Blaise fragend an.

Er zuckte mit den Schultern.

„Nott?", sagte ich laut. Nichts. „Theo?" Ich stand auf und schob einen Vorhang beiseite. Er lag dort schlafend, mit ganz roten Augen. Er musste geweint haben, und dass sagte bei einem Slytherin schon eine Menge aus. Seine Hand war um ein zerknittertes Pergamentblatt gekrallt, das ich vorsichtig löste. Ich wollte endlich die Lösung des Rätsels erfahren.

Blaise trat neben mich und blickte Theo zweifelnd an.

„Sehr geehrter Mr. Nott, ich bedaure sehr, Ihnen die Mitteilung machen zu müssen, dass Ihr Vater heute in den frühen Morgenstunden unerwartet aus dem Leben geschieden ist. Mit aufrichtigem Beileid, Leiter des Gefängnisses für Zaubersträflinge, Askaban."

Ich ließ den Zettel sinken. Auch mein Vater war in Askaban gestorben, ich konnte Theo voll und ganz verstehen. Ich zeigte Blaise das Blatt und deckte Theo zu. „Am besten, wir lassen ihn eine Weile in Ruhe", meinte ich.

„Aber er braucht Trost und Unterstützung", sagte Blaise, blass geworden und legte das Papier neben Theos Hand.

„Im Moment schläft er sowieso", flüsterte ich und zog den Vorhang zu. Blaise nickte und blickte auf die Uhr, um wie vom Cruciatus Fluch getroffen herumzufahren. „Ich muss jetzt los, wünsch mir Glück!", sagte er auf halbem Wege zur Tür.

„Ja", antwortete ich und ging dann zu meinem Bett, worauf ich mich fallen ließ.

Abends dann, Theo hatte noch kein Lebenszeichen von sich gegeben, machte ich mich auf in die Große Halle. Dort saß Filch an dem Ravenclaw Tisch und blickte auf, als ich eintrat.

„Ah, Mr. Malfoy! Setzen Sie sich, sobald der zweite eintrifft, legen wir los. Es geht nämlich um Fingerfertigkeit, oh ja, auch wenn ich normalerweise für Ketten und Peitschenhiebe bin, dies hier ist noch tausend mal schlimmer!" Er kicherte. Ich setzte mich auf die Bank gegenüber von ihm und beäugte misstrauisch den Karton, der auf dem Tisch stand. Was für ein Teufelszeug befand sich darin?

Potter kam wie immer zu spät, zwei Minuten nach acht.

„Unfähig, die Uhr zu lesen, Potter?", rief ich. Er runzelte die Stirn und Filch rieb sich die Hände. „Gut, gut, gut", sagte er dabei. Ich rückte ein Stückchen nach hinten. Potter blickte von ihm zu mir und dann wieder zu ihm, bevor er sich entschloss, sich neben mir niederzulassen.

„Schön. Wie ich Mr. Malfoy schon gesagt habe, ist dies hier die reinste Quälerei! He, he, he! So…" Er zog die Kiste zu sich und grinste uns schadenfroh an. Ich blickte Potter an, und kniff die Augen zusammen, als unsere Blicke sich trafen. „Du machst es", zischte ich.

„Fehlanzeige, Malfoy. Du hast auch eine Strafarbeit."

„Aber ungerechtfertigterweise", sagte ich, „Es war deine Schuld."

„Du hast auf mich eingeschlagen."

„Du hast dich –"

„RUHE! Diese Arbeit hier erfordert Teamfähigkeit, darauf hat McGonagall bestanden, Professor McGonagall. So." Er kramte in dem Karton herum und holte ein Wollknäuel heraus, welches er Potter zuwarf. Ich grinste hämisch, als er es auffing und verwirrt draufstarrte, bis mich etwas an der Brust traf und auf meine Beine fiel. Ich nahm es in die Hand.

„Was soll ich damit?", fragte ich. Filch kicherte. „Schön, nicht? Damit könnt ihr euch dumm und dämlich stricken..."

Ich starrte die Stricknadeln mit großen Augen kann. Ich kannte diese Dinger nur zu gut. „Ich werde nicht stricken", sagte ich überzeugt. Potter warf sein schillerndes Knäuel von einer Hand in die andere. „Wie stellen Sie sich das vor? Man kann nicht zu zweit stricken", meinte er.

Potter der Allwissende. „Auf Hogwarts geht alles", sagte Filch.

„Ist doch ganz einfach, Potter. Du strickst, ich lache dich aus", steuerte ich meinen Teil zu dem Gespräch bei; niemand beachtete mich.

Filch lehnte sich zurück und ließ Potter nicht aus dem Blick. „Sie müssen einen Pullover zustande bringen. Von nun an kommen Sie beide jeden Abend hier runter, bis der Pullover einen von Ihnen passt. Ach, und wenn ich um Ihre Zauberstäbe bitten dürfte!" Er hielt die Hand auf, ich warf ihm einen bösen Blick zu und gab ihm dann meinen Zauberstab. Potter gab ihm seinen und Filch stand auf.

„Ich habe Aufgaben und Kontrollgänge zu erledigen, aber ich komme so oft ich kann vorbei und achte darauf, dass sich nicht einer aus der Affäre zieht." Dabei blickte er mich an und dann verschwand er, seine schwarze Katze miaute ihm traurig hinterher. Sie sprang auf den Tisch und starrte mich an.

„Blödes Vieh", meckerte ich. Sie blinzelte nicht.

„Malfoy", kam es von nebenan. Ich drehte mich um und rückte ein bisschen von Potter weg. „Was?"

„Hast du eine Ahnung, wie man strickt?"

„Natürlich nicht, Potter", sagte ich und verdrehte die Augen. „Du bist der Muggelexperte."

„Das ist Frauensache", sagte Potter. „Hermine hatte mal eine Strickphase, da hat sie Hüte für –"

„Pansy hatte im ersten Schuljahr einen Strickclub gegründet", warf ich ein. „Aber der existiert nicht mehr. Im zweiten Schuljahr – aber das geht dich nichts an", fuhr ich ihn an. Ich würde hier bestimmte keine Slytherin Geheimnisse verraten. Auch wenn man dies kaum Geheimnis nennen konnte, Potter ging es nun mal nichts an.

„Ich will es auch gar nicht wissen", sagte er und betrachtete die Wolle.

„Ich geh mal Pansy holen", sagte ich und stand auf. Potter rief mir noch etwas hinterher, aber ich hörte nicht auf ihn.

Als ich mit Pansy zurück in die Halle kam, hatte er den gesamten Wollvorrat aus dem Karton auf dem Tisch ausgebreitet. Pansy kreischte auf und sprang zu dem Tisch. „Wie lange habe ich nicht mehr gestrickt! Wow, die Wolle hier ist wunderschön! Draco, etwas besseres konnte dir gar nicht passieren!"

Ich trat neben sie. „Pansy, ich bin doch kein Mädchen! Und ich muss Potter ertragen!"

Sie blickte Potter flüchtig an. „Stimmt. Nun, das müsstest du mittlerweile gewöhnt sein, und immerhin ist er kein Schlammblut."

„Es ist Muggelfreund Potter!"

„Hallo, ich bin anwesend!"

„Dann wird er bestimmt gerne stricken, sonst gibst du ihm halt eine auf die Schnauze."

„Geht nicht, weil ich genau das gemacht habe, sitzen wir jetzt hier."

Ich grunzte und ließ mich gegenüber von Potter nieder. Er blickte mich wütend an und ich zuckte mit den Schultern. Pansy setzte sich neben mich. Dann zeigte sie mir die Grundgriffe, die ich aber gar nicht wissen wollte.

„Kannst du die nicht Potter zeigen", beschwerte ich mich.

„Nein. Das kannst du machen, wenn du das für nötig hältst."

Ich gab auf. Resignierend nahm ich die Nadeln und ließ mir von Pansy alles zeigen. Zwischendurch sah ich Potter an, der breit grinste. „Ein Wort", knurrte ich, „Und du bist tot."

Er grinste nur noch breiter. „Brauchst gar nicht so zu grinsen", meckerte Pansy, „Warum holst du nicht deine Freundin, damit sie es dir zeigt?"

Potter wurde rot, wie ich mit Genugtuung feststellte. Jetzt grinste Pansy. „So, so, der Retter der Zaubererwelt hat also keine abbekommen. Oder stehst du auf Männer, hm?"

Er öffnete den Mund, aber ich war schneller. „Pansy, was redest du da?"

Sie blickte konzentriert auf die Nadeln in meiner Hand. „Tja, das wollte ich dir heute nach Muggelkundeerzählen, aber du hattest es ja nicht nötig, mir zuzuhören!"

„Okay, jetzt habe ich Zeit", meinte ich. Das Handwerk würde ich nie lernen, vor allem, weil ich es nicht wollte.

„Also, ich weiß nicht", grummelte sie.

„Hat es mit Potter zu tun?", fragte ich und sie zeigte mir einen Vogel.

„In Muggelkunde, Draco? Muggel kennen Harry Potter nicht, ein enormer Vorteil von ihnen."

Stimmt, so hatte ich das noch nie gesehen. „Ja, und? Was war denn jetzt?"

„Nun. Es soll tatsächlich Männer geben, die sich in andere Männer verlieben. Das nennt man dann schwul."

„Machst du Witze? Wie krank bitte schön sind die Muggel denn, bäh!", sagte ich. Alleine die Vorstellung schüttelte mich. Pansy wog den Kopf. „Ich bin sicher, es kommt auch in den besten Zaubererfamilien vor, Potter ist da ein hervorragendes Beispiel."

„Ich bin nicht schwul, Parkinson", warf Potter ein.

„Das kann ich nicht glauben", sagte ich gereizt. „Zumindest nicht in reinblütigen Familien", ergänzte ich.

„Du solltest gehen, Filch kann jeden Moment kommen", sprach ich weiter.

Sie zuckte mit den Schultern, gab mir einen Kuss auf die Wange und dackelte dann davon. Die Tür fiel krachend hinter ihr ins Schloss und Stille breitete sich aus. Nur meine verdammten Nadeln klapperten bei meinen verzweifelten Versuchen, etwas zustande zu bringen. Dann schmiss ich sie auf den Tisch und fluchte.

Potter zog sie zu sich und untersuchte sie, als würde das etwas bringen. Ich blickte ihn neugierig an.

„Stimmt es?", wollte ich wissen. Er sah auf. „Was?"

„Dass du... du weißt schon."

Potter schüttelte den Kopf und blickte die Nadeln an. „Ich wünschte, sie hätte es mir gezeigt", murmelte er.

„Dann stehst du auf Pansy?", bohrte ich weiter. Er wurde wieder rot, was ich als ja deutete, und gerade wollte ich einen Kommentar zu seinem schlechten Geschmack abgeben, da sagte er: „Nein, aber dann könnte ich unsere Sitzungen hier auf ein Minimum begrenzen."

„Tja, dann frag doch das Schlammblut", sagte ich gleichmütig.

„Warum erklärst du es mir nicht?"

„Weil..." Ich dachte nach. Im Grunde musste ich darunter leiden, je länger wir hier unbeschäftigt saßen. „Also gut. Nimm die Nadeln so in die Hand." Ich machte eine Handbewegung und er machte sie nach. Natürlich falsch. Ich stöhnte. „Potter, ich machte so." Ich zeigte es ihm noch einmal. Er machte es noch einmal falsch.

„Potter!"

„Ja, was denn! Es ist schwer, das spiegelverkehrt zu machen!"

„Dann setz dich neben mich!"

„Setz du dich doch neben mich!"

„Ich denk nicht daran!"

„Malfoy, willst du das beenden, oder nicht?"

Ich verdrehte die Augen. „Du kannst auch etwas dazu beisteuern!"

Er seufzte, doch zu meinem grenzenlosen Erstaunen stand er auf, ging um den Tisch herum und ließ sich neben mir nieder. Ich zog nur meine Augenbrauen hoch und Potter klimperte mit den Nadeln.

Obwohl ich mir lächerlich und gedemütigt vorkam, machte ich die Bewegung noch einmal. Er tat sich sehr umständlich damit, er konnte noch nicht einmal Nadeln halten!

„Verdammt, Potter", sagte ich. Ich platzierte die Nadeln in seinen Händen richtig und zeigte ihm gleich, welche Bewegungen er machen musste. Dann lehnte ich mich zurück, darauf gefasst, ihn beim Scheitern zu beobachten.

Bei den ersten Versuchen scheiterte er wirklich, aber dann gewann er Routine und langsam entstand aus der Wolle ein Wollteppich. Ich wusste schon immer, dass Potter ein Mädchen war. Wie auch immer, nachdem ich ihm eine zeitlang zugeschaut hatte, meinte er: „Und was ist dein Beitrag zu unserem Pullover?"

„Ich kann ein Strickmuster besorgen", meinte ich und hoffte, dass Pansy es noch hatte.

„Wozu? Wie benutzt man denn das?"

„Ich bin sicher, Potter, du Naturtalent kriegst das schon hin."

Die Türen öffneten sich und Filch kam herein, seine Katze, die herumgestreunt war, sprang auf ihn zu. Er nahm sie auf den Arm und kam zum Tisch.

„Oh, ihr habt also angefangen", grinste er, „Aber Mr. Malfoy, warum tun Sie nichts?"

„Weil Potter der Stricker ist?"

„Quatsch, Sie haben zusammen zu arbeiten!"

„Wie schon gesagt, es geht beim Stricken nicht", meinte ich und verdrängte den unangenehmen Gedanken, dass ich gerade Potter zustimmte.

„Während Mr. Potter strickt, können Sie ja seine Maße nehmen. Egal was Sie tun, Hauptsache Sie tun überhaupt etwas!"

„Wie denn?", sagte ich fast schon panisch. Maße nehmen, auch wieder eine Frauensache, von der ich keine Ahnung hatte. Doch Pansy konnte mir diesmal nicht helfen, denn Filch ließ sich auf der Bank nieder und glotzt uns an.

„Los! Zusammenarbeit, ausdrücklicher Wunsch von Professor McGonagall!"

„Wenn wir jetzt gut zusammen arbeiten, müssen wir den Pullover dann ganz zuende stricken?", fragte Potter.

„Das kann nur McGonagall entscheiden. Aber ich bin sicher, es würde sich positiv auf ihre Stimmung auswirken", leierte Filch runter. Er klang nicht erfreut, eine Tatsache, die mich anspornte. Ich zog den Karton zu mir und fand ein Maßband. Immerhin musste Pansy einmal bei mir maßnehmen, so schwer konnte es schon nicht sein.

Ich rollte das Maßband aus und zog auch Zettel und Stift aus dem Karton. Dann beäugte ich Potter und überlegte, wie Pansy angefangen hatte. Ich schlug das Band um seinen Arm.

„Ey", sagte er.

„Klappe, Potter, es war dein Wunsch", informierte ich ihn. Es folgten sein Unterarm, sein Halsdurchschnitt (seinen Kopf maß ich auch, denn ich war überzeugt, etwas, wo so wenig drin war, konnte nicht groß sein), und dann wäre sein Brustkorb dran gewesen. Aber er hatte einen Umhang und einen Pulli an, und ich riss mich nicht so darum, ihn zu betatschen. „Mach den Rest selber", sagte ich und schmiss das Band auf den Tisch. Seine Nadeln klapperten munter weiter, er hatte schon gute zehn Zentimeter gestrickt.

„Nichts da. Zusammenarbeit, sonst werdet ihr jeden Abend bis zum Ende des Jahres antanzen", keifte Filch, wieder grinsend, da er eine neue Möglichkeit, mich zu quälen, entdeckt hatte.

Ich nahm das Band wieder in die Hand. „Zieh deinen Umhang aus", befahl ich Potter.

„Geht nicht, wenn ich die hier loslasse, ist alles für die Katz", meinte er. Ich blicke zu Mrs. Norris, die mich aus ihren großen Augen anblickte, dann wieder zu Potter. „Du hast eine komische Ausdrucksweise. Ich schätze mal, du meinst damit ‚nein'."

„Ganz recht."

Ich rückte zu ihm und schob meine linke Hand unter seinen Umhang, und maß dann seinen Brustumfang. „Kannst du wenigstens aufstehen?", fragte ich. Er nickte, mit einem Rotschimmer auf den Wangen.

„Dann tu es", forderte ich ihn auf. Er stand auf und ich maß seine Taille, und als ich mich vorüber beugte, um meine Hände zusammen zu führen, musste er seine Hände heben. „Pass doch auf", keifte er. Ich grinste nur. Mein Grinsen verging mir, als er seine Arme auf meinen Schultern abstützte. Nicht, dass ich ihm noch nie so nah gewesen wäre, aber noch nie war ich es, ohne die Absicht, ihn zu verletzen. Ich blickte ihn verwirrt an.

Dumm war nur, dass ich schon fast schielen musste, um ihn seine Augen zu blicken, so nah waren sie. „Potter, was tust du da?", keifte ich ihn an.

„Ich? Was tust du, Malfoy? Miss einfach und dann verschwinde, anstatt mich anzustarren, okay?"

„Ich starre dich nicht an", murrte ich, „Das wirst du noch büßen."

Ich beendete meine Arbeit und war froh, Abstand zwischen uns bringen zu können. So ein Idiot. Diese Strafarbeit war die schlimmste, die ich in meiner ganzen Schullaufbahn mitmachen hatte müssen, selbst im Vergleich zu der, in der wir in den Verbotenen Wald geschickte wurden. Und Potter wurde immer unerträglicher.

Ich mied es, ihn anzublicken und schrieb die restlichen Maße auf, bis Filch verkündete, wir könnten jetzt gehen und uns unsere Zauberstäbe zurückgab. Erleichtert ging ich so schnell ich konnte zu den Kerkern, Potter nicht beachtend. Warum sollte ich auch, die Strafarbeit war ja beendet.

Die anderen schliefen schon, also zog ich mich leise um und legte mich ins Bett. Wieder einmal hatte ich mit Hassanfällen zu kämpfen, die mich noch eine Weile wach hielten. Und die Tatsache, dass ich wegen meinem Hass auf Potter wach lag, ließ mich ihn noch mehr hassen. Dabei müsste ich es doch schon gewöhnt sein.

Die Tage bis zum Wochenende vergingen rasch. Theo ließ sich nicht blicken, und ich musste ihn zwingen, etwas zu sich zu nehmen. Blaise redete nur noch von Alice, ich glaube, sie waren an dem Mittwoch zusammengekommen. Vince und Greg, nun ja, sie taten dasselbe wie immer. Sie existierten einfach. Pansy war ein einziges Ärgernis, ständig wollte sie mit mir reden, aber ich konnte ihr aus dem Weg gehen.

Zumindest bis zum Samstag, als ich mit Vince und Greg gerade zum Mittagessen ging. Sie sprang mir aus irgendeiner dunklen Ecke in den Weg. Vince und Greg gingen einfach weiter, während sie mich umklammerte.

„Draco, es ist so schwer, dich alleine zu erwischen", sagte sie.

„Tja, ich bin nun mal sehr beliebt", antwortete ich gereizt und schob sie von mir. „Was ist?"

„Ich habe mich gefragt, ob du mir eigentlich treu bist", fing sie an. Ich hob die Augenbrauen. „Natürlich, selten dämliche Frage."

„Aber auch in Gedanken? Du findest keine andere attraktiv?" Sie überkreuzte die Arme und ich fragte mich, wie sie auf solche Gedanken kam. „Nein", sagte ich gelangweilt, „Können wir jetzt essen gehen?"

„Ach komm, Draco, du findest bestimmt ein paar Mädchen hübsch. Was ist mit Alice, jeder Junge mag sie."

„Sie ist Zabinis Freundin."

„Aber noch nicht lange. Wie dachtest du früher über sie?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe sie kaum wahrgenommen, sie ist eben eine deiner Freundinnen."

„Und Millicent?", fragte sie mit zusammengekniffenen Augen. „Eher hübsch oder zu knabenhaft?"

„Na, da gibt es aber Jungs, die hübscher sind als sie. Ich habe jetzt Hunger", sagte ich langsam ungeduldig. Sie grinste und hängte sich bei mir ein. Während wir liefen, setzte sie ihre Befragung fort.

„Welcher Junge ist denn hübscher als Millicent?"

Ich verdrehte die Augen. „Pansy, du kannst mir nicht sagen, dass dir noch nicht Notts gutes Aussehen aufgefallen ist."

Sie kicherte. „Doch, natürlich. Blaise ist aber auch ganz okay. Und Greg."

„Wie bitte?" Ich blieb verblüfft stehen. „Blaise ja, aber Greg? Pansy? Wusstest du, dass er in der ersten Klasse in dich verknallt gewesen war?"

Sie zuckte mit den Schultern und schleifte mich weiter. Vor der Hallo schüttelte ich sie ab und sie ging zu ihrer Clique, die ich mir im Vorbeigehen mal näher ansah. Kein Mädchen war irgendwie auffallend oder besonders, was wollte Pansy bloß von mir?

Als ich mich neben Greg und Blaise setzte, schaute ich Greg von der Seite an. Wieso dachte Pansy...? Na, konnte mir doch egal sein. Sie würde mich nie verlassen. Ich schippte mir Kartoffeln auf.

„Eh, Draco, gib mal das Salz", sagte Blaise. Ich gab ihm den Streuer und blickte ihm in die Augen. „Wie läuft's mit Alice?", fragte ich.

Er nickte freudig. „Gut. Und mit Pansy?"

„Wie immer. Sag mal, wie bist du auf Alice aufmerksam geworden?"

„Ach, aufgefallen ist sie mir schon immer. Aber diesen Sommer sind wir uns zufällig über den Weg gelaufen und haben von da an Kontakt gehalten."

Ich blickte zu den gackernden Mädchen hinüber. „Wie aufgefallen?"

„Na, sie ist doch umwerfend", meinte Blaise, „Findest du nicht?"

„Nicht mein Typ", antwortete ich. Blaise lachte und klopfte mir auf die Schulter. „Zum Glück, Kumpel."

Insgeheim wunderte ich mich nun doch darüber, dass mich keine außer Pansy ansprach. Und Pansy... eigentlich doch auch nicht. Wären wir nicht zusammen, würde ich keinen zweiten Blick für sie verschwenden. Aber ihr gefielen, obwohl sie einen Freund hatte, noch andere Jungs. Sollte ich mir darüber Gedanken machen, vielleicht hatte sie ja vor, mich zu betrügen?

Ich nahm wieder etwas für Theo mit und brachte es ihm. Es ging ihm schon besser, er versuchte, sich mit Lesen abzulenken. Während er aß, betrachtete ich ihn. „Wieso hast du eigentlich keine Freundin?", wollte ich wissen. Er sah ja nicht schlecht aus. Theo zuckte mit den Schultern.

„Ich habe echt andere Probleme, Draco. Und nach Florentine hatte ich erst mal genug."

Ich nickte.

Abends dann überlegte ich, ob ich auch am Wochenende zur Strafarbeit antreten musste und entschied mich dagegen. Ich hatte eh verschwiegen, was in der Großen Halle geschah. Und Pansy hatte nicht mehr darüber geredet.

„Du, Draco? Müsstest du nicht schon längst weg sein?", fragte Vince, als wir Karten spielten. Ich schüttelte den Kopf.

„Aber wir haben schon nach acht", warf Greg ein.

„Und Samstag."

„Und da musst du nicht?", fragte Vince.

„Nein."

Es folgte eine Gesprächspause für ganze zwei Minuten. „Aber ich wäre mir da nicht so sicher", sagte Greg. Ich schaute ihn an. Wie konnte man so dämlich sein? Wie konnte Pansy diesen Schwachkopf nur attraktiv finden? Jetzt mal ehrlich, da sah sogar Potter besser aus, und das wollte etwas heißen.

„Dann geh doch gucken", sagte ich mit monotoner Stimmlage. Er schüttelte den Kopf und ich dachte weiter an Potter. Ob der Idiot jetzt da oben auf mich wartete? Würde ihm recht geschehen.