Draco Malfoy und der Amethyst

Ein Pullover, ein Edelstein und ein Ende

Ich dachte nicht mehr an diese dumme Strafarbeit, bis Blaise mit einem blonden Mädchen an der Hand in den Raum kam und auf mich zusteuerte.

„Draco, Potter steht da draußen und verlangt dich zu sehen."

„Pech." Ich legte eine Karte ab und war fertig, lehnte mich zurück. „Gewonnen, Leute." Schon wieder.

„Er sagt, es wäre nur in deinem Interesse."

Ich rollte mit den Augen. „Kann er mich denn nicht einmal in Ruhe lassen?" Mit diesen Worten stand ich auf und ging raus. Potter stand vor der Tür und sah sehr grimmig aus.

„Was?", zischte ich so böse ich konnte.

Er verschränkte die Arme. „Filch meint, wenn du nicht in fünf Minuten in der Halle bist, lässt er dich den gesamten Kerker ohne Magie putzen. Das war vor..." Er blickte auf die Uhr, „Drei Minuten."

„Uh, ich habe ja richtig Angst", meinte ich. Allerdings konnte ich mir vorstellen, dass der alte Knacker Mittel und Wege finden würde, seine Vorstellungen in die Tat umzusetzen. „Also gut, ich geh", hängte ich deswegen an und setzte mich in Bewegung.

Ich hörte Potters Fußschritte hinter mir, als ich die Treppe hoch lief und dann, als ich in die Halle eintrat. „Gerade noch rechtzeitig, Mr. Malfoy, schade eigentlich", begrüßte Filch mich.

Ich sparte mir jeden Kommentar und setzte mich an den Tisch, Potter folgte mir und nahm seine Arbeit auf. Filch kam, um uns zu kontrollieren.

„Mr. Malfoy, was ist aus ihren Ärmeln geworden?"

Ich grummelte und suchte in dem Karton nach meiner Arbeit. Letztendlich hatte ich doch herabgelassen, mit dem Stricken anzufangen. Ich fing an und wartete darauf, dass Filch die Halle verließ. Dann schmiss ich sofort mein Zeugs auf den Tisch. Potter sah mich von der Seite schief an.

„Der kann so was von mir nicht verlangen", meinte ich.

„Er und Professor McGonagall können, Malfoy", sagte Potter eindringlich.

„Du bist doch hier der perfekte kleine Strickkönig. Ich wette, du hast schon fleißig in der Bruchbude der Weasleys geübt, habe ich Recht? Damit sie auch mal Gardinen bekommen."

Er stöhnte, ließ sich zu einem „Klappe, Malfoy, Gardinen werden gehäkelt" herab und klimperte weiter. Ich sah ihm mit zusammengekniffenen Augen zu. Mittlerweile kam er mit seinem Wollteppich auf einen halben Meter.

Ich suchte im Karton nach dem Zettel mit den Maßen. „Wie wäre es, wenn du jetzt mit der Rückseite anfängst?", fragte ich ihn. Er ignorierte mich. Ich zuckte mit den Schultern, verschränkte meine Arme und starrte an die Decke. Irgendwann würde die Zeit schon um sein.

Plötzlich hörten die Klimpergeräusche auf und ich nahm meinen Blick von dem dunklen Himmel. Potter saß da und starrte mich an.

„Wenn du nichts machst, tue ich genauso viel", sagte er.

„Gut", antwortete ich. War das mein Problem?

„Bestens", sagte er. Stumm saßen wir nun da und starrten uns an, bis die Tür sich öffnete. Wir wandten den Blick nicht ab, bis jemand hinter uns stand und fragte: „Was wird das, wenn man fragen darf?"

Na toll. Professor McGonagall. „Malfoy hier weigert sich, zu arbeiten", sagte Potter.

„Ganz falsch, Potter weigert sich."

„Nun, wenn sie versessen darauf sind, soviel Zeit miteinander zu verbringen, dann nur weiter so. Sie wissen, der Pullover muss fertig werden." Sie drehte sich um und ging. Ich riss die Augen auf und nahm wieder meine Arbeit auf.

Am nächsten Tag taten mir die Hände weh. Ich beschwerte mich aber nicht, sonst bekäme ja noch jeder mit, was ich jeden Abend tat, und unterdrückte es geschickt. Nur Pansy sah mir misstrauisch auf die Hände.

„Die Frauenarbeit ist wohl nichts für dich, Draco?", fragte sie. Ein Vergehen in Anbetracht der Tatsache, dass wir gerade inmitten einer Gruppe Slytherin saßen. Blaise knutschte mit seiner Alice, Vince und Greg gingen mir mit ihren Hausaufgaben auf die Nerven.

„Ach, Pansy, kann ich dich mal unter vier Augen sprechen?", fragte ich mit unterdrückter Aggression. Sie nickte und wir gingen in eine Ecke des Raumes.

„Du solltest doch kein Wort darüber verraten", erinnerte ich sie.

„Ach, Draco, das ist mir so rausgerutscht."

„Eben."

Sie hängte sich an meinen Hals und versucht, mich zu küssen, aber ich schob sie unsanft weg. „Lass das. Meine Laune ist schon schlecht genug."

„Sollte ich dich dann nicht aufmuntern können? Alice sagte, Blaise ist immer ganz lieb zu ihr!"

„Das ist etwas ganz anderes!"

„Wie kommst du darauf?"

„Na ja, Blaise ist in deine komische Alice verliebt", sagte ich. Pansy riss die Augen auf. „Und du nicht in mich?" Ich zuckte mit den Schultern und wollte mich abwenden. Sie hielt mich fest.

„Draco Malfoy, sag mir jetzt sofort, wie du zu mir stehst", kreischte sie.

„Nicht so laut", zischte ich.

„Ich bin so laut, wie ich will!" Sie wurde noch lauter und mir riss der Geduldsfaden. „Dann schrei doch hier rum und vergleiche unsere Beziehung mit denen anderer. Warum fragst du sie nicht gleich, ob du mitmachen darfst?", sagte ich, nun auch laut. Pansy erwiderte nichts mehr, sondern rannte in ihren Schlafraum, und auch ich ging zu meinem, wo ich mich auf mein Bett schmiss und grunzte.

Theo sah von seinem Buch auf. „Potter?", stellte er seine Standartfrage.

„Nein, Pansy. In letzter Zeit nervt sie mich mehr denn je."

„Hm."

„Jetzt soll ich ihr auch noch sagen, dass ich in sie verliebt bin."

„Bist du es?"

„Nein."

„Und warum bist du dann mit ihr zusammen?"

Ich sah Theo verwundert an. „Was ist das denn für eine Frage? Es war schon immer so", antwortete ich. Theo legte sein Buch weg, setzte sich zu mir aufs Bett und hängte sich an meine angewinkelten Knie.

„Vielleicht bist du es auch nur, weil du denkst, Greg hätte sonst gewonnen?"

„Quatsch. Kann mir doch egal sein. Ich mache das, was ich will."

„Und das wäre?"

Ich zog meine Knie weg, da mir sein Griff unangenehm wurde, und zuckte mit den Schultern. Er ging wieder zu seinem Bett. „Wenn du das nicht weißt, kannst du natürlich nicht danach handeln. Aber an deiner Stelle würde ich das schleunigst herausfinden wollen."

Ich beließ es bei einem Kopfnicken, das er gar nicht mehr sah. Die nächsten Tage hielt ich mich von Pansy fern, und sie kam auch nicht mehr an. Natürlich zog sie das nicht konsequent durch, und schon am nächsten Freitag redete sie wieder mit mir. Wenn auch noch etwas zurückhaltend.

Doch wenn eine Person einigermaßen zu ertragen ist, kommen andere daher und ruinieren meine gute Laune. Pansy hockte in unserem Zimmer und meinte, Theo trösten zu müssen. Da am nächsten Tag ein Hogsmeade Ausflug anstand, quatschte sie ununterbrochen davon. Ich war zum ersten Mal froh, zu meiner Strafarbeit zu müssen und fing mit dem Stricken an, ohne auf Potter zu warten, was mir einen misstrauischen Blick von Filch einbrachte.

Als Potter dann kam und sich seines Zauberstabs entledigt hatte, verschwand Filch auch gleich. Nur seine Katze blieb als Aufpasser. Unsinnig, schließlich kann sie nicht reden oder sonst wie mit uns kommunizieren, geschweige denn, dass sie etwas mitbekam.

„So enthusiastisch heute, Malfoy?", fragte Potter. Ich blickte auf und kniff die Augen zusammen.

„Bis gerade hatte ich ja auch noch gute Laune", sagte ich.

„Ach, und jetzt nicht mehr?" Er tat verwundert.

„Stell dir vor. Muss wohl an deiner Fratze liegen."

Er reagierte nicht. Er reagierte in letzter Zeit immer weniger auf meine Beleidigungen und ich fragte mich, ob ich nachgelassen hatte. Vielleicht lag es auch daran, dass wir uns außerhalb unserer abendlichen Stunden ignorierten. Oder, noch schlimmer, er gewöhnte sich daran. Das konnte ich nicht zulassen.

„Was ist los, habe ich dich sprachlos gemacht? Gibst du zu, dass ich die besseren Argumente habe?"

„Nein."

„Dann nicht, Potter. Ignorieren kann ich dich auch." Ich strickte den zweiten Ärmel weiter, er die Rückseite vom Pulli. Ich konnte mit Freude sagen, dass wir bald fertig werden würden. Nur noch die Teile irgendwie verbinden.

„Potter, wie machen wir das nachher zusammen?"

Potter blickte mich an und grinste. „Ah, doch nicht so leicht, hm?"

Ich runzelte die Stirn. „Das habe ich nie behauptet." Er verdrehte die Augen und hielt sein Vorderteil an meinen Ärmel.

„Das sieht schrecklich aus. Das passt überhaupt nicht zusammen", sagte ich.

„Sicher passt das zusammen. Und selbst wenn nicht, ist doch egal."

„Ja. Du musst ihn ja tragen."

„Das werde ich nicht."

„Was? Unseren schönen Pulli? Potter, du enttäuschst mich."

Potter zog eine Grimasse und arbeitete weiter. Die Tür schwang auf und herein kam McGonagall. Sie sah sehr zufrieden aus, als sie uns sah. Ich rutschte so tief es ging nach unten und Potter lachte. Er warf ihm einen bösen Blick zu und fragte mich, warum in alles in der Welt er mich angrinste.

„Wie ich sehe, seid ihr schon fast fertig. Bei dem Rest helfe ich euch", sagte McGonagall und zog ihren Zauberstab. Die einzelnen Teile waren im Nu fertig und klebten aneinander. Der fertig Pulli schwebte kurz in der Luft und landete dann auf dem Tisch.

„Auf wen von ihnen ist er angeschnitten?"

Ich zeigte auf Potter. „Sehr schön. Wollen Sie noch einen für Mr. Malfoy stricken?"

„Nein!", sagten wir gleichzeitig. Sie lächelte. „Dann hol ich jetzt Filch, der Ihnen Ihre Zauberstäbe wiedergeben kann", sagte sie und verließ uns.

„Was für eine Schinderei. Und alles deine Schuld", stöhnte ich und ließ meinen Kopf auf den Tisch fallen. Er landete auf etwas Weichem und ich sah auf. Ein schillerndes Stück Wolle. Mir kam ein Gedanke und ich nahm den Pulli grinsend in die Hand.

„Zieh dich aus, Potter", sagte ich.

„Was?"

Ich hielt den Pulli hoch. „Denkst du, ich will nicht wissen, ob ich alles richtig gemacht habe?"

„Du wärst nur enttäuscht", sagte er. Ich blickte ihn warnend an.

„Probier jetzt den Pulli an."

„Und was, wenn nicht? Du kannst mich nicht verfluchen oder verprügeln, sonst sitzen wir hier wieder knapp zwei Wochen."

Ich sprang auf und fummelte an seinem Umhang herum, dieser Idiot wehrte sich und bald lagen wir uns schlagend auf dem Boden. „Malfoy, lass das", keuchte Potter. Er stellte seine Gegenwehr ein und ich hielt verwundert inne.

„Was ist?"

Er befreite sich, stand auf und strich seinen Umhang glatt. Auch ich stand auf. In diesem Moment kam Filch herein, und sah sehr schlecht gelaunt aus. Er gab uns unsere Zauberstäbe und Potter rannte ohne seinen Pulli aus der Halle. Ich zuckte mit den Schultern und wollte es ihm gleichtun, als Filch mich zurückrief.

„Nimm das... Ding da mit!" Er zeigte auf den Pulli. Ich kniff die Augen zusammen und nahm ihn.

In der Eingangshalle sah ich Potter schon die Treppen hochsteigen. „POTTER!", rief ich. Er blieb stehen und sah zu mir hinab.

„Soll ich es verbrennen?" Ich hielt den Pulli hoch, der nur Ärger machte.

„Mach damit, was du willst", rief er und dann lief er weiter. Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Ich würde bestimmt nicht mit einem Pulli nach Slytherin gehen, den ich mit Potter zusammen angefertigt hatte! Ich musste das Ding loswerden.

Ich lief nach draußen und schaute mich um. Es war schon dunkel, perfekt.

Am See überlegte ich, den Pulli dort hineinzuwerfen. Aber ich blieb dann bei meinem Plan, ihn in der Nähe des Verbotenen Waldes zu vergraben. Eine Schüppe bei Hagrid stibitzt, rannte ich zum Waldrand. Wirklich, wirklich gut, dass es dunkel war. Die paar Lichter von Schloss und vom Mond machten nicht viel aus.

Ich stieß die Schaufel ein paar Mal in die Erde und grub ein Loch. Dann verstaute ich den Pulli dort, und dabei sah ich aus dem Augenwinkel ein Funkeln. Es war ein Stein, ein geschliffener Stein, das erkannte ich trotz de Dreckes. Ich steckte ihn ein und bedeckte den Pulli mit Erde.

Zurück im Gemeinschaftsraum hielt ich mich nicht an den anderen auf, sondern ging sofort zum Schlafsaal und damit zum Bad. Meine Kleider waren dreckig, und meine Hände erst!

Erst, als ich in der Wanne lag und mein Blick auf die auf dem Boden liegenden Kleider fiel, kam mir der Stein wieder in Erinnerung. Umständlich zog ich meine Hose her und holte den Stein heraus, wusch ihn sauber.

Er war lila und hatte die Form von einer Träne. Und er war nicht größer als mein kleiner Finger. Er gefiel mir und ich beschloss, ihn zu behalten.

Theo ging es in den nächsten Tagen besser, er ging wieder mehr unter die Leute. Im Unterricht hatte er sich noch nie viel beteiligt, aber als Snape ihn für seinen Trank lobte, strahlte er förmlich. Das erste Mal seit langem.

„Na, siehst du", sagte ich zu ihm, als die Stunde zuende war und wir unsere Sachen einpackten. „Es geht bergauf."

Theo nickte. „Ja. Jetzt müsste ich nur noch meine Glücksfeder wiederfinden, dann wäre alles in Ordnung."

„Na, du kannst sie ja nach dem Unterricht suchen."

Und das tat Theo. Während er in den Schlafsaal verschwand, blieb ich mit Vince und Greg unten.

„Wisst ihr, was? Ich müsste eigentlich mal in die Bibliothek", sagte ich.

„Warum?", fragte Greg.

„Etwas nachforschen, du Idiot! Aber ich denke, das hat Zeit."

„Draco, weißt du noch dein Streit mit Pansy?", fragte Vince mich. Ich runzelte die Stirn. „Natürlich. Wieso?"

„Na ja, ich habe doch in Wahrsagen gesehen, dass es Ärger für meine Mitmenschen geben wird. Und es ist eingetroffen!"

Ich lachte auf. „Aber Vince, das war doch alles total wage. Ärger gibt es immer mal, wenn es nicht unser Streit gewesen wäre, dann wäre es die Sache mit Theos Vater oder sonst was gewesen!"

„Ja, das auch!", meinte er überzeugt.

„Nein, Vince! Geht das nicht in deinen Kopf? Groß genug ist er doch! Wahrsagen verlässt sich nur auf Spekulationen und allgemein formulierten Äußerungen, die man auf alles beziehen kann!"

Vince grummelte. „Trotzdem...", murmelte er. Ich sagte dazu nichts mehr. Sollte er doch von seinem Talent überzeugt sein. Ich starrte stattdessen ins Feuer, und Greg rutschte unruhig auf seinem Lehnstuhl hin und her.

Blaise und Alice kamen hereinspaziert. Wie sehr mich dieses Weibsbild nervte! Ständig hing sie in Blaise Nähe herum, man kam gar nicht mehr dazu, mit ihm zu reden. Sie setzten sich auf zwei Stühle zu uns. Wunderte mich schon, dass Alice sich nicht von Vince und Greg abschrecken ließ.

„Hey", sagte Blaise.

„Hi. Wie es geht, brauch ich ja nicht fragen, bei deinem Grinsen. Sag mal, hast du Zeit?", fragte ich ihn. Er schüttelte den Kopf. „Sorry, aber am Wochenende vielleicht?"

„Heut ist erst Donnerstag", erinnerte ich ihn.

„Weiß ich doch!"

Ich verdrehte die Augen und blickte Alice böse an, die tief in ihren Sessel rutschte. Wenn ich mich recht erinnerte, hatte sie noch nie mit mir gesprochen. Hatte wohl Angst vor mir. Gut so.

„Ich kann hellsehen", sagte Vince.

„Oh, gut", meinte Blaise, leicht verwirrt. Er schaute mich an und ich schüttelte den Kopf.

„Meine Schwester auch", ertönte eine dünne Fistelstimme. Ich wendete verwundert den Kopf. Blaise grinste Alice an und nahm ihre Hand.

„Ehrlich? Und du nicht?", hakte Vince nach.

Alice schüttele den Kopf. „Das ist eine seltene Gabe."

Vince sah stolz aus und ich seufzte. „So selten, dass sie noch nicht einmal einen geeigneten Lehrer für diese Schule finden können. Aber das wundert mich nicht, fähige Lehrer gibt es hier nur ein oder zwei."

Vince nickte gedankenlos, Blaise und Alice standen auf. „Wir gehen jetzt in die Bibliothek", sagte er.

Im Schnelldurchlauf überlegte ich. Gute Gelegenheit, aber mit den Turteltäubchen? Ach, ich konnte sie ja immer noch stehen lassen. Ich stand auf. „Ich komme mit", sagte ich, und Blaise schickte mir einen undurchschaubaren Blick.

Dann gingen die beiden vor, und ich hatte Mühe, sie einzuholen. Vor allem, weil mich etwas zum Straucheln brachte. Ich sah mich um und –

„Pass doch auf! Wie du weißt, bin ich ein Vertrauensschüler und kann Strafarbeiten verteilen."

„Ja, Sir", piepste Bradfort. Ich nickte versöhnlich und konzentrierte mich wieder auf Blaise, bevor ich ihn ganz verlor.

In der Bibliothek dann stand ich vor einem weiteren Problem. Damit, dass Blaise und Alice sich mit einer Ausrede abgeseilt hatten, konnte ich leben. Aber wie bitte schön sollte ich etwas über meine neue Errungenschaft erfahren, wenn ich nicht einmal wusste, um welchen Stein es sich handelte?

Ich wanderte durch ein paar Regalreihen, bis ich eine feindliche Stimme meinen Namen sagen hörte. Mit gezücktem Zauberstab drehte ich mich um.

„Lass mich in Ruhe! Ich warne dich, Potter! Ich habe heute schlechte Laune!"

Potter verdrehte die Augen. In der Hand hielt er ein dünnes Buch. Nur nicht zu viel lesen.

„Heute? Und was hast du dann sonst immer? Ist ja auch egal, ich wollte meinen Pulli haben." Er streckte die Hand aus, als würde er erwarten, dass ich seinen Pulli immer mit mir herum trug. Ich war sprachlos. Eine Sekunde lang zumindest.

„Hast du sie noch alle?", fragte ich, während ich meinen Zauberstab wieder einsteckte. Dann dreht ich mich von ihm weg und vertiefte mich in die Buchrücken. Doch dann spürte ich einen ziehenden Schmerz am Kopf, während mein Kopf in den Nacken gezogen wurde.

„Ah, körperlicher Angriff? Ich denke, ich muss Gryffindor – "

„Wage es, und Slytherin ist die doppelte Menge Punkte los", sagte eine Stimme an meinem Ohr. Sein Atem streifte mein Ohr und ich schüttelte mich.

„Dann lass mich los!"

Ruckartig war ich wieder frei und drehte mich um. „Ich habe deinen blöden Pulli nicht mehr, klar? Du wolltest ihn ja nicht, woher der plötzliche Stimmungswechsel? Braucht Wieselkönig einen neuen Pulli?"

Potter trat einen Schritt auf mich zu und tippte mir auf die Brust. „Hör endlich auf, meine Freunde zu beleidigen. Mittlerweile müsste man denken, du bist zu alt dafür."

„Also soll ich nur noch dich beleidigen?", fragte ich amüsiert.

„Davon kann ich dich wohl kaum abbringen", meinte er.

„Erfasst, Potter."

Er trat zurück und blickte auf das Regal hinter mir. „Was willst du denn bei Geologie?"

„Das geht dich gar nichts an, Potter. Also wenn du nichts mehr von mir willst, oder auch wenn, denn ich habe keine Lust auf dich, dann geh jetzt! Aber flott!"

Er schenkte mir noch einen unberechenbaren Blick, dann ging er. Ich atmete erleichtert auf. Es gab Tage, an denen fühlte ich mich in seiner Gegenwart noch unbehaglicher als gewöhnlich. Vor allem, wenn er mir so nah kam. Musste schon eine Blutsfeindschaft sein.

Innerlich versuchte ich, mich zu beruhigen, während ich Buch nach Buch durchblätterte und kaum den Inhalt wahrnahm. Steine, Steine, Steine. Mann, langsam wurde mein Hass auf Potter wirklich lächerlich, wie Blaise immer sagte. Aber ich konnte doch nichts dazu. So wie er nichts dazu konnte, in Alice verknallt zu sein.

Ein einziges Ärgernis übrigens. Und wenn man vom Teufel sprach... Zwischen der nächsten Regalreihe standen die beiden, knutschend.

„Blaise", sagte ich. Sie beendeten ihren Kuss ohne Eile. Ich verschränkte die Arme.

„Fertig, Draco?", fragte Blaise nach unendlich langer Zeit.

„Ja, mit den Nerven. Erstens finde ich nicht, was ich suche, und zweitens habe ich Potter getroffen."

„Oh, und du konntest dich von ihm losreißen, um uns zu stören? Das finde ich sehr nett von dir", meinte er.

„Jetzt übertreib mal nicht. Was weißt du über lila Steine?"

Blaise zuckte mit den Achseln. „Was fragst du mich?"

„Wen denn sonst?"

Alice räusperte sich. „Ja, ja. Ich bin ja schon wieder weg", meinte ich.

„Nein, die einzigen lilafarbenen Steine, die ich kenne, heißen Amethyste."

Ich starrte sie an. Sie half mir? Musste ich mich jetzt bedanken?

„Draco", sagte Blaise.

„Ja. Ähm, danke", murmelte ich und verschwand dann so schnell wie möglich wieder zu meinen Geologie Büchern. In einem Steinführer schlug ich unter Ametiste nach. Amethyst musste es wohl heißen. Sie hätte es mir wenigstens buchstabieren können. Aber die Bilder bestätigten mir, dass ich hier meinen Stein hatte.

Das reichte mit für heute, ich machte mich auf zum Kerker. Die beiden würden mich schon nicht vermissen.

Im Schlafsaal saß Theo auf seinem Bett, wie immer in letzter Zeit. Ich setzte mich zu ihm.

„Hör mal, Theo. Es tut mir leid um deinen Vater, aber das Leben geht weiter."

Er blickte mich an und nickte. „Wo ist Blaise?", wollte er wissen.

„Na hör mal, du kannst doch auch mit mir reden", meinte ich beleidigt.

„Es geht um etwas anderes", antwortete er mit monotoner Stimme.

„Na dann", sagte ich und ging zu meinem Bett. „Hey, Draco, nicht böse ein, okay?"

„Warum sollte ich? Es ist dein gutes Recht, nicht mit mir zu reden", sagte ich.

„Es ist doch – Mann, du wirst es auch noch erfahren."

„Bis dahin, Gute Nacht", sagte ich. Ich drehte ihm den Rücken zu, obwohl es noch früher Abend war. Das hatte man nun davon. Man wollte helfen, und stattdessen bekam man so eine Abfuhr.

Am nächsten Tag erwachte ich schweißgebadet und heftig atmend. Erregt war ich auch, und ich erledigte es so leise es ging. Wenn mir nur einfallen würde, was ich geträumt hatte. Oder von wem.

Der Unterricht verging schnell und das Wochenende verlief unspektakulär. Greg stritt sich mit Raven, den ich schon längst abgehakt hatte. Er schien aber meine Äußerungen über Raven noch nicht vergessen zu haben. Ich ließ ihm den Spaß, ich wusste aus Erfahrung, dass es manchmal gut tat, seine Laune an unsympathischen Personen abzulassen.

Am Sonntag wollte Pansy mit mir reden. Jetzt kam wahrscheinlich die große Versöhnnummer. Ich kannte das schon mehr oder weniger und folgte ihr auf die Schlossgründe, wo die Sonne noch einigermaßen warm schien. Wir gingen runter zum See.

„Also?", fragte ich, als wir am Ufer abseits von anderen Schülern zum Stehen kamen. Sie wandte sich mir zu.

„Du schuldest mir noch eine Antwort", sagte sie. Ich runzelte die Stirn.

„Wie war die Frage?"

Sie seufzte und ließ ihren Blick über den See schweifen. „Wie du zu mir stehst. Du verhältst dich immer so abweisend, klar, ich bin es gewöhnt, aber in letzter Zeit..." Sie beendete den Satz nicht und sah mich wieder an.

„Was hält dich bei mir?", fragte sie offen heraus.

Im ersten Moment war ich sprachlos. „Was ist das denn für eine Frage?", sagte ich.

„Jetzt weich mir nicht aus! Ich möchte einfach nur wissen, ob wir eine gemeinsame Zukunft haben!"

Eine Zukunft hatten wir gewiss... aber gemeinsam? „Du meinst, auch nach der Schule?", fragte ich ungläubig. Sie nickte und ich dachte zum ersten Mal darüber nach, welche Vorstellungen sie wohl vom Leben hatte. Dachte sie, ich will sie heiraten? Ich beschloss, dies hier wäre eine gute Gelegenheit, alles zu klären.

„Pansy... nach der Schule wird alles anders werden. Wege werden sich trennen, wir werden neue Leute kennen lernen..."

„Also hast du jetzt schon vor, dann mit mir Schluss zu machen? Du bist so ein Arsch!" Sie war mal wieder lauter geworden.

„Beruhige dich doch! Komm schon, als würdest du mich nach der Schule noch ertragen wollen", meinte ich provisorisch.

„Ertragen? Du erträgst mich also nur? Weißt du was, von nun an brauchst du das nicht mehr! Geh hin und finde jemanden, der dich glücklich macht, denn mit mir kannst du nicht mehr rechnen!" Sie drehte sich um und stapfte zum Schloss hoch, und ich sah ihr fassungslos hinterher, bis mir der Sinn und die Ausmaße ihrer Aussage bewusst wurden.

Das war es also? Die ganze Zeit über dachte ich, ich würde sie nie loswerden. Aber, wollte ich das überhaupt? Bei allen schlechten Gedanken über Pansy, sie war in meiner ganzen Schulzeit anwesend gewesen. Es fühlte sich komisch an, ohne sie. So leer. Ungewohnt.

Ich ging noch ein bisschen am See spazieren und machte mir Gedanken. Als ich schließlich zum Schloss zurückging, war ich überzeugt davon, dass Pansy bald schon zurückkommen würde. Wenn hier einer Schluss machte, dann ich. Aber wie ich gemerkt hatte, gab es hier ja keine ansehnlichen Mädchen. Solange also keine andere in Aussicht war, konnte Pansy ihre Zeit bei mir noch genießen.

In meiner Tasche umschlang ich den kleinen Stein. Seltsamerweise war ich gar nicht wütend auf Pansy. Nun, ich vermutete, sie hatte mir die Augen geöffnet... ich sollte sie nicht als gegeben hinnehmen. Sicherlich hat sie auch Gefühle. Auf jeden Fall sogar, wenn ich recht bedenke, hat sie mir immer unter die Nase gerieben, wie sehr sie mich mochte. Ich hatte nur mit halben Ohr zugehört.

Sollte ich nicht froh sein, sie los zu sein? Wie oft hatte ich mich beschwert... Ich lief in die Eingangshalle und fand dort das Wiesel und das Schlammblut vor. Alleine, ohne den glorreichen Potter. Diese Zeit nutzend, knutschten sie herum.

„So, so, interessant", fing ich an. Sie fuhren auseinander. „Da haben sich ja zwei gefunden. Passt bloß auf, dass ihr nicht zu viele kleine Schlammblütler in die Welt setzt, sonst könnte es eng werden im Hause der Weasleys!"

Ich leierte die Beleidigungen herunter, weil es das war, was sie und ich von mir erwarteten. Bloß der Kloß in meinem Hals störte mich. Sogar der letzte Abschaum fand jemanden. Und ich war gerade verlassen worden, dazu hatte sie doch kein Recht!

„Klappe Malfoy!", zischte Weasley. Granger hielt ihn fest, aber er sah nicht so aus, als wolle er sich auf mich stürzen.

Ich winkte ab und ging an ihnen vorbei, für mich war das Gespräch schon beendet.

Für Weasley anscheinend nicht.

„Ich lasse es nicht mehr zu, dass du Hermine beleidigst! Das wirst du büßen!"

Ich wirbelte herum und blickte Weasley an. „Oh, letztendlich scheint sich der Gryffindor Mut auch bei dir zu zeigen. Was willst du denn tun, mir Punkte abziehen?", antwortete ich gelangweilt.

„Nein, ich fordere dich zu einem Duell heraus", sagte er wütend. Granger flüsterte ihm ängstlich etwas zu. Im Moment hatte ich echt andere Probleme, als ein Duell mit Weasley! Aber wenn ich ablehnen würde, hätte er schon gewonnen.

„Na schön. Crabbe ist mein Sekundant. Um Mitternacht im Pokalzimmer", sagte ich.

„Aber komm diesmal auch, wenn du dazu nicht zu feige bist", sagte er. Ich nickte und ging endlich zu den Kerkern hinab.