„Once more I say good bye to you – things happend but we don't really know why"
- Bullet for my Valentine / All these things
EpilogDie zwei Jahre bei seiner Familie waren hart gewesen. Der Unterricht war in der Zeit noch das Leichteste. Sirius fiel es schwerer, sich nicht von den Ansichten seiner Familie überzeugen zu lassen. Denn schließlich war er mit seiner Einstellung ganz allein gewesen und hatte keine Freunde bei sich, die ihn unterstützen.
Ja, er hatte sich einsam gefühlt. Sehr sogar. Doch er warf seinen Freunden nicht das Geringste vor.
Wieso auch? Schließlich war er für die ganze Situation selbst verantwortlich gewesen.
Sirius lag mit halb geschlossenen Augen auf James Bettdecke. Er fühlte sich total ausgelaugt und leer. Sein Körper war müde und schwach, doch in seinem Kopf war er noch hellwach.
Er konnte nicht schlafen, zu viel war in den letzten Stunden passiert. Dieses ständige Auf und Ab der Gefühle hatte ihn zu sehr aufgewühlt, als dass er jetzt zur Ruhe kommen könnte.
Er vernahm James leises und regelmäßiges Atmen. Es hatte eine beruhigende Wirkung auf Sirius. Doch einschlafen konnte er dennoch nicht.
Er dachte noch über vieles nach, dachte an Remus, an Peter. Was würden sie wohl sagen? Er sah ihre freudigen Gesichter vor sich, wie sie dem wieder gesunden James um den Hals fielen. Remus würde sicher vor Freude ein paar Tränen vergießen. Es war bald Vollmond und in diesen Tagen war er sehr emotional.
Und wie er Peter kannte, würde dieser im Kreis herumspringen und quieken, so wie er es immer getan hatte.
James Brustkorb hob und senkte sich in einer ermüdenden und zugleich beruhigenden Regelmäßigkeit.
Wie sehr freute er sich auf den nächsten Tag. An dem alles wieder gut war.
Was alles noch kommen würde, war ihm im Moment egal. Für ihn zählte jetzt nur, dass er wieder bei seinen Freunden sein konnte.
Ihm war natürlich klar, dass jetzt keine leichtere Zeit bevorstand. Er hatte an Snapes Verhalten bemerkt, dass die Sache mit Rosier noch lange nicht vergessen war. Und wenn er es jetzt wirklich schaffte, wieder in Hogwarts aufgenommen zu werden, um seine Schulausbildung nachzuholen, würde er sicherlich noch mit vielen Schülern Probleme bekommen.
Doch das Einzige, was zählte, war, dass seine Freunde von nun an wieder hinter ihm standen. Mit ihnen würde es nicht schwer werden, dass alles durchzustehen. Sirius war zuversichtlich.
Ein leichtes Zucken durchfuhr James' Körper und riss Sirius aus seinen Gedanken.
In diesem Moment merkte er, dass er schon bereits zu schwach war, sich aufzurichten. Eine Trägheit lastete auf seinem Körper, wie er sie noch nie zuvor gespürt hatte. Er hatte gerade mal genug Kraft, die Augen offen zu halten.
Was war nur mit ihm los? Hatte ihn der Zauber zu viel Kraft gekostet?
James stöhnte leicht auf, sein Atem wurde schneller.
Hatte er wieder Schmerzen? Ging es ihm wieder schlechter?
Sirius wollte aufstehen, wollte nach James schauen, doch er war zu schwach.
Hilflosigkeit machte sich in ihm breit, er konnte noch nicht einmal Hilfe holen. Er versuchte etwas zu sagen, versuchte nach Dumbledore und Madam Pomfrey zu rufen, doch alles, was seiner Kehle entwich, war ein stummer Schrei.
Sirius schloss seine Augen, versuchte seine ganze restliche Kraft zu sammeln. Doch er wurde zunehmend schwächer. Er spürte, wie der Lebenswille langsam aus seinem Körper wich.
Doch sein Verstand sträubte sich dagegen - in seinem Kopf begannen die Gedanken zu rasen.
Was ging hier gerade vor sich? Was passierte mit James?
Und was passierte mit ihm?
James hatte aufgehört, sich zu bewegen. Er lag still und lautlos in seinem Bett.
Sirius hörte seinen Atem nicht mehr.
Über den Krankenflügel hatte sich eine unangenehme Stille gelegt, so empfand es Sirius. Fast wie die Stille der Toten.
Doch James war nicht tot! Nein! Wieso sollte er? Er hatte doch gerade noch seelenruhig geschlafen! Sirius hatte ihn doch gerettet, hatte sein Leben für ihn riskiert und war nun mit ihm auf magische Weise verbunden. Für immer.
Er würde ab jetzt zusammen mit seinen Freunden ein wunderbares Leben führen. Und niemand würde ihn daran hindern!
James' Körper lag ruhig da. Sirius sah das Auf und Ab seines Brustkorbes nicht mehr.
'Atme James, atme…' flehte er seinen besten Freund in Gedanken an.
Sirius hob mit aller Kraft seine Hand ein Stückchen um die von James zu erreichen und erschrak.
James' Hand war kalt.
Was um alles in der Welt war nur los? Sirius war verzweifelt. Er versuchte sich abermals aufzurichten – vergebens. Er konnte die Augen nicht mehr offen halten, sie fielen ihm automatisch zu. Und alles um ihn herum wurde dunkel.
Er hörte nichts mehr, sah nichts mehr. Er fühlte nur noch James leblose, kalte Hand.
Dann drangen die Bilder in seinen Kopf.
Die erste Begegnung mit James, wie sie sich anfänglich total gestritten hatten. Wie sich aus dieser Feindschaft eine so tiefe Freundschaft gebildet hatte.
Er sah Remus vor sich. Und Peter. Er sah die ersten drei Schuljahre vor sich ablaufen.
Wie viel Unsinn sie gemacht hatten, wie oft sie erwischt wurden. Er sah Professor McGonagalls erzürntes Gesicht vor sich.
Dann sah er Rosiers Leiche vor sich, hörte James angstvollen Schrei. Dumbledores besorgtes Gesicht, als Sirius Hogwarts verlassen und mit seinem Vater mitgehen musste.
Die Erinnerungen an den Unterricht bei seiner Familie kamen in ihm hoch. Die Schmerzen des Cruciatus-Fluchs, die er jedes Mal erleiden musste, wenn er etwas falsch machte.
Und dann seine Rückkehr nach Hogwarts.
Er sah James lächelndes Gesicht vor sich.
„Mir geht es gut."
Ja, James ging es gut. Er würde morgen aufwachen und wieder bei Kräften sein. Und zusammen würden sie morgen durch die Schule streifen und sich erstmal wieder mit ein paar Slytherins duellieren.
Doch tief im Inneren wusste Sirius, dass er sich etwas vorlog.
Er spürte einen Stich in seiner Brust. Automatisch zuckte sein ganzer Körper zusammen. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Je mehr er sich auf etwas konzentrieren wollte, desto mehr verblasste es.
Das Atmen fiel ihm von Mal zu Mal schwerer.
'Ist jetzt alles vorbei…?'
Dumbledore saß in seinem Büro. Er fühlte sich schuldig. Wieso hatte er das alles bloß zugelassen?
Wie konnte er erwarten, dass Sirius einen so schweren Zauber beherrschen könnte? Wie leichtgläubig musste er gewesen sein?
Animi coniungo – der Seelenverbindungszauber.
Natürlich, er war Sirius gelungen. Sonst wäre James nicht mehr aufgewacht. Ihre Seelen hatten sich miteinander vereinigt. Doch er war nicht stark genug gewesen. Der Zauber hatte lediglich bewirkt, dass James noch eine kurze Zeit mehr zu leben hatte.
Und die Auswirkungen des Zaubers waren fatal und unumgehbar.
Wenn zwei Seelen einmal miteinander verbunden waren, teilten sie das gleiche Leid.
Wenn der Eine Schmerzen hatte, übertrugen sie sich auch auf den Anderen.
Wenn der Eine starb…
Starb auch der Andere…
Ende
