Kapitel 1

Der Erbe ist erwacht

»Ich habe sie gefunden! Ich habe sie endlich gefunden!

Ich habe es selbst nicht glauben können, dass ich nach so langer Suche endlich den Eingang gefunden habe. 5 lange Jahre habe ich auf diesen Moment gewartet, seit ich die Legende der Kammer zum ersten Mal gehört habe. Ich hätte sie nie da vermutet, wo sie ist. Darauf muss man erst mal kommen. Der Eingang liegt versteckt in einem Mädchen-Klo, das muss man sich mal vorstellen! Das wäre der letzte Ort gewesen, wo ich gesucht hätte, wenn nicht irgendein Witzbold die Schilder vertauscht hätte und ich dachte, ich sei auf dem Weg zu den Jungen…

Dieser Witzbold, gelobt und gepriesen sei er, ahnt nicht, was er mir damit für einen großen Gefallen getan hat! Denn als ich mir die Hände waschen wollte, habe ich den Eingang entdeckt. So gut versteckt, ein Unwissender würde glatt daran vorbeigehen. Nur ein kleines Zeichen, eine winzige Schlange zeigte mir das, wonach ich schon so lange gesucht habe.

Und tatsächlich, nur ein kleines Wort in Parsel und der Eingang öffnete sich. Und unten, tief unter dem Schloss fand ich das, was der alte Slytherin Hogwarts überlassen hat und das nur sein wahrer Erbe beherrschen kann. Und wirklich, ich bin es, ich bin der wahre Erbe! In Mutters Adern muss tatsächlich das Blut Slytherins geflossen sein, denn ich bin mächtig genug ihm zu befehlen, ihm, dem…«

Eine Tür schlug zu und der große schwarzhaarige Junge, der sich eben noch über einen offenen Taschenkalender gebeugt und darin geschrieben hatte, zuckte erschrocken zusammen und klappte das Buch zu. Hinter ihm war ein Junge in den Schlafsaal eingetreten, der ihn nun ansprach: »Hey, Tom, willst du nicht mal langsam zum Essen runter gehen?«

»Nenn mich nicht so!«, knurrte der angesprochene böse, denn erstens konnte er seinen Namen nicht leiden und zweitens war er sauer, dass er beim Tagebuchschreiben unterbrochen worden war.

»Tut mir Leid, Tom, ähm, ich meine … Ach Mensch Riddle, wie soll ich dich denn sonst nennen? Warum können wir nicht einfach Tom Riddle zu dir sagen, du heißt schließlich so?«

»Wenn du einen Vater wie meinen gehabt hättest und seinen Namen tragen müsstest, würdest du verstehen warum«, knurrte Riddle und fuhr verärgert mit dem Finger die Initialen auf dem Taschenkalender nach: T.M. Riddle stand dort für Tom Marvolo Riddle. Das war er, Tom Riddle, Vertrauensschüler in Slytherin, begabt in der Schule und mit vielen Freunden, die ihn bewunderten. Er schien das perfekte Leben zu haben, aber das war nur augenscheinlich so. Nur seine besten Freunde wussten, dass er, der brillante Riddle, arm wie eine Kirchenmaus war und zudem noch ein Waise, der alle Ferien in einem schäbigen Muggelwaisenhaus in London verbringen musste. Seine Mutter war bei seiner Geburt gestorben und sein Vater, dieser gemeine Muggel, hatte sich nie um ihn gekümmert, seit er herausgefunden hatte, dass seine Frau eine Hexe war. Schon vor Riddles Geburt hatte sein Vater seine Mutter verlassen und hatte ihm nichts hinterlassen, als seinen dreckigen Namen, den Riddle seitdem tragen musste. Und den seines genauso gemeinen Muggelgroßvaters noch dazu. Tom Marvolo Riddle, ein Name, den er so schnell es eben möglich war vergessen wollte und weswegen er seinen engsten Freunden einen neuen Namen für sich genannt hatte.

Der andere Junge hatte den Schlafsaal längst achselzuckend verlassen. Es war bekannt, dass Riddle manchmal ein bisschen seltsam war, vor allem wenn es um seinen Namen ging, und es war besser, ihn dann in Ruhe zu lassen. Riddle registrierte erst jetzt, dass er wieder ungestört war, aber er klappte den Taschenkalender trotzdem nicht wieder auf. Er stand stattdessen seufzend auf und machte sich auf den Weg in die Große Halle, um doch noch am Abendessen teilzunehmen. Er war Vertrauensschüler und es würde auffallen, wenn er nicht zum Essen kam und da er weder krank war, noch irgendwelche anderen triftigen Gründe hatte, dem Essen fernzubleiben, ging er lieber hin. Nichts sollte das feine Bild des braven, verantwortungsbewussten Vertrauensschülers Riddle trüben. Aber für diese Nacht, wo ihn niemand beobachten würde, hatte er andere Pläne.

Tatsächlich schob sich wenige Stunden später der schwarze Haarschopf Riddles vorsichtig durch den Eingang zum Slytherin-Gemeinschaftsraum im oberen Kellergeschoss. Er spähte vorsichtig nach beiden Seiten, aber wie er erwartet hatte, war niemand zu sehen und der Korridor lag wie ausgestorben.

Riddle huschte leise den Flur entlang. Sein schwarzes Haar und die schwarze Robe verschmolzen gleich mit der Dunkelheit, so dass er kaum noch zu erkennen war. Alles lag ihm Schatten der Nacht und Riddle unterließ es, seinen Zauberstab zu entzünden, denn die Schwärze bot ihm Schutz nicht gesehen zu werden. Außerdem kannte er seinen Weg genau.

Er stieg ins Erdgeschoss und von dort aus die große Marmortreppe hinauf in den 1. Stock . Erst im allerletzten Korridor machte er vor einer Tür zu einer Mädchentoilette halt, schaute sich noch einmal nervös um und verschwand schließlich dahinter. Nachdem er auch drinnen geprüft hatte, dass sich niemand in den Kabinen aufhielt, entzündete er endlich seinen Zauberstab und ging auf die Waschbecken zu. Vor einem von ihnen blieb er stehen und strich sanft mit dem Finger über etwas neben dem kupfernen Wasserhahn. Als er die Hände wegnahm, konnte man eine winzige Schlange erkennen, die dort eingekratzt war und die Riddle nun liebevoll betrachtete. Dann trat er einen Schritt zurück, legte den Kopf leicht schief und verengte die Augen zu Schlitzen. Ein unmenschliches Zischen entwich seinen kaum geöffneten Lippen und sofort erglühte der Hahn strahlend hell und begann sich zu drehen – kurz darauf begann sich auch das Waschbecken zu bewegen. Es versank gänzlich in die Wand und gab das Ende eines Rohres frei, das breit genug war, damit ein Mensch hindurch rutschen konnte.

Riddle lächelte selig; der Eingang zur Kammer des Schreckens war erneut geöffnet!

Er stieg in die Röhre und ließ sich eine endlose dunkle Rutschbahn hinab gleiten. Etliche andere Rohre zweigten in verschiedene Richtungen ab, aber keines war so dick wie das, in dem er sich befand und das in unendlich vielen Windungen steil abwärts verlief. Es führte tief hinab unter die Schule, in Tiefen weit unterhalb der Kerker und bog sich an seinem Ende nach oben und lief aus.

Riddle stand auf und entflammte seinen Zauberstab erneut. Er ging mit langen Schritten einen dunklen Steintunnel entlang, der sich in schier endlosen Windungen immer weiter fort wand. Schließlich stand er nach einer letzten Biegung vor einer Wand, in die zwei ineinander geflochtene Schlangen eingemeißelt waren. Ihre Augen waren große schimmernde Smaragde und als Riddle erneut ein Zischen von sich gab, entflochten sie sich und in der Wand tat sich ein Spalt auf. Die beiden Schlangen glitten sanft zur Seite und Riddle trat mit einem Lächeln auf den Lippen ein.

Er stand am Ende einer sehr langen, schwach beleuchteten Kammer. Mächtige Säulen, auch sie umrankt von steinernen Schlangen, ragten empor zur Decke, die im Dunkeln lag. Die Säulen warfen lange schwarze Schatten durch das seltsam grünliche Dämmerlicht, das den Raum erfüllte. Riddle ging zwischen den Schlangensäulen hindurch nach vorn. Jeder seiner Schritte hallte von den Wänden wieder. Auf seinem Gesicht hatte sich deutliche Vorfreude, ja beinahe Ungeduld ausgebreitet. Er trat zwischen das letzte Säulenpaar. Vor ihm an der Rückwand, ragte eine Statue auf, die so hoch war wie die Kammer selbst. Das riesige affenartige Gesicht eines alten Zauberers mit langem schmalem Bart, der fast bis zum Saum seines wogenden Steinumhangs herabfiel, beäugte Riddle aus kalten Steinaugen. Zwei gewaltige graue Füße standen auf dem glatten Kammerboden, vor denen Riddle niedergesunken war. Er hielt demütig den Kopf gesenkt und sprach mit leiser zaghafter Stimme: »Großer Slytherin, größter der vier. Ich bin erneut gekommen, um das weiterzuführen, was ihr einst beginnen wolltet: alle Muggel sollen aus Hogwarts vertrieben werden!« Er sprach nun lauter und mit fester Stimme: »Alle Schlammblüter sollen fort von hier, darum erlaubt mir, das zu rufen, was ihr in Hogwarts hinterlassen habt!«

Er blickte in das steinerne Gesicht des alten Zauberers und stand dann auf. Auch ohne Antwort war ihm, Riddle, dem Erben Slytherins klar, dass er das Grauen rufen durfte, nein musste!

Er ging zurück und blieb dann zwischen den Säulen stehen. Erneut blickte er zur Statue auf und wieder verengten sich seine Augen zu Schlitzen und nahmen diesmal einen leichten rötlichen Schimmer an. Er öffnete weit den Mund und zischte lang und andauernd.

Slytherins gigantisches Steingesicht begann sich zu regen, der Mund öffnete sich, immer weiter, bis sich ein riesiges schwarzes Loch aufgetan hatte. Und im Inneren des steinernen Mannes bewegte sich etwas und wand sich aus den Tiefen hervor.

Riddle lachte schrill und rief: »Ja, komm, komm nur, immer weiter, ich kann dich schon hören!«

Dann zischte er wieder und endlich klatschte etwas Riesiges auf den steinernen Boden der Kammer und ließ ihn erzittern. Eine gigantische Schlange, leuchtend giftgrün und dick wie ein alter Baumstumpf schlängelte sich auf ihn zu. Riddle lachte erneut schrill auf und rief: »Verjag sie, verjag alle Schlammblüter aus Hogwarts.«

Er zischte der Schlange etwas zu und sie rauschte an ihm vorbei, die zahlreichen Windungen des Tunnels entlang und dann das endlos lange Rohr hinauf. Riddle eilte ihr nach, ein frohlockendes, doch eisiges Lächeln auf den Lippen. Der Erbe war gekommen, die Kammer geöffnet. Nun konnte die Schule von allem Übel befreit werden.


A/N: In „Harry Potter und die Kammer des Schreckens" wird erstmal die Toilette der Maulenden Myrthe erwähnt, wo der Eingang zur Kammer liegt. Im Kapitel „Die Todestagsfeier" erzählt Hermine, dass Myrthe im Klo im 1. Stock lebt. Keine zwei Seiten weiter allerdings rast Harry auf der Suche nach der Stimme durch den 2. Stock und findet schließlich im letzten Korridor die versteinerte Mrs. Norris. Unter ihr eine große Wasserlache. Im folgenden Kapitel „Die Schrift an der Wand", versuchen Harry und Co Spuren zu suchen. Sie kehren an den Ort des Verbrechens zurück und erinnern sich an die Wasserpfütze. Ron beschreibt wo sie war, auf Höhe der Tür zur Mädchentoilette. Die Mädchentoilette in der Myrthe lebt.

Moment, war die nicht im 1. Stock, wie Hermine sagte? Wie jetzt!

Bei mir ist das Klo jedenfalls im 1. Stock, nur damit es zu keinen Ungereimtheiten kommt!

;-)