John schloss die Türen des Besprechungsraumes, und materialisierte dann zwischen Teyla und Elizabeth. Noch hatte sich keiner von ihnen hingesetzt, doch dann riss sich Elizabeth zusammen.

„Bitte, nehmt platz"

„Danke, Dr. Weir", sagte Teyla leicht und tauschte einen kaum zu bemerkenden Blick mit Ronon aus, der sich ebenfalls niederließ und sofort die Arme vor der Brust kreuzte.

Einige Sekunden herrschte verlegenes Schweigen. John ließ den Blick über die Menschen am Tisch wandern, Dr. Weir, gealtert und sorgenvoll, Dr. Zelenka, zwischen Neugierde und Unsicherheit hin und her gerissen, Colonel Bauer und Colonel Kane, die Kommandanten der Daedalus und der Hammond.

„Vor einer Woche gab es eine Explosion in Atlantis", sagte John.

Teyla und Ronon hoben die Augenbrauen.

„Wurde jemand verletzt?", fragte Teyla, und Dr. Weir öffnete den Mund.

„Wir hatten... drei Todesfälle zu beklagen", sagte sie langsam.

„Das tut mir leid", sagte Teyla, und richtete dann wieder ihren Blick auf John, der immer noch stand- er sah keinen Grund sich zu setzen, da er als Hologramm kaum ermüden konnte- und etwas abwesend lächelte. Doch bevor er sprechen konnte, meldete sich Colonel Bauer zu Wort.

„Warum sind sie hier?", fragte er ohne jede Umschweife.

Ronons Blick schien sich in den untersetzten, grauhaarigen Mann hineinbohren zu wollen, doch der Colonel starrte stur zurück. Teyla suchte nach Worten.

„Ich habe sie eingeladen", sagte John.

„Tatsächlich?", sagte Colonel Kane, und John lächelte, vollkommen immun gegen den Sarkasmus in der Stimme des Mannes.

„Ja"

„Und warum, wenn ich fragen darf?", fragte Kane, und schob seinen imposanten Unterkiefer vor.

„Es hat... etwas mit der Explosion zu tun, nicht wahr?", sagte Zelenka.

XXX

Das Hologramm, was nun Colonel Sheppard war, nickte. Es schien ein wenig zu flackern, und stand dann viel näher am Besprechungstisch, was wohl nun „herantreten" für den Colonel bedeutete, dachte Radek. Colonel Bauer und Colonel Kane zuckten ein wenig zurück, und Elizabeth suchte Zelenkas Blick.

„Rodney ist beinahe wach", sagte Sheppard.

Elizabeths Hand flog vor ihren Mund, und Teyla und Ronon rissen die Augen auf. Radek hatte sich nicht gerührt, spürte den Schock aber tief in sich.

„Was soll das bedeuten?", fragte Colonel Kane scharf, und Colonel Bauer fragte sofort weiter, ohne eine Antwort abzuwarten.

„Rodney? Rodney McKay?"

„Ja", sagte Sheppard schlicht, und beachtete die beiden Männer nicht weiter. Er drehte sich zu Teyla und Ronon und lächelte wieder, ein hoffnungsvolles Lächeln.

„Dr. Rodney McKay!", sagte Colonel Bauer, und schnaubte dann. „Das kann nicht sein, er..."

„Ist in einer Stasis- Kammer, ja", sagte Sheppard, ohne den Mann auch nur anzublicken.

Bauer lief langsam rot an, und spuckte die nächsten Worte geradezu aus.

„Und es gab auch einen Grund, warum er dort ist, nicht wahr?"

„Ich denke schon", sagte Sheppard gleichgültig.

„Aber...", sagte Radek, der seine Sprache wieder gefunden hatte. „Wie... ist das möglich? Wie kann er wach sein, wenn er in der Stasis- Kammer ist?"

Jetzt huschte der Anflug eines Grinsen über das Gesicht von Sheppards Hologramm- Form.

„Ich habe nicht gesagt, dass er wach ist. Er ist beinahe wach... Diese Explosion... sie hat für einen Augenblick die Energie soweit gedrosselt, dass Atlantis automatisch Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet hat..."

„Aber sie hätten es doch stoppen können?", sagte Colonel Bauer ungeduldig, und Kane fügte barsch hinzu: „Oder ihn zumindest wieder einschläfern"

Sheppard schenkte den Männern keine Beachtung, sondern hatte sich wieder zu Teyla und Ronon gewandt, die ihn mit angespannten Mienen betrachteten.

„Warum hast du uns geholt?", sagte Ronon.

Sheppard stützte die leuchtenden Hände auf den Tisch, und beugte sich ein wenig vor.

„Er ist da", sagte er, das Lächeln immer noch auf dem Gesicht. „Er hat fast dreißig Jahre geschlafen, aber er ist immer noch da, ich habe ihn ge- "

„Es gab einen sehr guten Grund, dass man ihn in die Stasis- Kammer getan hat, Colonel", sagte Kane scharf, der sich erhoben hatte.

Sheppard drehte den Kopf und betrachtete den Mann, eine aufreizend gleichgültige Miene tragend, doch Zelenka hatte das Gefühl, dass sich der Colonel über sein provozierendes Verhalten gar nicht mehr im klaren wahr.

„Wir können nichts für ihn tun", sagte Bauer. „Schicken sie ihn wieder..." Er machte eine unbestimmte Handbewegung, und Sheppard drehte sich nun vollends zu ihm herum. Er lächelte nun nicht mehr, sah allerdings auch nicht exakt feindselig aus.

„Nein"

Bauer erstarrte, richtete sich dann zu voller Größe auf.

„Ich glaube, sie haben nicht verstanden, Lt. Colonel-"

Sheppard hatte sich schon von ihm weggedreht, und Radek bemerkte plötzlich, dass sein Mund offen stand. An Bauer's Schläfe pulsierte eine Ader.

„Colonel Sheppard!", setzte Elizabeth an, doch Sheppard beachtete auch sie nicht.

„Kommt mit", sagte er stattdessen zu Ronon und Teyla, die sich erhoben, und zwar noch etwas unschlüssig aussahen, doch auch- angesichts Bauers und Kanes hilfloser Wut- etwas amüsiert.

„Schnell", sagte Sheppard, und wies zu einem der Ausgänge. Teyla und Ronon tauschten den kürzesten aller Blicke, und strebten dann zu der Tür.

„Hey!", rief jemand, Radek nahm an, dass es Kane war, doch er beachtete den Mann jetzt nicht mehr-

„Colonel!" Elizabeth war um den Tisch herum getreten, und Sheppard drehte sich zu ihr um, gerade als Teyla und Ronon den Besprechungsraum verließen, ein entschuldigendes Lächeln auf dem Gesicht.

„Er ist beinahe wach, Elizabeth"

Und damit verschwand er.

XXX

„Wie lange, glaubst du...?", sagte Ronon zu Teyla, als sie den Flur hinunter gingen, und versuchten, nicht allzu auffällig zu sein. Ein Unternehmen, das zum Scheitern verurteilt war, war ihre Kleidung doch nicht unbedingt dem Standart der Menschen in Atlantis entsprechend. Doch außer neugierigen Blicken hatten sie noch nichts geerntet.

Das Headset in Teylas Tasche piepte, und sie setzte es rasch auf.

„Gar nicht", ertönte Sheppards Stimme leise.

„Es ist der Colonel", sagte sie ebenso leise zu Ronon, der rasch ebenfalls sein Headset aufsetzte.

„Ich habe sie vollkommen vom Rest von Atlantis abgeschnitten", sagte Sheppard, und sie kamen nicht umhin, eine gewisse Befriedigung aus seiner Stimme herauszuhören.

„Natürlich wird Radek alles versuchen, und irgendwann werden sie auch bemerkt werden, aber erst einmal kommen sie nicht aus dem Besprechungsraum hinaus."

„Gut", sagte Ronon lakonisch.

„Und wir gehen in der Zeit zu...?", sagte Teyla.

„Rodney, ja"

XXX

Es ist... irgendwie kühl, kühl und kalt und glatt, und er hat keinen Halt, und wo eben noch Leere war, ist jetzt etwas, und es ängstigt ihn, denn er kann nichts tun.

Er hört nichts, sieht nichts, nur Gefühle dringen ein in seine Welt, immer mehr und mehr...

XXX

Atlantis war kalt, so tief unten wie sie waren. Für die Menschen funktionierten die Transporter eigentlich nur bis zu einer gewissen Ebene, dafür hatte Sheppard gesorgt, doch Ronon und Teyla waren nun tief, tief unten im Bauch von Atlantis, so tief, dass sie durch die Fenster nur blau-grünes Wasser sehen konnten und ihr Atem ihnen in Wolken vor dem Mund hing.

Teyla rieb die Hände gegeneinander. Dieser Bereich von Atlantis war nur spärlich beleuchtet, und anders als oben, wo man nur das sanfte Summen der Maschinen und die Stimmen der Menschen vernahm, konnte man hier unten den wahren Puls Atlantis' hören, stampfend und stöhnend, die Geräusche aller immerarbeitenden, oft so wenig beachteten Maschinen, die für Wasser und Luft sorgten. Der Hall war nur schwach, doch da ansonsten Totenstille herrschte, konnten sie den nie verstummenden Chor gut hören.

„Jetzt links", sagte Sheppards Stimme. „Wir sind gleich da"

Atlantis war in tiefe Blau- und Grüntöne getaucht, und die dämmerigen Lichter spiegelten sich matt auf dem staubbedeckten Boden wieder. Der Gang machte eine kleine Biegung vor ihnen, und dann konnten sich das hellere, rötlich Licht sehen, dass aus einer Kammer schien.

„Das...", sagte Teyla, und Ronon nickte, plötzlich seinen Schritt beschleunigend.

Teyla wollte nicht hingucken, sie wollte nicht sehen, denn sie wusste, sie würde sehen, was sie nicht sehen wollte. Trotzdem beschleunigte sie ebenfalls, und betrat kurz hinter Ronon die Kammer.

Beide blieben einen Augenblick stehen. Dann drehte sich Ronon abrupt um, und schlug mit der Hand gegen die Wand. Ein Knacken ertönte, und der Mann ließ ein Stöhnen hören.

Teyla starrte.

Er sah nicht mehr so aus, wie sie ihn zuletzt gesehen hatte, und auch nicht mehr so, wie er ausgesehen hatte, als sie ihm das erste Mal begegnet war-

„McKay", knurrte Ronon, die eine Hand vor der Brust.

-und trotzdem war er ihr nicht komplett fremd, nicht vollkommen anders, ein bisschen schien in seinen Zügen geblieben zu sein, was nicht in der Umwandlung verloren gegangen war-

„Ja", sagte Sheppard körperlose Stimme, doch Ronon schüttelte den Kopf.

„Das kann nicht- das kann nicht- "

„Er ist es", sagte Sheppard, und Teyla nickte.

„Wir wussten.. dass das geschehen würde"

„Ja", sagte Sheppard, doch Ronons Miene verhärtete sich.

„Nein. Dann ist er nicht mehr..."

„Wenn dem so wäre, dann hätte ich ihn sofort wieder in die normale Stasis geschickt", sagte Sheppard, und plötzlich klang seine Stimme kalt.

„Er ist noch da. Ich habe es gefühlt. Atlantis weiß es..."

Teyla war an die Statis-Kammer herangetreten, eine Hand auf das Glas legend, und ließ den Blick über bläulich- blasse Haut und weiße Haare wandern, über ein verzerrtes, bekanntes Gesicht.

„Und deshalb werden wir..?"

„Wir müssen ihn aufwecken, Teyla", sagte Sheppard, die Stimme nun halb zu einem Flüstern gesenkt. „Entweder heute oder nie. Sie werden nichts finden, womit sie ihm helfen können. Entweder er erwacht heute oder er schläft für immer"

xxx

Oh, was sagte ich zu Erklärungen? Nun gut, sie werden im nächsten Kapitel folgen...