Anmerkung

Ich habe ein paar Absätze der Leserlichkeit wegen eingeführt.

Titel: Die Domänen

Genre: Abenteuer, Alternative Universe, ein klein wenig Romantik. Crossover HdR / Darkover

Disclaimer: Figuren und Handlungsschauplätze sind aus den Büchern von J.R.R Tolkien, Marion Zimmer Bradley, sowie (mit freundlicher Genehmigung der Autorin) aus der Geschichte "Den Jäger erlegen" von Sleepy Tiger entlehnt.


Kapitel 1: Botschaften und die Bürde der Könige


Lorill Hastur, Regent des Königshauses Hastur und Elhalyn, grübelte über den Bilanzen der Stadtgarde Thendaras. Dom Alton war ein fähiger Kommandant, zuverlässig und ehrlich; genauso sein Vertreter Lewis MacAran, der einsprang, wenn dringende Probleme den alten Herren in seine Domäne riefen. Seit Monaten landeten Dom Altons Gesuche, den Etat der Garde aufzustocken, auf Lorills Schreibtisch. Die Ausgaben für die Ausrüstung der Gardisten stiegen beharrlich. Aber Lorill wusste, dass das eigentliche Problem anders lag. Denn Geld hielt die Schwerter aus minderwertigen Eisen nicht ab zu zerbrechen. Geld vermochte nicht die Qualität des Eisens zu steigern, welches die Türme aus dem Boden förderten. Mit Geld würden die chronisch unterbesetzten Turmkreise auch nicht schneller arbeiten um die Nachfrage nach den kostbaren Metallen zu stillen.

Und dieses Problem wirkte sich nicht bloß auf den Haushalt der Garde aus. Bei der stetig wachsenden Bevölkerung steuerten die sieben Domänen auf eine akute Mangelsituation zu. Und Mangel war ein guter Nährboden für Unruhe. Unruhe, die sehr bald in Revolte umschlagen konnte und die Comyn, die in den letzten Generationen lieber endlose Debatten führten als der Zukunft ins Auge zu sehen, endlich wachrütteln könnte. Wenn es dafür dann nicht schon zu spät war.

Die Isolation der Domänen vom Rest Mittelerdes hatte in der Vergangenheit für ihr Überleben gesorgt. Während Königreich entstanden und vergingen, blieb das Volk unter der roten Sonne unbehelligt von den Kriegen um die Simaril und die Ringe der Macht. Keine feindliche Armee überquerte die Pässe, die ständig von den Türmen bewacht wurden.

Aber die begabten Comyn schwanden. Inzest und Zuchtprogramm schufen viele tödliche Erbfehler. Gleichzeitig zu den menschlichen Ressourcen, mangelte es bald an anderen Rohstoffen. Das unwirtliche Land forderte seinen Tribut. Was die Länder der roten Sonne einst schützte, trieb sie nun in den Ruin. Und was zurück bleiben würde, wäre nicht wert, ein Volk genannt zu werden

Deshalb hatte sich Lorill entgegen der vorherrschenden xenophoben Einstellung des Comynrates entschieden, die Isolation zu brechen. In Anbetracht des jüngst gewonnenen Ringkriegs und dem noch schwachen Bündnis der Menschenreiche erschien ein regerer diplomatischer Kontakt von beiderseitigem Interesse; so hoffte er. Bevor er den Rat allerdings von seinem eigenmächtigen Handeln unterrichtete, wartete er auf positive Nachricht von seinem Boten.

Denn wenn Lorill eines in seiner Regierungszeit gelernt hatte, dann war es, dass man den Rat am Besten vor vollendete Tatsachen stellte. Für die Zukunft blieb nur banges Hoffen...


König Elessar ersann einen Plan, das königliche Sitzgerät bei der nächsten Audienz unter Einhaltung der Etikette zu schonen. Irgendein Abgesandter von Harad sprach seit einer halben Stunde in einem monotonen Singsang von der unbedingten Treue Harads zu Gondor. Elessar lächelte und nickte zu dieser offensichtlichen Lüge.

Anscheinend war eine wohlbekannte Tatsache an seinen Ahnen Elendil und Anarion vorbei gegangen: Auf Stein sitzen ist auf Dauer unangenehm. Aber irgendein ungeschriebenes Gesetz, oder eher Mythos, besagte, dass der König Gondors genauso unerbittlich und hart gegen seine Feinde war, wie der Steinthron auf dem er saß. Und da er die Stärke des neuen Bündnisses repräsentierte, versagte ihm dieser dumme Aberglaube die Nutzung eines Kissens.

Das nächste Mal, so entschied er insgeheim, würde er stehen bleiben. Damit umging er auch das zweite Manko dieses Thronssaales: die vielen Stufen, die ihn von allen anderen trennten. Es herrschte sowieso eine merkwürdige Vorstellung unter den Menschen, wie ein König sein sollte. Man schnitt ihn von dem normalen Leben ab. Wie sollte er denn das Beste für die Menschen entscheiden, wenn diese nicht frei ihre Probleme vortragen konnten? Die elbische Gesellschaft dagegen verlangte den engen Kontakt des Herrschenden zum Volk. Arwen kämpfte noch stärker mit der Zurückhaltung die jeder ihrer Herkunft und ihrer Stellung entgegen brachten.

Sie warf ihm gerade einen „Es-ist-bald-überstanden" -Blick zu, als der Zeremonienmeister rief:

„Eure Majestäten, ein Bote aus…"

Der Angekündigte beugte sich zu dem Zeremonienmeister und flüsterte in dessen Ohr. Der Ansager hielt verwirrt inne, raunte etwas zurück und erhielt als Antwort ein Nicken.

„Ein Bote aus der Domäne Hastur, im Namen der sieben Domänen der blutroten Sonne!",

endete er schließlich. Erstaunte Zwischenrufe erklangen und Bewegung kam in die Umstehenden, die bei Harads Treue schwüren im Stehen geschlafen hatten, weil alle eine gute Sicht auf diesen Boten haben wollten.

Hätte König Elessar nicht genau gewusst, dass sämtliche Personen seines Hofstaates, die diesen jungen Mann begutachtet hatten, bevor sie ihn zur Audienz zuließen, keinerlei Sinn für Humor besaßen, er hätte es für einen Scherz gehalten.

Die Domänen galten im Volksglauben als Mythos. Nur ganz wenige Wanderer aus dem Norden bestätigten die Existenz dieses abgeschotteten Landes. Und nun plötzlich erschien dieser Bote, das genügte Elessar sein schmerzendes Hinterteil zu vergessen.


Mags ganzer Körper war wund und steif. Der Stallmeister hatte vor zwei Tagen beschlossen, mit Anbrechen der warmen Zeit müsse der Stall von Grund auf ausgebessert werden. Das bedeutete eine Grundreinigung sämtlicher Boxen, Futterkrippen und Zubehörs, das Ausbessern der Verschläge und die Abdichtung aller kritischen Stellen im Dach.

In diesen zwei Tagen hatte sie mehr Mist gekarrt, als in ihrem ganzen Leben, auf Knien mit einer Bürste den Fußboden geschrubbt, Holz zu passenden Brettern gesägt und auf dem Dach die morschen Stellen markiert. Ein glücklicher Zufall, oder das Mitleid des Stallmeisters, setzten sie an diesen Morgen vor den Haufen Lederzaumzeug zum Ausbessern und Flicken. Wenigstens saß sie. Draußen fluchten die anderen Stallburschen, begleitet vom gleichmäßigen Klang des hin und her fahrenden Sägeblatts. Sie empfand die Temperaturen schon als sehr, sehr warm, obwohl die gondorianischen Stallknechte immer noch ihre Jacken trugen. Außerdem schmerzte der Verband, der ihre kleinen, aber leider vorhandene, Brust noch platter schnürte. Als weibliches Wesen ihres Alters besaß man nur zwei Möglichkeiten ohne Familie Geld zu verdienen: Hurerei oder sich als Junge ausgeben.

Mag hatte sich für letzteres entschieden als sie vor einem halben Jahr in Minas Tirith ankam. Die mit diesem Umstand zusammenhängende Scheu vor den anderen Stallburschen und ihre Fremdartigkeit verursachten ihren Ruf, einen seltsamen Charakter zu haben.

Trotzdem gefiel ihr ihre Arbeit in den königlichen Ställen. Die Anderen ließen sie in Ruhe und der Stallmeister schätzte ihre sorgfältige und vor allen Dingen klaglose Arbeit. Sie wohnte sogar in einem kleinen Kämmerchen über dem Küchengebäude, anstatt mit den anderen Knechten im Stall zu übernachten. Dummerweise würde sie bald weiterziehen. Schon jetzt zog man sie mit ihrer Bartlosigkeit auf und selbst der Trick immer etwas Dreck auf ihren Wangen zu verteilen half nicht mehr lange.

Aus dem Stall erklang wütendes Wiehern und ein derber Schlag, der die Wände erbeben ließ. Sie legte die Ahle beiseite und stand ächzend auf, um nach dem Verursacher des Lärms zu sehen- Brego- und welche Wand er diesmal zu zertreten suchte.

Im Stall selbst hing eine Traube Stallknechte an Bregos Seilen und zwangen ihn unten zu bleiben. Das Pferd schnaubte nervös und verdrehte die Augen. Eines der, wie sollte es auch anders sein, NEU eingesetzten Bretter an seinem Verschlag hing zerbrochen an den Nägeln.

Sie drängte sich gelassen durch die Stallknechte und legte ihre Hand auf die Nüstern des Braunen, der sofort ruhiger wurde. Auf ihr Zeichen ließen die Männer die Seile los und das Pferd blieb zahm. Sie lockerte den Knoten der Brego zu diesem Ausbruch gereizt hatte und führte das nun sanfte Tier in eine andere Box.

Die Knechte sprachen häufig von ihrer Wundergabe mit den Tieren reden zu können. Damit lagen sie gar nicht so falsch, aber doch vollkommen daneben. In Wahrheit hörte sie nur den Eindrücken und Empfindungen der Tiere zu und veränderte im Notfall ein klein wenig deren Wahrnehmung.

Brego zum Beispiel vertraute nur wenigen Menschen. Bei jeder Kleinigkeit zettelte er einen Aufruhr an. Aber dank eines kleinen Tricks ihrerseits, musste man nicht mehr jedes Mal den König dazu holen um das Pferd zu beruhigen. Eine besonders gute Errungenschaft während der Nachtstunden.

Und gerade dieser offensichtliche Zusammenhang zwischen ihrer Anwesenheit und der relativen Sanftmut Bregos veranlassten den Stallmeister einige ihrer Absonderheiten zu übersehen.

Just in diesem Augenblick erschien der Stallmeister an der Tür und er runzelte die Stirn angesichts des unproduktiven Haufens.

„Na los, zurück an die Arbeit. Ich bezahle euch nicht fürs Rumstehen!"

Murrend verzog sich die Menge in verschiedene Richtungen. Auch Mag wollte, nachdem sie Brego sicher in die andere Box verfrachtet hatte, zurück zu ihrem Zaumzeug. Aber der Stallmeister hielt sie auf:

„Junge, der Truchsess will dich sofort sehen. Wenn du etwas angestellt hast, dann…"

Ein eiskalter Blick unterbrach seine Predigt noch ehe sie begann. Dieser Junge war ihm manchmal nicht geheuer. Mag Aillard benötigte nur einen Blick um seine Kehle austrocknen zu lassen. Er schluckte nervös.

„Ich gehe schon. Brego braucht übrigens Auslauf, sonst können wir auch diesen Verschlag in Einzelteilen vom Boden aufsammeln."


Mit einem Ächzen ließ sich König Elessar in einen weichen Sessel fallen. Arwen trat hinter ihn und massierte seine verspannten Schultern, während er alle Viere von sich gestreckt mehr in dem Sitzmöbel lag als saß. Er hatte die Augen geschlossen und sah nicht das schalkhafte Lächeln auf dem Gesicht seiner Frau.

„Mein Liebster, du jammerst schon wie ein Greis. Vielleicht hätte ich mein Herz doch an einen jüngeren Mann verschenken sollen!"

Er beugte den Kopf zurück bis er ihre zauberhaften Züge erblickte. Ihre milchige Haut zeigte keinerlei Anzeichen von Fältchen und ihr seidiges schwarzes Haar glänzte wie ehedem. Elessar hingegen war sich der grauen Strähnen nur zu deutlich bewusst, die der Ringkrieg hinterlassen hatte. Er seufzte resigniert.

„Ich nähere mich meinem 93. Geburtstag, Arwen. Ich spüre schon die Last der Jahre. Des Weiteren regiere ich scheinbar ein Irrenhaus, so etwas lässt einen schnell altern. Wie lange ist es eigentlich her, dass wir beide einmal allein waren?"

„Etwa acht Stunden. Im Schlafzimmer, bevor die Sonne aufging. Also wenn du dich darauf nicht mehr entsinnst, mache ich mir ernsthafte Sorgen."

Um seinen Erinnerungsvermögen auf die Sprünge zu helfen, strich sie mit ihren zarten Fingern sanft über seinen Nacken. Wohlig erschauderte ihr Gemahl.

„Ich meinte eigentlich allein, um so richtig über Probleme zu reden. Für gewöhnlich bin ich nach langen Regierungstagen nicht sehr gesprächig, wie du zugeben musst. Und langsam verkommt unsere Ehe zu einer reinen Zweckgemeinschaft…"

Seine melancholische Stimme zeugte von den trüben Gedanken, die auch Arwen nicht fremd waren und sie ängstigten. Er benötigte eindeutig Abwechslung und Herausforderung und nicht dieses ewigen Streitereien, ob man den Botschafter Harads neben den Botschafter Rhovanions setzten durfte und solcherlei Dinge. Die politischen Querelen unterforderten den Waldläufer beträchtlich. Und dieser Aspekt seiner Persönlichkeit; ihr der liebste; starb vor ihren Augen.

„Was hältst du von der Einladung dieses Herrn von Hastur? Ich frage mich aus welchem Grund die Domänen so plötzlich Kontakt wünschen?"

Nach einigen Sekunden Bedenkzeit antwortete er:

„Daraus ergibt sich vielleicht ein weiterer Bündnispartner. Ewig bleibt der Respekt Saurons ehemaliger Vasallenstaaten vor uns nicht erhalten. Wir brauchen Freunde, starke Freunde.

Erinnerst du dich an den Bericht der Ifreys über die unzähligen Horden aus den Tiefen Angbands. Die Krieger der Ausgestoßenen konnte deren Ansturm auf die freien Länder nicht aufhalten. Saurons Horden fielen über Imladris und Lothlorien her, aber nicht eine Orkbande marschierte westlich des Abendrotsees über die Domänen nach Süden. Und das Sauron freiwillig auf eine solche Zange zu verzichten, glaube ich nicht. Irgendwie müssen diese Länder die Truppen zurückgeschlagen haben"

Traurig gedachte Arwen an die Überreste ihrer Heimat. Imladris blieb relativ geschützt durch seine versteckte Lage. Orkkatapulte hatten nur hässliche Narben in den Gebäuden hinterlassen. Lothlorien hingegen war zu großen Teilen den Feuern zum Opfer gefallen.

„Was antwortest du dem Boten? Wer wird unsere Interessen bei diesem Ball vertreten?"

Er seufzte und zuckte mit den Schultern. Sie beugte sich ganz nah an sein Ohr und hauchte:

„Ich habe da eine ganz verrückte Idee, die sicherlich vielen Leuten nicht gefallen wird. Ich meine, da du mir immer noch eine Hochzeitsreise schuldest…"

Die Erkenntnis blitzte in seinen Augen auf und entzündete den, von ihr so lang vermissten Funken des alten Waldläufers.

Anmerkungen: Ich gebs ja zu. Es ist momentan noch etwas erklärend, aber irgendwie muss ich einigen Lesern ja noch die etwa 22 Romane und zig Kurzgeschichten von Darkover zusammenfassen ;-)