Anmerkung

Titel: Die Domänen

Genre: Abenteuer, Alternative Universe, ein klein wenig Romantik. Crossover HdR / Darkover

Disclaimer: Figuren und Handlungsschauplätze sind aus den Büchern von J.R.R Tolkien, Marion Zimmer Bradley, sowie (mit freundlicher Genehmigung der Autorin) aus der Geschichte "Den Jäger erlegen" von Sleepy Tiger entlehnt.

Kapitel 1: Botschaften und die Bürde der Könige; Part II


"Herr Aragorn, ist es Euch wirklich ernst mit diesem Unterfangen?"

"Ja Faramir. Ich werde mich persönlich um diese Angelegenheit kümmern. Und ich glaube, ich bewege dieses mysteriöse und fremdenfeindliche Land eher als das Königreich Harad zu einem Bündnis."

Beide Männer lächelten nur schwach über diesen, leider der Wahrheit entsprechenden, Witz. Ein Luftzug ließ die Fackeln an der Wand des Korridors flackern. DieSchatten folgten ihnen in einem wild zuckenden Tanz. Der Truchsess Faramir seufzte leise.

"Es ist nicht vorteilhaft, wenn ihr gerade jetzt Minas Tirith verlasst. Die Verhandlungen mit Harad, der Stadtrat und der Gildenrat, der gerade überstandene lange Winter..."

"Faramir, es wird nie den passenden Zeitpunkt geben, an dem ich Minas Tirith verlassen kann. Dieses Land hält mich wie ein Krake in seiner Umklammerung. Ich bin ihm verpflichtet bis zum Tod. Versteht Ihr nicht, warum ich diese Reise antreten muss. Bleibe ich noch länger hier, ich glaube ich würde mein Land anfangen zu hassen. Wie soll ich über das Leben meiner Untergebenen bestimmen, wenn ich keinen Schritt mehr in ihren Schuhen laufen kann?"

Faramir wusste wovon sein König sprach. Auch kannte er die zerstörerische Wirkung dieses Gefühls, wenn man ihm nicht Einhalt gebot. Wäre Krieg gewesen, so hätte Elessar das Leben seiner Soldaten teilen können. Aber dieser Kampf war beendet, und was nun folgte forderte vielleicht mehr Opfer als eine klare Schlacht.

"Glücklicherweise steht mir ein exzellenter Truchsess zur Seite, der das Reich in meinem Sinne führen wird."

Faramir stöhnte resigniert auf und gedachte der furchtbaren Monate, die ihn erwarteten, angefüllt mit überheblichen Botschaftern und speichelleckerischen Händlern. Aragorn bedachte Faramir mit einem entschuldigenden Lächeln. Aber als Entschädigung für diese Qualen wartete eine große Belohnung auf seinen treuen Freund.

"Und wen ich zurückkehre, wird ebendieser Truchsess mit Freuden sich den Belangen seines Vaterdaseins und seines Lehens Ithilien widmen. Ich hörte übrigens, dass Euer Kleiner schon seine ersten Worte spricht."

"Mein Herr, dass ist etwas übertrieben. Der Junge ist nicht ganz ein halbes Jahr alt. Er gluckst höchstens. Aber lenkt nicht ab. Habt Ihr Euch schon mit der Karte vertraut gemacht, die der Bote uns überließ?"

Das verständnislose Gesicht des Königs verriet seinem Truchsess alles.

"Nein? Das dachte ich mir. Deshalb habe ich es mir erlaubt, jemanden mit Ortskenntnissen hinzuzuziehen."

Mit einer leicht spöttischen Bewegung wies er seinen König in den Kartenraum.


Mag wartete nun seit einer geraumen Weile auf die Rückkehr des Truchsess'. Herr Faramir hatte auf einem Bad bestanden. Dabei war sie gar nicht dreckig, abgesehen von ihren mit Absicht verschmierten Wangen. Und dann hatte er sie in den Kartenraum bestellt. Mit einem Schaudern gedachte sie des großen Haufens Zaumzeug, welcher noch auf sie wartete und den sie in dieser verlorenen Zeit sicherlich um ein Viertel hätte minimieren können.

Die ganze Dienerschaft tuschelte aufgeregt in der Burg von dem Boten aus den Domänen. Einige "Augenzeugen" berichteten von einem riesigen mit schneeweißen Pelz und glühend roten Augen. Dieser Aberglauben, der hier von ihrer Heimat herrschte, ließ sie lächeln. Und wenn sie es aus diesem Blickwinkel betrachtete konnte sie sogar froh sein, ungestört im Kartenraum zu sitzen, anstatt von Mägden mit großen Augen über die Domänen ausgefragt zu werden. Die ausgebreitete Karte ihrer Heimat, eine sehr detaillose Kopie, überraschte sie nicht.

Nur dieser plötzliche, unvorhersehbare Schritt des Rates verwirrte und beunruhigte sie. Welche Bedrohung ließ den Comynrat die althergebrachten Traditionen missachten und ihre so viel belobte Isolation aufgeben. Sie bezweifelte stark einen Zusammenhang mit ihren Aufenthalt in Minas Tirith, denn wer brachte schon Kunde von einem Stallburschen, sei er auch noch so absonderlich, in ein fremdes Land.

Die sich öffnende Tür unterbrach ihren Gedankengang.

Aber anstatt des erwarteten Truchsess' trat ein anderer Mann herein. Erst verwundert schaute sie ihm entgegen, bis das Erkennen durch ihre Hirnwindungen tanzte. Das war der König, Elessar Elbenstein, den sie schon oft aus der Ferne bei seinen Ausritten mit Brego beobachtet hatte. Und aus der Nähe betrachtet wirkte er noch imposanter und er sah gut aus. In Gedanken ohrfeigte sie sich, schließlich befand sie sich nicht in der Verfassung für Schwärmereien. Hastig verbeugte sie sich, was ihre überbeanspruchten Bauchmuskeln mit einem fiesen Stechen honorierten. Auch Faramir trat nun ein.

"Herr Elessar, dies ist Mag Aillard, ein Junge aus den Hellers, den Randgebirgen der Domänen. Er arbeitet seit einem halben Jahr..."

"In den Ställen. Ich weiß, Faramir. Dieser Rotschopf passte während meiner Ausritte mit Brego immer ganz sorgsam auf das wir beide uns benehmen. Und ich muss sagen glücklicherweise ist seine Gabe die Pferde zu versorgen besser, als sich zu verbergen."

Das Blut schoss Mag ins Gesicht und auch das Schmunzeln der beiden Höhergestellten trug nicht dazu bei, diese Situation weniger peinlich zu gestalten. Und dabei war sie der festen Überzeugung gewesen ihn ganz unauffällig beobachtet zu haben. Der König beachtete sie nicht weiter sondern wandte sich dem Pergament auf dem Tisch zu.

"Ist das die besagte Karte. Ich muss sagen, von Topologie schienen die Zeichner nicht viel zu verstehen."

"Ihr irrt Euch, mein Herr, die Zeichner verstanden ihr Werk besser als Eure Geographen.", warf Mag ein und gab sich zum zweiten Mal eine mentale Ohrfeige. Ein Stallbursche widerspricht doch nicht einfach so einem König.

Aber in seiner Antwort lag mehr Verwunderung und Belustigung, denn Verärgerung.

"Wie meinst du das? Hier findet sich kein Hinweis auf die Landschaft, keine markanten Wegmarkierungen. Die einzige Ortschaft die hier vermerkt ist, nennt sich Thendara und anscheinend führt auch nur eine Straße dorthin."

"Und was Ihr nicht wissen könnt, ist dass dieser Abstand von Thendara zur Küste maßstäblich die wirkliche Entfernung wiedergibt, und nicht, wie bei Euren Karten die ungefähre. Diese Karte ist nicht vollständig, man verzeichnete nur die für Eure Reise wichtigen Punkte. Die Comyn sind zu misstrauisch, als dass sie einem Fremden den genauen Standpunkt ihrer eigenen Güter mitteilen."

Im Gesicht des Königs kämpften Unglauben und Bewunderung miteinander. Herrn Faramir hingegen verärgerte der herablassende Ton dieses Stallburschen sichtlich.

"Nun, selbst wenn die Karte wirklich deiner Aussage entspricht, so nützt sie uns nicht wirklich viel, denn sie sagt nichts über die Beschaffenheit des Passes auf der anderen Seite dieses Gebirges. Mein König, Ihr braucht einen kundigen Führer, der das Terrain und das Gebirge kennt und ich befürchte, dieser freche Knabe ist der Einzige der diesen Anforderungen genügt."

Nun erbleichte Mag. Bestürzt stotterte sie:

"Ich ... s..soll Euch über die Hellers bringen? Nach Thendara...?"

Der König interpretierte ihre Reaktion falsch, wie sollte er auch die Wahrheit ahnen:

"Ich kann verstehen, wenn du dich unwohl fühlst. Aber sei beruhigt, auch ich kenne mich in den nördlichen Bergen aus. Ich kenne ihre Gefahren und weiß um das Überleben in der Wildnis. Ich durchwanderte mehrere Dekaden allein Mittelerde und kann ganz gut auf mich aufpassen. Du wirst keine Verantwortung über eine Gruppe verweichlichter Diplomaten übernehmen, vielmehr wünsche ich deinen Rat und deine Erfahrungen in Anbetracht der Besonderheiten dieses Gebirges und des Landes dahinter."

Was sollte sie tun? Wie sollte sie begründen, dass sie nicht zurückkehren konnte? Wie könnte er verstehen, welche Krise sie mit ihrer Rückkehr bewirken würde? Für ihn war sie ein einfacher Bauernsohn, kein Mitglied der Comyn. Er stellte keine Bitte an sie, er befahl. Und widerwillig und optionslos ergab sie sich dieser neuartigen Wendung der Ereignisse.


Anmerkungen: Der arme, arme Faramir. Muss die ganze Regierungsarbeit übernehmen.