Anmerkung

Titel: Die Domänen

Genre: Abenteuer, Alternative Universe, ein klein wenig Romantik. Crossover HdR / Darkover

Disclaimer: Figuren und Handlungsschauplätze sind aus den Büchern von J.R.R Tolkien, Marion Zimmer Bradley, sowie (mit freundlicher Genehmigung der Autorin) aus der Geschichte "Den Jäger erlegen" von Sleepy Tiger entlehnt.


Kapitel 2: Reisen und Wiedersehen


Die Woche glich einem einzigen Alptraum. Nach ihrem ersten Treffen mit dem König folgten lange Diskussionen und Vorbereitungen der Reise. Überall wo sie hinging verfolgten sie die neidvollen Blicke ihrer ehemaligen "Kameraden" und das aufgeregte Flüstern der restlichen Dienerschaft. Der Stallmeister hatte sie von den meisten Pflichten entbunden, nur noch Brego bedurfte ihrer kundigen Hand. Dafür belegte er sie in jeder freien Minute, in der nicht Herr Elessar, Herr Faramir oder Herr Therion mit ihr reden wollten, welch ein unbeschreibliches Glück sie doch hätte. Sie wäre ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen.

Der erste Teil ihrer Reiseroute führte sie nach Annuminas, wo eine Gesandtschaft aus Erin Lasgalen und dem Auenland sie erwarten sollte. Auch Herrin Arwen begleitete sie, und Mag bezweifelte mittlerweile stark Aragorns Worte von einer "Reise- und Gebirgserprobten"- Gesellschaft. Von dort aus führte ihr Weg weiter nördlich, durch das Waldland und an die flachen Ausläufer der Hellers. Und sowohl Hauptmann Therion, der für den Schutz des königlichen Ehepaars verantwortlich war, wie auch der König selber löcherten sie unablässig mit Fragen über die Comyn, Lord Hastur oder einfach nur die Leute. Sie gab möglichst nichtssagende Antworten und erklärte mit der Abgelegenheit ihres "Heimatdorfes" ihre geheuchelte Unwissenheit.

Die ganze Zeit erinnerte sie eine gehässige Stimme in ihrem Hinterkopf: "Du gehst zurück! Und dort wartet er auf dich."

Dann folgte der Morgen ihrer Abreise. Lauter Krach vom Hof weckte sie kurz vor der Dämmerung. Mit einem verzweifelten Seufzer schwang sie sich aus dem Bett und suchte ihre Reisekleidung und das kleine Bündel zusammen.

Als sie verschlafen auf den Hof trat, begrüßte sie das Chaos. Diener, Stallburschen, Krieger, Höflinge, Pferde und Gepäck bildeten eine kompakte Masse. Dass diese ihren Aufgaben noch nachkommen konnten, glich einem Wunder.

Vom Tor erschallte Bregos missmutiges Wiehern. Auch er fühlte sich zu früh geweckt und von diesem hektischen Treiben bedrängt. Mit schnellen Schritten schlängelte sie sich zu dem Pferd durch und streichelte beruhigend seine Nüstern. Leise redete sie ihm seinen Wunsch; den nächsten Vorbeikommenden zu treten; aus.

Aragorn, der hinter Brego seine Satteltaschen überprüfte, hörte den Stallburschen leise auf sein Pferd einreden. Und sofort endete das nervöse Trippeln mit den Hinterbeinen. Die Wildheit Bregos II. hatte das Pferd von seinem Vater geerbt und Elessar hielt sich lange Zeit für den Einzigen der ihn besänftigen konnte. Als sein Blick auf den kalkweißen Stallmeister fiel, bestätigte sich sein Verdacht. Nun wusste er, wer ihm im letzten halben Jahr die nächtlichen Besuche im Stall erspart hatte.

"Es scheint mir, als ob Brego plötzlich zahm geworden ist.", wandte er sich an den Stallmeister. Erschreckt zog Mag die Hand von Bregos Nüstern, was dieser nicht gut hieß und mit mehr Nachdruck seine Streicheleinheiten verlangte.

"Ähm, eure Majestät, es ist- Äh wie soll ich sagen..", stotterte der Stallmeister.

"Ich muss sagen, eine sehr kühne und doch kluge Entscheidung von Euch. Denn augenscheinlich ist Brego unserem Rotschopf sehr zugetan. Aber das nächste Mal informiert Ihr mich über solche Umstände, anstatt den armen Jungen gegen einen königlichen Befehl handeln zu lassen. Ich traue Brego übrigens trotz seines zahmen Gebarens zu, Mag noch einen kräftigen Tritt zu verpassen, wenn er sich nicht vorsieht."

"Das wagt sich Brego doch gar nicht!", erklärte Mag selbstsicher und tätschelte das Pferd wieder.

Seine Worte klangen wohl zu selbstsicher, denn der König versteifte sich sichtlich verärgert. Mit raschen und sparsamen Handgriffen befestigte er die Satteltaschen und schwang sich in den Sattel. Brego spürte die Wut seines Reiters und stieg, so dass Aragorn sich krampfhaft an dessen Mähne festklammern musste. Einige Diener und Krieger riefen entsetzt und besorgt und wollten ihrem Herrn zu Hilfe eilen. Mag packte Brego Zügel und zwang das Tier auf seine vier Beine zurück. Aragorn unterdrückte ein Zittern auf diesen Schreck in der Morgenstunde. Schließlich hatte ihn sein bestes Pferd, welches er eigenhändig gezähmt hatte, beinahe abgeworfen. Mag sprach wieder eindringlich auf Brego ein, diesmal wütend; wie mit einem kleines Kind.

So brachte der Bursche das Pferd doch nur noch mehr auf. Kaum dachte Aragorn dies, fixierten ihn die grünen Augen.

"Eure Hoheit sollten darauf achten, seine Wut unter Kontrolle zu halten. Ein Pferd spürt so etwas.", sagte der Stallbursche leise und verschwand durch die sich um das Pferd scharende Menge besorgter Gefolgsleute. Und zum ersten Mal spürte Aragorn, dass hinter diesem Jungen mehr steckte, als er zugab.

Mag war übel vor Schreck. Das Brego so überreagieren musste. Und zu allem Überfluss schöpfte Elessar Verdacht. Sonst konnte sie die Gedanken anderer Personen nur schwach hören, aber dieses Gefühl brüllte Elessar förmlich heraus. Sie verstand nicht, warum Hastur diesen kopfblinden König überhaupt in die Domänen einlud. Die Gefahr, dass das gut behütete Geheimnis der Comyn aufgedeckt werden könnte war groß. Viele Kopfblinde betrachteten ihre Gabe als Bedrohung und hassten und fürchteten die Comyn. Anstatt eines neuen Bündnisses konnte genauso gut ein Krieg aus dieser Reise erwachsen. Welche Verzweiflung trieb Hastur zu solch einem Schritt?

Der Stallmeister trat zögerlich auf sie zu, nicht recht wissend, wie er mit dem eben Geschehenem umgehen sollte.

"Welches Pferd soll ich denn bekommen?", sprach sie, um ihn von dem unangenehmen Thema abzulenken. Er sandte ihr einen dankbaren Blick und deutete auf einen Fuchs, der in der Nähe stand.

"Der Ruhige hier wird genau das Richtige für dich sein. Solang du auf dem Boden bleibst, kann dich ja keine Wildheit schrecken. Aber wenn du selbst im Sattel sitzt, ich erinnere mich nur zu gut an eine gewisse Begebenheit", meinte er und Mag blickte betreten zur Seite. Warum musste er diese alte Geschichte nur aufwärmen, aber dankbar war sie ihm trotzdem. Je ruhiger das Tier unter ihr, desto besser. Er half ihr beim Festzurren ihres Bündels.

"Mach den König nicht wütend auf dich!", warnte er sie flüsternd, "Er ist natürlich ein gerechter König, aber schließlich bist du nur ein simpler Stallbursche."

Wie sehr sich der gute Mann doch irrte.


Ihr Weg führte sie über Edoras zu den Pforten von Rohan und von dort über die Nord-Südstraße und dem Grünweg zum Nenuial, oder Abendrotsee zu gelangen. Mag entging auf dieser ersten Etappe der Fahrt den unerfreulichen Ausfragungen des Königs nicht. Vor allen Dingen nach den Ereignissen zu Beginn der Reise, drängte er immer wieder von ihrer Vergangenheit zu hören. Und immer verzwickter wurde es das Leben von Mag Aillard zu beschreiben ohne sich in den eigenen Erzählungen zu widersprechen.

Doch nicht nur Mag war diese erste Etappe unangenehm, auch Aragorn war enttäuscht als sie endlich am Abendrotsee ankamen. Der Junge wich seinen Fragen nach der Politik geschickt aus und auch die Geschichte seines Dorfes gab ihm wenig Aufschluss über die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung. Mehrfach ertappte der König den Jungen, wie er seine Fragen so geschickt hinterfragte, dass er am Ende nicht viel mehr Informationen besaß als in Minas Tirith. Die Lebensgeschichte des Jungen widersprach sich auch nirgends, und Aragorn beschloss, dass ihn sein Gefühl ein wenig getäuscht hatte. Das einzig Ungewöhnliche an dem Jungen war sein scharfer Verstand, und dies war wahrscheinlich auch der Grund, warum er sein Dorf verlassen hatte.

Als sie durch das Tor von Annuminas ritten, klang ihnen ein freudiger Ruf entgegen.

"Streicher!" Peregrin Tuk rannte die lange Freitreppe zum äußeren Hof hinunter, in den gerade die Reisegruppe eingeritten war, dicht gefolgt von Merriadoc Brandybock.

"Pippin, Streicher ist jetzt König. Da musst du ihn doch anständig begrüßen.", schimpfte dieser.

Lachend stieg Aragorn ab. Diese Hobbits konnten ihn selbst bei den trübesten Gedanken zum Lachen bringen.

"Hochverehrter Thrain Peregin Tuk und ehrenwerter Herr von Bockland Meriadoc Brandybock, Ich freue mich, dass sie meiner Einladung zu einem Treffen Folge geleistet haben.", sprach er sie in geschwollenen Ton an, konnte sich aber das amüsierte Zwinkern mit den Augen nicht verkneifen

"Eure Majestät, wir sind ihnen immer zu Diensten und freuen uns sie in Annuminas begrüßen zu dürfen.", kam die ebenso geschwollene, zweistimmige Antwort. Auf ein unsichtbares Zeichen fingen alle drei zu lachen an und lagen sich in den Armen. "Ach, es tut so gut euch beide wieder zu sehen!", rief Aragorn.

Der Anblick, der sich ihr im Hofe von Annuminas bot, blieb Mag lange im Gedächtnis haften. Wie zwei kleine Kinder hingen die beiden berühmten Hobbits um den Hals des zu Boden gegangenen Königs. Alle drei lachten ausgelassen und ignorierten jedwede Vorschriften, die ihnen ihre hohe Stellung sonst vorgaben. Die restliche Reisegesellschaft stieg nun auch ab. Die Königin begrüßte die beiden Halblinge, die deren Mann darauf hin wieder aufstehen ließen. Man übergab die Pferde den kundigen Händen der Stallknechte, sammelte sein Gepäck ein und folgte den Dienern, die ihnen ihre Zimmer zuwiesen. Glücklicherweise interessierte sich keiner für Mag, denn müde von der langen Fahrt hätte sie an diesen Abend zu keine weitere Befragung ausgehalten. Wie ein Stein fiel sie in das wohlig weiche Bett und bemerkte nicht die späte Ankunft der Gesandtschaft aus Düsterwald.


Durch unglückliche Reiseumstände führte Legolas seine Gefährten erst in der Dunkelheit in den verschlafenen Hof von Annumiras. Der Hofmeister, der sie gähnend empfing, teilte ihnen mit, der König wäre auch an diesem Tage angekommen und habe sich schon zur Ruhe begeben. Seine eigene Erschöpfung und die Höflichkeit entschieden den Freund nicht wecken zu lassen, sondern erst am nächsten Morgen seine Aufwartungen zu machen. Denn so groß auch sein Verlangen war, den Freund wieder zu sehen, so kam es nicht gegen die Aussicht auf ein weiches Kissen an. Selbst Gimli, dem es sonst an der nötigen Feinfühligkeit mangelte, stimmte diesmal zu, Aragorn den nötigen Schlaf zu gönnen. Dieser hatte nämlich in den letzten Stunden mit seiner Müdigkeit gekämpft, um nicht aus dem Sattel seines Ponys zu rutschen.

Der Geruch des frühen Morgens weckte Legolas nach einer kurzen, aber erquicklichen Nacht. Über dem Landsitz herrschte noch schläfrige Ruhe und nur die verblassenden Sterne am Horizont kündeten vom Nahen des Tages. Obwohl er nur kurze Zeit von Asani getrennt war, so vermisste er doch ihren vertrauten Anblick am Morgen, wenn sie sich träumend auf dem Kissen neben ihm räkelte. Einige Augenblicke genoss er das Bild vor seinen inneren Augen, dann kleidete er sich an, um ein wenig am See entlang zu gehen.

Nebelbänke lagen über dem Wasser und kalte, feuchte Schwaden umwehten seine Knöchel, als er am Ufer entlang wanderte. Aus dem Röhricht erklangen die Geräusche der erwachenden Tierwelt, das Rascheln und Plätschern von Wasservögeln, die ihre Nester verließen. Die friedliche Atmosphäre entzückte das Elbenherz, dass, erst in Liebe entzündet, die wahre Schönheit dieses Lebens zu schätzen wusste.

Der gedämpfte Laut von Hufen drang an das Ohr des Elben und weckte dessen Neugierde, wer noch im ersten Licht der Dämmerung unterwegs sein mochte. Bald tauchte auch eine kleine Gestalt aus dem Nebel auf, die ein Pferd am Zügel führte. Ein wohlbekanntes Pferd.


Anmerkungen: Mein drittliebster Elb ist aufgetaucht. Und verliebt ist der arme Kerl auch noch.