Anmerkung
Titel: Die Domänen
Genre: Abenteuer, Alternative Universe, ein klein wenig Romantik. Crossover HdR / Darkover
Disclaimer: Figuren und Handlungsschauplätze sind aus den Büchern von J.R.R Tolkien, Marion Zimmer Bradley, sowie (mit freundlicher Genehmigung der Autorin) aus der Geschichte "Den Jäger erlegen" von Sleepy Tiger entlehnt.
Kapitel 6: Messer und Eintopf, Stiefel und Nester
Elessar wusste nicht, worüber er mehr überrascht sein sollte. Darüber, dass Vai Dom Ardais plötzlich doch Westron sprechen konnte, oder war es seine Aussage über Mag Aillard.
"Ist es in Eurem Land noch nicht einmal erlaubt, dass ein Bruder seine ungebührliche Schwester maßregelt!"
Sein Blick wandte sich zu Mag, der, nein die von dem Schlag halb benommen zu Boden gegangen war. Die tiefe Resignation, die aus ihren Augen sprach und auch die Trauer mit der sie ihren Bruder betrachtete, erschreckte ihn. Dom Rakhal hatte nicht gelogen, eine innere Stimme sagte Elessar, dass er so wütend, wie er nun vor ihm stand, ihn nicht täuschen konnte. Langsam zog er sein Schwert zurück, mit jeder Faser seines Körpers beim erneuten Angriff zum blitzschnellen Zuschlagen bereit.
"Ja", sagte er, "es ist in meinem Land, nach meinem Gesetz nicht erlaubt, dass irgendjemandem Gewalt angetan wird. Vor allen Dingen solltet Ihr Euch schämen wehrlose Frauen anzugreifen."
Rakhal lachte, beinahe hysterisch zeigte er auf Mag und rief:
"Wehrlos, SIE! Sie könnte gut und gerne drei eurer Leibwächter töten und bevor ihr etwas merkt, hat sie euch und eurer Frau schon das Messer in die Rippen gestoßen. Wehrlos ist Maguerida garantiert nicht, auch wenn sie nur im Messerkampf ausgebildet wurde ist dies nicht nur ihre einzige Waffe. Sie ist nicht hilflos und besitzt auch keinerlei Skrupel mir den Dolch in den Bauch zu rammen."
Erst jetzt sah auch Aragorn, dass Mag im Fallen einen Dolch aus ihrer Kleidung hervorgezaubert hatte und es immer noch angriffsbereit in der Hand hielt.
"Nein Rakhal, nie ohne Skrupel und nur zur Verteidigung.", sprach sie leise.
Legolas löste sich aus der Starre die beide Gruppen gefangen hielt und half Mag wieder auf die Beine, das Messer nahm er ihr sanft aus der Hand. Sie stand nun vor Elessar, genauso wie er sie das erste Mal gesehen hatte. Eine kleine, drahtige Gestalt mit kurzen, feuerroten Locken, ihr Bruder hingegen groß, beinahe so groß wie Eomer und mit dunklen Haar. Sie sahen sich nicht ähnlich.
"Wer seid Ihr?"
Sie hielt seinem forschenden Blick stand. Legolas Anwesenheit hinderte sie an etwas, Aragorn konnte es fühlen.
"Ich bin Euer Führer, mein Herr!"
Sie wagte es tatsächlich. Obwohl sie schon entlarvt war, wagte sie es tatsächlich ihn noch einmal anzulügen. Die wohlbekannte, besänftigende Stimme von Arwen, die neben ihn getreten war, ermöglichte es ihm sein starres Gesicht beizubehalten.
"Wie heißt Ihr, mein Kind!"
"Domna Maguerida Gavriela Aillard, Erbin des Hauses Aillard."
"Du wagst es dir. "
Dom Rakhal war wütend näher gekommen. Doch die stumme Präsenz des Erben von Eryn Lasgalen hinderte auch ihn sich noch einmal seinen Gefühlen hinzugeben. Doch auf den Fremden konnte Aragorn nun keine Rücksicht mehr nehmen.
"Domna Maguerida, was bezwecktet Ihr damit sich unserer Reisegruppe anzuschließen."
"Herr Elessar, Ihr befahlt mir Euch zu führen und ich folgte Eurem Geheiß."
Sie hatte Recht, das erkannte Aragorn. Und sie zwang ihn in eine unangenehme politische Lage. Er konnte dem Weib Schutz bieten und sich damit auf gefährliche Verwicklungen mit den beiden Domänen einlassen oder er konnte sie der rohen Gewalt Rakhals ausliefern. Er verabscheute solche Entscheidungen, die auf beiden Seiten unangenehm werden würde. Doch letztendlich mussten sie getroffen werden. Aber nicht auf freiem Feld ohne gründliche Überlegung.
"Domna Maguerida, Ihr werdet mit uns nach Thendara reisen, wo wir alles Weitere mit Eurer Familie absprechen werden.".
Er wandte sich dem aufgebrachten Rakhal zu und sprach kalt, "Bis dahin steht sie unter meinem Schutz."
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Sanft spürte Mag Legolas Hand auf ihrer Schulter, die sie vorsichtig von dem Mittelpunkt des Platzes weg dirigierte. Sie selbst hat keine Kraft mehr sich zu wehren, eigentlich sollte sie sich freuen, dass Elessar sie weiterhin beschützte, aber dies brachtet ihr nur einen Aufschub. Wie Elessar sie angesehen hatte, voller Wut, Rakhal so ähnlich. Verwirrung herrschte in den beiden Lagern und viele ratlose Blicke folgten ihr und Legolas bis Zeltplanen die Sicht abschnitten. Legolas drückte sie auf einen der Schemel und setzte sich ihr gegenüber.
Seine unglaublich blauen Augen, verrieten ihr schon die kommende Predigt über ungebührliches Verhalten, Lästerei am König, bewusst Probleme heraufbeschwören, die ganze Gruppe blindlings in die Falle laufen lassen und dass sie über den gnädigen Urteilsspruch sehr erfreut sein müsste.
"Hier ist euer Messer. Warum habt ihr es gezogen?"
Überrascht sah sie auf die kunstvolle Arbeit, die er ihr hinhielt. Das hatte sie nun nicht erwartet. Hilflos mit den Schultern zuckend nahm sie es aus seiner Hand und steckte es in seinen Angestammten Platz im Stiefel zurück.
"Ich weiß nicht; ein Reflex vielleicht.", verzweifelt bemühte sie sich Worte zu finden. Plötzlich schien ihr der Boden des Zeltes viel interessanter als das Gesicht des Elben.
"... es war...".
Kraftvoll zurückgeworfene Zeltplanen ermöglichten ihr einen kleinen Aufschub, über den sie sich dann beim zweiten Blick doch nicht so freute. Elessar Telcontar stand wie ein wütendes Banshee im Zelteingang, und sie war ihm ausgeliefert. Seine schnelle Reaktionsfähigkeit vor Rakhal hatte sie verblüfft, doch schien es wohl nicht die richtige Zeit Komplimente zu verteilen. Wie könnte sie seinem Kihar Genugtuung verschaffen.
"Ist sie schwer verletzt?"
Langsam fragte sie sich doch, ob Rakhal nicht zu hart zugeschlagen hatte und sie das alles träumte. Dort stand der König, den sie vor wenigen Minuten in eine verfahrene diplomatische Situation gebracht hatte und fragte nach ihrem Befinden.
"Es ist alles in Ordnung. Vielleicht ein bisschen Kopfschmerzen über Nacht, aber sie wird sich schon erholen.", antwortete Legolas.
Er hatte sie noch nicht einmal angefasst und wusste trotzdem wie sie sich fühlte. Eine Überwachergabe also. Leichte Fehler wies diese Ferndiagnose allerdings auf: Mag hatte schon jetzt gewaltige Kopfschmerzen.
"Gut, ich kümmere mich um unseren Begleitschutz und du bewachst unseren Gast. Mag, Ihr verbringt den Rest des Abends in diesem Zelt."
Mit diesem Befehl verschwand der König wieder in die frische Nachtluft, die den köstlichen Duft eines Eintopfs (aus der Meisterhand eines Hobbits) mit sich trug. Wie auf Befehl knurrte auch Mags Magen. Mit einem Lachen sprang Legolas auf, verschwand aus dem Zelt und ließ die verdutzte Mag zurück. So ernst nahm also ihr Bewacher seine Pflicht. Sie beschloss sich über gar nichts mehr zu wundern, besonders nicht über das Verhalten der Menschen, oder Elben aus Gondor. Doch schon bald kehrte Legolas mit zwei dampfenden Schüsseln zurück und mit den Worten er könne sie doch nicht verhungern lassen, was würde Aragorn sagen, kam sie doch noch in den Genuss einer schmackhaften Kreation der Hobbits aus getrockneten Pilzen, Fleisch und Tüften.
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Das Knistern des Lagerfeuers, die leisen Geräusche der Wache und das Rascheln von Zweigen drangen an das Elbenohr, eine stille Sinfonie der Nacht im Takt der gleichmäßigen Atemzüge des Mädchens neben ihm. Das fahle Dunkel im Inneren des Zeltes genügte für Legolas das nunmehr friedliche Gesicht seines neuen "Schützlings" zu betrachten. Sie wirkte im Schlaf so viel jünger, die Konturen ihres Gesichtes weicher. Die Stupsnase und die über dem Gesicht verteilten Sommersprossen verliehen ihr etwas Spitzbübisches. Irgendwann würde sie sicherlich eine Schönheit werden, aber bis dahin hatte sie noch Zeit. Wenn auch nicht mehr soviel, wenn er die Kürze eines Menschenlebens bedachte.
Draußen zerrte eine Windböe an den Zeltplanen und ließen sie knistern und rascheln. Legolas war, trotzdem er als Elb sicherlich weniger Kälte verspürte als ein Mensch, froh diesmal nicht wachen zu müssen.
Am nächsten Morgen erwachte er noch vor seinem Schützling, so wollte er sich leise aus dem Zelt schleichen um das frühe Sonnenlicht zu genießen, dass nur zu dieser Tageszeit für seine Augen normal erschien. Er löste die Verschnürungen der Zeltplanen, doch bevor er hinaus auf die Wiese treten konnte, meldete sich ein unbestimmtes Gefühl von Gefahr. Nach unten schauend erblickte er ein handtellergroßes, überaus hässliches Insekt, das einen nicht ganz friedlichen Stachel trug. Ein laut der Überraschung kam über seine Lippen, als er grob nach hinten gezerrt wurde. Mag stemmte sich an ihm vorbei und spießte das Insekt mit ihrem Messer auf. Erst als das Tier nicht mehr zuckte, näherte sie sich wieder ihrem Messer und entfernte die Leiche mithilfe eines Stockes. Nun erlaubte sich auch Legolas sich wieder zu bewegen und Mag darauf aufmerksam zu machen, dass sie einen Großteil seines Körpers mehr oder weniger als Sitz- und Liegefläche in Anspruch nahm. Sie wurde rot über beide Ohren als sie von dem wissend lächelnden Elb hinunterkrabbelte.
"Verzeiht. Äh. seid Ihr unverletzt?", stammelte sie hervor.
"Nun, abgesehen von ein paar Quetschungen. Ihr habt doch ein beachtliches Gewicht.". Sie quittierte böse sein amüsiertes Gesicht.
"Macht keine Witze, das hätte übel ausgehen können. Ein Krieger wie ihr wird mich wohl noch aushalten können. Es hat euch also nicht gestochen! Sonst würdet ihr nicht mehr lächeln. Das war eine Skorpionameise, ekelhaftes Gift, das die Nerven lähmt und seine Opfer qualvoll ersticken lässt. Die Bodenplanen haben unser Leben gerettet."
Schlagartig wurde sein Gesicht ernst und er betrachtete das tote Tier. Sein Körper war dreigegliedert und acht Beine entsprangen dem zweiten Glied. Der Schwanz endete in zwei nahe beieinander stehenden Hornstacheln. Mag fuhr mit ihrem Messer in den Zwischenraum der beiden Stacheln und eine klebrige Substanz sonderte sich an den Spitzen ab und lief auf den Boden.
"Es ist ein Späher. Das erkennt man an der Größe des Giftstachels. Sie sind auf der Suche nach Nahrung und auf neuen Wegen für die Arbeiter. Das Gift ist selbst für ein ausgewachsenes Pferd tödlich, da es schnell die Atem- und Herzmuskulatur lähmt. Sie leben wie Ameisen in einer Kolonie, doch woher mag diese wohl gekommen sein?"
Legolas hörte ein Rascheln und dieses Mal war es Mag die rücklings im Zelt landete, während der Elb sich über sie beugte und die nächste Skorpionameise erledigte. Er kopierte ihr Verhalten und entsorgte die Leiche, ehe er Mag wieder Bewegungsspielraum gab. Seufzend zeigte er auf ihre Stiefel, die vor dem Zelt standen. "Nun, ich weiß nicht genau, wo ihr Hauptnest ist, aber sie scheinen Gefallen an Euren Stiefeln gefunden zu haben."
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"Junge, so genau musst du deine Bewacherpflichten auch nicht nehmen.".
Die laute Stimme des Zwerges übertönte die friedliche Stille des Morgens und lenkte die Aufmerksamkeit aller auf die beiden Überfälligen. Einige Augenbrauen gingen in die Höhe und mehrere Münder boten Einlass für Fliegen. Aragorn erhob sich und wollte seinen Freund um Erklärung bitten, dieser war jedoch schon bei der Gruppe angekommen und setzte die strampelnde Mag, die er bis dato über seiner Schulter getragen hatte, auf den Boden. Seelenruhig erklärte er:
"Wir haben da ein kleines Problem mit Skorpionameisen. Ich fand es am Sichersten das Fräulein nicht barfuss über die Wiese zu lassen."
Mags Stiefel überantworteten sie mit Hilfe von Rakhals Männer, nachdem diese sich von ihrem Lachkrampf erholt hatten, dem Bach. Aragorn musste währenddessen Rakhal beruhigen, dem die rüde Behandlung seiner Schwester nicht gefiel. Dabei konnte sich Aragorn dem leicht ironischen Gefühl nicht erwehren, dass Rakhals Schläge am gestrigen Abend sicherlich eher das Adjektiv rüde verdient hätten. Mag ignorierte diesen Versuch der "Rettung ihrer Ehre" und aß ihr Frühstück. Arwen war, als sie die Situation erfasst hatte, verschwunden und kehrte mit einem Bündel zurück. Daraus zauberte sie ein Paar Schuhe, die dank ihrer dünnen Sohle nur eingeschränkt zum Laufen geeignet waren, aber wenigstens Mags Füße während des Rittes halbwegs warm halten würden. Wieder einmal bewunderte Aragorn die Umsicht seiner Frau und mit einem tiefen Blick wiederholten sie das Versprechen ihres Bundes.
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Dieser König schenkte ihm kaum Beachtung. Eine Wut stieg in Rakhal hoch, bis er bemerkte, dass sie zum größten Teil von seiner Pflegeschwester ausging.
Casta "War das wirklich nötig auch noch Skorpionameisen auszusetzen. Glaubst du wirklich, ich wäre davon gelaufen, dass du mich meiner Stiefel berauben musst. Leonie lässt mich nicht mehr fort."
Sie hörte sich wieder wie das kleine quengelnde Mädchen an, dass ihn in Jugendjahren immer umlagert hatte. Nun konnte er sich selbst ohrfeigen sie nicht schon damals an ihren Platz zu verwiesen zu haben, nein, er hatte ihr nachgegeben und mit ihr Messerkampf geübt.
Casta "Du meinst wohl, mich als Opfer verwendet für deine neuesten Schläge?", sie lachte ihn mit ihrem typischen schiefen Grinsen an. "Aber Pflegebruder, ärgere dich nicht. Dadurch konnte ich viel lernen."
Casta "Dinge, die du besser niemals erfahren hättest. Dank mir bist du zu so einer, einer Abscheulichkeit geworden. Ich hätte meiner Pflegeschwester einen größeren Dienst erwiesen, wenn sie niemals die Annehmlichkeit eines behüteten Lebens verlassen hätte."
Casta "Dein Vater wollte dich mit mir verheiraten, damit er auch über Aillard regieren kann. Du solltest mich nie vor Gefahren behüten, du solltest mich von der Macht fernhalten. Oh Rakhal, so einfach bist du Spielball deines Vaters, der liebenswürdige, ehrhafte Rakhal soll der schmutzigen Politik seines Vaters den Weg bahnen."
Rakhal atmete tief ein und aus. Dieses Miststück wagte es sich, seinen Vater einen schmutzigen Politiker zu nennen. Ihr war noch nicht einmal der Name ihres Ziehvaters mehr heilig. Sie...
Aragorn beendete den kurzen Augenkontakt mit seiner geliebten Frau und wandte sich wieder dem Hauptmann ihrer Begleitmannschaft zu. Dieser schreckte aus seinen Gedanken hoch, als Aragorn ihn nach den weiteren Weg fragte. Auch wenn Lord Rakhal es zu verhindern versuchte, dem König entging der letzte Blickkontakt zwischen den Geschwistern nicht, als er mit Rakhal zu den Pferden ging und es gefiel ihm nicht. Die Beiden spielten ein gefährliches Spiel, das er nicht kannte.
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Anmerkungen: ohhh, eklige Viecher diese Skropionameisen, buähh. Aber sie sind eher mit den Spinnentieren verwandt, als mit Insekten.
