Anmerkung

Titel: Die Domänen

Genre: Abenteuer, Alternative Universe, ein klein wenig Romantik. Crossover HdR / Darkover

Disclaimer: Figuren und Handlungsschauplätze sind aus den Büchern von J.R.R Tolkien, Marion Zimmer Bradley, sowie (mit freundlicher Genehmigung der Autorin) aus der Geschichte "Den Jäger erlegen" von Sleepy Tiger entlehnt.


Kapitel 13: Vision und Erleuchtung



„Oh Mist, Oh Mist, Oh Mist!", raschelte ein dichter Haufen Blattwerk. Mehrere Blätter rieselten zu Boden, dann brach ein Fuß durch die dünnen Zweige. Dann folgte der Rest von Marguerida. Ein dicker Ast bremste nach einer kurzen Wegstrecke ihren Fall auf eine sehr unangenehme Art und Weise. Instinktiv entschied sie sich jedoch, sich trotzdem an diesen unfreundlichen Ast zu klammern und den Abstand zum eigentlichen Grund noch nicht mittels eines Experiments zu prüfen. Ein sehr gute Entscheidung, wie sie einen kurzen Moment später beim Öffnen ihrer Augen feststellte. Der Boden war sehr, sehr weit entfernt für ihren Geschmack und obwohl sie so bald wie möglich zu ihm zurück wollte, war der schnellste Weg doch der unbequemste.

Ihre Verbindung zu Leonie bestand immer noch. Aber bis auf den Faden der senkrecht vom blauen Himmel hing, wies dieser Ort keine Ähnlichkeit zur restlichen Überwelt auf. Sie saß in einem der vielen Bäume mit silbriger Rinde und goldenen Blättern. Wind rauschte durch das Laub, und die raue Borke bohrte sich in ihre Handflächen. Sie kannte diesen Ort nur aus der Ferne, seine Barrieren hatten ihr beim letzten Mal den Eintritt verweigert. Dieses überraschende Eintreten verdankte sie Legolas, der unabsichtlich die Schranken gelöst hatte. Dieser Elb brauchte dringendst Schulung seiner Gaben, vor allen Dingen in Anbetracht ihres misshandelten Hinterteils...

Nun musste sie nur ganzbeinig noch herunterkommen.

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"Glaubt ihr denn, es sei Luft, die ihr hier atmet?"

Diese Frage dünkte Legolas berechtigt. Schließlich zeichnete sich die Fragestellerin durch ein leicht transparentes Erscheinungsbild aus. Sie war vielleicht in ihrem 35. Sommer, so richtig konnte Legolas das Alter Kurzlebiger nicht schätzen. Eine Adlernase unterstützte ihren hageren Körperbau. Kleine Fältchen umspielten Mundwinkel und Augen und wiesen auf häufiges Lachen hin. Das minderte aber nicht im Geringsten ihr herrisches Auftreten, wie er es bis jetzt nur von den Mitgliedern der Familie Ardais kennen gelernt hatte. Aber die Kette mit den stilisierten silbernen Federn war dieselbe, wie Marguerida sie an diesem Abend trug.

Ihre sehr „aufschlussreiche" Erklärung, wer sie denn nun sei, kennzeichnete ihre Verwandtschaft zur selbigen Person. Im Laufe der vergangenen Wochen, so bemerkte Legolas, hatte er sich an Margueridas Informationsknappheit gewöhnt. Wenn dieser Dame neben ihm nun so viel daran gelegen war, dass sowohl Marguerida, als auch Rakhal aus der Überwelt zurückkehrten, wie sie sagte, dann sollte er sich von ihr helfen lassen.

Rational gesehen rechtfertigte nichts sein Vertrauen, aber sein Gefühl sagte ihm, es wäre richtig. Diese Comyn besaßen eine Arroganz, die den Elben Konkurrenz machte. Wenn sie etwas gut konnten, dann war es Befehle zu erteilen.

"Konzentriert Euch, Prinz Thranduilion, dann müsst ihr nicht springen."

Noch während er sich ärgerlich umwandte um zu fragen worauf er sich konzentrieren solle, veränderte sich die Umgebung.

Die Nebelschwaden ballten sich zusammen zu einer weißen Wand. Dann bildeten sich Konturen, wurden immer dichter und sie befanden sich in einem Wald.

Verwirrt blickte sich der Elb um. Dieser Ort war ihm seltsam vertraut und dennoch fremd. Riesige Mellyrn, Jahrhunderte alt, spannten wie silberne Säulen den goldenen Blätterhimmel auf. Ein ausgetretener Pfad wand sich zwischen den Stämmen hindurch. Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Dies war der "Garten", denn er für Asani gepflanzt hatte, nur standen statt der winzigen Mellyrnschößlinge, die die Wunden Düsterwalds heilen sollten, hier richtige Bäume. Eine unbändige Freude erfasste sein Herz.

"Dieser Ort ist wundervoll! Wie kann nur so etwas Schönes inmitten dieses grauen Nebels liegen?"

Er erhielt keine Antwort und als er sich umwandte war die Fremde verschwunden. Dafür wand sich ein silberner Faden durch die Bäume und wies ihm den Weg zu Marguerida.

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Legolas hörte schon bald das Murmeln eines Gespräches und dank seiner Elbenohren verstand er die Worte der beiden Gesuchten eher, als er sie sah.

"... wie eine Hure, während ich auf dich aufpassen sollte. Wie soll ich mit dieser Schande leben. Schon bald erkennt jeder Comyn deinen Zustand und weiß um mein Versagen. Wie konntest du nur erwarten mit einem unehelichen Kind überhaupt die Regentschaft über Aillard antreten zu können? Man wird dich hoch in die Hellers verheiraten, weit weg vom gesellschaftlichen Leben und mir wird man den Feuerschutz über ein kleines Wäldchen auftragen, wenn ich Glück habe. Hast du überhaupt an die Konsequenzen gedacht, als du mit einem Fremden schliefst?"

"Ich habe lange mit mir gerungen, bis ich diesen Entschluss gefasst hatte. Und dabei hatte ich unser beider Bestes im Sinn!"

Legolas erkannte aus dem Schatten der Bäume heraus, wie Rakhals Schulterblätter in einem verzweifelten Lachanfall zuckten.

"Ha, Unser beider Bestes? Das ich nicht lache."

Rakhal hatte Marguerida den Rücken zugedreht. Sein Körper zitterte vor Wut. Seine Faust öffnete und schloss sich krampfhaft. Und seine Gedanken und Gefühle überschwemmten Legolas, als wäre er selber der Betrogene, der Eifersüchtige. Das Verlangen Marguerida zu packen und besinnungslos zu schlagen wurde beinahe übermächtige. Gleichzeitig wollte er auf dem feuchten Waldboden das von ihr holen, das sie dem Elben so bereitwillig gegeben hatte.

"Wolltest du nur Spaß, oder ihn und seine Stellung an dich binden?", höhnte Rakhal.

Ein starker Schmerz durchfuhr Legolas und er bemerkte, dass auch Marguerida Teil dieses Gefühlschaos war. Tränen überströmten ihr Gesicht. Und ein Gedanke so laut wie ein Schrei: "Weil ich den Vater meines Kindes liebe."

Die darauf folgende Stille war nicht natürlich, niemand bewegte sich und Legolas bemerkte erst nach einigen Momenten das dies äußerst wörtlich eingetreten war. Die Emotionen der beiden Streitenden waren zu einem leisen Hintergrundrauschen verblasst. Seine eigene Bewegungslosigkeit hing jedoch nur mit dem Schock zusammen, den Margueridas Worte ausgelöst hatten. Eine transparente Gestalt trat neben ihn. Mit einem spöttischen Lächeln bedachte sie den überforderten Elben.

"Sie gelangt wirklich spät zu dieser Einsicht, findet ihr nicht auch Legolas Thranduillion. Immerhin kennen sich die Beiden schon ihr Leben lang. Und immerhin ist dieses Gefühl beiderseitig."

Und zum ersten Mal seit langer Zeit verstand der Prinz aus Düsterwald sofort eine Andeutung.

"Ich bin nicht der Vater!", und in seiner Stimme schwang eine breite Mixtur aus Verblüffung, Erleichterung und Amüsement.

Nun, da er sorgenfrei als Außenstehender das Schlamassel betrachten konnte, wirkte die ganze Geschichte äußerst erheiternd. Schließlich war Marguerida vor einer Verheiratung geflohen, um sich dann doch in den vorgesehenen Bräutigam zu verlieben und dabei gleich ein ganzes Königreich in die Sache rein zu ziehen.

Seine neue Begleiterin schenkte ihm ein warmes Lächeln, welches so gar nicht zu ihrem schnippischen Gesicht passte.

"Marguerida hatte euch ganz schön erschreckt, nicht wahr. Das kann ich nicht verübeln bei Tante Asanis aufbrausendem Temperament. Aber ihr seht es meiner Mutter doch nicht nach?"

"Nein, ich glaube es wäre besser, wenn ich die beiden jetzt zurück bringe, wir sind schon ziemlich lange hier. Wenn Rakhal erst einmal außer Lebensgefahr ist, dann lässt es sich viel besser reden."

Sie nickte leicht mit dem Kopf und verschwand. Die Zeit setzte wieder ein.

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Vollkommen überrascht; denn er hatte keine Schritte gehört, fühlte Rakhal sich von hinten gepackt, herumgewirbelt und gegen Marguerida gedrückt, ich tränennasses Gesicht nur Millimeter von seinem entfernt. Der Elb umschlang sie beide und zog mit einem Ruck am Faden.

Dann schnellten sie zurück.

Ein heftiger Schmerz in seiner Wange holte ihn unsanft in die Wirklichkeit. Stöhnend schlug er die Augen auf und gewahrte die Hand des Elben bereit zum zweiten Schlag.

"Dom Ardais, Ihr seid ein arroganter, dickköpfiger Trottel. Durch Eure unsinnige Eifersucht wäret Ihr beinahe gestorben, dabei dürftet Ihr gar nicht mehr an Euch alleine denken. Wo doch Marguerida sich und Euer Kind in Gefahr brachte um Euch zu retten."

Rakhals Körper bestand nur noch aus schmerzenden, kalten Gliedern, aber sein Geist war glücklicherweise nicht so in Mitleidenschaft gezogen.

"M...Mein Kind!"

"Ja, du Dummkopf!", bestätigte Margueridas von Tränen raue Stimme.

"Was!", ertönte hierauf die entgeisterte und wütende Stimme Leonies.

"Nun, Domna Leonie, Euer Plan enthielt dummerweise eine Variable, die Ihr übersaht. Er scheiterte an Marguerida, dem Bauern in Eurem Schachspiel, dessen Sinn ich immer noch nicht ganz verstehe. Ich möchte so wenig wie möglich mit Eurer Politik in Kontakt geraten, aber seid Euch gewiss, wenn ich mich genötigt fühle, dann wird Lord Hastur einige interessante Dinge über die seltsamen Umstände von Domna Aillards Rückkehr erfahren. Ich muss jetzt meinen Pflichten als Diplomat auf dem Fest nachkommen. Auf Wiedersehen!"

Rakhal hörte eine Tür unsanft ins Schloss fallen, danach herrschte Totenstille im Raum.

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"Junge, da bist du ja. Ich suche dich schon seit einer Ewigkeit. Was ist denn mit dir passiert? Du bist ja noch blasser zwischen deinen spitzen Ohren als sonst. Hast du ein Gespenst gesehen?"

"Ja, dass auch Gimli, das auch... Aber jetzt lass uns etwas zu essen suchen. Ich verhungere bald."

Mit einem zufriedenen Grinsen schob Legolas seinen zwergischen Freund den Gang entlang.

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Die Sekunden tropften dahin, während jeder versuchte die Neuigkeiten zu verdauen. Rakhal räusperte sich und schluckte tief. Er wandte seinen Kopf um Marguerida anzusehen.

"Domna Marguerida Aillard, ich bitte Euch um Verzeihung. Ich hätte Euch zuhören sollen."

Sie rutschte näher an sein Lager und ergriff seine Hand.

"Dom Rakhal Ardais, ich nehme Eure Entschuldigung an. Und ich bitte Euch auch mir zu verzeihen. Ich hätte euch früher einweihen sollen."

"Nun, dann haben wir beide Fehler gemacht. Auch ich verzeihe dir, Preciosa."

Danilo Lindir mischte sich ein:

"Dom Rakhal, Marguerida und ich werden Euch auf Eure Gemächer bringen. Nach dieser langen Zeit von Eurem Körper getrennt, benötigt Ihr ein kräftiges Mahl und ein warmes Bett."

Gemeinschaftlich schafften es der Überwacher und die junge Herrin Aillards, Dom Ardais zu stützen. Kurz bevor die Tür hinter ihnen zufiel, hörte Leonie:

"Es wird bestimmt ein kräftiger, kleiner Kerl, mein Erstgeborener!"

"Rakhal, es ist ein Mädchen..."

Dann war die Bewahrerin von Arillin allein.

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Anmerkungen: Dumdidu, dabadidu, na wer hätte das gedacht?