All that I need

Kapitel 2

Hermine lief an diesem Tag von einer Ecke zur Anderen. Morgen würde sie im Ministerium anfangen zu arbeiten, und deswegen war sie mehr als aufgeregt. Sie war nervös und in ihr war ganz flau in der Magengegend. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, heute ganz besonders lange zu schlafen. Aber sie wälzte sich nur von der einen zur anderen Seite und irgendwan hatte sie eingesehen, dass es keinen Zweck hatte. Was sollte sie sich im Bett rumquälen, wenn sie die Zeit besser nutzen konnte?

Hermine begann also damit, sich näher mit der Abteilung zur Führung und Aufsicht Magischer Geschöpfe zu beschäftigen, insbesondere aber mit der Zauberwesenbehörde. Aber ach… es fiel ihr so unendlich schwer, sich zu konzentrieren. Und so ließ es auch bald und beschäftigte sich lieber mit dem leeren Pergament, das noch immer auf ihrem Schreibtisch lag, die Feder griffbereit daneben.

Hermine hatte sich Viktors Brief jetzt schon so oft durchgelesen, dass sie das Gefühl hatte, das Pergament wäre an den Seiten schon dünner geworden. Es sind nur ein paar Zeilen, dachte sie traurig. Sie hatten sich sonst ellenlange Briefe geschrieben. Die anfängliche Freude wich einer leisen Enttäuschung. Aber was hatte sie eigentlich erwartet? Dass er ihr jetzt doppelt soviel schrieb? Dabei überlegte sie, ob sie überhaupt schmalzige Liebesschwüre lesen wollte und ob sie so etwas auch schreiben würde. Und das war der springende Punkt. Seit seinem Brief ist einige Zeit vergangen und Hermine hatte es nicht fertig gebracht ihm zurück zu schreiben. Sie ärgerte sich über sich selbst. Immer wenn sie sich an den Schreibtisch setzte und den Federkiel ins Tintenfass tauchte, wusste sie wieder nicht was sie schreiben sollte. Das einzige was ihr dann immer einfiel war: Ich vermisse dich. Aber das konnte sie ja nun nicht einfach so alleine da stehen lassen. Hach, das war aber auch kompliziert. Und so gab Hermine es jedes Mal auf.

Mit viel Schwung setzte sie sich auf die Fensterbank, das Fenster weit geöffnet. Es dämmerte bereits und in einer halben Stunde würde sicherlich die Sonne schon in ihr Zimmer scheinen. Hermine atmete tief ein. Was sollte sie bloß den ganzen Tag machen? Bisher hatte sie ihre Zeit damit verbracht, in die Winkelgasse zu gehen um dort Bücher, Pergament und noch mehr Bücher zu kaufen. Und wenn sie das nicht machte, dann saß sie bestimmt am Schreibtisch und zerbrach sich ihren Kopf über einen nicht geschriebenen Brief.

Aber da fiel ihr ein, dass sie zum Fuchsbau gehen könnte. Ja, Harry, Ron und Ginny würden sie sicherlich gut ablenken.

„Harry und Ron sind in der Winkelgasse. Aber sicherlich kommen sie in einer Stunde oder so wieder. Ginny ist aber da. Du kannst gleich hoch in ihr Zimmer gehen." Molly Weasley öffnete mit einem strahlenden Lächeln die Tür und ließ Hermine eintreten. Sie bedankte sich und klopfte Sekunden später an Ginnys Zimmertür.

„Ist offen", rief sie und Hermine trat ein.

„Oh, das ist ja schön, dass du hier bist. Ich habe gerade an dich gedacht."

„An mich? Warum denn das?" Hermine setzte sich zu Ginny aufs Bett und sah sie fragend an.

„Ach, ich habe vorhin einen Artikel über Viktor gelesen, und da dachte ich halt spontan an dich."

„Ein Artikel über Viktor? Viktor Krum?" Hermines Herz pochte schneller. Wo war der verdammte Artikel und wieso hatte sie ihn nicht gelesen? Ginny hingegen verdrehte gespielt ihre Augen.

„Kennst du sonst noch einen Viktor? Na bitte. Aber es wundert mich, dass du noch gar nichts davon weißt."

„Wovon denn bitte schön?" Hermine hatte das Gefühl, ihrer Freundin jedes Wort aus der Nase rausziehen zu müssen.

„Also das glaube ich nicht. Du weißt es tatsächlich nicht?"

„Ginny, tu mir bitte einen Gefallen und sag endlich was los ist!" Hermine wurde ungewollt lauter.

„Er hört für eine Weile mit dem Quidditch auf. Er will sich eine Auszeit nehmen, heißt es."

„Wo steht das?" fragte Hermine keuchend und suchte das Zimmer ab.

„Warte… hier ist die Zeitung. Steht sogar auf der Titelseite des Tagespropheten." Aha, dachte Hermine, jetzt weiß ich warum ich davon noch nichts gelesen habe. Sie hatte den Tagespropheten abbestellt, kurz bevor sie nach Bulgarien geflogen ist.

Hermine besah sich den Artikel. Es gab sogar ein Bild von Viktor! Die Schlagzeile lautete: WELTBESTER SUCHER HÖRT AUF!

Und etwas kleiner stand darunter dann: Viktor Krum will eine Auszeit.

Hermine war wütend. Warum hatte er ihr davon nichts gesagt?

„Du hast nichts davon gewusst?" fragte Ginny stirnrunzelnd und betrachtete Hermine von der Seite.

„Nein… aber vielleicht war es ja auch eine kurzfristige Entscheidung", versuchte sie sich einzureden.

„So was entscheidet man nicht von heute auf morgen. Das will gut durchdacht werden. Viktor ist nicht irgendein Quidditch-Spieler, sondern der Beste. Bulgarien wird lange suchen müssen, um einen Ersatz für ihn zu finden. Volkov hat ja auch aufgehört, wegen der Sache mit seiner Schwester."

Peng!

Hermine riss den Kopf zu Ginny rum und starrte sie mit großen Augen an. Ginny fand, ihre Freundin ähnelte einer Psychopathin.

„Ich weiß es wieder!" stieß sie aufgeregt hervor. „Himmel hilf, wie konnte ich das unr vergessen!"

„Was denn? Was weißt du wieder? Hat Viktor dir doch erzählt, das er aufhören will?"

„Nein, nein. Es ist… wo bleiben bloß Harry und Ron? Ich muss es ihnen gleich erzählen."

„Du, ich bin auch noch hier!" sagte Ginny beleidigt.

„Entschuldige… es ist nur… oh Gott, ich weiß gar nicht wo mir der Kopf steht."

„Ich jag die gleich einen Fluch auf den Hals, wenn du es mir nicht sagst!" Den Zauberstab hatte Ginny schon griffbereit und sie würde von ihm Gebrauch machen, wenn Hermine nicht gleich sagen würde, was sie so aus der Fassung brachte.

„Schon gut, schon gut. Ich erzähle es dir ja." Und so berichtete Hermine kurz von ihrem ersten Zusammentreffen mit Maria, wie sehr diese in Viktor verknallt war und dass sie dafür vor nichts zurückschreckte um sie, Hermine, loszuwerden.

„Um Himmels Willen! Aber sie sitzt jetzt in Askaban, richtig?"

„Ja. Und da ist noch was. Die Sache, die mir eben eingefallen ist und nach der ich die ganze Zeit gesucht habe. Kurz bevor ich mit Maria die Treppe heruntergestürzt bin, konnte ich einen Blick auf ihren linken Unterarm werfen."

„Du willst mir damit doch wohl nicht etwa sagen, dass…?"

„Genau das. Sie ist eine Todesserin. Ich habe das dunkle Mal erkannt. Und das beängstigende ist, dass ich mir ziemlich sicher bin, dass es vorher noch nicht da war."

„Aber das würde ja heißen, dass Voldemort noch irgendwo hier ist."

„Ja." Hermine erzählte noch von ihren Träumen, die zwar in letzter Zeit abgenommen hatten, aber immer noch da waren.

Ginny dachte nach.

„Harry hat mir nie erzählt, wie er es letztendlich geschafft hatte, Voldemort zu besiegen. Sicher ist nur, dass er eine weitere Narbe davon getragen hat."

„Hmm, die an seinem Handrücken." Eine gerade und relativ unspektakuläre Narbe im Gegensatz zu der blitzförmigen.

Plötzlich hörten sie von unten Stimmen. Harry und Ron waren wohl wieder da. Kurz darauf klopfte es an der Tür und die beiden Jungs traten ein. Mrs Weasley hatte ihnen bereits mitgeteilt, dass Hermine zu Besuch war.

„Hey, schön dich zu sehen", begrüßte Harry sie und setzte sich neben sie aufs Bett. Ron stand noch ein wenig unschlüssig in der Gegend rum, dann setzte er sich auf einen Stuhl.

„Worüber hattet ihr denn gerade gesprochen? Ich hab noch irgendwas von Voldemort gehört?" fragte Harry neugierig. Ginny und Hermine sahen sich an.

„Weißt du, wir erzählen es dir, wenn du uns endlich sagst, wie das mit Voldemort war", sagte Ginny äußerst ruhig an Harry gewandt. Er wurde auf der Stelle kreideweiß. Ron schaute ihn erwartungsvoll an. Nicht einmal ihm hatte er etwas davon erzählt. „Ja Harry, erzähl doch endlich davon."

Alle drei sahen ihn gespannt an.

„Ich weiß ehrlich nicht, was daran so interessant sein soll!"

„Jetzt hör aber bitte mal auf, die ständig rauszureden! Wir sind deine Freunde, und wir haben verdammt noch mal ein Recht darauf, es zu erfahren!" Ginny war außer sich. Sie wusste nicht, ob sie tatsächlich das Recht dazu hatten, aber es hörte sich gut an. Und es wies Harry in die Schranken.

Harry rollte nur die Augen.

„Na schön. Also Voldemort und ich waren alleine und ich konnte ihn mit einem Erstarrungszauber kriegen. Als er so steif wie ein Brett war hab ich ihm dann einen weiteren Fluch entgegengeschleudert und Voldemort ist in tausende von Stücken zersplittert. Die meisten sind verdampft. Einer hat mich hier getroffen," er deutete auf seinen Handrücken. „So, und jetzt will ich kein weiteres Wort mehr davon hören."

Ron, Hermine und Ginny sahen sich fragend an. Und das hatte Harry ihnen nicht erzählen wollen? Was war denn so schlimm daran?

„Danke", sagte Hermine nun leise.

„Ich hatte ja nun keine andere Wahl, oder?" sagte Harry gereizt. „Worüber hattet ihr denn nun gesprochen?"

Ginny und Hermine erzählten von Maria und den Träumen. Harry runzelte nur die Stirn und meinte dann, dass es völlig unmöglich wäre. „Diese Maria war sicherlich schon vorher eine Todesserin, die sie noch nicht geschnappt hatten." Damit war für ihn das Thema beendet. Hermine hingegen grübelte noch gründlich über alles nach. Aber schließlich sah sie ein, dass es sie zu keiner Antwort brachte und begann, das Thema zu wechseln, um die Athmosphäre ein wenig zu entspannen.

„Was habt ihr denn schönes eingekauft?" fragte Hermine nun und sah dabei Ron fragend an. Seine Ohren wurden rot als sich ihre Blicke begegneten und Ron stammelte etwas von „Pergament und Bücher" vor sich hin. Ginny schüttelte leicht genervt den Kopf. Sie fand ihren Bruder kindisch. Auch wenn er es ihr nie gesagt hatte, wusste Ginny doch, dass er für Hermine mehr als nur Freundschaft empfand. Aber dieser Trottel brachte es einfach nicht fertig, es ihr zu sagen und darüber ärgerte sich Ginny ungemein. Allerdings fragte sie sich, wie Hermine zu Ron stand. Sie war der Meinung, dass es durchaus eine Zeit gab, als Hermine auch Gefühle für Ron hegte. Aber das war nur eine Vermutung. Harry riss sie aus ihren Gedanken.

„Hey, hast du das schon mit Krum gehört?" fragte er an Hermine gewandt.

„Hmm. Gerade eben."

„Oh. Nun… was sagst du dazu?"

„Ich? Keine Ahnung. Ich finde einfach, er hätte es mir ruhig mal sagen können, dass er aufhören will."

„Seltsam dass er dir nichts davon gesagt hat. Ich dachte, ihr versteht euch so gut?" Das kam von Ron. Eine seltsame Genugtuung spiegelte sich in seinem Gesicht wieder.

„Was ich fast noch merkwürdiger finde, ist, dass ich der Meinung bin ihm im Ministerium gesehen zu haben", fügte Hermine hinzu, ohne auf Rons Kommentar zu achten.

„Du hast ihn im Ministerium gesehen?" platzte es aus Ginny heraus.

„Ich weiß nicht. Könnte ja auch sein, dass ich mir das nur eingebildet habe. Vielleicht wollte ich ihn ja sehen… und meine Phantasie ging mit mir durch?"

„Meinst du?"

„Kann doch sein?"

„Bist du denn nicht zu ihm gegangen und hast dich davon überzeugt?"

„Nein", sagte Hermine kleinlaut und Ginny ließ ihre Augen ein weiteres Mal rollen. „Was hat dich denn daran gehindert?" fragte sie weiter.

„Ich weiß nicht… Ich war wie erstarrt und ehe ich mich versah gingen die Türen wieder zu. Im nächsten Stock musste ich auch schon wieder aussteigen." Ginny seufzte. Harry warf Ron einen prüfenden Blick zu. Er sah so grimmig aus wie immer, wenn Hermine von Viktor sprach. So wie Harry das sah, war für ihn das Kapitel Hermine Granger noch nicht abgeschlossen.

„So, jetzt muss ich aber langsam wieder. Ich bin schon ganz aufgeregt wegen morgen. Geht es euch genauso?" Harry und Ron, die morgen ihre Ausbildung zum Auror beginnen würden, nickten bedächtig. Und für Ginny würde nun das letzte Jahr in Hogwarts anbrechen. Hermine lächelte die drei an, dann stand Ginny auf und begleitete ihre Freundin nach draußen.

„Ich wünsch dir viel Glück" sagte sie zu Hermine und umarmte sie.

„Dir auch." Dann apparierte sie nach Hause.

Kaum war Hermine in ihrem Zimmer, setzte sie sich auch schon an den Schreibtisch. Sie wusste jetzt ganz genau was sie schreiben wollte. Es war nicht die Hand, die schrieb, sondern ihr Herz.

Lieber Viktor,

ich habe gerade erfahren, dass du mit dem Quidditch aufhörst. Ich habe es von einer Freundin und aus der Zeitung erfahren. Du glaubst gar nicht, wie unbedeutend ich mich gerade fühle. Hältst du es nicht für nötig, mir soetwas selbst zu sagen? Bei so einer wichtigen Entscheidung? Ich hätte es dir ja nicht verboten, was glaubst du denn, aber ich würde gerne die Gründe dafür wissen. Du liebst Quidditch über alles und jetzt willst du aufhören? Warum, Viktor? Erklär es mir bitte… Du hast mir doch sonst auch alles erzählt.

Außerdem hatte ich das Gefühl, dich im Ministerium zu sehen. In der Abteilung für internationale magische Zusammenarbeit. Bitte sag mir, dass du es nicht warst. Bitte sag mir, dass wenn du hier in England gewesen wärst, mich doch auf jeden Fall besucht hättest… Bitte!

Hermine"

Tränen kullerten über ihre Wangen. Sie war so emotional geladen, dass sie jetzt tatsächlich weinen musste. Sie verstand die Welt nicht mehr und hoffte, es würde für alles eine plausible Erklärung geben. Und wenn nicht? Was dann?

Später schickte sie eine Eule mit dem Brief weg. Hermine saß wieder auf der Fensterbank und sah der Posteule noch lange nach.

A/N: Vielen lieben Dank mal wieder für eure Reviews! Ich werde versuchen, so schnell wie möglich weiterzuschreiben.
LG,
Galato