Kapitel 08

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Eine morgendliche Überraschung im Badezimmer

Eigentlich hatte Hermine gehofft, noch eine Weile ihre Ruhe zu haben. Sie hörte Draco erst, als er ihren Namen rief und die letzten Stufen nahm. Erschrocken sah sie ihn an und wollte schon patzig etwas erwidern, als Draco sich auf die unterste Stufe setzte und sie ansah.

„Was willst du?" Hermine versuchte, ruhig zu bleiben.

„Ich weiß jetzt, warum ich dich geküsst habe." gab Draco zu.

„Ach wirklich? Vielleicht kannst du es mir ja jetzt endlich erklären?" Abwartend sah die Braunhaarige den Jungen an.

„Ja, pass auf." Draco war Hermine sehr dankbar, das sie ihm zuhörte, anstatt weg zu gehen, oder aber näher zu kommen. So kam er direkt zur Sache. Langes um das eigentliche Thema reden, hasste er. „Pansy hat einen Liebesfallentrank gebraut und ihn mir gegeben. Ich vermute, sie ist irgendwie in den Gemeinschaftsraum gekommen und hat mir das Zeug bei der Feier in mein Butterbier gekippt. Parkinson weiß nämlich genau, das ich öfter nach draußen gehe, wenn ich mich nicht gut fühle. Und sie wusste genauso gut, das es mir nach dem Trank schlecht gehen würde." Draco machte eine Pause und sah Hermine abwartend an. Diese musste erst einmal realisieren, was Draco gesagt hatte. Dann antwortete sie ihm stockend.

„Was…? Willst du damit sagen, das Pansy den Trank gebraut und dir gegeben haben soll? Das ist zwar eine logische Erklärung, aber es ist doch absurd, oder? Warum sollte sie so etwas machen?" Die Braunhaarige zweifelte noch.

„Ganz einfach. Ich habe sie schon hunderte von Malen abblitzen lassen und nach unseren Referaten muss sie ihre Chance gewittert haben. Hier, sieh dir dieses Blatt einmal genauer an und sag mir dann, was du davon hältst. Das ist nämlich eindeutig Pansys Handschrift." Draco schmiss den Zettel in Hermines Richtung, da er nicht riskieren wollte, ihr zu nahe zu kommen. Diese hob das Blatt auf und las es durch. Sie bemerkte auch die hastig geschriebenen Worte auf der Rückseite des Pergaments. Mit aufgerissenen Augen sah sie den Blonden an.

„Na, glaubst du mir jetzt, Hermine?" Unabsichtlich hatte Draco die Braunhaarige mit Vornamen angesprochen, doch er schien es nicht zu bemerken.

„Fast. Beweise es mir. Lass uns den Trank ausprobieren. Aber glaube gar nicht erst, dass du mich reinlegen kannst. Ich kenne die Wirkungen dieses Trankes auswendig."

„Ausprobieren? An jemandem?"

„Nein, ich will etwas anderes probieren." Hermine stand auf und ging drei Schritte auf Draco zu.

„Granger, was machst…?" Weiter kam Dracos nicht. Er fühlte sich, als ob er selbst in den hintersten Winkel seines Körpers gesperrt wurde und nur mit ansehen konnte, was geschah.

Hermine, mein Engel. Du hast mir gefehlt." Draco säuselte diese Worte fast. Hermine sah ihn an. Ihr Gehirn arbeitete rasend, während sie darauf achtete, das Draco ihr nicht zu nahe kam.

„Der Blick… schon wieder so warm. Und die Stimme und die Worte sind auch leicht verändert. Na gut, die Wortwahl ist komplett verändert. Komisch, das Draco solche Worte überhaupt kennt…" Während Hermine nachdachte wurde sie unachtsam.

Draco war aufgestanden und kam nun langsam immer näher. Als er sie fast erreicht hatte, löste Hermine sich aus ihrer anfänglichen Erstarrung und stolperte einige Schritte rückwärts. Sofort wurden Dracos Augen wieder zu regelrechten Eisblöcken. Sein Gesicht wurde ausdruckslos und er verschränkte die Arme vor der Brust.

„Na, glaubst du mir jetzt, Granger? Oder legst du es darauf an, dass ich dich aus Versehen noch einmal küsse?" Draco sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Vielen Dank, Draco. Ich glaube dir lieber direkt."

„Und was schlägst du jetzt vor? Was sollen wir machen? Ich will diesen beschissenen Zauber so schnell wie möglich loswerden." Draco lehnte sich an die Wand und sah Hermine an.

„Ich finde, wir sollten es zu erst Harry und Ron erklären, bevor es zu Missverständnissen kommt. Außerdem haben sie sich Sorgen um dich gemacht. Und dann sollten wir versuchen, das Gegenmittel irgendwo her zu bekommen." sagte Hermine.

„Gute Idee, Granger. Darauf wäre ich jetzt wirklich nicht gekommen." Draco war offensichtlich wirklich schlecht gelaunt.

Die beiden beschlossen, zu Harry und Ron zu gehen um ihnen alles zu sagen und sie um Hilfe zu bitten, wobei Dracos sich anfangs heftig gegen letzteres gewehrt hatte. Ein Slytherin nahm doch keine Hilfe von Gryffindors an. Und ein Malfoy von einem Potter und einem Weasley schon gar nicht. Allerdings, was sollte er sonst machen?

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„Ich habe gewonnen!" Ron grinste fröhlich vor sich hin. Harry saß ihm gegenüber und tat so, als ob er schmollen würde. Es war ja klar gewesen, das er nicht gegen Ron im Zauberschach gewinnen konnte. Ginny saß bei den beiden. Sie hatte sich vorgenommen, mit ihrem Bruder und Harry zusammen zu warten, bis Hermine ihnen etwas über Dracos befinden sagen würde. Da es schon spät war, waren alle anderen nach und nach ins Bett gegangen.

Die Drei vernahmen das leise Auftreten von Sohlen. „Hermine! Wie geht es Draco?" Die Drei waren aufgestanden und liefen auf Hermine zu.

„Na ja…. Er ist wach, aber…" begann die Braunhaarige.

„Wir haben da ein „kleines" Problem." Draco vollendete den Satz, während er auf der letzten Stufe stehen blieb. Bevor noch jemand etwas sagen konnte sprach Hermine weiter.

„Setzt euch bitte erst einmal hin. Die Geschichte könnte etwas länger dauern."

So gingen die Fünf zusammen zu einer Sitzgruppe und ließen sich in die Sessel fallen. Hermine und Draco setzten sich so weit aus einander, wie möglich. Dann erzählten sie den Dreien, was vorgefallen war. Das Hermine von Dracos geküsst worden war ließen die Beiden beteiligten in beidseitigem Einvernehmen aus.

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„Also war die Person, die ich im Gemeinschaftsraum gesehen habe wirklich ein Slytherin. Es war Pansy. Und die Frage, wie sie Draco den Trank verabreichen konnte, ohne dass jemand etwas merkt, kann ich auch direkt klären, glaube ich." Sagte Harry, als Draco und Hermine geendet hatten.

„Na, dann spann uns nicht länger auf die Folter, Potter." Knurrte Draco ungeduldig.

„Jaja, ich erzähle ja schon. Also, ich glaube, das Pansys sich unter die Menge gemischt hat, als das Quidditchspiel vorbei war. Vielleicht hat sie sich mit einem Tarnzauber belegt, oder sie ist einfach nicht aufgefallen. Jedenfalls ist sie nach dem Spiel mit der Menge in den Gemeinschaftsraum gekommen. Dann hat sie Draco ein Butterbier gegeben. Dabei ist sie mir aufgefallen, aber es ist mir, wahrscheinlich wegen dem Tarnzauber nicht richtig klar geworden, dass sie keine Gryffindor war, sondern erst später, nachdem wir Draco in unser Zimmer gebracht hatten."

„Du meinst also, dass Parkinson in Dracos Butterbier den Trank gefüllt hat?" fragte Ron nach.

„Ja, genau das meine ich." bestätigte Harry.

„Aber dann… kennt sie ja vielleicht unser Passwort!" Entsetzt sah Ginny die Anderen an.

Sie beschlossen, das Pansy wohl so schnell nicht wiederkommen würde. Dann redeten sie noch einige Zeit über das Problem Sie beschlossen, am nächsten Tag, Samstag, in die Bibliothek zu gehen und dort nach dem genauen Rezept für das Gegenmittel zu suchen. Eine halbe Stunde später gingen alle nach oben, in ihre Schlafsäle.

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Müde rieb Draco sich die Augen. Die Sonne blendete ihn, da er die Vorhänge nicht vorgezogen hatte. Er sah sich um und bemerkte, das die anderen noch alle schliefen. Dann sah er auf seine Uhr. Erst halb Acht. Dabei waren sie bis halb drei in der Nacht auf gewesen. Er hörte, das Hermine sich in ihrem Bett drehte. Draco drehte sich zu dem schlafenden Mädchen um. Ihre Haare lagen um sie, fast wie ein Kranz und einige Strähnen hingen ihr ins Gesicht. Mit ihrem weißen Nachthemd und der Decke, die sie nur bis zum Bauch bedeckte, sah sie fast aus wie ein Engel, der schlief, dachte Draco. Doch gleich darauf schüttelte er den Kopf. Wohl eine Nebenwirkung des Trankes, weil er die ganze Zeit ziemlich nah bei Hermine war. Unbeabsichtigt, und ohne dass er es merkte, nannte Draco sie immer öfter bei ihrem Vornamen. Der Blonde riss sich von ihrem Anblick los und ging, einen großen Bogen um Hermine machend, zu seinem Schrank. Er nahm sich seine Uniform und ging ins Badezimmer. Dort zog er seine Sachen aus und legte sie auf die Ablage neben einer der Duschen. Dann nahm er sich ein Handtuch, hängte es über den Handtuchhalter und stieg unter die Dusche.

Jetzt, wo er unter der kalten Dusche stand, wurde er langsam richtig wach. Sein Kopf war wieder komplett klar und er erinnerte sich daran, dass sie heute in die Bücherei gehen wollten. Seufzend stellte Draco das Wasser ab, stieg aus der Dusche und schlang sich sein Handtuch um die Hüfte.

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Gähnend streckte Hermine sich in ihrem Bett. Viertel vor Acht. Die Braunhaarige setzte sich auf und sah sich um, ob schon jemand wach war. Harry und Ron schliefen noch, aber Draco war nicht mehr da.

„Wahrscheinlich ist er schon mal in den Gemeinschaftsraum oder so." Hermine verschwendete keinen Gedanken daran, das Draco vielleicht noch im Bad sein könnte. Sie zog sich Anziehsachen aus ihrem Schrank und ging zur Badezimmertüre. Es war nichts zu hören, also öffnete Hermine die Türe und trat ein.

„Guten Morgen, Granger. Na, so früh am morgen schon am spannen?" Wie immer hatte Draco, trotz der recht peinlichen Situation einen Spruch auf Lager. Dabei hatte er einmal mehr das typische Malfoy-Grinsen auf dem Gesicht. An die Tatsache, dass er, nur mit einem Handtuch bekleidet, Hermine gegenüberstand, die nur ein dünnes, weißes Nachthemd anhatte, schien er sich nicht sonderlich zu stören. Hermine störte es umso mehr. Zuerst starrte sie entsetzt auf Draco, sie musterte ihn von oben bis unten, bemerkte, das sie ihn angestarrt hatte, brachte ein „'tschuldige" hervor und stürmte wieder aus dem Badezimmer.

Fassungslos schüttelte Draco den Kopf.

„Ich hätte besser abschließen sollen. Aber irgendwie habe ich das total vergessen. Was hatte Hermine eigentlich? So schlimm sehe ich wirklich nicht aus und mit ihrem Nachthemd und dem Schlafzimmerblick hätte sie ruhig noch ein Bisschen hier bleiben können." Doch was dachte er, der Erbe der Malfoys, hier schon wieder? Blöder Trank, blöde Nebenwirkungen. Seelenruhig zog Draco sich an und ging dann aus dem Badezimmer.

„Oh mein Gott. Ich habe Malfoy nackt gesehen… - Übertreibe nicht, Hermine! Fast nackt! – Na gut. Fast nackt. Aber FAST! Nur mit einem Handtuch. Oh mein Gott. - Und ich habe ihn angestarrt. – Habe ich nicht. – Wohl! – Stimmt ja… Was mache ich nur? Muss an diesem Trank liegen. Wahrscheinlich hat Parkinson da mal wieder irgendwas zu viel rein getan oder so. Vielleicht haben wir das Kapitel mit den Nebenwirkungen auch nur übersehen…" Hermine focht in Gedanken eine Diskussion mit sich selbst aus. „Aber Draco sah wirklich nicht schlecht aus, nur mit dem Handtuch. Das Wasser lief ihm noch überall entlang und diese Haut. Sie sah so weich und samtig aus. Und diese platinblonden Haare. Außerdem ist er verdammt gut gebaut. Durchtrainiert, vermutlich vom Quidditch spielen. – Oh mein Gott. Was denke ich da schon wieder? Ich muss total verrückt geworden sein." Hermine schreckte aus ihren Gedanken auf, als die Badezimmertüre geöffnet wurde. Sie sah auf und direkt in Dracos silbergraue Augen. Oder doch eher sturmgrau?

Hermine schien ganz in Gedanken versunken, als Draco hereinkam. Doch als er die Türe schloss schreckte sie auf. Draco sah sie direkt an und versank fast in ihren braunen Augen. Dieser verfluchte Trank aber auch. War er froh, wenn er die Auswirkungen des Trankes wieder los war und diese Gedanken verschwinden würden.

„Hermine, das Bad ist frei." Sagte Draco nur und ging zu seinem Bett. Er setzte sich und suchte in einer Truhe nach Briefpapier Seine Mutter wartete schon seit Tagen auf einen Brief aber er hatte ihr einfach noch nicht geschrieben. Jetzt hatte er allerdings etwas Zeit. Das er die Gryffindor beim Vornamen genannt hatte schob er ebenfalls auf den Trank.

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Hermine? Hatte sie sich gerade verhört? Nein, eindeutig nicht. Aber sicher auch nur eine Nebenwirkung des Trankes.

„Danke, Draco." Hermine stand auf, nahm ihre Sachen, die auf einem Sofa lagen, und ging ins Badezimmer. Allerdings schloss sie die Türe nach dem Erlebnis vor einigen Minuten lieber ab.

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Als Ron aufstand waren Hermine und Draco fertig und Harry duschte gerade. Draco las in einem Buch und Hermine schlug schon einige Sachen in einem Wälzer von sicher achthundert Seiten nach. Wahrscheinlich stand der Liebestrank, den Pansy gemacht hatte, auch in diesem Buch.

Eine dreiviertel Stunde später saßen Harry, Draco, Ron und Hermine in der Bibliothek und wälzten dicke Bücher. Sie brauchten eine genaue Beschreibung des Gegenmittels. In ihrem Referat hatten sie das Rezept für das Gegenmittel nicht aufgeführt, was Draco und Hermine jetzt ärgerte. Die beiden waren seit dem Vorfall im Bad immer mit mindestens 5 Metern Abstand gelaufen, da sie nicht genau wussten, wie nah sie sich bei Pansys Trank kommen durften.

„Ich habe was gefunden, Leute." Die drei Jungen sahen Hermine abwartend an.

„Und, was steht da?" fragte Draco barsch.

„Moment." Hermine sah den Blonden leicht genervt an. „Also, hier steht, was wir alles Brauchen." Sie las die ganzen Zutaten vor, die Draco auch sofort mitschrieb. Dann las Hermine weiter. „Der Trank muss bei Vollmond angefangen werden, da müssen dann genau um Mitternacht, wenn der Vollmond in einem Monat zum ersten Mal aufgeht bestimmte Zutaten hinzugefügt werden, die lese ich jetzt aber noch nicht vor. Der Trank braucht fast eine Woche, bevor er fertig ist. Die neuen Zutaten müssen jedes Mal hinzugefügt werden, während das Gebräu kocht. Wenn der Trank fertig ist muss er noch fünf Tage stehen, dann kann Draco ihn trinken."

Die anderen sahen Hermine fassungslos an.

„Fast… ein… eineinhalb… Wochen?" stotterte Draco.

„Ja, sieht so aus. Tut mir leid, Draco. Aber schneller geht es wirklich nicht." Hermine seufzte.

„Vollmond ist schon Morgen Nacht. Und zufällig zum Ersten mal in diesem Monat." merkte Harry an.

„Du hast Recht, Potter! Wenigstens muss ich nicht noch einen Monat warten, um den Fluch loszuwerden. Aber… wo bekommen wir so schnell die Zutaten her?"

„Gute Frage…. Ich glaube, wir haben ein ernsthaftes Problem…" bemerkte Ron.