Titel: Heero's Eleven
Autoren: Zanna & Laren (ZaLa)
Disclaimer: siehe Prolog
Kommentar: So, hier ist das Heero's Eleven Kapitel, das wir im Urlaub geschafft haben. Wir wünschen euch viel Spaß damit!
Kapitel 11
Duo beobachtete wie Howard – Verzeihung, Lyman Zerga – begleitet von seinen zwei weiblichen Bodyguards das Bellagio betrat. Wenn er nicht gewusst hätte um wen es sich handelte, hätte er Hilde und Noin nicht wieder erkannt. Und das lag noch nicht einmal an den beiden schwarzen Anzügen und den mit Gel zurückgekämmten Haaren, sondern vielmehr daran, dass sich die beiden ausnahmsweise einmal nicht stritten.
Mit forschen, energischen Schritten bewegte Howard sich auf die Rezeption des Hotels zu und schenkte Duo, der in einem Sitzbereich der Eingangshalle saß, nicht die geringste Beachtung, als er an ihm vorbeikam. Genauso wenig wie Hilde und Noin, die beiden trugen Howards Gepäck und behielten dabei gleichzeitig Howards unmittelbare Umgebung schärfstens im Blick. Genau wie es sich für gute Bodyguards eben gehörte.
„Ok, erzähl mir von Khushrenada," sagte Duo und wandte sich an Zechs, der neben ihm saß und das Trio Howard/Hilde/Noin ebenfalls gespannt beobachtete.
„Der Kerl ist ne Maschine," antwortete Zechs. „Er trifft jeden Tag um 14 Uhr am Bellagio ein. Derselbe Wagen, derselbe Fahrer. Er kennt jeden Angestellten den er trifft beim Namen. Nicht schlecht für nen Typ der ne dreiviertel Milliarde schwer ist." Zechs' Stimme klang richtig bewundernd, und Duo konnte es ihm gut nachvollziehen. Khushrenada hatte eine Menge erreicht in seinem Leben, und er hatte das alles ganz allein erreicht. Gut, seine Methoden waren mehr als fragwürdig, aber dennoch musste man einen Mann, der sein Ziel koste es was es wolle im Auge behielt einen gewissen Respekt zollen.
„Die Büros sind oben," fuhr Zechs fort. „Er arbeitet hart und steht dann um Punkt sieben in der Eingangshalle. Er verbringt dort drei Minuten mit seinem Casinomanager."
„Worüber reden sie?" warf Duo ein und winkte einen der Kellner zu sich, die überall im Hotel rumliefen. Seine letzte Mahlzeit lag schon etwas zurück und langsam bekam er so richtig Hunger.
„Nur übers Geschäft," antwortete Zechs. „Khushrenada weiß gern was in seinen Casinos läuft. Er behält gern die Kontrolle. Er weiß über fast alle Vorfälle Bescheid und regelt sie persönlich. Er geht ein paar Minuten lang den Edelzockern um den Bart, er spricht fließend spanisch, französisch und italienisch, und er lernt japanisch. Er ist schon ziemlich gut."
Duo nickte und nahm den Krabbencocktail entgegen, den der Kellner ihm gerade gebracht hatte. Er bedeutete Zechs weiter zu sprechen während er anfing den Krabbencocktail genüsslich zu essen.
„Um 19:30 Uhr reicht ihm sein Assistent draußen eine schwarze Aktenmappe. Inhalt: Die Zahlen vom Tag und neue Sicherheitscodes. Dann geht er ins Restaurant."
Duo nickte erneut, schnappte sich seinen Krabbencocktail und stand auf. Mit Zechs auf den Fersen begab er sich in Richtung der Edelzocker. Es war jetzt kurz vor 19:30 Uhr und er wollte sich Khushrenada selbst einmal ansehen. Bisher hatte er nur Bilder von dem Mann gesehen, aber Duo würde sich ein besseres Bild von ihrem Gegenüber machen können, wenn er ihn einmal in Natura gesehen hatte.
Am Fuße einer großen, eleganten Treppe blieben sie beide stehen und warteten. Und tatsächlich, nur wenig später kam Khushrenada mit forschem Schritt aus der Richtung der privaten Tische marschiert, eine schwarze Aktenmappe unter dem Arm.
„Ich sag ja, eine Maschine," sagte Zechs.
Duo musterte den Mann abschätzend. Er war groß, hatte rotbraunes Haar das er glatt aus dem Gesicht gegelt trug und edle Gesichtszüge. Er trug einen teuren Anzug in einem leicht asiatisch wirkenden Schnitt. Zweifellos maßgeschneiderte Einzelstücke. Duo hatte ein ganz gutes Auge für so was.
„In dieser Mappe liegen die Codes für alle Kassentüren?" fragte Duo und nahm einen weiteren Bissen.
„Uhum," machte Zechs und stellte sich so, dass er halb von Duo verdeckt wurde. Duo hätte ihn sicherlich zurechtgewiesen und ihm gesagt, dass er sich auf diese Weise sehr viel verdächtiger machte als wenn er Khushrenada offen angestarrt hätte, aber er war viel zu sehr auf Khushrenada konzentriert und versuchte in der kurzen Zeit soviel wie möglich über den Mann zu lernen, den sie demnächst ausnehmen würden.
„Die sind keine zwei Minuten alt da hat er sie bereits in der Hand," fuhr Zechs fort und trat von einem Fuß auf den anderen. Er seufzte tief, „Echt, ihr habt Talent Leute aufzugabeln. Der Kerl ist ebenso gerissen wie skrupellos. Der letzte der das Casino austricksen wollte hat ihm nicht nur zehn Jahre Bau zu verdanken, Khushrenada hat auch für die Pfändung seines Hauses gesorgt. Und dann den Malerbetrieb seines Schwagers –"
„– seines Schwagers ruiniert," unterbrach Duo Zechs und grinste ihn kurz an. „Ja, hab ich gehört."
„Der schießt dir nicht nur ins Knie," murmelte Zechs und hörte sich sehr besorgt an, „Der nimmt dir die Lebensgrundlage, dir und jedem den du jemals getroffen hast!"
Duo grinste und nahm einen weiteren Bissen Krabbencocktail. „Schiss?" fragte er Zechs.
„Todessehnsucht?" war Zechs sarkastische Gegenfrage.
Duos Grinsen wurde noch breiter. „Nur morgens," antwortete er und musste sich sehr beherrschen, um bei Zechs' Gesichtsausdruck nicht laut herauszulachen. Aber vielleicht sollte er jetzt aufhören Zechs zu ärgern – immerhin war das alles noch neu für ihn, da war es also nicht so verwunderlich wenn er völlig aufgeregt war. „Und nun?" fragte er deshalb um Zechs' Aufmerksamkeit wieder auf seine Aufgabe zu lenken.
„Auftritt: die Frau," sagte Zechs und drehte sich zu der großen Treppe um. „Wenn sie sich verkrachen kommt sie allein runter."
„Woher kommt sie?" fragte Duo und suchte mit seinen Blicken die Treppe ab, um die Frau zu entdecken, die es nicht nur geschafft hatte Khushrenadas Aufmerksamkeit, sondern auch die von Zechs zu erregen.
„Aus dem Museum," antwortete Zechs über seine Schulter. „Sie ist die Kuratorin."
Duo nickte und blickte nach unten auf sein Schälchen. Schade, der Krabbencocktail war inzwischen alle. Nun ja, konnte man nichts machen, dann würde er sich eben nachher noch was für unterwegs holen müssen.
„Oh," seufzte Zechs. „Da ist sie."
Duo hob den Blick – und erstarrte.
„Das ist das Beste an meinem Tag," sagte Zechs, doch Duo bekam das kaum mit. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt der Frau, die soeben die große Treppe hinab schritt. Sie war groß, schlank, hatte langes, honigblondes Haar, das ihre Schultern weich umspielte und trug ein teures, rotes Kostüm. Und ironischerweise war das einzige, was Duo in diesem Moment denken konnte, ‚Was denn, kein Pink?'
Die Frau näherte sich ihnen und endlich konnte Duo sich aus seiner Erstarrung lösen. Mit einem Ruck drehte er sich um, so dass er mit dem Rücken zu der Frau stand und zog schnell seinen Zopf über seine Schulter nach vorne.
„Ich weiß noch nicht ob sie uns nützt," sagte Zechs nachdem sie an ihnen vorbeigegangen war. Duo drehte sich ebenfalls um und warf der Frau einen bitteren Blick hinterher. „Ich kenn noch nicht mal ihren Namen," sagte Zechs, dessen Augen sich nicht eine Sekunde von der Frau gelöst hatten.
Duo sah nach unten, schloss kurz die Augen und holte tief Luft. „Relena," sagte er mit resignierter Stimme.
Zechs blinzelte überrascht und sah Duo verblüfft an. „Häh?"
„Ihr Name ist Relena," wiederholte Duo und ballte seine Hände zu Fäusten, um die Wut die plötzlich in ihm hochstieg unter Kontrolle zu halten. „Relena Darlian."
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Zechs warf einen weiteren unsicheren Blick zur Seite auf seinen Begleiter. Seit sie Khushrenadas Freundin begegnet waren war Duo schon so. Sein Gesicht hatte sich zu einer völlig unlesbaren Maske verschlossen – das Lachen das sonst darauf lag war verschwunden. Nachdem sie die Frau – Relena Darlian – gesehen hatte, hatte Duo Zechs weiteren Bericht gar nicht mehr hören wollen. Stattdessen war er sofort wortlos davon gestürmt, und alles was Zechs hatte tun können war ihm hinterher zu rennen. Und egal was er Duo auch gefragt hatte, der Langhaarige hatte ihm keine Antwort gegeben sondern nur die Zähne zusammengebissen und war weitergestürmt.
Zechs schüttelte stumm den Kopf. Er konnte sich wirklich nicht vorstellen was los war. Es musste irgendetwas mit dieser Relena Darlian zu tun haben, soviel war Zechs schon klar. Offenbar schien Duo diese Frau zu kennen – und seiner Reaktion nach zu urteilen hegte er ihr gegenüber nicht gerade freundschaftliche Gefühle. Hoffentlich bedeutete das keine Schwierigkeiten.
Endlich erreichten sie das Stockwerk auf dem sich ihre Suite befand und Duo stürmte ohne zu stoppen hinein. Zechs eilte ihm keuchend hinterher. Was musste Duo auch die Treppen nehmen? Wozu gab es hier schließlich Aufzüge? Aber anscheinend hatte Duo aus irgendeinem Grund plötzlich jede Menge überschüssige Energie gehabt – oder nicht die Geduld, auf den Aufzug zu warten. Wie auch immer, er hatte es offenbar mehr als eilig.
Zechs schloss die Zimmertür hinter sich und sah sich um. Außer ihm und Duo waren noch Heero, Trowa und Wufei in der Suite, die in einer kleinen Gruppe zusammenstanden und sich leise unterhielten. Zechs nickte ihnen kurz zu, doch dann konzentrierte er sich wieder auf Duo. Möglich dass es ihn nichts anging, aber er wollte wirklich wissen was hier los war! Wie sollte er schließlich irgendwas lernen wenn ihm niemand irgendetwas sagte?
Ohne sich groß umzusehen marschierte Duo direkt auf die kleine Gruppe zu und baute sich direkt vor Heero auf. „Wir müssen reden," sagte er mit flacher Stimme, ohne Heero direkt anzublicken.
Heero wandte sich von seinen beiden Gesprächspartnern ab und sah Duo an. „Ok," sagte er.
„Sofort!" fauchte Duo, drehte sich um und ging auf eines der vier Schlafzimmer der Suite zuzugehen. Zechs näherte sich der Tür ebenfalls unauffällig. Irgendetwas war hier im Busch, und seine Neugier trieb ihn voran.
Heero warf Duo einen verwunderten Blick zu, folgte ihm aber. „Sag mir das es hier nicht um sie geht!" zischte Duo. „Oder ich bin raus, ich bin sofort aus diesem Job raus!"
„Um wen?" fragte Heero.
„Relena. Treize Khushrenada," war Duos Antwort. „Du willst doch nicht den aufs Kreuz legen, der deine Freundin aufs Kreuz legt?"
„Ex-Freundin," korrigierte Heero. Zechs schob sich weiter unauffällig vor. Heero und Duo hatten ihre Stimmen gesenkt und waren von seinem Standpunkt aus kaum noch zu verstehen.
„Also was ist?" Duos Stimme klang wütend, obwohl er noch immer flüsterte.
„Es geht nicht um sie," sagte Heero ruhig und folgte Duo durch die Tür in das Schlafzimmer. Dann legte er seine Hand auf die Türklinke und die Tür langsam zuschob. Das letzte was Zechs noch verstehen konnte war Heeros leise Stimme die sagte, „Es geht nicht ausschließlich um sie." Dann war die Tür zu und obwohl Zechs sich anstrengte konnte er nichts mehr verstehen. Verdammt. Zechs seufzte auf. Warum musste die Schalldämmung in diesem Hotel auch so gut sein?
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Relena blickte fasziniert auf das Gemälde an der Wand vor ihr. Obwohl sie tatsächlich Kunst studiert hatte bewunderte sie das Bild weniger wegen der künstlerischen Fähigkeiten des Malers sondern vielmehr wegen seines Wertes.
Obwohl Relena selbst aus einer reichen Familie stammte, war von diesem Reichtum leider nicht mehr viel übrig geblieben. Kurz nach ihrem College Abschluss hatte sie erfahren dass ihr Vater sein gesamtes Vermögen verloren hatte. Und obwohl sie eine hervorragende Ausbildung hatte, hatte sie es nicht eingesehen für ihren Unterhalt zu arbeiten. Sie war immerhin eine Darlian von den Massachusetts-Darlians! Eine Darlian arbeitete nicht!
Also hatte sie sich daran gemacht sich jemanden zu suchen, der sie mit dem versorgen konnte was ihr zustand. Und genau das hatte sie getan. Gut, das erste Mal hatte sie sich von ihren Gefühlen leiten lassen und hatte sich von einem hübschen Gesicht verführen lassen. Ein hübsches Gesicht das zwar keine Probleme damit hatte immer wieder Geld zu beschaffen, aber niemals in der Menge in der es Relena für nötig erachtete.
Aber Relena war damals noch so jung gewesen und hatte sich von den schwärmerischen Gefühlen leiten lassen. Etwas das ihr heute nicht mehr passieren würde. Denn am Ende hatte es sich herausgestellt, dass ihr damaliger Freund nichts Weiteres als ein Verlierer war. Und mit Verlierern wollte Relena nicht das Geringste zu tun haben. Deshalb hatte sie die Beziehung damals so schnell wie möglich beendet, und sie bereute es nicht im Geringsten.
Denn jetzt hatte sie alles was sie wollte. Sie hatte einen Freund, der ihr all das bieten konnte was ihr zustand. Wie zum Beispiel dieses Bild hier. Sie wollte es, sie bekam es. Oh es tat so gut in der Lage zu sein einen Scheck in dieser Höhe ausstellen zu können! Ein wohliger Schauer lief über Relenas Rücken. Gut, sie hatte jetzt zwar einen Job, etwas das sie sich eigentlich geschworen hatte niemals zu haben, aber diese Arbeit als Kuratorin des Museums war mehr äußerer Schein als wirkliche Arbeit. Treize hielt es für besser wenn seine Freundin eine bedeutende Stellung innehatte statt gar nichts zu tun. Hatte wohl irgendetwas mit der Presse zu tun oder so.
Aber das spielte keine Rolle. Relena war zufrieden mit ihrem Leben, mehr als zufrieden. Und das war das einzige was zählte.
„Gefällt's dir?" fragte Relena als Treize näher an das Bild trat und es genauer betrachtete.
„Mir gefällt dass es dir gefällt," antwortete Treize und Relena lächelte geschmeichelt. Treize war immer so charmant und das gefiel ihr wirklich gut. Ihr letzter Freund hingegen… Aber daran wollte Relena jetzt nicht denken.
„Seh ich dich heut noch?" fragte Treize.
„Ok," sagte Relena, immer noch lächelnd und trat an Treize heran, um ihn zu küssen. Doch Treize lehnte sich leicht zurück und blickte über Relenas Schulter in die Ecke des Raumes. Relena stoppte, trat einen Schritt zurück und drehte sich um, um Treizes Blick zu folgen. Wie überall in Treizes Hotels war dort in der Ecke des Zimmers eine Sicherheitskamera in der Decke angebracht.
„In meinem Hotel ist man nie unbeobachtet," sagte Treize und zog eine Augenbraue hoch.
Relena nickte leicht frustriert. Das war das einzige was ihr hier nicht so gefiel. Sie hasste es sich so beobachtet zu fühlen. Denn es bedeutete dass sie sich wirklich ständig unter Kontrolle halten musste. Das sie immer darauf achten musste, sich auch wie eine Lady zu benehmen. Das konnte wirklich mehr als anstrengend sein.
„Wir sehen uns nachher," sagte Treize, drehte sich um und verließ den Raum. Relena nickte und blickte ihm hinterher. Sie würde jedenfalls noch etwas hier bleiben und ihr neues Bild bewundern.
