Titel: Heero's Eleven
Autoren: Zanna & Laren (ZaLa)
Disclaimer: siehe Prolog
Kommentar: Wir sind echt enttäuscht. Nach all eurem Gejammer und euren Befürchtungen vorher hätten wir ja erwartet daß es ein riesiges Geschrei gibt sobald wir enthüllen daß Relena Heero's Ex-Freundin ist. Aber nichts! Nada! Niente! 'schnief' Und nicht nur uns hat es hart getroffen, nein auch die Chibis waren dem Selbstmord nahe - was bedeutet, sie haben es an uns ausgelassen. Ihr seht also, ihr habt echt einiges wieder gut zu machen! ;-)
Kapitel 12
Howard saß an einem der besseren Roulettetische und schob einen Stapel mit zehn 5000-Dollar Chips auf 'Schwarz'. Seit er offiziell in das Casino eingezogen war, hatte er praktisch jede freie Minute an einem der Spieltische verbracht. Und da er nicht um kleine Summen spielte, hatte er es innerhalb kürzester Zeit erreicht in den erlesenen Zockerkreis aufgenommen zu werden. Sicher, er wurde noch immer nicht an den Tisch der 'Edel-Zocker' gebeten, aber er war sich sicher dass die Geschäftsleitung inzwischen sehr gut über ihn bescheid wusste.
Dies war Teil ihres Planes. Und genau deshalb hatte er vorhin beim Casinomanager auch seine Anfrage gestellt. Howard ging nicht davon aus, dass sie abgelehnt werden würde.
Howard spürte wie sein Magen schmerzte. Diese ganze Sache war Gift für sein Magengeschwür. Er nahm sich möglichst unauffällig ein Magendragee und steckte es sich in den Mund. Dann wandte er seine volle Aufmerksamkeit wieder dem Tisch zu. Es war zwar nicht sein Geld, trotzdem mochte Howard es nicht zu verlieren.
„Ein schwacher Magen Mr. Zerga?" fragte in dem Moment der Mann der rechts neben Howard saß.
Howard verzog keine Miene, obwohl er am liebsten eine Grimasse geschnitten hätte. Der Typ war das absolute Klischee eines neureichen Amerikaners. Laut, polternd und redete viel zu vertraulich mit Leuten die er gar nicht kannte. Howard bereute es wirklich, noch nicht bei den Edel-Zockern aufgenommen worden zu sein. Dort wäre er zumindest vor solchen Menschen sicher. „Ich halte wenig von Schwäche. Sie kostet zu viel," gab Howard bemüht gelangweilt zurück. Immer darauf bedacht seinen Osteuropäischen Akzent beizubehalten. „Von Fragen halte ich ebenso wenig," fügte er noch hinzu und nahm sich dann einen Schluck aus seinem Champagnerglas.
Der Typ schien seinen Hinweis allerdings vollkommen zu überhören und redete einfach weiter. „Ach, was Sie nicht sagen. Dann will ich Ihnen mal einen Tipp geben. Lassen Sie sich nur nicht mit Treize Khushrenada ein, was Geld anbelangt. Der macht kurzen Prozess." Danach fing der Typ an lang und ausführlich über diverse Geschäftspartner und Gegner von Khushrenada zu lamentieren.
Howard seufzte innerlich und schaltete einfach auf Durchzug. Aber zum Glück passierte gerade etwas interessantes. Er konnte sehen wie besagter Khushrenada langsam in die Richtung ihres Spieltisches kam. Kurz bevor er allerdings den Raum mit den Roulettetischen betrat, traf er am Eingang auf den Casinomanager und blieb neben diesem stehen. Die beiden fingen sofort an zu reden.
Howard konzentrierte sich so unauffällig wie möglich auf diese Unterhaltung. Die beiden standen zwar zu weit weg, als dass er sie hätte hören können, aber eines der größten Talente von Howard war, dass er Lippen lesen konnte. Eine Fähigkeit die ihm schon oft von großem Nutzen gewesen war.
„Wie geht's, Eddie?" fragte Khushrenada.
„Gut Sir," antwortete der Manager mit einem Nicken.
„Was gibt's?" kam die nächste Frage.
Howard verzog keine Miene, aber er wusste ganz genau um was es ging, schließlich hatte er den Manager vorhin deswegen angesprochen.
Eddie zeigte kurz auf den Roulettetisch und sagte dann, „Mr. Zerga, Lyman Zerga, die Nummer 3. Er wünscht Sie privat zu sprechen."
Khushrenada warf einen kurzen Blick zu Howard, doch dann konzentrierte er sich sofort wieder auf seinen Manager. „Wer ist er?"
Howard wurde sich immer bewusster, dass Treize kein Mann von vielen Worten war. Seine geschäftlichen Besprechungen waren mehr als effektiv. Das würde Howard sich merken.
„Geschäftsmann. Branche unbekannt. Irgendwo aus Europa," teilte Eddie die wenigen Informationsbrocken mit, die Howard und die anderen absichtlich ausgestreut hatten. „Alles sehr vage." Eddy schüttelte seinen Kopf. „Aber ich habe mich umgehört. Er soll hauptsächlich mit Waffen handeln."
„Waffenhandel?"
„Ein großer Fisch," bestätigte Eddie.
„Zerga?"
„Ja, Sir."
„Der Name sagt mir nichts."
„Ein Grund mehr die Geschichte zu glauben."
Howard musste hart mit sich kämpfen um nicht zu lächeln. Es reichte schon aus, wenn man etwas mit Geld um sich warf und möglichst geheimnisvoll tat. Und schon glaubte jeder dass man nur ein Waffenhändler sein konnte. Nun ja, dieser Trick funktionierte ja auch nicht zum allerersten Mal.
„Ist er hier abgestiegen?" wollte Khushrenada wissen.
„Vor zwei Nächten, in der Mirador-Suite."
Die eine der teuersten Suiten des gesamten Hotels war. Aber das war ja sowieso kein Problem, sie würden ganz sicher keine Rechnung bezahlen.
„Wie liegt er im Rennen?" fragte Khushrenada. Sicher um einschätzen zu können worum es sich bei dem privaten Gespräch handeln könnte. Wenn Howard zuviel Geld verloren hätte, dann wäre er sicher nicht so einfach für den Besitzer des Casinos zu sprechen gewesen.
„Er liegt vorne Sir, mit fast 200 000."
„Schön für ihn," sagte Treize mit einem unechten Lächeln und ging dann in Richtung Roulettetische.
Relena saß in dem eleganten Restaurant wie immer an ihrem Stammplatz. Sie und Treize dinierten so gut wie jeden Abend hier. Treize bestand darauf, weil er sich als Besitzer des Casinos zeigen musste. Relena hatte nichts gegen dieses Arrangement. Der Küchenchef war ein Sternekoch und Treize sorgte gerne und regelmäßig dafür dass Relenas Garderobe und Schmuckkollektion erweitert wurden. Das einzige was Relena wirklich störte war wenn sie – so wie heute – etwas länger auf Treize warten musste.
Relena griff zu dem Weinglas das auf dem wunderschön gedeckten Tisch stand und trank einen kleinen Schluck. Währenddessen ließ sie ihren Blick über die anderen Tische schweifen. Das Restaurant war wirklich elegant, ebenso wie die Kundschaft. Nur die Reichsten konnten es sich leisten hier zu speisen, es war eine besondere Oase in dem großen Casino. In den Hallen mit den Einarmigen Banditen waren auch Normalsterbliche – der Pöbel – zu finden, doch in diesen Laden kam nur die High Society.
Hier fühlte Relena sich heimisch, hier gehörte sie hin. Und sie war dankbar, dass sie mit Treize einen Mann gefunden hatte, der ihr dieses Leben ermöglichte. Sicher, sie arbeitete immer noch – aber die Kuratorin eines exklusiven Privatmuseums zu sein das hatte einiges an Prestige. Ihr einziger Wermutstropfen war, dass Treize bisher noch nichts von einer Hochzeit gesagt hatte. Aber Relena würde nicht ruhen, bis sie Mrs. Khushrenada geworden war. Sie würde sich niemals wieder von diesem Platz, von diesem Luxus vertreiben lassen. Und sollte Treize ihr nicht bis in einem halben Jahr die entscheidende Frage gestellt haben, dann würde halt plötzlich ihre Pille versagen. Es gab Mittel und Wege einen Mann an sich zu binden und Relena würde nichts unversucht lassen.
Bei diesem Gedanken umspielte ein kleines Lächeln Relenas Mundwinkel. Dann spürte sie wie jemand hinter sie trat und in einer vertrauten Geste seine Hand auf ihre Schulter legte. Das Lächeln wurde tiefer und mit ruhiger Stimme sagte Relena, „Ich wollte schon eine Sucheinheit losschicken. Du bist dreißig Sekunden zu spät." Normalerweise glich Treize eher einem gut geölten Uhrwerk und er war so gut wie nie zu spät.
Relena drehte sich zu dem Mann um, doch dann erstarrte sie, während ihr Mund vor Verwunderung offen blieb.
„Hallo Relena," sagte Heero.
Relena schüttelte kurz ihren Kopf und schaute noch einmal hin. Aber das Bild hatte sich nicht verändert. Vor ihr stand Heero Yuy. Ihre große Jugendsünde. Der einzige Fehler den sie je begangen hatte. Panik stieg in Relena auf, was würde Treize denken wenn er Heero hier sah? „Was tust du hier?" fragte sie vorwurfsvoll.
Heero lächelte kurz – was sein ganzes Gesicht erstrahlen ließ und antwortete schlicht, „Ich bin raus."
„Wie raus?" Relena fühlte sich, als wenn sie neben sich stehen würde.
„Na aus dem Gefängnis," erwiderte Heero mit einem fast spitzbübischen Lächeln und einem einfachen Schulterzucken. „Dir muss doch aufgefallen sein, dass ich damals von meinem letzten Job nicht wieder zu dir zurückgekommen bin?"
Und ob das Relena aufgefallen war. Mit Horror dachte sie immer noch daran wie sie damals zum Gespött der Nachbarschaft wurde. Wie ihr klar wurde dass sie sich mit einem Verbrecher eingelassen hatte. Und wie sie plötzlich von einem Tag auf den anderen ohne den geringsten Cent dagestanden hatte. Es war schon schlimm genug gewesen als ihr Vater so unvorsichtig gewesen war und sein ganzes Vermögen verloren hatte. Doch dass sie zum zweiten Mal plötzlich ohne Geld dastand, das war noch schlimmer gewesen. Sie hätte wirklich auf ihre Mutter hören und gleich nach der Schule einen ihrer Verehrer heiraten sollen. Die hatten die richtigen Familien und richtiges Vermögen besessen. Aber nein, sie hatte ja auf das hübsche Gesicht von Heero reinfallen und sich mit diesem Taugenichts abgeben müssen.
Relena hatte nach diesem harten Schlag viel dafür geben müssen wieder den Luxus zu genießen der ihr zustand. Und jetzt konnte sie keine Geister aus der Vergangenheit benötigen. Mit Entsetzen beobachtete Relena wie sich Heero einfach ungefragt auf den Stuhl neben sie setzte. „Nein, dass ist mir nicht aufgefallen." Ungewollt war Relenas Stimme etwas härter geworden. „Der Stuhl ist besetzt!" informierte sie ihr Gegenüber.
Das schien Heero überhaupt nicht zu beeindrucken. Er flenzte sich regelrecht in den Stuhl und strahlte sie an. „Es heißt, ich habe meine Schulden gegenüber der Allgemeinheit bezahlt."
„Komisch, bei mir ist nie ein Scheck angekommen," keifte Relena. Sie hatte sogar als Kosmetikberaterin arbeiten müssen um über die Runden zu kommen. Für diese Demütigung würde sie Heero sicher nie verzeihen können.
„Wo sind meine Sachen?" fragte Heero ohne auf Relenas Einwand einzugehen.
„Verkauft!" erklärte Relena. Auf Heeros erstaunten Blick hin setzte sie hinzu, „Oder was hast du geglaubt? Von irgendwas musste ich schließlich die Miete bezahlen."
„Das war mein Eigentum, du hattest kein Recht es zu verkaufen."
Relena lachte kurz auf. „Das sagt wirklich der Richtige, Heero."
Es herrschte ein kurzer Moment des Schweigens, dann begann Heero wieder mit dem reden. „Wieso hast du mir nie geschrieben?" fragte er.
„Weil ich mir keine Briefmarken leisten konnte," zischte Relena. Ihm schreiben, einem Verbrecher schreiben. Glaubte Heero wirklich, dass sie nach seiner Verhaftung noch irgendetwas mit ihm zu tun haben wollte? Sie war eine Darlian, sie gehörte zur besseren Gesellschaft. Mit einem Verbrecher hatte sie nichts gemeinsam.
Heero sah für eine Sekunde tatsächlich traurig drein. Relena schloss ihre Augen und atmete tief durch. Dann versuchte sie an seinen Verstand zu appellieren. „Heero, bitte geh jetzt. Mein Freund wird gleich hier auftauchen."
„Was, du hast Angst dass mich Khushrenada sieht?" Dann drehte sich Heero zu einem der Kellner um und bestellte sich einen doppelten Whiskey.
Diese Dreistigkeit verschlug Relena fast die Sprache. „Heero," begann sie noch einmal.
Doch sie wurde von Heero unterbrochen. „Relena, du leistest tolle Arbeit in dem Museum. Der Vermeer den ihr heute bekommen habt ist recht gut auf eine schlichte aber dennoch kraftvolle Art. Ein typischer Vermeer halt, obwohl er im Alter eindeutig nachgelassen hat."
Relena warf sich ihre Haare mit einer schnellen Handbewegung über die Schulter. Das war ja wohl die Höhe. Heero der hier versuchte so zu tun, als ob er Ahnung von Kunst hatte. Ein Verbrecher! Und dann noch diese Spitze, dass das Bild vielleicht nicht ganz so gut wie die früheren Werke des Künstlers war, wie kam Heero nur dazu sich als Kritiker aufzuspielen? „Das kommt ja wohl häufig vor!" zischte Relena, was besseres war ihr auf die Schnelle nicht eingefallen.
„Und ich verwechsle dauert Monet und Manet. Welcher von beiden hat noch mal seine Geliebte geheiratet?"
Wollte Heero sie mit seinem mehr als zweifelhaften Wissen über die Kunst beeindrucken? „Monet!" erklärte Relena einfach.
„Oh, dann war Manet der mit der Syphilis."
Relena atmete hörbar tief ein. „Sie waren ganz nebenbei auch noch Künstler." Aber das würde jemand wie Heero sowieso nie verstehen können.
Heero schwieg wieder für eine Sekunde. Dann sagte er, „Ich will es kurz machen. Ich bin deinetwegen gekommen. Ich will mein altes Leben zurück, an der Seite der Person die ich liebe." Bei diesen verhängnisvollen Sätzen strahlten seine Augen geradezu.
Relena konnte nicht fassen was sie da gerade hörte. Konnte Heero denn nicht von allein sehen, dass sie jetzt ein vollkommen anderes Leben hatte? Und da passte ein verurteilter Verbrecher beileibe nicht hinein. Was konnte er ihr schon bieten, außer einem hübschen Gesicht und strahlenden Augen? „Du bist ein Dieb und ein Lügner!" erklärte Relena gepresst.
„Ich hab dir nur vorgelogen ich wäre kein Dieb. Ich tu das jetzt nicht mehr."
„Stehlen?"
„Lügen."
Relena konnte es nicht fassen. Da hatte Heero tatsächlich die Frechheit hierher zu kommen und sie wieder haben zu wollen. Und wenn er jetzt wirklich kein Dieb mehr war, wovon sollten sie dann leben? Er konnte doch wohl nicht im Ernst glauben, dass Relena all den Luxus für ihn aufgeben würde? Wofür hielt er sich? „Ich bin jetzt mit jemand anderem zusammen Heero. Mit jemanden der mir all das bieten kann was mir zusteht ohne dass er dafür stehlen muss," erklärte sie.
„Oh ich bin sicher das Khushrenada eine absolut saubere Weste hat," entgegnete Heero mit sarkastischem Unterton.
„Weißt du was dein Problem ist?" zischte Relena ärgerlich.
„Hab ich denn nur eins?"
„Du hast zu viele Menschen wie dich getroffen. Und jetzt denkst du dass jeder so ein Verbrecher wie du sein muss. Anders kann in deinen Augen niemand erfolgreich sein. Treize ist aber erfolgreich. Auch ohne dafür das Gesetz zu brechen."
„Na, wenn du es sagst." Nach dieser Bemerkung von Heero sahen die beiden sich minutenlang schweigend an.
