Titel: Heero's Eleven
Autoren: Zanna & Laren (ZaLa)
Disclaimer: siehe Prolog
Kommentar: Wir lesen eure Gedanken und Befürchtungen zu H11 sehr gerne. Schreibt uns doch mehr davon, vielleicht können wir die eine oder andere Idee noch einbauen... 'fg' Nein aber Spaß beiseite, es ist echt interessant was ihr so für Theorien aufstellt. Sachen auf die wir beide nie im Leben gekommen wären! Aber wie immer können wir euch nur sagen - einige von euch liegen richtig, andere total falsch - nur verraten wir natürlich nicht wer. :-)
Kapitel 16
Howard stand gelassen im Foyer des Hotels. Ihn umwob dabei eine Aura, als wenn ihm hier alles gehören würde. Genauso würde sich die imaginäre Figur 'Lyman Zerga' verhalten und da Howard sich vollkommen in diesen Mann verwandelt hatte, wirkte auch er auf diese Weise.
Es dauerte noch ein paar Augenblicke bis ihr eigentliches Spiel beginnen würde, deshalb erlaubte sich Howard einen fast gelangweilten Blick auf den riesigen Plasmaschirm der im Foyer stand. Dort konnte er Bilder aus dem MGM-Grand sehen, wo die letzten Vorbereitungen zu dem großen Boxkampf getätigt wurden.
„Die Nacht ist sternenklar in Las Vegas," verkündete in dem Moment ein Reporter auf dem Bildschirm. Howards Mundwinkel zuckten ein wenig als er sich fragte, wie der Journalist das wohl in der Stadt der tausend Lichter und Leuchtreklamen festgestellt hatte. Aber als Lyman Zerga ließ er sich nicht mehr anmerken, stattdessen schaute er scheinbar gelangweilt weiter zu. „Und die zu erwartenden Massen an Prominenten und Sportfans stürmen in die Sportarena des MGM-Grand, wo sich zwei der besten Schwergewichtler der Welt gleich gegenübertreten werden, nachdem sie ganze 8 Monate lang voller Argwohn umeinander herumgetänzelt sind," berichtete der Reporter weiter in effekthaschender Manier.
Während diese überaus enthusiastischen Sätze gesprochen wurden schwenkte die Kamera im Zuschauerraum des MGM-Grand herum. Tatsächlich, Howard konnte einige Prominente erkennen – auch wenn der eine oder der andere davon seinen Zenit schon längst überschritten hatte. Warum es seit einiger Zeit 'schick' war dabei zuzusehen wie sich zwei Männer gegen Geld verprügelten, das hatte Howard noch nie verstehen können. Aber das war ja egal. Boxwettkämpfe, vor allem solch von den Medien hoch geputschte wie heute, zogen die Massen an und ließen die Kassen klingeln. Was ganz im Sinne ihres Planes war.
„Mr. Zerga," erklang in dem Moment die ruhige Stimme ihres Opfers.
Howard zuckte noch nicht einmal mit der Wimper und ohne sich umzudrehen erwiderte er, „Mr. Khushrenada."
Der große rothaarige Mann trat noch einen Schritt näher und stand jetzt direkt neben Howard. Aus den Augenwinkeln konnte Howard sehen, wie sich sein Gegner eine riesige Zigarre – garantiert illegal aus Kuba importiert – anzündete. „Ich bin heute sehr beschäftigt. Liegen wir im Plan?"
„Ich habe keine Veranlassung vom Gegenteil auszugehen," erklärte Howard. „Meine Kuriere müssten jeden Augenblick eintreffen." Der Plan sah vor, dass Trowa genau in dem Moment, wo Khushrenada die Eingangshalle betrat, Hilde und Noin den Befehl zum losfahren geben würde.
Und in genau dem Moment fuhr auch schon eine schwarze Limousine mit getönten Scheiben vor. Das Auto hielt direkt vor dem Eingang an und zwei der Hotelangestellten eilten dorthin. Sie öffneten die Wagentüren und Hilde und Noin stiegen aus.
Aber niemand der die beiden nicht besonders gut kannte, hätte sie auf Anhieb erkannt. Die beiden Frauen trugen streng geschnittene Nadelstreifenanzüge, Hüte und Sonnenbrillen. Sie wirkten sehr professionell und gefährlich.
Hilde trug in ihrer rechten Hand ein Aktenkoffer, der durch eine Handschellenkette mit ihrem Arm verbunden war. Mit forschen Schritten gingen sie auf Howard zu und begrüßten ihn mit ungarischen Wortfetzen, von denen sie die Aussprache bis aufs kleinste geübt hatten. Eigentlich hatten sie erst Russisch nehmen wollen, bis ihnen dann aufgefallen war, dass das bei einem Opfer mit dem Namen 'Khushrenada' vielleicht nicht unbedingt das schlaueste war. Also hatten sie sich auf eine osteuropäische Sprache geeinigt, die keinerlei Ähnlichkeiten mit dem Russischen hatte – nur um auf Nummer Sicher zu gehen.
Howard 'antwortete' ebenfalls auf ungarisch und Noin beeilte sich die Handschelle von Hilde zu öffnen und sie mit einer raschen Bewegung an Howards ausgestreckter rechten Hand zu befestigen.
Dann drehte sich Howard zu ihrem Opfer um. „Mr. Khushrenada, wenn wir dann jetzt zu ihrem Safe gehen könnten."
„Aber natürlich Mr. Zerga," erwiderte Treize höflich und machte eine Geste in die Richtung die sie nehmen mussten. Als Howard und er sich in Bewegung setzten, taten Hilde und Noin das auch – allerdings respektvolle zwei Schritte hinter ihnen.
„Weibliche Bodyguards, Mr. Zerga?" fragte Khushrenada mit hochgezogner Augenbraue.
Howards Mundwinkel zuckte ganz leicht – gab ihm dadurch einen fast sarkastischen Ausdruck. „Ich mag es, mich mit schönen Dingen zu schmücken, Mr. Khushrenada. Außerdem, gibt es etwas gefährlicheres auf der Welt als eine Frau?"
Sie hatten lang und breit überlegt ob sie Hilde und Noin diese Rollen geben konnten, schließlich war es schon ungewöhnlich, dass Lyman Zerga immer in Begleitung von weiblichen Bodyguards war. Aber sie hatten niemandem anderen aus ihrem Team diese Rollen geben können und sich dann gesagt, dass dies nur zur mysteriösen Fassade von Lyman Zerga beitragen konnte. Jemand der so exzentrisch war, dem ließ man fast alles durchgehen.
Zwei Angestellte des Hotels schlossen sich ihrer kleinen Gruppe an. Treize hatte sie herbei gewunken, wahrscheinlich wollte er dadurch ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis herstellen. Nicht umsonst hatte Treize Khushrenada den Ruf eines Kontrollfreaks. Howard kommentierte die Neuankömmlinge noch nicht einmal durch einen Seitenblick. Lyman Zerga stand über solche Dinge.
Mit zügigem Schritt ging ihre kleine Gruppe durch die beinah endlosen Gänge des Casinos. Wie an jedem Samstag herrschte reger Publikumsverkehr und die Massen drängten sich an den Spieltischen und -automaten.
Trotz dieser unheimlich vielen Menschen erkannte Howard Heero sofort. Vielleicht weil Heero absolut aus der Menge hervorstach. Er saß zwar an einem Spielautomat, aber anders als alle anderen im Casino beachtete er das Gerät in keinster Weise. Er saß nur auf dem dazugehörigen Hocker und blickte auffällig in ihre Richtung.
Howard fluchte innerlich. Was machte dieser Idiot denn hier? Er hatte immer noch nicht den schlimmen Streit von vorhin vergessen. Hatte es nicht gereicht dass Heero und Duo sich so sehr in die Haare bekommen hatten, dass der Langhaarige Heero sogar aus ihrer Gruppe geworfen hatte? War das nicht schon schlimm genug? Musste Heero jetzt auch noch ihren ganzen Plan in Gefahr bringen?
Und warum? Wegen diesem pinken Monster? Am liebsten hätte Howard seinen Schützling hier und jetzt übers Knie gelegt und ihm etwas Vernunft eingebläut. Er hatte nie viel von Relena gehalten und konnte nicht verstehen, was Heero so sehr an ihr fasziniert hatte. Aber spätestens seitdem sie ihn wie eine heiße Kartoffel hatte fallen lassen als er ins Gefängnis geworfen wurde, spätestens da hätte doch auch ein Blinder mit Krückstock erkennen können was für eine falsche Schlange 'Miss Relena Darlian' war.
Howard hoffte nur, dass der Streit zwischen Duo und Heero wieder beigelegt werden konnte. Es war nicht gut wenn die zwei sich stritten. Sie brauchten einander. Aber so schlau seine Jungs wohl waren, sie waren auch dickköpfig bis zum geht nicht mehr.
Howard seufzte noch einmal kurz und nahm sich vor, die Sache später in Ordnung zu bringen. Jetzt hatten sie wichtigere Probleme.
Während all dieser Gedanken hatte er nicht ein einziges Mal gezögert oder seinen Schritt verlangsamt. Trotzdem war Treize Khushrenada Heero auch sofort aufgefallen. Andererseits, das war zu erwarten gewesen so auffällig wie sich Heero hier auch präsentierte.
Treize winkte einem seiner Begleiter zu und als der Mann zu ihm aufgeschlossen hatte sagte er mit festem Ton, „Sagen Sie Mr. Walsh, Mr. Yuy sei im Westtrakt."
Der Mann nickte kurz und wandte sich danach sofort in eine andere Richtung.
Howard zog unauffällig die Augenbrauen zusammen. Jetzt ließ Treize seinen Casinomanager von Heeros Anwesenheit unterrichten. Howard hoffte inständig dass der Junge wirklich wusste was er da tat.
Treize war ein wenig vorgestürmt, dann sagte er kurz angebunden über seine Schulter, „Ich hoffe es stört Sie nicht, dass ich privaten Sicherheitskräften den Zutritt zum Kassenraum verweigern muss."
„Natürlich nicht," erwiderte Howard fast gelangweilt. Dann gab der Hilde und Noin ein paar 'Befehle' auf Ungarisch. Nach ihrem Plan würden die zwei jetzt das Hotel wieder verlassen und sich auf ihre nächste Aufgabe vorbereiten.
„Howard! Howard bist du das?" kreischte in dem Moment eine aufgeregte Stimme durch den Casinoraum.
Ein Mann – unverkennbar ein typischer Tourist – stürmte auf sie zu und konnte nur im letzten Moment von Hilde und Noin festgehalten werden.
„Howard, erkennst du mich nicht mehr? Ich bin's, Bucky Buchannan." Das Gesicht des Mannes schien ein einziges Grinsen zu sein. Erwartungsvoll blickte er Howard an.
Ohne das Gesicht zu verziehen starrte Howard auf den Mann. Das konnte doch wohl wirklich nicht passieren? Innerlich verfluchte er diesen absolut unglücklichen Zufall. Aber wer konnte denn auch ahnen, dass er ausgerechnet hier einem seiner Nachbarn über den Weg laufen würde. Einer seiner anständigen Nachbarn aus seinem neuen Leben. Was bedeutete dass dieser Kerl nicht mal merken würde dass er hier einen Job empfindlich störte.
Treize blickte Howard erstaunt an. Schien sich zu fragen was diese Sache wohl zu bedeuten hatte.
Dies war weder der Ort noch die Zeit für Höflichkeiten. Howard blickte noch einmal auf Bucky, dann verzog er sein Gesicht und machte mit seinem Kopf eine abweisende Geste. Er brummelte einige ungarische Wortfetzen und hoffte dass Hilde und Noin auch so wussten was er von ihnen erwartete.
Aber er hätte sich darüber keine Gedanken machen brauchen. Fast synchron hakten die beiden den Mann unter seine Armen und schleiften ihn beinah mühelos von Howard und Treize fort.
Howard entschloss sich, auf diese kleine Szene überhaupt gar nicht einzugehen. Jede mögliche Erklärung die er auf die Schnelle anbieten konnte würde eher noch verdächtiger wirkten. Außerdem, für Lyman Zerga war das sicher nichts anderes als eine lästige Mücke oder so.
Stattdessen hob er seine Hand an der die Aktentasche befestigt war, zeigte sie Treize fast anklagend und sagte, „Mr. Khushrenada, bitte. Ich war niemals ein Freund von kaltem Stahl auf meiner Haut.
Treize schaute ihn für einen Moment abschätzend an. Dann steckte er sich die Zigarre wieder in den Mund und drehte sich in ihre ursprüngliche Richtung.
Ein paar Augenblicke später erreichten sie endlich den Eingang der Kassenräume. Howard tat möglichst desinteressiert, während Treize die Tür mit seiner Codekarte öffnete. Zwei Wachmänner standen in voller Montur neben dem Eingang, aber sie kannten ihren Chef sehr gut und nickten der Gruppe nur zu.
Nachdem auch diese Hürde umschifft war führte Treize Howard in den geheimen Bereich des Casinos. Howard kannte zwar schon alles von den Plänen und den Überwachungskameras, aber es war wirklich etwas anderes in Wirklichkeit so tief in das Casino einzudringen.
Treize führte ihn in einen der Vorräume und erklärte, dass er hier und jetzt den Aktenkoffer untersuchen würde.
Howard nickte nur bestätigend. Nichts anders hatten sie schließlich erwartet. Er stellte den Aktenkoffer auf einen der Tische und öffnete ihn. Nachdem der Deckel mit einem lauten Klack aufsprang wurde das Innere des Aktenkoffers sichtbar.
Treize zog hörbar die Luft ein.
Howard musste sich ein kleines Lächeln verkneifen. Ja, Dorothy hatte wahre Wunder vollbracht. Anstelle des Sprengstoffes erkannte Treize nur vier riesige, perfekte Smaragde.
„Heben Sie sie bitte an," erklärte Khushrenada in dem Moment. Er wollte anscheinend den gesamten Koffer auf gefährliche Güter untersuchen, und kam dabei noch nicht einmal auf die Idee, dass es die 'Smaragde' waren, die das Gefährliche waren. Obwohl, ohne Zündmechanismus war die Masse nicht gefährlicher als Knetgummi.
Deshalb zögerte Howard auch keine Sekunde und hob die Halterung der 'Smaragde' aus dem Aktenkoffer.
Treize begann daraufhin den Koffer genau zu untersuchen, schaute ob es Geheimverstecke gab oder irgendetwas komisch war. Danach untersuchte er gekonnt die Halterung die Howard immer noch in Händen hielt.
Dann nickte er Howard zu und sagte, „Gut Mr. Zerga. Ich bestätige Ihnen hiermit, dass Ihr Koffer nichts gefährliches oder illegales als Inhalt hat und biete Ihnen des weiteren an, ihn in meine Obhut zu nehmen und vierundzwanzig Stunden lang in meinen gesicherten Tresorraum zu verwahren."
Howard setzte die Halterung wieder in den Koffer und nickte Treize anerkennend zu.
„Ich kann Ihnen nur nicht gestatten den Koffer zu begleiten, wenn wir ihn in den Tresorraum bringen."
„Und warum nicht?" hakte Howard nach. Nicht dass er das wirklich wollte, aber es würde merkwürdig erscheinen wenn er es nicht fragen würde.
„Sicherheitserwägungen," zählte Khushrenada auf. „Versicherungsrechtliche Gründe… Aber hauptsächlich, weil ich Ihnen nicht traue."
Jetzt grinste Howard so weit, wie es ein Lyman Zerga tun würde und nickte bestätigend. Khushrenada vertraute ihm also nicht. Das war gut, dann hatte er seine Rolle richtig gespielt.
Es klopfte kurz an der Tür, dann wurde sie geöffnet und der Casinomanager Walsh betrat den Raum.
„Entschuldigen Sie mich," sagte Treize und ging zu seinem Angestellten.
Howard machte sich nicht die Mühe, sich in die Richtung umzudrehen, aber er spitzte seine Ohren. So konnte er hören wie Walsh ganz leise zu Khushrenada sagte, „Zwei Mann in Zivil folgen Yuy. Er ist in der Keno-Bar."
Howard fluchte wieder innerlich. Natürlich war es vorherzusehen gewesen dass Khushrenadas Leute Heero finden würden, schließlich hatte dieser Idiot ja keinerlei Anstrengungen unternommen sich unauffällig zu verhalten. Aber es wäre ihm doch lieber gewesen, wenn diese Sache nicht ausgerechnet jetzt passieren musste. Er hoffte inständig, dass Heeros Idiotie nicht ihren gesamten Plan durcheinander warf.
Plötzlich stand Treize wieder neben Howard und deutete auf seinen Angestellten. „Mr. Zerga, dies ist mein Casinomanager Mr. Walsh. Also, wenn Sie erlauben dann übernimmt er Ihren Koffer und sorgt für seine Verwahrung in unserem Tresorraum. Am Monitor meines Kommandoraums können Sie diesen Vorgang überwachen. Dies sind meine Bedingungen. Sie haben die Wahl, ja oder nein."
Howard zuckte kurz mit den Schultern. „Was bleibt mir anderes übrig?" fragte er nonchalant. Dann griff er in die Innentasche seines Sakkos und holte den Schlüssel für die Handschellenkette heraus. Sobald der Koffer im Tresorraum war konnte ihr Coup endgültig beginnen.
Wieder dachte er an Heero. Ihm war klar dass Khushrenadas Eile sicher mit Heeros Auftauchen zu tun hatte. Er konnte nur hoffen, dass sein Schützling nicht allzu viele Blessuren davontragen würde. Dieser Idiot!
