Titel: Heero's Eleven
Autoren: Zanna & Laren (ZaLa)
Disclaimer: siehe Prolog

Kommentar: Danke für eure Kommis, ihr wißt ja dass wir praktisch nur dafür leben. 'g' Ok, einige von euch haben uns gelobt weil wir so detailliert auf den Film eingehen und euch so viele Kleinigkeiten auffallen die euch im Film selbst nie aufgefallen sind. Dafür gibt es zwei Gründe: natürlich haben wir den Film inzwischen sicherlich hundertmal gesehen - und dabei fallen einem zwangsläufig mehr Kleinigkeiten auf als wenn man ihn nur ein- oder zweimal sieht. Und dann haben wir natürlich auch das eine oder andere hinzugedichtet - denn auch wenn wir uns sehr eng an das Skript des Filmes halten, so haben wir doch einige kleine Drehungen und Wendungen eingebaute die es im Film nicht gab - damit es auf die GW-Crew passt!


Kapitel 18

„Wir sind erst heute Vormittag darauf aufmerksam gemacht worden," sagte Zechs und blickte mit strengem Blick in Richtung einer der Black Jack Tische. Einer von Khushrenadas Mitarbeiter sprach gerade Sally an, die dort die Geberin war und geleitete sie nach einem kurzen Wortwechsel in seine und Khushrenadas Richtung.

„Ihr Vorstrafenregister ist länger als mein..." Zechs zögerte als er Khushrenadas eisigen Blick auf sich ruhen sah und fuhr dann fort, „... Es ist... lang."

Khushrenada maß ihn eine Sekunde länger mit einem eisigen, prüfenden Blick, dann hob er die Mappe die er in seiner rechten Hand hielt und öffnete sie. „Sofern sie wirklich diejenige ist," sagte er und holte die Magnetkarten mit dem Sicherheitscode aus der Mappe.

Zechs' Blick folgte Khushrenadas Bewegung sorgfältig. Immerhin war es seine Aufgabe Khushrenada eben diese Sicherheitscodes später abzunehmen, und dazu musste er genau wissen wo dieser die Karte verstaute. Als er jedoch Treizes Blick wieder auf sich spürte richtete er seinen eigenen schnell wieder auf Sally, die immer noch in Begleitung des Casinoangestellten auf sie zukam.

„Schon lange bei der Kommission?" fragte Khushrenada beinahe beiläufig und sah nun auch beinahe unbeteiligt in Sallys Richtung.

„Seit etwa einundhalb Jahren," nickte Zechs.

„Dann kennen Sie ja sicher Hall Lindley. Nie mit ihm gearbeitet?" fragte Treize in Zechs Richtung gewandt.

Zechs zögerte einen winzigen Moment mit seiner Antwort – hauptsächlich um Duo Zeit zu geben ihm durch den Knopf im Ohr die passende Antwort zuzuflüstern. Durch Heeros kurzfristigen Ausfall war ihnen viel zu wenig Zeit geblieben um Zechs alle wichtigen Namen der Glückspielkommission einzutrichtern. Und so blieb ihm nichts anderes übrig als darauf zu vertrauen dass Duo wusste von wem Khushrenada da sprach – und was die richtige Antwort war.

„Nein, nicht seit er tot ist," wiederholte er schließlich Duos leise Vorgabe, den Blick noch immer streng auf Sally gerichtet.

Offenbar war das die richtige Antwort gewesen, denn Khushrenada maß ihn nur weiterhin eine Sekunde schweigend mit Blicken, bevor er seine Aufmerksamkeit auf Sally richtete, die sie soeben erreicht hatte.

„Maggie Young?" fragte Zechs.

„Ja?" antwortete Sally und sah angemessen verwirrt aus.

„Sheldon Willis von der Glücksspiel-Kommission," antwortete Zechs und zeigte Sally seinen gefälschten Ausweis.

„Moment. Was läuft hier ab?" fragte Sally und hob die Hände in einer leicht abwehrenden Geste.

Zechs setzte sein bestes Beamtengesicht auf und sagte in geschäftsmäßigem Ton, „Uns kam zu Ohren dass Sie bei Ihrer Bewerbung –"

„Vielleicht besprechen wir das lieber woanders," unterbrach Khushrenada Zechs in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ.

Zechs blickte entsprechend überrumpelt, aber protestierte nicht. Immerhin war das genau das was sie erreichen wollten. Bevor er Khushrenada, Sally und dem Casinomitarbeiter folgte konnte er aus den Augenwinkeln noch sehen, wie Hilde und Noin den Aufzug verließen, gekleidet in Uniformen der Casinosicherheitsleute und den rollbaren Safe in dem Wufei sich versteckte vor ihnen herschiebend. Hervorragend. Alles lief offenbar nach Plan.

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Relena nahm an ihrem Lieblingstisch im Restaurant Platz und wollte ihren goldenen Mantel gerade einem der Kellner geben, als sie sah wie Heero das Restaurant betrat. Wütend sprang sie von ihrem Stuhl auf und lief mit ausgreifenden Schritten auf ihn zu.

„Oh nein, Heero," fauchte sie möglichst leise als sie ihn erreicht hatte.

„Relena," versuchte Heero einzuwerfen, doch Relena ignorierte ihn einfach und marschierte weiter auf den Ausgang des Restaurants zu. Wenn Heero ihr hier eine Szene machen wollte, dann wenigstens nicht im Inneren wo es jeder mitbekommen würde. Treize war auch so schon gereizt genug wegen Heero, da musste sie ihm nicht auch noch mehr Munition geben.

„Ich möchte dass du sofort verschwindest!"

„Es dauert nur einen Moment," versuchte Heero es wieder und hielt sie am Ellbogen fest. Doch Relena war so in Fahrt dass sie ihn einfach hinter sich herschleifte.

„Mir reichts! Verschwinde!"

„Relena. Komm her."

Verdammt. Relena blieb fast gegen ihren Willen stehen. Das war so unfair. Warum musste Heero auch in dieser Stimme zu ihr sprechen? In diesem weichen, tiefen, oh so sexy Tonfall? Der Tonfall der schon immer ihre Knie weichwerden hatte lassen.

Aber nein, sie würde sich nicht wieder einwickeln lassen! Sie hatte sich geschworen sich nie wieder auf einen Kerl wie Heero einzulassen. Einen Kerl der zwar gut aussah und ihr Herz schneller schlagen ließ, der aber ansonsten nichts zu bieten hatte. Nein, sie wollte mehr vom Leben als einen armen Schlucker, der jederzeit Gefahr lief erneut im Knast zu landen.

„Du sollst verschwinden!" bekräftigte Relena ihre Aussage – und ihre Entscheidung – erneut, diesmal direkt in Heeros Gesicht. „Hör jetzt gut zu, worum es auch geht, zwischen uns ist es aus und vorbei, Punkt!"

Wirklich, so schmeichelhaft es auch war dass Heero ihr so hartnäckig hinterherlief, aber es war sinnlos. Alles was daraus höchstens resultieren könnte wäre Treizes Verärgerung, und das war ihr Heero einfach nicht wert.

„Relena, eigentlich wollt ich nur Lebewohl sagen," antwortete Heero ruhig und gelassen auf Relenas hitzige Aussage.

Relena blinzelte ein paar Mal verblüfft. Oh. Nun... Das kam... unerwartet. Verdammt, Heero wollte nur Lebewohl sagen? Sie musste jetzt ja wie eine komplette Närrin dastehen. Aber sie würde sich nicht anmerken lassen wie peinlich ihr ihre vorherige Aussage jetzt war. Oh nein, schließlich war sie Relena Darlian! „Leb wohl," sagte sie deshalb mit soviel Zurückhaltung und Stolz wie sie aufbringen konnte.

Heero sah sie eine Sekunde lang nur an, mit diesem Halblächeln im Gesicht das sie früher immer ganz schwach in den Beinen hatte werden lassen. Dann sagte er leise, „Komm her," und zog näher an sich heran.

Relenas Mund war auf einmal völlig trocken als Heeros Gesicht sich ihr näherte, und ein Teil von ihr hoffte darauf dass er sie küssen würde, während ein anderer Teil sich davor fürchtete. Sie wollte nicht wieder schwach werden, aber wenn Heero sie jetzt küsste dann wüsste sie nicht, ob sie diesen Entschluss auch beibehalten könnte.

Doch glücklicherweise – und unglücklicherweise? – küsste Heero sie nicht auf den Mund, sondern nur auf die Wange. Doch auch diese Berührung war beinahe schon zu viel. Relena schloss überwältigt die Augen. Oh wenn Heero doch nur reich wäre! Dann wäre alles so einfach! Doch noch bevor ihr Entschluss endgültig ins Wanken geraten konnte trat Heero wieder einen Schritt zurück.

„Bleib brav," sagte er, dann trat er um sie herum und verließ das Restaurant. Relena blieb noch eine ganze Weile danach wie betäubt einfach dort stehen wo er sie verlassen hatte.

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Mit einem zufriedenen kleinen Lächeln verließ Heero das Restaurant. Das hatte wirklich hervorragend geklappt. Und als er die beiden Schränke erblickte, die ihm den Weg versperrten vertiefte sich sein zufriedenes Lächeln beinahe noch.

„Mr. Yuy," sagte einer der beiden.

„Mr. Khushrenada möchte Sie sehen," sagte der andere.

Heero blickte von einem zum anderen – verdammt, die waren wirklich schwer auseinander zu halten. Und wenn sie ständig die Sätze des jeweils anderen vervollständigten dann würde das dadurch sicher nicht einfacher.

„Das dachte ich mir," antwortete Heero nur, bevor er sich widerstandslos von den beiden Kerlen wegführen ließ.

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„Also Miss Young," sagte Sheldon Willis, „Oder sollte ich besser sagen: Miss Po?"

Treize hatte sich schweigend an einer Seite des kleinen Konferenzraumes aufgebaut und beobachtete den jungen Beamten der Glücksspiel-Kommission der soeben damit angefangen hatte eine seiner Angestellten zu befragen. Treize war sich nicht sicher ob die Anschuldigungen des jungen Mannes wirklich gerechtfertigt waren oder nicht, aber er schien zumindest derjenige zu sein der er behauptete, und deshalb würde er ihn vorerst gewähren lassen. Es hatte schließlich keinen Sinn sich wegen etwas so unwichtigem mit der Kommission anzulegen.

Trotzdem zog Treize es vor diese Angelegenheit unauffällig zu regeln – völlig egal ob sich die Anschuldigungen letztendlich als wahr oder unwahr erweisen würden. Immerhin, dieser Jungspund den die Kommission ihm da vorbeigeschickt hatte sah nicht gerade sehr erfahren aus – garantiert war dies hier sein erster Auftrag der ihn von seinem sicheren Schreibtisch wegbrachte. Und natürlich hatte Treize das Glück gehabt dieser erste Außenauftrag zu werden.

„Sie sind Sally Po," fuhr Willis schließlich nach einer kurzen Sekunde des Schweigens in der die Black Jack Geberin ihn einfach ignoriert hatte fort, „ehemals im Tropicana und Desert Inn und im Strafvollzug des Staates New York." Der junge Mann blickte kurz in Treizes Richtung, dann sah er wieder die Frau an. „Oder nicht?"

Als die Frau immer noch nicht reagierte zuckte Willis kurz mit den Schultern. „Ich deute Ihr Schweigen als stille Zustimmung. Mr. Khushrenada," wandte er sich an Treize und reichte ihm die Akte die er beim Betreten des Raumes aus seinem Aktenkoffer gezogen hatte, „ich befürchte Sie beschäftigen einen Ex-Sträfling. Und wie Sie wissen ist die Kommission..."

„Sexistenpack!"

Treize hob eine Augenbraue und blickte über die Schulter des Beamten auf seine Angestellte – bald Ex-Angestellte wenn Willis' Geschichte stimmte. Hatte die Frau sich also doch entschlossen etwas zu sagen. Sheldon Willis schien von diesem einen, hasserfüllten Wort ebenso überrascht zu sein wie Treize selbst, denn er konnte sehen wie der junge Beamte erstarrte und sich langsam zu der Frau umdrehte.

„Wie bitte?" fragte Willis.

„Sie haben schon verstanden," wiederholte die junge Frau mit den zwei Zöpfen. „Frauen können keiner ehrlichen Arbeit nachgehen ohne von Frauenhassern wie Ihnen auf die Straße gesetzt zu werden!"

„Niemand hat vor... Ich mache nur meine Arbeit, Miss!" verteidigte Willis sich empört. Treize folgte dem Schlagabtausch schweigend. Wenn es hier nicht um sein Geld und sein Casino gegangen wäre, hätte ihn die Szene bestimmt amüsiert. So aber war ihm nicht im geringsten zum Lachen zumute. Er ließ sich nicht gern zum Narren halten, und das würde diese Sally Po auch noch herausfinden.

„Klar, was wollen Sie von mir?" fauchte die Frau höhnisch. „Soll ich für Sie auf dem Tisch tanzen? Die Wäsche waschen? Mich ausziehen? Aber Karten geben darf ich nicht!"

Treize konnte deutlich sehen wie der junge Beamte um seine Fassung rang. Oh ja, definitiv der erste Außenauftrag, eindeutig.

„Was soll ich da entgegnen? Das ist..." Sheldon Willis schien deutlich Schwierigkeiten zu haben die richtigen Worte zu finden. „Ich verwahre mich gegen die Unterstellung dass das Geschlecht irgendetwas damit zu tun hat."

„Hört ihn euch an," warf die Frau sarkastisch ein.

„Wie können Sie sowas sagen?" rief der junge Beamte fassungslos. Als von der Frau keine Reaktion mehr kam wandte er sich hilflos an Treize, „Sie müssten doch am besten wissen dass unsere Institution immer schon Befürworter der Einstellung von Minderheiten..." Noch während der junge Mann dieses Wort aussprach schien er schon zu merken, welchen Fehler er gemacht hatte. Treize konnte sehen wie seine Augen sich weiteten und er beinahe mitten im Wort stockte. Doch es war zu spät, Sally Po hatte es bereits gehört.

Mit einem wütenden Fauchen sprang sie von ihrem Stuhl auf und stürzte sich auf den Beamten. Der junge Mann zuckte zurück, prallte gegen Treize und brachte sich anschließend hinter ihm in Sicherheit während er, „Nein, nein, so hab ich's nicht gemeint!" rief.

„Ok, ok, das reicht!" rief Treize. „Hinsetzen." Als die Frau nicht sofort reagierte wiederholte er es noch mal drohender: „Hinsetzen!"

„Sprechen Sie mit ihm!" sagte Sally Po zu Treize, sandte noch einen letzten drohenden Blick in Willis' Richtung, kam Treizes Aufforderung aber nach und setzte sich. Treize starrte sie kalt an. Er duldete ein solches Verhalten keinesfalls. Wenn die Frau glaubte an seine Großzügigkeit und sein Wohlwollen appellieren zu können, so hatte sie sich durch ihren Auftritt soeben sicherlich nicht geholfen. Mal ganz davon abgesehen dass er ihr sowieso nicht helfen konnte, selbst wenn er wollte. Wie auch immer, er würde dieser ganzen Geschichte jetzt auf den Grund gehen.

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Ein paar Stockwerke weiter oben, in der Suite die offiziell von Lyman Serga bewohnt wurde, saßen Trowa und Duo vor den zahlreichen Monitoren und beobachteten aufmerksam das Geschehen im Konferenzraum. Als Zechs von Sally weg auf Treize zugesprungen war hatte Duo sich ein leises Lächeln erlaubt.

„Er hat die Codes," flüsterte er Trowa zu. Da die wenn auch nur geringe Gefahr bestand dass Treize sie über Zechs' Knopf im Ohr hören könnte wenn sie laut redeten, waren er und Trowa bis jetzt stumm geblieben und hatten sich nur im äußersten Notfall – oder um Kommandos zu geben – unterhalten, und dann auch nur flüsternd. Trotzdem konnte Duo sich diesen einen Satz nicht verkneifen. Immerhin hing von diesem einen Zug das Gelingen des Plans ab. Hätte Zechs nicht die Codes besorgen können, hätten sie alles abblasen müssen – und das wäre gar nicht so einfach gewesen.

„Hilde, Noin," wandte Duo sich an ihre beiden 'Sicherheitsleute'. „Liefert das Paket aus."

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Hilde und Noin reagierten sofort als sie ihr Signal hörten. Sie hatten schon seit einer Weile in der Nähe des Zugangs zum Sicherheitsbereich rumgelungert – wenn auch immer außerhalb der Sichtweite der Wachleute – um einen möglichst kurzen Weg zu haben wenn das Signal kam. Immerhin hatte Wufei nur 30 Minuten Atemluft, da zählte jede Sekunde!

Vor der großen Sicherheitstür angekommen fing Hilde an ihre Uniform abzutasten während Noin den Wachmann begrüßte. Dann sah sie ihre 'Kollegin' fragend an. „Wo ist deine Karte?"

„Gott, ich find sie nirgends," rief Hilde mit der richtigen Mischung Schreck und Verzweiflung. „Ich muss sie verloren haben!"

„Ist das dein Ernst?" fragte Noin ungläubig.

„Oh verdammt, ich bin ja so blöd!"

„Du bist ja sowas von bescheuert!" rief Noin.

„Hey!" versuchte der Wachmann einzuwerfen als Hildes und Noins Stimmen immer lauter wurden.

„Denkst du es hilft wenn du mich beschimpfst?" fuhr Hilde Noin an und schon war der schönste Streit im Gange.

Die lauten Stimmen riefen noch einen weiteren Wachmann auf den Plan und nur Sekunden später waren schon zwei Männer damit beschäftigt, Hilde und Noin zu beruhigen und dafür zu sorgen, dass es keinen Skandal geben würde.

„Hey!" schrie einer der beiden schließlich ziemlich laut. „Geht das auch leiser?" fragte er dann etwas ruhiger als er endlich Hildes und Noins Aufmerksamkeit hatte.

„Tut mir leid," entschuldigten sich Hilde und Noin sofort.

„Sagt mir einfach woher der kommt," sagte der Wachmann und klopfte leicht auf den Safe.

„Von den Edelzockern," antwortete Noin. „Das ist Geld von Mr. Khushrenada. Kleingeld."

„Na gut Joe," sagte der Wachmann und wandte sich an den zweiten, etwas später hinzugekommenen Mann. „Nimm das mit rein."

„In den Zählraum?" fragte Joe.

„Nein, in den Tresorraum. Khushrenadas Geld kommt in den Tresorraum, das weißt du doch," antwortete der andere.

Hilde und Noin begannen sich langsam zurückzuziehen, immer noch Entschuldigungen murmelnd. Sie hatten erreicht was sie wollten, Wufei war nun auf dem Weg in den Tresorraum.

„Jaja," winkte der Wachmann die Entschuldigungen ab. „Denkt nächstes Mal einfach an die Karte dann passiert das nicht mehr."

Mit einem letzten entschuldigenden Nicken drehten Hilde und Noin sich um und marschierten davon. Auftrag erledigt.

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„Da haben Sie Ihren Aktenkoffer, Mr. Zerga," sagte der Casinomanager Mr. Walsh.

„Oh, wunderbar," antwortete Howard und beobachtete an einem der Bildschirme wie der Mann mit seinem Koffer den Fahrstuhl betrat. Was aber viel wichtiger war, er konnte auch sehen was mit ihrem speziell präparierten Safe passierte. Denn wie es der Zufall so wollte fuhr der Mann, der diesen in den Tresorraum bringen sollte gemeinsam mit dem Angestellten der den Aktenkoffer transportierte hinab. Howard gestattete sich ein leichtes Lächeln.

Mann, das war wirklich aufregend. So etwas großes wie das hier hatte er seit Jahren nicht mehr gedreht – eigentlich hatte er noch niemals etwas derart großes gedreht. Hoffentlich sah ihm niemand die Aufregung an.

Howard blinzelte den Schweiß der von seiner Stirn tropfte aus den Augen und öffnete schnell das kleine Döschen mit den Pillen. Er nahm eine der Pillen heraus und schluckte sie. Dann atmete er mehrmals tief ein und aus, um so das Keuchen zu unterdrücken. Nicht jetzt. Er durfte jetzt nicht zusammenbrechen, das würde alles durcheinander bringen. Er musste nur noch ein klein wenig durchhalten, dann würde alles gut werden.

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„Das ist mein Stichwort," sagte Duo und fummelte mit seiner Krawatte herum.

Trowa sah ihm amüsiert zu, und als Duo es schließlich geschafft hatte einen halbwegs normalen Knoten zu binden – er trug nun mal normalerweise keine Krawatten, diese Dinger würgten ihm nur die Luft ab! – wünschte Trowa ihm, „Viel Glück."

Duo grinste kurz, dann schnappte er sich die Perücke vom Tisch. „Gib Dorothy grünes Licht."

Trowa nickte und sprach in das Mikrophon, „Doro, wie sieht's aus?"

Als Dorothy ihm nicht sofort antwortete fragte Trowa noch einmal nach. „Doro?"

„Sachte, kein Grund Hektik zu schieben, Kollege!" erklang schließlich Dorothys Stimme.

„Wie sieht's aus?"

„Ja, ich bin fast da."

Mit einem zufriedenen Nicken wollte Trowa Duo bescheid geben, doch als er sich umsah stellte er fest dass der Langhaarige die Suite bereits verlassen hatte.

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„Kommen Sie. Kommen Sie."

Zögernd, nahezu ängstlich folgte Zechs Khushrenadas Aufforderung den Konferenzraum zu verlassen und schob sich seitlich, den Rücken immer an die Wand gedrückt, aus der Tür. Immerhin, er war Sheldon Willis und hatte eine Heidenangst vor dieser Furie mit den zwei Zöpfen die bereits draußen auf dem Gang stand und ihn böse anfunkelte. Liebe Güte, wenn er nicht wüsste dass das alles nur Show war hätte er WIRKLICH Angst vor Sally.

„Mr. Carter, geleiten Sie diese Frau vom Gelände," wandte Khushrenada sich an den Wachmann der draußen auf dem Flur auf sie gewartet hatte. Dann wandte er sich an Sally. „Betreten Sie nie wieder mein Casino," sagte er in einem derart drohenden Tonfall, dass er die Drohung selbst gar nicht mehr aussprechen musste.

„Miss," sagte der Mann und packte Sally am Arm, um sie wegzuführen. Zechs versuchte sich so klein wie möglich zu machen.

Zunächst hatte es ganz den Anschein als würde Sally sich ohne Widerstand abführen lassen. Doch im letzten Moment machte sie einen Sprung auf Zechs zu und fauchte, „Sexist!"

„Großer Gott!" rief Zechs, duckte sich und hielt seine Aktentasche schützend über den Kopf. Oh ja, wenn er nicht wüsste dass alles nur Show war hätte er wirklich Angst. Große Angst.

Dann folgte Sally dem Wachmann, während Khushrenada in die andere Richtung davon marschierte. Zechs folgte ihm mit einem erleichterten Seufzer.

„Oh! Ich hab meinen Pager liegen lassen, total vergessen," sagte Zechs nach ein paar Schritten plötzlich und fasste an seinen Gürtel, so als hätte er erst jetzt das Fehlen des Geräts bemerkt. „Tut mir leid."

Khushrenada blieb stehen und sah genervt zu Zechs zurück. Dann blickte er ungeduldig auf seine Uhr. „Finden Sie den Weg?"

„Ja," nickte Zechs.

„Gut," sagte Khushrenada, dann drehte er sich um und marschierte weiter Richtung Ausgang.

„Viel Spaß beim Boxen! Und entschuldigen Sie!" rief Zechs ihm noch hinterher, dann drehte er sich um und lief in die Richtung zurück aus der er gerade gekommen war.

Als er um die Ecke bog legte er die fast speichelleckerische Persönlichkeit von Sheldon Willis ab. Er mochte diesen Charakter nicht wirklich, obwohl es echt Spaß gemacht hatte. Er verstand jetzt wieso Duo und Heero sich nicht auf Taschendiebstähle und ähnliches beschränkten. Das hier war soviel besser!

Mit einem raschen Griff in seine Manteltasche holte Zechs die Karte raus, die er vor wenigen Minuten aus Treize Khushrenadas Sakkoinnentasche gestohlen hatte und studierte sie eingehend. Jep, er war wirklich der Beste, wenn er das mal so selbstgefällig sagen durfte. Khushrenada hatte nicht das geringste gemerkt.

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„Was glaubt ihr wie lange Mr. Khushrenada noch braucht?" fragte Heero und zupfte nervös an seinem Ärmel. Die Fliege seines Smokings hatte er schon längst geöffnet – immerhin befand er sich nicht mehr im Restaurant, also war er auch nicht mehr an dessen strenge Kleiderordnung gebunden.

Heero sah sich kurz um. Oh nein, er war definitiv nicht mehr im Restaurant. Die beiden Zwillings-Schränke hatten ihn in den Sicherheitsbereich geführt. Und gerade jetzt befand er sich ein einem kleinen Raum, eine Art Lagerraum in dem offenbar alte, nicht mehr ganz so wichtige Akten aufbewahrt wurden.

„Hm," machte Heero, als keiner seiner beiden 'Begleiter' etwas sagte. Erneut sah er sich im Raum um, diesmal etwas demonstrativer. „Keine Kameras in diesem Raum, was?" sagte er und deutete in die Ecken des Zimmers.

Noch immer antworteten die beiden Schränke nicht sondern standen nur stumm vor der Tür. Heero nickte leicht. Jep, genau das hatte er sich gedacht. „Ja," Heero nickte erneut. „Wir wollen wohl nicht dass einer sieht was hier drin läuft."

Es konnte nur einen Grund geben warum er in den wahrscheinlich einzigen Raum in Khushrenadas Casinos gebracht worden war, der nicht kameraüberwacht war. Das einzige was ihn wunderte war, wieso die beiden noch nicht angefangen hatten ihn auseinander zu nehmen.

„Khushrenada kommt nicht, oder?" stellte Heero das Offensichtliche fest. Hey, wenn die Typen nur hier rumstehen wollten, konnte er sich schließlich einen Spaß daraus machen und sie zulabern.

Plötzlich klopfte es an der Tür und einer der Schränke öffnete. Heero verzog das Gesicht. Er wusste jetzt wieso seine beiden Bewacher bis jetzt nichts unternommen hatten. Der Mann der nun den Raum betrat sah noch viel gefährlicher aus als die beiden anderen. Er war einen guten Kopf größer, trug die typischen Biker-Klamotten, war über und über tätowiert und hatte einen kahlrasierten Schädel.

„Wir gehen jetzt vor die Tür. Damit ihr alles in Ruhe besprechen könnt," sagte einer der beiden Schränke.

Heero ließ ergeben den Kopf hängen und schüttelte ihn leicht. Oh Mann.

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Trowa beobachtete auf seinen Monitoren den Weg des präparierten Safes. Immerhin, was anderes hatte er im Moment sowieso nicht zu tun, er war ganz allein da alle anderen gerade mit der einen oder anderen Aufgabe zu tun hatten. Nicht dass er irgendetwas anderes tun konnte als alles genau zu beobachten.

Die beiden Wachmänner, der eine mit dem Safe, der andere mit dem Aktenkoffer fuhren mit dem Aufzug hinab, betraten den Vorraum des Tresors und schließlich den Tresor selbst. Dabei unterhielten sie sich die ganze Zeit über die Frau des einen und irgendeine Party, aber Trowa hörte gar nicht richtig hin.

Als der Tresorraum endlich offen war schob der Wachmann den Safe hinein und stellte ihn in die Mitte, in den einzig freien Platz der dort noch war. Alles in allem standen jetzt genau vier dieser fahrbaren Safes im Tresorraum. Anschließend betrat der Mann mit dem Aktenkoffer den Tresor und legte den Koffer ab – genau auf ihren präparierten Safe, in dem sich Wufei befand!

„Oh Scheiße," sagte Trowa. Wie sollte Wufei jetzt nur aus dem Safe herauskommen ohne den Koffer zu Boden zu werfen und so den Alarm auszulösen?

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„Na, sind Sie jetzt zufrieden Mr. Serga?"

„Ich bin," antwortete Howard keuchend, „ausgesprochen zufrieden." Der Schweiß lief ihm in Bächen das Gesicht hinab und er fuhr sich mit einer Hand an den Hals um mit einem Ruck seine Krawatte zu lockern. Luft! Er bekam einfach nicht genügend Luft! Und die Tatsache dass er gerade gesehen hatte wie dieser idiotische Wachmann den Koffer genau auf Wufeis Safe gelegt hatte half da auch nicht wirklich.

„Fühlen Sie sich nicht wohl, Sir?" fragte der Casinomanager besorgt.

„Aber doch," keuchte Howard. „Es geht mir gut."

„Augenblick, wer ist das denn?" sagte auf einmal einer der Wachmänner die vor den Monitoren saßen. Auf seinem Bildschirm war Zechs zu sehen, der gerade vor dem Aufzug zum Tresorraum stand. „Heh, 31, ich hab nen Eindringling im Westkorridor!"

Howard keuchte auf. Der Raum drehte sich um ihn, ihm war furchtbar schwindlig, er bekam keine Luft und er befürchtete, dass er gleich ohnmächtig werden würde. Seine Hand griff beinahe panisch nach dem Geländer um sich daran festzuhalten.

„Mr. Zerga!" rief der Walsh besorgt, doch Howard bekam das gar nicht wirklich mit. Auf einmal kam der Boden des Raums auf ihn zu, alles wurde schwarz vor seinen Augen, und das Letzte was er noch hörte bevor er vollends das Bewusstsein verlor war die aufgeregte Stimme des Casinomanagers die rief, „Ruft einen Arzt!"