Titel: Heero's Eleven
Autoren: ZaLa (Zanna & Laren)
Disclaimer: siehe Prolog

Kommentar: Dieses Kapitel widmen wir Nanashi, die uns beim letzten Kapitel als einzige ein Review hinterlassen hat. Danke! 'knuddel'


Kapitel 25

Treize starrte blicklos auf den Boden seines Tresorraums. Wie zum Teufel hatten diese Mistkerle das nur gemacht? Wie hatten sie den Tresorraum so exakt nachbauen können? Wie hatten sie sein internes Netzwerk anzapfen können? Und wie verdammt noch mal hatten sie das Geld hier herausschaffen können? Direkt vorbei an nicht nur seinem eigenen Sicherheitsteam, sondern auch dem Sonderkommando der Polizei? Gott, wenn es sich hier nicht um sein eigenes Geld, seine Niederlage handeln würde, er könnte diese Mistkerle direkt bewundern. Treize wünschte wirklich, sie hätten sich einen anderen für ihren Coup ausgesucht.

Mehr als alles andere wünschte er sich jedoch einen dieser Typen in die Finger zu kriegen. Dann würde er schon Antworten auf seine Fragen bekommen, das war sicher. Diese Kerle mochten zwar Profis sein – und das waren sie, das musste selbst Treize zugeben – aber selbst ein Profi konnte irgendwann zum Reden gebracht werden. Wenn man nur genügend Druck ausübte konnte man alles erreichen. Konnte das Casino seines Erzrivalen für einen Spotpreis erwerben und ihm durch den Abriss desselbigen einen derartigen Tiefschlag versetzen dass dieser sich nie wieder davon erholen würde. Konnte den Ex-Freund der eigenen Freundin eine Lektion erteilen so dass dieser lernte nicht in fremden Territorien zu wildern…

Treize stutzte. Einen Moment. Relenas Ex-Freund. Heero Yuy. Wofür hatte der noch mal gesessen? Betrug und Diebstahl? Sogar im großen Stil, wenn Treize sich nicht irrte. Konnte es sein dass Yuys Auftauchen gerade zu diesem Zeitpunkt, gerade dann wenn irgendeine ominöse Crew seinen Tresor ausräumte, konnte es sein dass das kein Zufall war? Steckte Yuy womöglich irgendwie da mit drin? Treize machte eine 180 Grad Drehung und marschierte aus dem Tresorraum. Er würde dem ganzen jetzt auf den Grund gehen.

Während er mit steinernem Gesichtsausdruck durch die Gänge seines Sicherheitsbereichs schritt liefen Treizes Gedanken auf Hochtouren. Seinen Informationen zufolge war Yuy gerade erst rausgekommen. Vor ungefähr vier Wochen. Reichte das aus um einen derartig ausgeklügelten Coup auf die Beine zu stellen? Oder brauchte es mehr Zeit? Treize war sich nicht sicher.

Aber eines war sicher – wenn Yuy sich nicht mehr in dem Raum befand in den Treize ihn von seinen beiden Spezialisten für derartige Aufgaben hatte bringen lassen, dann war Yuy definitiv an dieser Sache beteiligt gewesen.

Als Treize schließlich an seinem Ziel ankam sah alles recht normal aus. Seine beiden Kleiderschränke standen stumm vor der Tür Wache, damit niemand zufällig dort hinein – oder nicht ganz so zufällig heraus – konnte. Er warf den beiden einen kurzen Blick zu, doch sie sahen aus wie immer. Kein Schuldbewusstsein, nichts was darauf schließen lassen könnte, dass ihnen Yuy entkommen war.

„Tür auf," sagte Treize leise, und sofort gehorchte einer der beiden Männer und öffnete die Tür. Doch das was Treize dort drinnen zu sehen bekam war nicht ganz das was er erwartet hatte. Ein riesiger Berg von einem Mann – noch größer als seine beiden Schränke vor der Tür – war gerade dabei, einen kleineren und wesentlich schlankeren Mann gehörig zu verprügeln. Einen Mann der sich bei genauerem Hinsehen als ein völlig derangierter Heero Yuy erwies.

Treize stutzte eine Sekunde. Das Yuy noch hier war brachte seine Theorie gehörig ins wackeln. Immerhin, wenn Yuy an dem Raub beteiligt war, wäre er dann nicht mit seinen Komplizen inzwischen über alle Berge? Wenn er tatsächlich über 160 Millionen Dollar gestohlen hatte, was machte er dann noch hier? Langsam betrat Treize den Raum.

Der riesige Kerl – Treize hatte keine Ahnung wer das war, um solche Details kümmerten sich seine beiden Spezialisten – ließ von Yuy ab und trat beiseite. Yuy lag auf dem Boden, auf Hände und Knie gestützt und atmete schwer.

„Hi Khushrenada," keuchte Yuy schließlich als er Treize bemerkte. „Wie läuft's denn bei dem anderen Kampf?"

Treize antwortete nicht sondern starrte nur stumm und kalkulierend auf den am Boden liegenden Mann. Yuy atmete immer noch keuchend aus und ein. Er wirkte tatsächlich wie jemand, der in der letzten Stunde kräftig verprügelt worden war. Nicht wie jemand der in der in dieser Zeit Treizes Safe ausgeraubt hatte. Doch Treize würde dennoch auf Nummer Sicher gehen.

„Auf die Beine mit ihm," wandte er sich an seine beiden Muskelmänner, die diesem Befehl auch prompt nachkamen.

Als Yuy ihm schließlich aufrecht gegenüberstand maß Treize ihn mit einem kalten Blick. „Stecken Sie da mit drin?" fragte er ruhig.

Yuy keuchte wie ein Mann der gerade einen 500 Meter Lauf hinter sich hatte. „Stecke ich wo mit drin?"

Treize nickte leicht, das Gesicht noch immer zu einer unlesbaren Maske verzogen. „Ich wiederhole die Frage," sagte er, immer noch ruhig und mit eiskalter Stimme. „Stecken Sie da mit drin?"

Yuy starrte ihn einen Moment lang verwirrt an, dann holte er seufzend Luft. „Khushrenada, ich habe keine Ahnung was Sie meinen."

Treize maß ihn weiterhin mit einem abschätzenden Blick, dann nickte er wieder leicht. Yuy wirkte ehrlich. „Ok," sagte Treize. „Ich will Sie nicht aufhalten. Begleiten Sie ihn hinaus." Er würde Yuy jetzt einfach gehen lassen. Der Kerl hatte keine Alarmglocken bei ihm läuten lassen, aber Treize würde sich dennoch nicht drauf verlassen. Er würde Yuy die nächste Zeit über genau beobachten lassen, nur um sicher zu gehen.

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Relena lief aufgeregt in ihrer Suite auf und ab. Sie war sich inzwischen absolut sicher dass Heero gerade Treize ausgenommen hatte. Schließlich hatte sie diesen langhaarigen Freak, Heeros alten Partner, immerhin in flagranti ertappt. Und die Bedeutung dieser Tatsache ließ sie vor Aufregung nicht stillsitzen.

Denn wenn Heeros Raubzug erfolgreich gewesen war, dann war er jetzt – reich! Gut, vielleicht nicht so unermesslich reich wie Treize, aber immerhin! Wenn Relena nur wüsste wieviel genau Heero erbeutet hatte! Das würde ihr ihre Entscheidung um so vieles leichter machen!

War es genug um Treize dafür zu verlassen? Denn Heero konnte etwas, dass Treize nie gelungen war – er ließ ihr die Knie weich werden. Er ließ sie beinahe alles vergessen was ihr wichtig war. Beinahe. Und diese Tatsache machte einen Teil des Unterschieds zwischen Heeros und Treizes Vermögensstand fast wieder wett. Nur kam es natürlich darauf an, wieviel genau Heero jetzt hatte, bevor Relena sagen konnte ob es genug war oder nicht. Oh, was sollte sie nur tun?

Relena seufzte tief und rang die Hände. Sie wünschte sich wirklich sie könnte an den Nägeln kauen. Sie war sich sicher dass dies hier der perfekte Anlass war um an den Nägeln zu kauen. Aber sie hatte sich gestern erst eine Maniküre machen lassen. Und um nichts in der Welt würde sie das perfekte Pink wegknabbern dass ihre perfekt gefeilten Nägel zierte.

Oh verdammt, wie lange dauerte das denn noch? Dieser langhaarige Prolet hatte doch gesagt, dass sie hochgehen und fernsehen sollte. Das hatte sie getan, aber sie hatte nichts anderes als das übliche Fernsehprogramm gefunden. Der einzige Grund warum sie immer noch hier war und nicht sofort wieder runtergestürmt war um diesem Freak die Leviten zu lesen war dass Heero wollte dass sie hier blieb.

Aber was… Relena stockte in ihrem Schritt. Was wenn dieser langhaarige Idiot gelogen hatte? Was wenn er ihr gar nicht die Wahrheit gesagt hatte? Was wenn Heero ihr etwas ganz anderes hatte ausrichten lassen? Oh, Relena würde es nicht für unter seiner Würde halten sie einfach zu belügen. Dieser langhaarige Bastard war schon immer eifersüchtig auf sie gewesen. Er hatte sie noch nie ausstehen können, wahrscheinlich weil ihn ihre vornehme Art ständig daran erinnerte, dass er selbst nur Abschaum war.

Plötzlich klingelte das Telefon der Suite, und Relena stürzte sofort hin. „Hallo?"

„Schalten Sie auf Kanal 88," sagte eine monotone, ihr völlig unbekannte Stimme am anderen Ende.

„Wer ist da?" fragte Relena, doch sie bekam keine Antwort. Offenbar hatte der andere aufgelegt.

Relena legte das Telefon wieder auf dem Tischchen ab und griff stattdessen nach der Fernbedienung, die direkt daneben lag. Wie der Mann am Telefon es ihr befohlen hatte schaltete sie den riesigen Plasmabildschirm auf Kanal 88.

Doch anstatt irgendeinen der üblichen Fernsehsender zu empfangen sah sie stattdessen einen der vielen gleich aussehenden Gänge aus Treizes Sicherheitsbereich. Der Gang war nicht leer, sie konnte zwei von Treizes Männern sehen die Heero in der Mitte zwischen sich herführten. Dahinter folgte, mit ein paar Schritten Abstand, Treize.

„Was ist, Khushrenada?" fragte Heero gerade. „Hat man Sie ausgeraubt oder was?"

„Halt!" rief Treize, und seine beiden Gorillas gehorchten sofort. Heero hingegen ließ sich ein wenig mehr Zeit und ging noch einen Schritt, bevor er sich ebenfalls zu Treize umdrehte.

Treize näherte sich Heero und baute sich direkt vor diesem auf. „Ich gebe Ihnen noch eine Chance," sagte er in gefährlich ruhiger Stimme. Relena schauderte leicht. Wenn Treize in solch einem Tonfall sprach, dann sollte man sich lieber beeilen und ihm geben was er wollte. „Wo ist mein Geld?"

„Falls ich Ihnen anbieten würde es wiederzubeschaffen, wenn Sie dafür Relena aufgeben," antwortete Heero, „Was würden Sie sagen?"

Relena hielt gebannt die Luft an. Nein! Dieser Idiot! Glaubte er wirklich dass sie zu ihm zurückgehen würde, wenn er Treize das Geld zurückgab?

Auf dem Bildschirm maß Treize Heero mit einem kurzen Blick, dann antwortete er, „Ich würde ja sagen."

„Also schön," antwortete Heero. „Ich kenn da so nen Kerl. Wir haben zusammen gesessen. Wenn irgendjemand westlich des Mississippi einen Job durchzieht, weiß er darüber Bescheid. Wenn Sie mir drei Tage Zeit geben finde ich raus wer Ihr Geld hat."

Treize blinzelte ein paar Mal und Relena konnte deutlich sehen, dass es ihn alle Kraft kostete nicht seine Beherrschung zu verlieren. „Sie kennen da so nen Kerl." Treize starrte Heero eine Weile an, dann wandte er sich an seine beiden Muskelmänner. „Führen Sie Mr. Yuy hinaus und rufen Sie die Polizei. Er verstößt sicher gegen seine Bewährungsauflagen."

„Jawohl, Sir," antwortete der Gorilla an Heeros rechter Seite, packte Heero am Arm und führte ihn weiter den Gang entlang.

Relena stieß die Luft aus die sie angehalten hatte. Gott sei Dank! Heero hatte das Geld nicht zurückgegeben! Und diese kleine Unterhaltung die sie soeben mit angesehen hatte, hatte ihr ihre Entscheidung um vieles leichter gemacht.

Wie konnte Treize es wagen? Wie konnte er es wagen Geld ihr vorzuziehen? Sie war eine Darlian! Sie war das Beste was Treize, ach was, jedem Mann, überhaupt nur zustoßen konnte! Wie konnte er es wagen?

Ooooohhhhh! Relena spürte wie sie wütend wurde. Keiner behandelte sie so! Das würde sie Treize schon noch zeigen! Mit einem Ruck drehte sie sich herum, schnappte sich ihre kleine Handtasche und ihren goldenen Mantel, dann stürmte sie aus der Suite.

Als sie im Aufzug herunterfuhr überlegte sie, wo sie Treize jetzt wohl am besten suchen sollte. Weiß Gott wo in seinem riesigen Casinokomplex er sich jetzt verkrochen hatte um zu schmollen. Doch offenbar war das Glück auf Relenas Seite, denn als sich die Aufzugtüren öffneten stand Treize direkt vor ihr.

Relena starrte ihn eine lange Sekunde lang nur an und überlegte, ob sie ihm gehörig die Meinung sagen sollte oder nicht. Doch dann entschied sie sich, dass das unter ihrer Würde war und stolzierte stattdessen einfach erhobenen Hauptes stumm an ihm vorbei.

„Relena," rief Treize ihr hinterher, und als sie nicht gleich reagierte sagte er es noch Mal. „Relena!"

Relena blieb stehen und drehte sich zu Treize um. „Du solltest es doch am Besten wissen, Treize," sagte sie herablassend. „In deinem Hotel ist man nie unbeobachtet. Wie kannst du es wagen Geld mir vorzuziehen? Ich bin eine Darlian! Nichts und niemand wird mir vorgezogen, hörst du? Wir sind geschiedene Leute! Und nur damit du es weißt," konnte Relena es sich nicht verkneifen mit Genugtuung in der Stimme zu sagen, „Ich habe dir jeden einzelnen Orgasmus nur vorgespielt!" Dann drehte sie sich weg und ließ Treize und ihr Leben in den letzten drei Jahren endgültig hinter sich. Sie hatte sich entschieden. Sie wollte Heero, Heero und die Millionen die er ihr endlich bieten konnte.