Lara versuchte sich einen Weg, durch die Massen, nach draußen zu bahnen, aber dies erwies sich als zwecklos. Also drehte sie um und ging zu den Toiletten, zumindest war sie hier erst einmal vor Lee sicher. Sie nahm ihre Haarbürste aus dem Rucksack und kämmte sich ihre Haare, um sie dann erneut zu flechten.
Als sie zurück nach draußen kam, sah sie Lee und Kazuya, der sich umgezogen hatte, zusammen in der Halle stehen, von Heihachi war keine Spur.
'Verdammt', dachte Lara. 'Das wäre meine Chance gewesen ihn mal aus der Nähe zu sehen. Na ja, dann sollte ich es wohl für heute dabei belassen.'
Sie verließ die Halle und ging zu ihrem Mietauto zurück. Sie stieg ein und wollte gerade den Motor starten, da fiel ihr das Problem auf. Sie war unvorsichtig gewesen und hatte ihren eigenen Wagen viel zu nahe an der Absperrung vor ihr geparkt und wer immer hinter ihr geparkt hatte, hatte ebenso wenig darauf geachtet und sie zugeparkt. Hier kam sie nicht mehr weg. Lara stieg wieder aus und sah sich den Sportwagen hinter ihr an. Es war ein silberner 911er mit einem roten Flammenvinyl. Auch abgesehen von dem Vinyl wirkte das Auto etwas aufgemotzt und noch teuer, als diese Autos ohnehin schon waren.
Sie hatte sich gerade dazu entschlossen nach dem Nummernschild zu sehen, um den Fahrer in der Arena ausrufen zu lassen, da sprach sie jemand von hinten an.
"Ich glaube jetzt schulde ich Ihnen schon wieder etwas."
Es war erneut Kazuya Mishima. Lara sah ihn verwirrt an.
Er deutete zur Erklärung auf das Auto. "Das ist meiner."
"Oh", damit wurde Lara einiges klar. "Das ist gut, ich hatte schon befürchtet hier heute nicht mehr weg zu kommen."
In genau diesem Moment kam Lee Chaolan vorbei. "Hey Kazuya, ich habe sie zuerst gesehen."
Wütend drehte sich Lara zu ihm um "Was genau soll das heißen?" fauchte sie ihn an.
"Das bedeutet, dass du mir ein gemeinsames Abendessen schuldest, Schatzi", antwortete er schmunzelnd.
"Erstmal sollte man dir ein paar Manieren beibringen. Ich hatte bereits mehrfach gesagt, dass ich von dir nicht 'Schatzi', 'Darling' oder sonst was genannt werden möchte."
Kazuya verdrehte die Augen. "Komm Chaolan, fahr nach Hause, die Lady möchte nicht mit dir ausgehen."
"Du verpasst was, Lara", sagte Lee und ging dann weiter.
Kazuya richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Lara. "Da sie hier nicht weg kommen, kann ich ihnen vielleicht anbieten, sie nach Hause zu fahren?" fragte er sie mit einem Grinsen.
"Ich muss das Auto zurückbringen."
"Das ist keine besonders gute Ausrede."
"Warum habe ich das Gefühl, dass sie ein 'Nein' nicht gelten lassen?"
"Das ist richtig. Ich schlage vor sie bringen das Auto zurück und ich hole sie ab."
"Und wenn ich sage, dass ich müde bin und ins Bett möchte."
"Sie sehen nicht müde aus."
"Sie geben nicht auf, oder?"
"Ich bin es gewohnt zu bekommen, was ich will", seine Augen funkelten.
"Geht mir genauso", gab Lara zurück.
"Und was möchten sie?"
Ein Lächeln huschte über Laras Lippen, dann deutete sie auf den Porsche. "Dieses Auto fahren." Sie wusste, dass es eine gefährliche Entscheidung war, aber die liebte die Gefahr.
"Wir bringe ihr Auto zurück, und dann dürfen sie meines fahren, so bekommen wir beide, was wir wollen."
"Na gut, sie lassen mich ja eh nicht hier weg."
Kurz drauf saß Lara hinter dem Lenkrad des Porsches.
"Ich mag dieses Auto", sagte Lara.
"Ich auch."
"Keine Sorge, ich zerstöre keine Autos, wenn ich mich darin befinde", sagte Lara grinsend. "Ich habe zu Hause auch ein paar schnelle Autos, ein Porsche ist allerdings nicht dabei. Er besitzt ein ganz eigenes Fahrverhalten."
"Ja, daran muss man sich gewöhnen."
"Genau das tue ich gerade. Ich musste das Auto nicht zurückgeben, oder?"
Er lächelte. "Nicht sofort. Ach sieh an, das weiße Auto vor uns, der S2000, das ist mein Bruder", sagte er dann, nach einem Blick nach draußen.
"Darf ich?" fragte Lara und trat das Gaspedal etwas weiter durch.
"Er hasst das. Er glaubt, dass die Straße ihm gehört." An seinem Blick erkannte Lara, dass sie durfte.
Lara gab mehr Gas und überholte den anderen Wagen. Lee gab ebenfalls mehr Gas, als er den Wagen neben sich sah, aber der Honda konnte mit dem Porsche nicht mithalten. An der nächsten Ampel mussten beide Autos anhalten. Lee ließ sein Fenster herunter.
"Hey, Bruder. Du lässt sie fahren? Ich wette, dass ich das Rennen bis zur nächsten Ampel gewinne."
"Niemals", sagten Kazuya und Lara wie aus einem Mund.
Lara wusste genau, dass sie sich immer mehr in die Sache verstrickte und sich besser von den zwei Männern fern halten sollte, aber sie hatte gerade einen unheimlichen Spaß bei der Sache.
Beide Fahrer warteten darauf, dass die Ampel grün wurde, immer wieder heulte der Motor des Porsches kurz auf, wenn Lara etwas Gas gab. Als die Ampel endlich umsprang, war Lara sofort vom Start weg, bevor ihr Gegner überhaupt reagieren konnte. Mit jedem Meter vergrößerte sich der Abstand zwischen den beiden Autos und Lara raste an der nächsten Ampel vorbei, als diese gerade begann auf rot zu springen.
Kazuya drehte sich um. "Jetzt wird er sauer sein. Er musste anhalten."
"Das war kein faires Rennen. Selbst wenn er vor mir weggekommen wäre, hätte ich ihn locker eingeholt."
"Ich weiß das, aber Chaolan will es nicht einsehen. Wie wäre es, wenn wir jetzt in den Club fahren? Alle Teilnehmer treffen sich dort nach den Kämpfen."
"Ich könnte eh nicht schlafen. Ich kämpfe immer noch mit dem Jetlag."
Zwanzig Minuten später betraten sie den Club. Lee kam kurz nach ihnen an. Er war offensichtlich verärgert.
"Ach schau an, du hast es auch hier hin geschafft", stichelte Kazuya.
"Ach halt's Maul," schimpfte der andere Mann verärgert.
"Komm, Chaolan, ich gebe dir einen aus. Was möchtest du haben, Lara?"
"Das kommt ganz darauf an, wer fährt", antwortete sie grinsend.
"Du trinkst was immer du möchtest. Ich fahre dich nach Hause."
"Mir macht das nichts aus, ich trinke auch Wasser."
"Du hoffst wahrscheinlich darauf mich abzufüllen und dann mein Auto zu stehlen", scherzte er und ging dann zur Bar.
Lara beobachtete, wie zwei Blondinen an der Bar zu Kazuya sahen und sich dann kichernd unterhielten. Dann stand eine der beiden von ihrem Hocker auf und ging an Lara vorbei auf Lee Chaolan zu. Die andere folgte ihr.
"Hallo Chaolan."
"Nina."
"Schon was vor heute Abend?" fragte sie verführerisch. "Das ist meine Freundin Mira, ich wollte sie Deinem Bruder vorstellen."
"Nina, Du weißt doch, wie er ist…."
Lara war plötzlich angespannt. Sie hatte Kazuya zwar erst vor wenigen Stunden kennen gelernt, aber sie konnte ihn jetzt nicht so einfach kampflos abgeben. Er könnte ihr noch nützlich sein. Keine andere Frau durfte ihn jetzt bekommen, oder ihre Chancen an Heihachi zu kommen würden sich verringern. Bei genauer Betrachtung der anderen Frau wuchs ihr Selbstbewusstsein allerdings. Sie hatte ihm Gegensatz zu ihr Stil. Sie war gut gekleidet und bevorzugte es im Gegensatz zu der anderen Frau sexy zu wirken, ohne gleich alles zu zeigen.
Kazuya kehrte mit drei Getränken zurück. Er ging zuerst zu Lee, um ihm seinen Drink zu geben. Laras Herz begann zu rasen, als die anderen zwei Frauen Kazuya umringten.
"Hi, Kazuya", hauchte Nina. "Ich möchte Dir jemanden vorstellen."
"Hallo Nina. Ich kenne Deine Freunde", antwortete er trocken, ohne die andere Frau überhaupt anzusehen.
Diese wirkte ziemlich blamiert und bekam auch von Nina keine Unterstützung, da sich diese als nächstes Chaolan an den Hals warf.
Kazuya kehrte währenddessen zu Lara zurück und reichte Ihr ein Glas Champagner.
"Nur ein Glas", versprach er. "Davon wird niemand betrunken."
Natürlich blieb es nicht dabei, und während er irgendwann zu Wasser wechselte, trank Lara weiterhin alkoholische Getränke. Sie verbrachten den Abend an einem runden Tisch mit Lee, Nina und einem weiteren Pärchen. Lara hatte nicht mitbekommen, wann Ninas Freundin verschwunden war, es war ihr aber auch egal und Nina scheinbar ebenso, da sie sich in keiner Weise Lara gegenüber feindlich verhielt. Dafür war sie viel zu sehr mit Chaolan beschäftigt.
Die Parte endete um halb 4. Chaolan war bis dahin total betrunken und versprach seinem Bruder nicht mehr zu fahren, sondern bei Nina zu bleiben. Lara fühle sich ebenfalls etwas schwummerig, aber sie hatte auch das Gefühl ihrem Ziel näher zu kommen, und das war es wert etwas angeheitert zu sein. Kazuya schien ihr zu vertrauen und Lee ließ sie in Kazuyas Begleitung in Ruhe und entpuppte sich als recht umgänglich. Kazuya fuhr Lara zurück zu ihrem Hotel und um etwa 4 Uhr fand sie sich endlich im Bett.
Das Klingeln des Telefons weckte Lara um acht. Ihr Kopf drehe sich noch leicht. Heute Morgen machte sich der Alkohol bemerkbar. Sie nahm den Hörer ab und murmelte ein verschlafenes 'Hallo'.
"Guten Morgen Lara", begrüßte sie Downey in guter Laune. "Hast Du gut geschlafen?"
Lara blickte auf ihre Uhr. "Nicht wirklich. Ich bin erst vor 4 Stunden nach Hause gekommen."
"Vor 4 Stunden? Ich dachte der letzte Kampf war um 9?"
"Wir waren danach noch in einem Club."
"Wer ist 'wir'?" fragte Downey besorgt.
"Ich habe Fortschritte gemacht und zumindest ein wenig das Vertrauen von Kazuya und Lee Chaolan erlangt. Zur Strafe habe ich einen Kater, denke ich", scherzte Lara.
"Oh nein, Lara. Du hattest mir doch versprochen vorsichtig zu sein."
"Ich war vorsichtig. Ich hatte alles unter Kontrolle. Machen sie sich keine Sorgen, ich werde mit der Situation schon fertig. Wie auch immer, ich benötige noch ein paar Stunden Schlaf. Kann ich sie nach dem Mittagessen erreichen?"
"Sicher", sagte Downey sanft. "Ruhe dich erstmal aus, ich kann mir auch noch später deine Geschichte anhören."
Lara legte den Hörer auf und ging zurück ins Bett.
Drei Stunden später erwachte sie aus einem Alptraum. Sie konnte sich nur an wenige Details erinnern. Sie war mit Kazuya zusammen gewesen und er hatte eine Waffe auf sie gerichtet. Sie erinnerte sich genau, dass seine Augen bedrohlich rot geleuchtet hatten. Er war verärgert, weil er herausgefunden hatte, dass Lara ihn benutzt hatte, um an seinen Vater, und somit den Stein der Ewigkeit, zu kommen.
Anfänglich war sie sehr beunruhigt, aber je mehr Zeit verstrich, desto mehr verschwanden die Schrecken der Nacht und der Traum wich langsam aus ihrem Kopf.
Lara begab sich ins Badezimmer um erstmal ausgiebig zu duschen. Danach fühlte sie sich um einiges besser und bereit für das nächste Abenteuer. Sie kämmte ihr Haar und band sie zu einem langen Zopf zusammen, dann zog sie sich an und ging zum Mittagessen ins Hotelrestaurant hinunter. Als sie an der Rezeption vorbei kam, überreichte man ihr eine Nachricht. Sie war von Kazuya. "Abendessen, heute. Ich werde dich um sieben abholen."
Nach dem Mittagessen kehrte Lara auf ihr Zimmer zurück und rief Professor Downey an. Er schien beruhigt ihre Stimme zu hören.
"Lara, ich mache mir Sorgen um dich. Du solltest dich von Kazuya Mishima fernhalten. Wenn er es herausfindet…"
"Machen sie sich keine Sorgen. Er denkt, dass ich ein gelangweiltes reiches Mädchen bin. Ich bin doch perfekt für ihn, denken sie nicht?" Sie musste grinsen.
"Ich weiß, dass du die Gefahr liebst. Aber ich bin mir nicht sicher, ob du weißt, auf was du dich da einlässt."
"Dies ist meine beste Chance im Moment", sagte Lara zu ihm. "Vielleicht vertraut er mir bald genug, dass sich die Möglichkeit bietet, das Mishima Anwesen von Innen zu sehen. Irgendwann muss ich da hinein. Es ist besser, wenn ich vorher möglichst viel herausfinde."
"Und was hast du heute vor?"
"Kazuya hat mich für heute Abend zum Essen eingeladen. Bis dahin gibt es für mich nicht viel zu tun, also denke ich, werde ich mir ein nettes Kleid kaufen gehen. Sie brauchen mir keine weiteren Tickets für das Turnier zu organisieren, ich habe jetzt eine bessere Quelle, denke ich."
"Lara, Lara, ich würde ruhiger schlafen, wenn du dich entschieden hättest mit Lee Chaolan auszugehen."
"Ich hingegen würde überhaupt nicht schlafen, wenn ich mit ihm ausgehen würde", kommentierte sie das Verhalten des jungen Mannes, der sich als ziemlich hartnäckig und nervig entpuppt hatte. "Vertrauen sie mir, es ist schon gut so, dass ich Kazuya gewählt habe. Er würde auch einer Freundin von Chaolan nicht über den Weg trauen. Aber so wie es ist, behandelt mich sogar Chaolan respektvoll, und das kommt nicht häufig vor."
"Sollen wir uns dann morgen zum Mittagessen treffen, Lara?"
"So weit kann ich noch nicht im Voraus planen, ich muss erst abwarten, wie der heutige Abend verläuft."
"Na gut, aber ruf mich an. Ich mache mir ehrlich Sorgen."
"Sollten sie nicht. Ich bin immer auf alles vorbereitet."
Beide legten auf.
Lara verbrachte den Rest des Tages in der Nähe des Hotels. Zuerst ging sie in eine Boutique um die Ecke, um ein neues Abendkleid zu kaufen. Als sie nach Tokyo gekommen war, hatte sie nicht angenommen, dass sie eines brauchen würde. Sie probierte die verschiedensten Modelle durch. Zuerst wählte sie ein schwarzes, aber dieses wirkte zu schlicht und langweilig. Als nächstes fand sie ein dunkelblaues mit Spaghettiträgern. Es gefiel ihr sehr gut, war aber relativ teuer und auch wenn sie es sich leisten konnte, wollte sie nicht auf die Schnelle soviel Geld für ein Kleid ausgeben. Sie probierte weiter, aber alle Kleider sagten ihr nicht ganz zu, also entschied sie sich letztendlich doch dazu, das teurere zu nehmen. Danach begab sich Lara zurück zum Hotel und ging dort eine Runde schwimmen. Um fünf Uhr machte sie sich dann für den Abend bereit.
