Eine schwere Entscheidung
Mr. Darcy und Elisabeth Bennet haben endlich zueinander gefunden und das Einzige, was Darcy und Lizzie noch zu ihrem Glück fehlt, ist die Zustimmung von Lizzies Familie zu der Verlobung. Doch dann kommt alles anders als die beiden es erwartet haben und sie sehen sich mit einem Hindernis konfrontiert, das keiner der beiden erahnt hat und das keineswegs so leicht zu überwinden ist. Es stellt sich die Frage, ob ihre Liebe auch dieses Hindernis überwinden kann oder sie ihre Hoffnung auf ein gemeinsames Leben aufgeben müssen.
Kapitel 1:
Darcy und Lizzie kamen gerade von ihrer Wanderung vom Oakham Mount zurück. Bingley und Jane waren schon längst wieder nach Longbourn zurückgekehrt und die ganze Familie Bennet wartete nur noch darauf, dass auch Mr. Darcy und Lizzie zum Dinner erschienen. Doch Darcy und Lizzie ließen sich Zeit. Sie hatten während des Ausflugs darüber gesprochen, wann und wie Lizzies Familie über die Verlobung in Kenntnis gesetzt werden sollte, worauf sie beschlossen, dass Mr. Darcy Mr. Bennet noch heute Abend um seine Zustimmung bitten würde und danach Lizzie ihre Mutter und ihre Schwester einweihen würde.
Nun aber, als sie sich Longbourn gemächlich näherten, sprachen sie nicht über Lizzies, sondern über Darcys Familie. „Sobald ich die Zustimmung deines Vaters habe, werde ich meiner Schwester von unserer Verlobung berichten. Sie wird sich riesig freuen, obwohl ihre Freude die meinige wohl kaum übersteigen wird." Darcy lächelte seine Elisabeth glücklich an. „Oh, Fitzwilliam, das glaube ich dir nicht ohne einen Beweis!", neckte Lizzie ihn. „Den sollst du haben, meine Liebe, aber hier auf offener Straße, so nahe am Haus deiner Eltern fehlt mir dazu der Mut. Schließlich muss ich erst noch deinem Vater beweisen, dass ich auch gut genug für seine Lieblingstochter bin", antwortete Darcy halb scherzhaft, halb ernst. Lizzie entgegnete darauf im gleichen scherzenden Ton: „Gut genug für mich? Nein, das bist du wohl nicht, aber irgendwie bin ich deinem Charme erlegen. Da kann man wohl nichts machen." Mr. Darcy, der nun die Gelegenheit gekommen sah, Lizzie zu fragen, seit wann ihre Gefühle für ihn sich verändert hätten und was nun der wirkliche Grund für diese Veränderung gewesen sei, fragte daraufhin: „Elisabeth, wann haben sich deine Gefühle gegenüber mir so grundlegend verändert? Was habe ich getan, um deine Liebe zu verdienen?" Lizzie antwortete wahrheitsgemäß: „Ich denke Pemberley hat meine Meinung verändert: das schöne Haus und die Wälder. Ich habe mich gleich auf den ersten Blick in Pemberley verliebt." Sie sah Darcy an, dass er etwas enttäuscht angesichts dieser Antwort war und nicht verstand, dass sie ihn wieder einmal an der Nase herumführte, und fügte schnell hinzu: „Schau mich nicht so an, das war ein Scherz. Ja, ich habe mich in Pemberley verliebt, aber wäre ich da nicht diesem überaus freundlichen jungen Mann begegnet, der mich und meine Verwandten mit soviel Höflichkeit willkommen geheißen hat, wäre es wohl auch nur ein schönes Anwesen unter vielen geblieben. Du warst so außerordentlich herzlich mir und den Gardiners gegenüber und ich wollte dich auf einmal näher kennen lernen. Und als du mich dann in Lambton verlassen hast an diesem schrecklichen Morgen und ich unsicher war, ob wir uns jemals wieder sehen würden, wusste ich plötzlich, dass ich mich in dich verliebt hatte und ich mir nichts mehr wünschte als immer mit dir zusammen zu sein."
Darcy, überwältigt von Lizzies Worten, konnte nicht anders als dem Impuls nachzugeben sie beglückt an sich zu drücken. Doch dann, als er realisierte, dass man sie vom Haus aus sehen konnte, ließ er sie schnell wieder los ohne es sich aber nehmen zu lassen ihr sanft zu versichern: „Und das soll auch geschehen. Ich werde dich nie mehr verlassen, meine liebste Elisabeth." Lizzie warf ihm einen dankbaren und liebevollen Blick zu und wäre nicht gerade in diesem Moment Kittie ihnen entgegen gekommen, hätte sie ihm sicher dasselbe Versprechen gegeben.
So aber musste sie Kittie antworten, die ihnen ungeduldig entgegen rief, dass man mit dem Essen auf sie gewartet hätte, und Mama äußerst sauer sei, dass sie nicht schon längst da wären.
Lizzie konnte sich durchaus vorstellen, wie ihre Mutter wieder wegen einer Kleinigkeit das ganze Haus verrückt machte, und beschleunigte ihre Schritte.
Das Dinner verlief ohne besondere Vorkommnisse. Mr. Darcy saß zu seiner großen Freude neben Lizzie, doch leider konnte sie sich kaum mit ihm unterhalten, da ihre Mutter, die an ihrer anderen Seite saß, sie ständig in ein Gespräch verwickelte: Zunächst rügte sie sie wegen ihrer Unpünktlichkeit, dann machte sie Lizzie klar, dass es so freundlich von ihr wäre sich um Mr. Darcy zu kümmern, aber man von ihr nicht mehr als Höflichkeit erwarten könne und er vielleicht ja auch bald wieder abreisen würde, so dass sie nicht mehr seine Gegenwart ertragen müsse. Lizzie kränkte das Verhalten ihrer Mutter zutiefst und sie schämte sich vor Darcy dafür, vor allem da sie sah, dass er die Worte Mrs. Bennets größtenteils mitbekam. Es war deutlich, dass ihn Mrs. Bennets Worte beleidigten, aber er blieb höflich und freundlich. Lizzie warf ihm immer wieder, wenn sie sich gerade unbeobachtet fühlte, ein dankbares Lächeln zu und flüsterte einmal sogar leise: „Danke, dass du über das Benehmen meiner Mutter so großmütig hinwegsiehst." Er antwortete daraufhin mit größter Generosität: „Ich wusste ja, auf was ich mich einlasse, und mein Benehmen war lange Zeit auch nicht unbedingt vorbildlich, so dass ich die Abneigung deiner Mutter verdient habe." Lizzie schüttelte leicht den Kopf und berührte einen Augenblick lang wie zufällig mit ihrer Hand die seine, um ihm zu zeigen, dass sie sein Urteil über sich selbst nicht teilen konnte.
Nach dem Essen war dann der Augenblick der Wahrheit gekommen: Mr. Darcy folgte Mr. Bennet in die Bibliothek, um ihn dort um die Hand seiner Tochter zu bitten. Lizzie sah Darcy gehen und fühlte, wie unruhig sie plötzlich wurde. Ihre aufgeregten Hände schafften es nicht einmal mehr den einen Faden einzufädeln und Lizzie stach sich mehrmals in den Finger, bevor sie schließlich den Faden durch das Nadelöhr gezogen hatte. Jane, die Lizzies Aufregung spürte, setzte sich zu Lizzie und flüsterte ihr leise Mut zu: „Mach dir mal keine Sorgen. Papa wird Mr. Darcy schon nicht ablehnen. Es gibt nichts, was du fürchten musst." Jane drückte unauffällig Lizzies Hand und warf ihr ein aufmunterndes Lächeln zu. Lizzie lächelte dankbar zurück, doch Janes Worte hatten den Aufruhr in ihrem Herzen nicht beruhigen können. Oh, wenn Darcy doch wiederkäme! Wenn sie doch nur wüsste, was ihr Vater und Mr. Darcy gerade besprachen! Einen kurzen Moment überlegte sie sogar, ob sie an der Tür lauschen sollte, aber das war ihr dann doch zu kindisch und außerdem spürte sie die beobachtenden Blicke ihrer Mutter auf sich und wollte auf keinen Fall Verdacht erregen, auch wenn ihre Mutter von der Verlobung sowieso noch heute Abend erfahren würde, wenn ihr Vater seine Zustimmung zu ihrer Verlobung gegeben hatte. Wenn er sie nur bald geben würde! Lizzie starb fast vor Ungeduld und Ungewissheit. Allein Janes Gegenwart gab ihr die Kraft ruhig auf ihrem Platz sitzen zu bleiben und zu warten.
Und sie wartete tatsächlich sehr lange. Als Mr. Darcy zu der Zeit, wo er und Bingley zurück nach Netherfield reiten wollten, immer noch nicht wiedergekommen war, äußerte Bingley, dass er doch einmal nach seinem Begleiter suchen wollte. Mrs. Bennet unterstützte ihn in diesem Bestreben. Denn langsam kam auch ihr das Verhalten ihres Gastes suspekt vor, der nun schon über eine Stunde bei ihrem Ehemann in der Bibliothek sein musste. Sie wollte gerade äußern, dass sie hoffte, dass Mr. Darcy Mr. Bennet nicht zu sehr belästige, da dieser es gar nicht mochte, in seiner Bibliothek gestört zu werden, da sagte Hill, die das Gespräch mitbekommen hatte, auf einmal: „Mr. Darcy ist gar nicht mehr hier, Madam. Er ist schon vor einiger Zeit nach Netherfield zurückgeritten. Ich habe mich schon gewundert, dass er sich nicht einmal mehr von Ihnen verabschiedet hat." Lizzie wurde blass und ergriff überrascht und beunruhigt Janes Arm: „Was kann das bedeuten, Jane?" Glücklicherweise bemerkte keiner außer Jane und Bingley die Wirkung dieser Nachricht auf Lizzie, da Mrs. Bennet alle Aufmerksamkeit auf sich zog, als sie sich voller Empörung über dieses unhöfliche Verhalten aufregte: „Dieser unhöfliche Mr. Darcy! Da behandelt man ihn voller Höflichkeit und Anstand und er verabschiedet sich nicht einmal! Dieser Mann hat wirklich keine Manieren!" Bingley versuchte Mrs. Bennet damit zu beruhigen, dass Mr. Darcy gewiss einen guten Grund gehabt habe, um so schnell und ohne Verabschiedung zurück nach Netherfield zu reiten, aber sein erstauntes und irritiertes Gesicht zeigte, dass er Darcys Verhalten auch nicht verstehen konnte. Bingley verabschiedete sich dann auch sofort, flüsterte aber, bevor er ging, Lizzie noch beruhigend zu: „Ich werde mich erkundigen, was mit Darcy los ist. Vielleicht ist ihm einfach urplötzlich etwas eingefallen, was er noch vor der Hochzeit regeln will, und er wollte keine Minute versäumen und es direkt erledigen. Mach dir mal keine unnötigen Sorgen, sein frühzeitiger Weggang bedeutet sicher nichts!" Doch Lizzie beruhigten Bingley Worte nicht. Natürlich bedeutete es etwas, dass Darcy so plötzlich und ohne eine Verabschiedung gegangen war. Sie fragte sich, ob ihr Vater Darcy vielleicht etwas über sie berichtet hatte, das Darcys Meinung über sie geändert hatte. Wollte er sie aus irgendeinem Grund nicht mehr zu seiner Frau nehmen?
Lizzie konnte die Ungewissheit nicht mehr ertragen und musste einfach ihren Vater fragen, was zwischen ihm und Mr. Darcy vorgefallen war. Sie musste wissen, was passiert war, dass Darcy sie ohne ein Wort verließ! Sie musste es einfach wissen!
Deshalb schlich sie sich, nachdem Mr. Bingley sich verabschiedet hatte, in die Bibliothek zu ihrem Vater, um die Antworten auf ihre vielen Fragen zu bekommen, die Fragen, welche lauteten: „Wo ist Mr. Darcy hin? Was hat mein Vater gesagt, dass er sich nicht einmal von mir verabschiedet hat? Und kann ich weiter darauf hoffen, seine Frau zu werden?"
Kapitel 2: Etwa anderthalb Stunden zuvor
Mr. Bennet war überrascht, als Mr. Darcy ihn in der Bibliothek aufsuchte. „Ich muss mit Ihnen über etwas von äußerster Wichtigkeit reden", begann Darcy, nachdem er einige Minuten unentschlossen in der Bibliothek auf und ab gegangen war. Mr. Bennet schaute Mr. Darcy fragend an und bedeutete ihm fortzufahren. „Es geht um Ihre Tochter Elisabeth." Nun meinte Mr. Bennet zu wissen, worum es ging. Natürlich hatte auch Mr. Darcy von den Gerüchten über ihn und Miss Elisabeth Bennet gehört und wollte diese Dinge nun zurechtrücken. So entgegnete Mr. Bennet gelassen und leicht erheitert: „Mr. Darcy, sicher nehmen Sie Bezug auf die Gerüchte, die sowohl in Ihrer Verwandtschaft als auch in der unseren über Sie und meine Tochter kursieren. Aber ich kann Sie beruhigen, dass weder meine Tochter noch ich jemals diesen Gerüchten irgendeinen Glauben geschenkt haben. Nein, wir fanden es eher amüsant, da Sie ganz offensichtlich kein besonderes Interesse an meiner Tochter haben, geschweige denn meine Tochter an Ihnen." Mr. Darcy wollte darauf etwas antworteten, sagte dann aber nichts und durchschritt wieder mit finsterer Miene die Bibliothek, bis er schließlich nach einigen Momenten des Nachdenkens sagte: „Da irren Sie sich, Mr. Bennet. Ich bin keineswegs desinteressiert an Ihrer Tochter, ich liebe Ihre Tochter schon seit langem und habe ihr gestern einen Heiratsantrag gemacht, den Ihre Tochter freudig angenommen hat." Mr. Bennet war vollkommen verblüfft. Dass ein Mann seine Elisabeth lieben konnte, war für ihn durchaus nachvollziehbar, aber dass dieser Mann der stolze Mr. Darcy sein sollte, der einmal so arrogant sogar einen Tanz mit ihr verweigert hatte, war schlichtweg unbegreiflich. Und dass seine Lizzie den Heiratsantrag dieses schrecklichen Mannes, den sie so sehr verachtete, angenommen hatte, war einfach unmöglich.
Mr. Darcy, der das Erstaunen von Mr. Bennet beobachtet hatte, fuhr fort: „Und nachdem nun Elisabeth mich angenommen hat, möchte ich auch Sie um Ihre Zustimmung bitten. Ich versichere Ihnen, dass es Ihrer Tochter bei mir an nichts mangeln wird und ich sie mit Liebe und Respekt behandeln werde. Denn mein innigster Wunsch ist es Ihre Tochter glücklich zu machen."
Mr. Bennets Erstaunen wuchs mit den Worten Darcys nur. Das war doch nicht möglich! Sollte Lizzie Mr. Darcy tatsächlich Ihre Zustimmung gegeben haben? Mr. Bennet konnte sich das nur schwer vorstellen, denn lieben - da war er sich sicher - konnte Lizzie Mr. Darcy nicht. Ob sie ihn nur angenommen hatte, um genauso wie Jane eine Familie gründen zu können? Um Ihrer Schwester in nichts nachzustehen?
Mr. Bennet war jedenfalls klar, dass es nur eine Antwort gab, die er Mr. Darcy geben konnte: „Es tut mir leid, wenn ich Ihnen damit Schmerz bereite, aber ich denke nicht, dass ich zu Ihrer Verlobung mit meiner Tochter meine Zustimmung geben kann." Mr. Darcy trafen diese Worte wie ein Schlag ins Gesicht. Zunächst war er verwirrt, dann traurig und dann wütend. Welchen Grund hatte Mr. Bennet ihn nicht als Schwiegersohn zu akzeptieren? Was konnte diesen Mann davon abhalten, ihm seine Tochter anzuvertrauen?
Leider fielen Darcy zu viele Gründe ein, warum Mr. Bennet ihn nicht als Schwiegersohn haben wollte. Sein bisheriges Verhalten in Hertfordshire hatte nicht unbedingt einen guten Eindruck hinterlassen, aber dennoch, wenn Lizzie ihm verziehen hatte, wieso konnte Mr. Bennet das nicht auch tun? Zumal er Mr. Bennet nie direkt beleidigt hatte im Gegensatz zu Elisabeth!
Hin und her gerissen zwischen seinem Zorn auf sich selbst und auf Mr. Bennet brachte er sich krampfhaft um Selbstbeherrschung bemühend folgendes hervor: „Mr. Bennet, bitte erklären Sie mir, warum Sie dagegen sind, dass ich Ihre Tochter heirate! Vielleicht kann ich Ihre Bedenken ja zerstreuen." „Ich denke nicht, dass das möglich ist", antwortete Mr. Bennet ernst, „es gibt zu viele Gründe wegen denen ich der Verlobung nicht zustimmen kann: Erstens Ihr Charakter hat mich davon überzeugt, dass Sie nicht der Mann sind, dem ich Elisabeth anvertrauen möchte." Darcy wollte sich verteidigen, aber Mr. Bennet fuhr fort: „Zweitens Ihre Familie lehnt eine solche Verbindung ab. Davon hat uns Mr. Collins unterrichtet, und drittens meine Tochter liebt Sie nicht. Das ist der eigentliche und schwerstwiegende Grund für meine Ablehnung."
Nun konnte Darcy sich nicht mehr zurückhalten. Zornig stieß er hervor: „Wie können Sie sowas behaupten? Noch heute Nachmittag hat mir Ihre Tochter Elisabeth versichert, wie sehr sie mich liebt! Fragen Sie doch Elisabeth! Sie wird Ihnen dasselbe sagen! Vielleicht kennen Sie Ihre Tochter einfach nur nicht gut genug, Mr. Bennet!" Mr. Bennet, der sich durch diese Worte Darcys provoziert fühlte - schließlich war Lizzie seine Lieblingstochter und er glaubte, sie besser als jeder andere Mensch zu kennen -, entgegnete ebenso wütend wie Mr. Darcy: „Sie wagen es, MIR zu sagen, ich kenne meine eigene Tochter nicht? Nein, Mr. Darcy, Sie sind derjenige von uns beiden, der Unrecht hat: Ich kenne meine Tochter, seit sie auf der Welt ist, und Sie kennen sie nicht einmal ein Jahr und wollen MIR erzählen, dass ICH Unrecht habe. SIE haben Unrecht, Mr. Darcy, meine Tochter könnte Sie niemals lieben. Sie hasst Arroganz und Hochmut, und Ihr Verhalten war nicht unbedingt..., aber lassen wir das! Glauben Sie mir einfach, dass Elisabeth Sie nicht liebt." Mr. Bennet versuchte nun wieder einen versöhnlichen Ton gegenüber Mr. Darcy anzuschlagen, während dieser finster dreinblickte und kein Wort mehr hervorbrachte.
„Mr. Darcy, ich denke, es ist wohl am besten, wenn Sie in der nächsten Zeit meine Tochter nicht sehen. Der Abstand wird Ihnen sicher gut tun. Es tut mir leid, dass ich Ihnen dies alles sagen musste, aber manchmal muss man die Wahrheit aussprechen, egal, wie weh es tut." Irgendwie erinnerte Darcy dieser Ausspruch an Lizzie und wie sie ihn in Kent abgelehnt hatte. Er spürte ein schmerzhaftes Ziehen in seiner Brust und wusste, dass er es nicht ertragen konnte noch länger in diesem Haus zu bleiben. Mit den Worten: „Natürlich, Mr. Bennet, leben Sie wohl", verließ er die Bibliothek und schon wenige Augenblicke später hatte er Longbourn verlassen mit der festen Überzeugung nie wieder zurückzukommen.
Als etwa anderthalb Stunden später Lizzie ihn in der Bibliothek aufsuchte, war Mr. Bennet nicht überrascht. Er hatte damit gerechnet, dass seine Tochter ihn fragen würde, wie sein Gespräch mit Mr. Darcy gelaufen war, aber auf das Verhalten seiner Tochter war er nicht gefasst gewesen.
„Du hast ihn abgelehnt! Wieso?", fauchte Lizzie ihn an und gönnte sich nicht mal die Zeit zum Atmen, ehe sie fortfuhr: „DAS kannst du nicht machen! Ich habe ihm meine Zustimmung gegeben, wie kannst du ihn dann ablehnen? Du hättest mich wenigstens vorher fragen sollen, bevor du den Mann, den ich heiraten will, ablehnst!" Mit diesen Worten war Lizzie wieder verschwunden und Mr. Bennet blieb es nun überlassen, sich über das komische Verhalten seiner Tochter zu wundern.
Ob sie Mr. Darcy tatsächlich liebte? Nein, das war wohl eher unmöglich, aber vielleicht hatte die materialistische Einstellung von Mrs. Bennet doch Einfluss auf Lizzie genommen? Hatte sie Mr. Darcy wirklich wegen seiner 10.000 Pfund im Jahr angenommen? Er konnte es kaum für möglich halten, aber was sonst konnte der Grund sein? Und vielleicht war Lizzie trotz aller Liebe zu ihrer Schwester doch neidisch, dass diese einen reichen und sympathischen Ehemann gefunden hatte und wollte ebenfalls einen reichen Mann, wenn auch weniger sympathischen Mann, heiraten?
Mr. Bennet hoffte bloß, dass seine zweitälteste Tochter bald wieder zur Vernunft käme, denn schließlich war sie seine eindeutige Lieblingstochter und er wusste, er könnte es nicht ertragen zu sehen, wie sie ihrer unerträglichen Mutter immer ähnlicher würde.
Aber Lizzie wollte alles nur nicht zur Vernunft kommen. Wutentbrannt stürmte sie aus der Bibliothek und in Janes Zimmer, wo Jane sich gerade bettfertig machte. „Er hat ihn abgelehnt!", zischte sie, während sie versuchte ihre Stimme zu senken, damit ihre Mutter nichts von der ganzen Sache mitbekam. „WIE KANN ER NUR!", schrie Lizzie auf. Es war ihr einfach unmöglich, sich auch nur bemühen ihren Zorn zu zügeln. Jane versuchte sie zu beruhigen: „Papa hat vielleicht einfach nur etwas falsch verstanden. Wenn er erst einmal weiß, was du für Mr. Darcy empfindest, wird er sicher seine Zustimmung geben." „Er hat ihn weggeschickt. Mr. Darcy wird NIE wieder nach Longbourn kommen. Ich bin verloren, Jane!" Nun kam langsam die Verzweiflung durch, die Lizzie ob dieser Tatsache empfand und Lizzie ließ ihren Tränen freien Lauf, während Jane sich bemühte sie zu trösten: „Komm, Lizzie, Mr. Darcy weiß, was du für ihn empfindest und, nachdem er dich endlich gewonnen hat, wird er gewiss nicht so schnell wieder aufgeben. Und wenn wir erst einmal mit Papa geredet haben, wird er deinen Mr. Darcy mit offenen Armen empfangen. Er kann doch seine Lizzie nicht lange unglücklich sehen." „Da irrst du dich, Jane", entgegnete Lizzie, „er macht das absichtlich, weil er mich für sich behalten möchte. Er wird nicht einlenken! Außerdem rede ich sowieso nie wieder ein Wort mit ihm!" „Lizzie, du bist viel zu dramatisch. Papa will doch nur dein Bestes", wand Jane, leicht geschockt über die Ernsthaftigkeit in Lizzies Worten ein.
Lizzie sagte ein paar Minuten nichts mehr und schien darüber nachzudenken, was sie jetzt machen würde. Dann fragte sie Jane plötzlich: „Hilfst du mir, Jane? Versprichst du mir das?" Jane sah sie etwas verwirrt an, nickte aber schließlich.
„Ich habe einen Plan", äußerte sich Lizzie, „ich denke, ich werde noch heute Nacht abhauen und mit Mr. Darcy nach Gretna Green gehen. Bitte, pass auf, dass mein Fehlen so lange wie möglich geheim bleibt!" Jane sah Lizzie bestürzt und mit geweiteten Augen an. „Nein, das machst du nicht", erwiderte sie mit sanfter, aber bestimmter Stimme. Lizzie ergriff die Hände ihrer Schwester und drückte sie leicht. „Ich weiß. Ich meine, obwohl Papa Fitzwilliam abgelehnt hat, könnte ich es ihm und euch niemals antun sowas zu tun. Und es wäre so unvernünftig. Aber Jane, wieso kann ich nicht einmal unvernünftig sein. Muss Fitzwilliam nicht an meiner Liebe zweifeln, wenn ich nicht bereit bin, meine Familie für ihn aufzugeben? Wird er sich dann nicht endgültig von mir abwenden, wenn er das nicht schon getan hat?", ihre Worte waren kaum mehr als ein leises Schluchzen. Jane fühlte tiefstes Mitleid mit ihrer Schwester und zog sie in ihre Arme, um ihr wenigstens ein bisschen Trost zu spenden.
Auch Bingley traf auf ein ziemliches Jammerbild, als er nach Netherfield kam: Mr. Darcy saß in einem bis auf den Schein des Kaminfeuers völlig dunklen Salon und erst als Bingley einige Lampen angezündet hatte, erkannte er in einem der Sessel die traurige Gestalt. Darcy saß reglos in diesem Sessel und schien von Bingley auch dann noch nicht wirklich Notiz zu nehmen, als dieser ihn ansprach: „Darcy, um Himmels Willen, was ist geschehen?" Teilnahmslos und mit tonloser Stimme antwortete dieser: „Mr. Bennet hat mir seine Zustimmung verweigert. Ich werde Elisabeth nie wieder sehen." Bingley war überrascht, dass Mr. Bennet Darcy als Ehemann für Elisabeth abgelehnt haben sollte, und fühlte mit seinem Freund, aber für ihn war noch nichts verloren: „Darcy, Mr. Bennet hat gewiss nur noch nicht mit Elisabeth darüber geredet. Sie wird ihn schon überzeugen, so dass er seine Zustimmung gibt. Wenn Lizzie sich was in den Kopf gesetzt hat, dann lässt sie nicht so einfach locker. Du wirst schon sehen, wie schnell dich Mr. Bennet mit offenen Armen empfängt." Bingley lächelte Darcy aufmunternd zu. Dieser erwiderte nur finster: „Sie liebt mich nicht, Bingley."
Nun kannte Bingleys Erstaunen keine Grenzen: „Hat das etwa ihr Vater gesagt? Wenn ja, dann kennt er seine Tochter sehr schlecht. Man braucht euch beide nur zu beobachten, um zu sehen, wie sehr ihr euch liebt. Du kommst morgen einfach wieder mit zu den Bennets und dann wird auch Mr. Bennet irgendwann sehen, wie sehr ihr euch liebt, und seine Zustimmung geben. Daran zweifle ich nicht im Geringsten."
Aber Mr. Darcy lehnte es rigoros ab in Hertfordshire zu bleiben. „Wieso denn nicht, Darcy?", erkundigte sich Bingley: „Du kannst doch nichts dabei verlieren." „Nur meine Würde und meine Selbstachtung", entgegnete Darcy mit finsterer Miene, „Nein, ich fahre noch heute Nacht zurück nach London. Ich habe nur noch gewartet, bis du heimkommst, um dir alles zu erklären." „Warte doch wenigstens bis morgen früh", versuchte Bingley ihn zu überreden, „vielleicht ist doch nicht alles so schlimm wie es jetzt aussieht. Und Elisabeth wird gewiss auch nicht wollen, dass du Hertfordshire verlässt ohne dich von ihr verabschiedet zu haben. Sie wird dich sehr vermissen, wenn du weggehst." „Ich denke nicht, Bingley, sosehr ich mir das auch wünschen würde", antwortete Darcy trübselig, „Auf Wiedersehen." Damit verschwand Darcy und Bingley blieb nichts anderes übrig als ihm bekümmert und verwirrt nachzublicken. Weder konnte er begreifen, dass Darcy Elisabeth so schnell aufgab noch konnte er verstehen, wieso Mr. Bennet seinen Freund abgelehnt hatte. Er hatte Mitleid mit Darcy und war gleichzeitig völlig erstaunt über das, was geschehen war.
Kapitel 3:
Am nächsten Morgen zeigte sich, dass Bingley mit seiner Meinung bezüglich Elisabeth Recht gehabt hatte: Schon vor dem Frühstück besuchte sie Netherfield. Sie schien verlegen zu sein, als Bingley sie freundlich begrüßte, und erklärte ihren Besuch damit, dass sie auf ihrem Morgenspaziergang zufällig an Netherfield vorbeigekommen sei, doch ihr suchender Blick machte deutlich, dass sie keineswegs zufällig den langen Weg gemacht hatte.
Bingley wollte sie nicht im Ungewissen lassen und sagte: „Mr. Darcy ist gestern Abend noch nach London gereist. Es tut mir leid." Ihre Reaktion war deutlich: Erstaunen, Enttäuschung, ein fragender Blick. Nachdem sie kurz ihr Gesicht abgewendet hatte, fragte sie, sich um Fassung bemühend: „ Weswegen, ähm, gibt es irgendeinen Grund für Mr. Darcys plötzliche Abreise?" Mr. Bingley wollte Elisabeth nicht anlügen und sagte deshalb ganz einfach: „Er hat mir alles erzählt." Lizzie biss sich auf ihre Unterlippe und wartete, ob Mr. Bingley noch etwas sagte.
Bingley, der spürte, wie unwohl Lizzie zumute sein musste, versuchte sie zu trösten: „Elisabeth, Darcy muss auch erst mal damit klarkommen, aber sobald er sich wieder gefangen hat, wird er gewiss zurück nach Netherfield kommen. Und vielleicht sieht dein Vater die ganze Sache dann auch etwas anders." Er warf ihr ein aufmunterndes Lächeln zu, doch Lizzie lächelte nicht zurück.
„Das glaube ich nicht. Aber, hat Mr. Darcy wirklich gesagt, dass er bald wiederkommt?" Lizzie schaute Bingley erwartungsvoll an. „Nicht direkt", versuchte sich Mr. Bingley aus der Angelegenheit herauszuwinden, „aber er ist doch mein Trauzeuge und muss allein deswegen zu meiner Hochzeit mit deiner Schwester nach Netherfield kommen." Das Funkeln in Lizzies Augen verschwand wieder und wich dem trostlosen und entmutigten Ausdruck von vorhin. Sie verabschiedete sich von Bingley und eilte davon: verwirrt, traurig und enttäuscht.
Der Heimweg nach Longbourn dauerte um einiges länger als der Hinweg und dennoch schien ihr die Zeit nicht lang genug, um sich auf die Begegnung mit ihrem Vater und dem Rest ihrer Familie vorzubereiten. Sogar Jane grollte sie, da diese sie davon abgehalten hatte noch gestern Nacht nach Netherfield zu gehen. Nun war Mr. Darcy fort und nichts würde ihn zurückbringen. Wenn sie nicht so vernünftig wäre, wäre sie abgehauen und ihm nach London gefolgt.
Aber das war nicht Lizzies Art solche Dinge zu handhaben und so versuchte sie während der nächsten Tage und Wochen trotz ihrer Wut, Traurigkeit und Verzweiflung souverän mit der Situation umzugehen. Aber ihre Wut auf ihren Vater, ihre durch ihre jüngeren Schwestern und ihre Mutter strapazierten Nerven und ihre Eifersucht auf Jane und Bingley sorgten dafür, dass ihre Versuche regelmäßig scheiterten und sogar ihre Mutter ihre Unzufriedenheit bemerkte, die sie dann immer daran erinnerte, dass sie bei ihrer Ablehnung von Mr. Collins dieses Glück selbst ausgeschlagen hatte. Am liebsten hätte Lizzie dann ihre Mutter angefahren, dass es nicht ihre Schuld war, dass sie nicht verlobt war, sondern die Schuld ihres Vaters, aber da sie sich gut denken konnte, wie Mrs. Bennet, wenn sie um Lizzies Verlobung mit Mr. Darcy wusste, reagieren würde, war sie klug genug ihren Mund zu halten, wenn sie sich auch manchmal auf die Zunge beißen musste, um nichts zu sagen.
Jane sah den Kummer und versuchte ihr zu helfen, indem sie versuchte sie zu schonen und zu trösten, aber solche Versuche waren leider wenig erfolgreich. Sie bemerkte, dass Lizzie viel weinte und wenig schlief, aber ihre Schwester behauptete, es ginge ihr gut, und ging auf nähere Nachfragen nicht ein. Sie ließ einfach niemanden mehr an sich heran und das war es, was Jane wirklich bekümmerte. Sie hatte auch ein paar Mal versucht mit ihrem Vater zu reden, aber Mr. Bennet bemerkte nur, als Jane ihm von der großen Zuneigung zwischen Darcy und Lizzie berichtete: „Und wo ist dieser junge Gentleman jetzt, von dem du behauptest, dass er meine Lizzie über alle Maßen liebt? Warum hat er sich so leicht davon überzeugen lassen, dass meine Tochter ihm gegenüber nichts empfindet, wenn er sie so sehr liebt, wie du glaubst? Und Lizzie, verliebt in diesen Mann? Nein, ich denke, sie ist nur ein bisschen aufsässig, weil ich meine Zustimmung verweigert habe. Sie wird sich schon wieder beruhigen." Danach sah Mr. Bennet das Gespräch als beendet an und schickte Jane mit den Worten aus der Bibliothek, dass sie sich besser wieder um ihren Verlobten kümmern sollte.
Jane konnte nun nichts anderes tun als zu beobachten, wie Lizzie immer schmaler und blasser wurde.
Und Lizzie selbst? Sie fühlte all den Schmerz, den die Trennung von ihrem geliebten Fitzwilliam mit sich brachte. Zuerst hatte sie gehofft, er würde bald zurückkehren oder ihr schreiben, aber als weder das Eine noch das Andere passierte, begann ihre Hoffnung mehr und mehr zu sinken. Sie hatte ihm Briefe geschrieben, diese aber nie abgeschickt, denn sie kannte noch nicht einmal seine Adresse in London und war zu verlegen Bingley danach zu fragen. Außerdem widersprach es Anstand und Tugend als Frau einem Mann, der keinerlei Verbindung zur eigenen Familie hatte zu schreiben. Sie waren zwar verlobt und daher wäre es nicht unbedingt verwerflich gewesen, aber auf der anderen Seite konnte man ihre Verlobung auch als beendet bezeichnen, da ihr Vater seine Zustimmung dazu verweigert hatte. Jedenfalls schickte Elisabeth keinen ihrer Entwürfe ab und betete jede Nacht er möge zu ihr zurückkommen.
Mr. Darcy kam nicht zurück nach Netherfield, aber Lizzie bekam eine Möglichkeit zu ihm nach London zu kommen. Denn für die Hochzeit ihrer Schwester mussten noch Kleider gekauft werden und wo konnte man dies besser tun als in London. Und Jane, die bei dieser Aufgabe ihre Mutter nicht dabei haben wollte, fragte Lizzie, ob sie sie begleiten wolle. Lizzie fasste Mut in der Hoffnung Mr. Darcy nun endlich wieder zu sehen und sagte sofort zu. Sie war wieder fröhlicher konnte die Fahrt nach London kaum erwarten. Tatsächlich redete sie von nichts anderem mehr. „Jane, ich werde ihn endlich wieder sehen! Jane, denkst, du er liebt mich noch? Jane, ich bin so aufgeregt!", so waren ihre Worte. Und Jane freute sich über Lizzies Reaktion, wenn ihr auch Lizzies Aufregung nach einer Weile auf die Nerven ging. Doch sie liebte Lizzie zu sehr, um ihr ernsthaft böse zu sein.
Auch Mr. Bennet freute sich, dass Lizzies Laune sich angesichts der Reise nach London gebessert hatte. Vielleicht würde sie dort ja auch endlich diesen Mr. Darcy vergessen, der es ihr anscheinend, wie Mr. Bennet zugeben musste, mehr als nur ein bisschen angetan hatte. Mittlerweile war er nämlich zu der Überzeugung gekommen, dass seine Tochter wirklich etwas für diesen Mann empfand, doch da er Mr. Darcy keineswegs für ebenbürtig gegenüber seiner Lieblingstochter hielt, bereute er sein Nein nicht. Im Gegenteil, er hatte Lizzie doch davor bewahrt einen Mann zu heiraten, den sie niemals respektieren könnte. Denn so sehr seine Tochter jetzt auch in Mr. Darcy verliebt war, er war doch immer noch derselbe Mann, den sie nicht hatte leiden können, den sie verachtet hatte. Schon nach kurzer Zeit hätte seine Lizzie herausgefunden, dass sie mit Mr. Darcys Art und seinem Benehmen nicht klar kommen würde und dass Reichtum, gutes Aussehen und jugendliche Verliebtheit ihr eine unglückliche Ehe beschert hatten. Mr. Bennet fand es besser, wenn sie jetzt litt, anstatt sehen zu müssen wie sie seine Fehler wiederholte.
Zum Glück wusste Mr. Bennet nicht, was der Grund war für die Vorfreude seiner Tochter auf London, sonst hätte er Lizzie eventuell nicht gestattet Jane nach London zu begleiten.
Aber so reisten Mr. Bingley, seine Verlobte Jane und Elisabeth in der letzten Novemberwoche nach London. Während der ganzen Fahrt war Lizzie überaus heiter und ihr Kopf und ihr Herz waren schon, bevor sie von Longbourn losfuhren, in London bei ihrem Verlobten.
Doch was erwartete sie in London? Schon am zweiten Tag hörte sie von Bingley, dass Mr. Darcy nicht in der Stadt war. Sie war enttäuscht, aber nicht mutlos. Sie würde ihn sehen. Da war sie sich sicher.
Dann allerdings traf sie eines Abends Colonel Fitzwilliam in der Oper. Er begrüßte sie freundlich: „Miss Bennet, ich habe nicht damit gerechnet Sie hier zu treffen. Was machen Sie in London?" Sie klärte ihn darüber auf, dass sie wegen der baldigen Hochzeit ihrer Schwester hier sei. Colonel Fitzwilliam entgegnete: „Ah, Darcy hat mir davon erzählt. Er schien richtiggehend neidisch zu sein. Schade, dass er noch keine Frau gefunden hat. Eine freundliche, aber lebhafte Frau würde Schwung in sein Leben bringen und ihn glücklich machen. Ich würde es ihm sehr gönnen. Aber Sie wissen ja, wie er ist. Manchmal sehr von sich eingenommen." Colonel Fitzwilliam lachte über diese Bemerkung. Er fand seinen Kommentar über seinen Cousin sehr treffend und, da er Miss Bennets Verhalten gegenüber demselben in Kent bemerkt hatte, glaubte er nicht, dass sie den Charakter seines Cousins so unkritisch wie andere Frauen sah.
Aber Miss Bennet schwieg. Sie schien seine Bemerkung weder für lustig noch für wahr zu halten. Weshalb benahm sie sich so komisch? Colonel Fitzwilliam erinnerte sich an eine Unterhaltung mit Darcy, in der dieser gesagt hatte: „Ich beneide Bingley. Ich denke, es gibt kaum ein größeres Glück als die Zuneigung der Frau, die man liebt, zu gewinnen. Wenn ich nur auch so glücklich wäre! Ich würde all meinen Besitz dafür hergeben um diese Eine zu gewinnen." Hatte Darcy diese Worte in Bezug auf Miss Bennet gesagt? Colonel Fitzwilliam schwankte.
Er wollte es auf einen Versuch ankommen lassen: „Eigentlich ist es so, dass ich mir Sorgen um meinen Cousin mache. Darcy wirkte fast schon unglücklich, als er aus Hertfordshire zurückkam und danach hat er sich kaum eine Sekunde Ruhe gegönnt, da er so viele geschäftliche Angelegenheiten zu regeln hatte. Obwohl ich ja denke, dass er diese Dinge nur vorgeschoben hat und ihn in Wirklichkeit etwas anderes beschäftigt. Aber ich würde es natürlich nie wagen, mich in Darcys Privatangelegenheiten einzumischen. Darcy sieht das gar nicht gerne."
Die Worte des Colonels hatten den gewünschten Effekt: Elisabeth wurde blass, schien entsetzt und besorgt. Sie schien etwas sagen zu wollen, schwieg dann aber. Es folgte eine unangenehme Pause, in der Colonel Fitzwilliam überlegte, ob seine Worte gegenüber Miss Bennet tatsächlich sinnvoll gewesen waren. Er schien sie beunruhigt und verletzt zu haben, was keineswegs seine Absicht gewesen war.
Während er noch darüber nachdachte, wie er seine Worte wieder gut machen konnte, fragte Lizzie, die nun wieder ihren Mut und ihre Selbstbeherrschung wieder gefunden: „Wo hält sich Ihr Cousin denn zum derzeitigen Zeitpunkt auf? Mr. Bingley hat gehofft, ihn in der Stadt zu treffen, aber man sagte ihm nur, dass weder Mr. Darcy noch seine Schwester da sind." Colonel Fitzwilliam konnte nicht ganz glauben, dass es tatsächlich Mr. Bingley war, der so unbedingt mit Mr. Darcy reden wollte, aber er beantwortete ihre Frage ohne irgendwelche Andeutungen in dieser Richtung: „Darcy ist derzeit mit seiner Schwester auf Pemberley." „Und", fügte er hinzu, als er Lizzies fragenden Augen sah, „er sagte, er beabsichtige nicht dieses Jahr noch mal nach London zu kommen. Diese Worte hatten eine deutliche Wirkung auf Miss Bennet. Sie wurde blass, schien verwirrt, enttäuscht. „Ich verstehe", brachte Lizzie mit Mühe und Not hervor, „ich denke, ich kehre jetzt besser zu meiner Gesellschaft zurück. Auf Wiedersehen, Colonel Fitzwilliam", dann war sie auch schon weg. Colonel Fitzwilliam war verblüfft über ihr Verhalten und schämte sich sofort für das seinige. Was auch immer zwischen Miss Bennet und seinem Cousin vorgefallen war, Miss Bennet war diesem gegenüber auf keinen Fall gleichgültig und schien es aus der Welt räumen zu wollen. Doch was konnte zwei Menschen, die sich anscheinend zugetan waren, trennen? War es Darcys Stolz? Wenn ja, dann würde er Darcy einmal gewaltig in den Hintern treten müssen. Wie konnte dieser Trottel nur diese wunderbare Frau einfach so gehen lassen?
Lizzies Hoffnung war nun nach der Begegnung mit Colonel Fitzwilliam endgültig vernichtet. Dass es Darcy offensichtlich so schlecht ging, dass er nicht beabsichtigte noch einmal nach London kommen, all das war schon schlimm genug. Aber nun schien es nach dem Gespräch mit Colonel Fitzwilliam auch noch, dass Darcy seinem Cousin von der ganzen Angelegenheit berichtet hatte und dieser alles für ihre Schuld hielt. Was musste er von ihr denken? Und was dachte Darcy von ihr? Gab er ihr auch die Schuld an dem ganzen Schlamassel? Sie war am Boden zerstört und in dieser Nacht weinte sie sich nach langer Zeit zum ersten Mal wieder in den Schlaf. Alpträume peinigten sie und sie schrie laut nach Darcy, dass ihre Schwester zu ihr kommen und sie beruhigen musste. Nicht einmal die Hoffnung ihn bei der Hochzeit ihrer Schwester zu sehen, konnte ihr noch ein Lächeln abringen. Sie war am Ende.
