Kapitel 4:

Lizzie war der festen Überzeugung gewesen, dass es nach ihrem Gespräch mit Colonel Fitzwilliam nichts mehr geben konnte, was sie aufheitern könnte. Aber sie hatte sich glücklicherweise geirrt. Ihre Tante Mrs. Gardiner hatte Lizzies Seelenschmerz bemerkt und von Jane schließlich den Grund dafür erfahren. Sie hatte schon die ganze Zeit vermutet, dass Lizzies Stimmungsschwankungen etwas mit Mr. Darcy zu tun hatten. Denn auch er hatte, als sie ihm zufällig vor kurzer Zeit im Londoner Theater begegnet war, unglücklich und irgendwie geistesabwesend gewirkt. Nachdem Jane ihr nun alles berichtet hatte, was zwischen Mr. Darcy und Lizzie in Hertfordshire vorgefallen war, hielt sie es für notwendig ein klärendes Gespräch mit Lizzie zu führen.

Lizzie winkte erst ab und versicherte ihrer Tante, dass es ihr gut ginge. Aber schon bei der zweiten Nachfrage Mrs. Gardiners, ob mit ihr wirklich alles in Ordnung sei, war sie es leid tapfer zu sein und erzählte ihrer Tante unter Tränen die ganze Geschichte.

Mrs. Gardiner hörte Lizzie zunächst einmal nur zu, aber dann ergriff sie das Wort: „Lizzie, noch ist nichts verloren, hörst du? Ich glaube nicht, dass Mr. Darcy dich für das Verhalten deines Vaters verantwortlich macht. Es hat ihn verletzt, dass dein Vater ihn abgelehnt hat, aber an seiner Liebe zu dir wird das nichts ändern. Und er hatte Recht damit Hertfordshire zu verlassen, denn stell dir mal vor, wie schlimm es für ihn gewesen wäre, wenn er nach der Auflösung eurer Verlobung dich und deinen Vater weiterhin fast täglich gesehen hätte. Er brauchte den Abstand, auch den Abstand von dir. Er musste mit der Enttäuschung fertig werden, dich nicht heiraten zu dürfen. Dabei konntest du ihm nicht helfen.

Aber, glaube mir, er wird sicher zur Hochzeit deiner Schwester kommen. Dann habt ihr eine Möglichkeit miteinander zu sprechen und dein Vater kann seine Entscheidung überdenken. Und ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn Mr. Gardiner und ich diese Möglichkeit nutzen, um mit deinem Vater über Mr. Darcy reden. Vielleicht können wir seine Sorgen soweit zerstreuen, dass er Mr. Darcy eine zweite Chance gibt. Schließlich ist dein Vater ein verständiger Mann und, wenn er erst einmal weiß, dass seine Lizzie in guten Händen sein wird, wird er keine Einwände gegen eure Hochzeit mehr haben."

Lizzie konnte den Worten ihrer Tante erst nicht glauben. Nein, Mr. Darcy war auch sauer auf sie und nicht nur auf ihren Vater, und ihr Vater würde auch nicht so leicht zu überreden sein, dass Mr. Darcy einen passenden Ehemann für sie darstellte. Aber die liebevollen und klugen Worte ihrer Tante hatten dennoch einen positiven Einfluss auf Lizzie. Sie wusste nun, dass jemand hinter ihr stand und mit ihr fühlte. Außerdem wusste sie, welchen Einfluss die Gardiners auf ihren Vater hatten. Vielleicht würden sie ihn eher überzeugen können, dass Lizzie und Mr. Darcy zusammen gehörten, als Lizzie oder Jane.

Und als Bingley dann eines Morgens verkündete, dass Mr. Darcy ihm einen Brief geschrieben hatte, in dem er sich bereit erklärt hatte sein Trauzeuge zu sein, kehrte Lizzies Fröhlichkeit zurück und sie bemerkte mit wiedererwachtem Humor: „So werde ich ihn doch letztendlich an einer Hochzeit teilnehmen sehen."

Die Zeit verging und Janes Hochzeit rückte näher und Lizzie wurde richtiggehend kribbelig angesichts der Tatsache, dass sie Mr. Darcy wieder sehen würde, doch dann kam am Dienstag vor der Hochzeit (Die Hochzeit sollte am Samstag stattfinden) ein Brief von Miss Darcy in Netherfield an. Der Brief, den Bingley seiner Verlobten und ihrer Familie vorlas, lautete folgendermaßen:

Lieber Mr. Bingley,

Leider ist es sowohl mir als auch meinem Bruder nicht möglich, zu Ihrer Hochzeit mit Miss Bennet zu kommen. Fitzwilliam hatte gestern einen Reitunfall und ist deshalb nicht in der Lage nach Netherfield zu reisen. Bitte, glauben Sie mir, dass es ihm gut geht. Er ist mit einer Gehirnerschütterung und einem gebrochenem Bein davongekommen, aber Sie verstehen sicher, dass ich ihn nicht alleine lassen möchte und daher auch nicht zu Ihrer Hochzeit kommen kann. Bitte entschuldigen Sie das Fehlen von meinem Bruder und mir. Es tut ihm wirklich außerordentlich leid, dass er nicht die Möglichkeit hat Ihr Trauzeuge zu sein und er hofft, dass dieser unglückliche Vorfall nicht Ihre Freundschaft belastet.

Fitzwilliam bestellt Ihnen die besten Wünsche zu Ihrer Hochzeit, denen ich mich hiermit anschließen möchte.

Wir beide wünschen Ihnen und Miss Bennet alles Glück der Welt und eine wunderschöne Hochzeit.

Mit freundlichen Grüßen,

Miss Georgiana Darcy

Man kann sich denken, welche unterschiedlichen Gefühle dieser Brief bei den einzelnen Bewohnern von Longbourn auslöste: Mrs. Bennet war empört und schien Mr. Darcy seinen Unfall übel zu nehmen, als hätte dieser sich nur aus dem Grund verletzt, um Bingley die Mühe zu machen, einen neuen Trauzeugen suchen zu müssen. Mr. Bennet war hingegen erleichtert, da so ein Treffen zwischen Mr. Darcy und seiner Lizzie verhindert worden war. Jane tat Mr. Darcy Leid und Lizzie?

Lizzies Gefühle waren schwer zu beschreiben. Nach dem ersten Satz des Briefes war sie sauer auf Mr. Darcy gewesen, weil er nicht zur Hochzeit kommen würde und sie sich so sehr auf ihn gefreut hatte, ihn erwartet hatte. Dann, als Miss Darcy von dem Unfall berichtete, machte sich in ihrem Herzen große Sorge breit und der Wunsch ihrem Fitzwilliam beizustehen und schließlich fragte sie sich, ob der Unfall tatsächlich der Grund für seine Abwesenheit bei Bingleys Hochzeit war oder ob er sie meiden wollte.

Sie versuchte ruhig zu bleiben, aber ihre Unruhe war offensichtlich, jedenfalls für ihren Vater und Jane, die sie besorgt - wenn auch aus verschiedenen Gründen - beobachteten.

Jane war besorgt, weil sie wusste, wie viel es Lizzie bedeutet hatte Mr. Darcy bei der Hochzeit wieder zu sehen, und Mr. Bennet war besorgt, weil es schien, dass seine Lizzie Mr. Darcy immer noch nicht überwunden hatte, obwohl er nach Lizzies Trip nach London davon überzeugt gewesen war, da Lizzie seitdem ruhiger und gefasster gewirkt hatte.

Lizzie zog sich, sobald ihr dies ohne aufzufallen möglich war, zurück und versuchte auf ihrem Zimmer ihre Gedanken zu ordnen. Sie war überrascht, als Jane plötzlich an ihre Tür klopfte und ihr einen Brief brachte mit den Worten: „Dieser Brief war für dich dabei. Charles hat mich beauftragt ihn dir zu geben." Lizzies Aufregung kannte keine Grenzen. Zwar sah sie an der Handschrift, dass der Brief nicht von Mr. Darcy selbst war, aber er war vielleicht auch nur zu schwach, um persönlich zu schreiben und hatte den Brief seiner Schwester diktiert. Sie brach das Siegel auf und las:

Liebe Miss Bennet,

Ich habe lange überlegt, ob ich Ihnen diesen Brief schreiben soll, aber ich denke, dass Sie über einige Dinge Bescheid wissen sollten. Bitte entschuldigen Sie die Freiheit, die ich mir nehme, mich in Ihr Privatleben und das von Fitzwilliam einzumischen, aber ich kann nicht länger zuschauen, wie mein Bruder leidet. Ich habe schon in London bemerkt, dass er irgendwie anders wirkte als sonst. Er war so melancholisch und reserviert, auch gegenüber mir.

Erst wollte ich mich nicht einmischen, denn ich wusste nicht, ob Fitzwilliam mir von seinem Kummer erzählen wollte, und ich dachte auch, dass er vielleicht nur zu viel Stress hatte, da er ständig unterwegs war. Gestern aber hat mein Bruder mir schließlich erzählt, was ihn bedrückt. Er hatte anscheinend ursprünglich nicht vor mir davon zu berichten, aber er war so erschöpft von einer Reise, von der er gerade eben zurückgekommen war und hatte, während er auf meine Rückkehr wartete (Ich hatte ein paar Nachbarn Besuche abgestattet), wohl ein bisschen zu viel Brandy getrunken. Jedenfalls traf ich, als ich nach Pemberley kam, auf meinen völlig apathischen Bruder. Ich fragte, was los sei und ob jemand gestorben sei, und er sagte nur: „Ich habe von ihr geträumt, Georgiana." Danach hat er mir die ganze Geschichte erzählt. Er hat tatsächlich geweint, während er von Ihnen sprach, und ich muss gestehen, dass ich ihn noch nie zuvor habe weinen sehen. Nicht einmal bei der Beerdigung unseres Vaters.

Ich versuchte daraufhin ihn zu trösten, denn ich konnte nicht glauben, dass es so hoffnungslos war, wie er es darstellte, und machte ihm Mut, um Sie, Miss Bennet, zu kämpfen.

Auf einmal wurde er schrecklich wütend und schrie mich an, dass ich mich nicht einmischen sollte und ihn mit solchen leeren Versprechungen in Ruhe lassen sollte. Er war richtiggehend außer sich vor Wut. Dann stürmte er aus dem Haus und ritt davon. Dabei hatte er auch diesen Unfall, von dem Sie sicher schon von Mr. Bingley gehört haben.

Es tut mir leid, dass ich Sie mit all diesen Dingen belästigt haben, aber ich dachte mir, dass Fitzwilliam vielleicht doch Unrecht hat und Sie ihn immer noch lieben. Ich denke es nicht nur, sondern glaube fest daran. Deshalb, bitte Miss Bennet, wenn Sie ihn noch lieben, sollten Sie schnellstmöglich einen Weg finden ihn davon zu überzeugen. Denn ich weiß nicht, wie lange er diese Ungewissheit noch aushält, und seitdem er ans Bett gebunden ist, ist er noch unerträglicher geworden. Er isst kaum etwas, trinkt zuviel und lässt sich auch von mir nicht aufheitern. Er ist in einer schrecklichen Verfassung. Ich denke, Sie sind die Einzige, die ihn aus seiner miserablen Stimmung herausholen kann. Wenn Sie ihn noch lieben, bitte tun Sie etwas. Ich würde Sie nicht damit belasten, wenn es nicht wirklich ernst wäre.

Sie wissen ja, dass Sie auf Pemberley immer willkommen sind und Fitzwilliam und ich bleiben über Weihnachten und Neujahr und wahrscheinlich noch weit darüber hinaus in Derbyshire.

Ich warte auf Ihre Antwort und würde mich freuen, Sie bald einmal wieder zu sehen.

Mit freundlichen Grüßen,

Miss Georgiana Darcy

Lizzie brach in Tränen aus, als sie Georgianas Brief las. Sie hatte vermutet, dass es Darcy nicht gut ging, aber dass er so erbärmlich dran war, hatte sie nicht glauben wollen. Sie litt mit ihm und wäre am liebsten auf direktem Wege nach Pemberley gegangen.

„Was ist los?", fragte Jane, die, während Lizzie den Brief gelesen hatte, an der Tür gewartet hatte. Lizzie reichte ihr nur wortlos den Brief und fing an unkontrolliert zu schluchzen. Jane überflog den Brief schnell. Sie hatte Schlimmeres erwartet, als sie Lizzies Reaktion beobachtet hatte, und versuchte nun auch Lizzie davon zu überzeugen, dass es nicht so schlimm war wie diese glaubte:

„Shh, ganz ruhig, er ist am Leben und er liebt dich noch. Es wird alles wieder gut." „Ich muss sofort nach Pemberley, Jane", war alles, was Lizzie hervorbrachte. Jane konnte Lizzie schließlich dazu überreden, sich nicht sofort nach Pemberley aufzumachen, sondern bis nach der Hochzeit und nach Weihnachten zu warten, wenn auch die Gardiners und Bingley und seine Jane nach London zurückkehrten.

So wurde es dann beschlossen, dass Lizzie mit dem jungen Ehepaar nach London kommen sollte und von dort weiter nach Derbyshire reisen sollte. Die Gardiners hatten nichts dagegen Lizzie bei sich aufzunehmen, bevor sie einen Tag später nach Derbyshire reisen würde, unter der Bedingung, dass Lizzie ihrem Vater von dem Vorhaben erzählen würde.

Lizzie überlegte dies nicht zu tun, aber sie wusste, dass sie es ihrem Vater schuldig war, ihn darüber zu informieren, wohin sie reiste. So ersann sie einen Plan, wie sie ihren Vater überzeugen konnte sie nach Derbyshire reisen zu lassen. Schließlich wusste Lizzie, dass er ihr, wenn sie ihn einfach nur darum bat, nach Derbyshire zu reisen zu können, dies sicher verbieten würde. Aber vielleicht gab es ja doch eine Möglichkeit ihm zu zeigen, wie wichtig ihr Mr. Darcy war und was für ein anständiger Mann er war, so dass ihr Vater sie Pemberley besuchen ließ. Zunächst hatte sie keine gute Idee, dann aber fiel ihr endlich ein, was sie tun würde.

Kapitel 5:

Das kam so: Ihre Mutter hatte mal wieder einen Brief von Lydia erhalten und sprach davon, wie glücklich ihre Tochter es doch mit ihrem Ehemann getroffen hatte. Lizzie konnte nicht anders als daraufhin die Augen zu verdrehen und zu denken: „Von wegen gut getroffen! Sie hat äußert unvorteilhaft geheiratet und unsere Familie mit ihrem Handeln in Verruf gebracht. Wenn Mr. Darcy nicht gewesen wäre, sähe es für sie sogar noch schlimmer aus." Und da kam ihr die Idee. Ihr Vater wusste ja gar nicht, was Mr. Darcy für ihre Familie getan hatte. Wenn er erst einmal wusste, wie sehr Mr. Darcy ihnen geholfen hatte, würde er gewiss nicht mehr dagegen sein, dass Lizzie Mr. Darcy heiratete. So kam es, dass sie kaum, dass Mrs. Bennet den Raum verlassen hatte, wie zufällig bemerkte: „Dass Mama so stolz auf Lydia ist, ist echt unglaublich. Wenn man bedenkt, dass Lydia und Wickham sich ohne die Hilfe von Mr. Darcy immer noch unverheiratet irgendwo in London versteckt hielten…" Dort brach sie plötzlich ab, als hätte sie dies aus Versehen preisgegeben und hoffte nun, dass weder ihr Vater noch ihre Schwestern sie danach fragen würden. In Wirklichkeit wollte sie aber nur deren Neugier anreizen und tatsächlich sahen sie Mary und Kittie mit erwartungsvollen Blicken an und ihr Vater schaute sie durchdringend und nachdenklich an und überlegte, was ihm die Information, die Lizzie gerade preisgegeben hatte, sagen sollte. Etwa eine Minute herrschte Schweigen, dann aber platze Kittie, die ihre Neugier nicht länger zurückhalten konnte, heraus: „Lizzie, was hat Mr. Darcy mit Lydias Heirat zu tun?" Lizzie schien betreten über diese Frage und wich einer klaren Antwort aus: „Kittie, das kann ich dir nicht sagen. Ich hätte es gar nicht erst erwähnen dürfen. Mr. Darcy möchte nicht, dass es bekannt wird, und diesen Wunsch muss ich respektieren." Mit diesen Worten verließ Lizzie das Zimmer. Sie spürte, wie ihr die verwunderten Blicke ihrer Familie folgten. Ihr Plan hatte funktioniert. Sie kannte ihren Vater gut genug, um zu wissen, dass er sie erneut danach fragen würde und dann könnte sie ihm alles berichten, was Mr. Darcy für ihre Familie getan hatte. Und wenn ihr Vater erst einmal wusste, was Mr. Darcy für ihre Schwester getan hatte, würde ihr Vater seine Meinung über denselben sicher ändern.

Lizzie sollte zumindest teilweise mit ihrer Voraussage Recht behalten. Ihr Vater bat sie noch am selben Tag in seine Bibliothek, um sie darüber auszufragen, was Mr. Darcy mit der Heirat von Lydia und Wickham zu tun gehabt hatte. Lizzie erzählte ihm die ganze Geschichte, woraufhin Mr. Bennet grübelnd in der Bibliothek auf und ab ging. Lizzie glaubte, dass die Nachdenklichkeit ihres Vaters daher kam, dass dieser sich einfach dafür schämte Mr. Darcy so falsch beurteilt zu haben und sich nun überlegte, wie er seinen Fehler wiedergutmachen konnte. Doch da sollte Lizzie sich irren.

Denn als sie schließlich ihren Vater in seinen Gedanken unterbrach und sagte: "Du siehst also, dass du Mr. Darcy vollkommen falsch eingeschätzt hast und er viele gute Eigenschaften hat und meiner Liebe durchaus würdig ist. Bei dem, was er für uns alle getan hat, sind wir ihm alle Dankbarkeit schuldig, meinst du nicht, Papa?" Lizzie schaute ihren Vater erwartungsvoll. Nun würde er doch sicher zugeben, wie sehr er sich geirrt hatte, aber Mr. Bennet blickte seine Tochter nur durchdringend an und sagte dann nach langem Schweigen: "Das ist also der Grund, wieso du Mr. Darcy angenommen hast? Du glaubst, dass du ihm das schuldig bist, nachdem er so viel für unsere Familie getan hat? Oh, Lizzie, wie konnte ich dich nur jemals in diese Situation bringen, dass du dich verpflichtet fühlst, einen Mann zu heiraten, den du bisher immer verabscheut, ja sogar gehasst hast?" Hier wollte Lizzie ihrem Vater widersprechen. Schließlich hasste sie Mr. Darcy schon lang nicht mehr und hatte ihn nicht nur aus Dankbarkeit angenommen, sondern weil sie ihn liebte. Doch ihr Vater ließ sie nicht zu Wort kommen: "Aber ich verspreche dir, Lizzie, dass du diesen Mann nicht heiraten musst. Ich werde ihm alles Geld, was er Mr. Wickham dafür geboten hat, damit dieser deine Schwester heiratet, zurückzahlen. Ich lasse es nicht zu, dass meine liebste Tochter nur deswegen heiratet, weil ihre Familie ihre Schulden nicht zurückzahlen kann. Ich werde Mr. Darcy bis auf den letzten Penny das erstatten, was er für Lydias Heirat ausgeben hat." "Aber, Papa, ich liebe ihn wirklich, du brauchst ihm nichts zurückzahlen, er erwartet das nicht von dir…", warf Lizzie ein, doch ihr Vater fiel ihr wieder ins Wort: "Mach dir keine Sorgen, Lizzie, ich kümmere mich darum. Du brauchst mir nicht vorzumachen, dass du diesen Mann liebst. Ich werde mich darum kümmern, dass du ihn nicht heiraten musst. Geh jetzt!"

Lizzie blieb nichts anderes übrig als die Bibliothek zu verlassen. Wie hatte ihr Plan nur so schief gehen können? Nun glaubte ihr Vater, dass sie Mr. Darcy nur aus Dankbarkeit heiraten wollte und würde sie erst recht nicht nach Derbyshire reisen lassen. Außerdem würde er sich gewiss noch in Schulden stürzen, um Mr. Darcy für seine Bemühungen betreffs Lydia zu entlohnen. Und das war das Letzte, was sie wollte. Wie konnte sie ihren Vater nun wieder davon abbringen, Mr. Darcy auszahlen zu wollen? Und wie kam sie jetzt bloß nach Derbyshire und zu Mr. Darcy? Lizzie wusste es nicht, sie hatte keinen zweiten Plan mehr in petto. Aber so leicht war sie nicht zu entmutigen. Erst war sie jedoch ziemlich verzweifelt und unsicher, was sie nun noch tun konnte. Sie verbrachte die ganze Nacht damit in ihrem Zimmer auf und ab zu wandern und sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie sie ihren Vater davon überzeugen konnte, dass sie Mr. Darcy liebte.

Dann aber kam ihr wieder eine Idee, als sie mitbekam, wie ihr Vater Mr. Gardiner nach der Summe, die Mr. Darcy für die Verheiratung von Lydia ausgegeben hatte, ausfragte und Mr. Gardiner diesem keine präzise Antwort darauf geben konnte. Lizzie sah den enttäuschten Gesichtsausdruck, den ihr Vater daraufhin zeigte, und da wusste sie, was sie tun würde. Wieso war sie nicht früher darauf gekommen? Natürlich, das war die Lösung!

Kaum war Mr. Gardiner gegangen, sprach Lizzie ihren Vater an: "Papa, wenn du wissen willst, wie viel Mr. Darcy die Heirat von Lydia und Wickham gekostet hat, solltest du vielleicht Mr. Darcy persönlich fragen." Mr. Bennet sah seine Tochter leicht verwundert an, er hätte nicht erwartet, dass sie ihm dabei helfen wollte, ihre Schulden bei Mr. Darcy zu begleichen. Gestern Abend hatte es noch so ausgesehen, als wolle sie lieber selbstaufopferungsvoll Mr. Darcy heiraten als zu riskieren, dass ihre Familie wegen ihrer Schulden bei Mr. Darcy hungern musste. Lizzie fuhr fort, als ihr Vater nichts auf ihre Worte entgegnete: "Miss Darcy, die Schwester von Mr. Darcy hat mich eingeladen sie und ihren Bruder nach Weihnachten auf Pemberley zu besuchen. Vielleicht können wir ja zusammen nach Derbyshire reisen, so dass du die Möglichkeit hast, diese finanziellen Angelegenheiten mit Mr. Darcy zu klären." Mr. Bennet blickte seine Tochter durchdringend an. Das war also der Grund, wieso sie ihn angesprochen hatte. Sie hatte den Gedanken der Selbstaufopferung aufgegeben und wollte nun, dass ihr Vater sie auf die Fahrt nach Pemberley begleitete, so dass sie nicht mit Mr. Darcy allein sein musste und ihr Vater alles so regeln würde, dass sie in Zukunft nicht mehr mit Mr. Darcy zusammentreffen musste. Mr. Bennet war froh über die Sinneswandlung seiner Tochter und versicherte ihr schnell: "Lizzie, es ist wirklich eine gute Idee, dass ich nach Derbyshire fahre und dort alles mit Mr. Darcy regle. Aber du musst nicht mit nach Derbyshire kommen. Du bist nicht verpflichtet die Einladung von Miss Darcy anzunehmen oder ihren Bruder zu heiraten. Du brauchst ihn nie wieder zu sehen, wenn du das nicht möchtest." "Aber ich möchte ihn doch wieder sehen", widersprach Lizzie ihrem Vater. Aber dieser ließ sie nicht aussprechen: "Ich werde alles mit Mr. Darcy klären, aber es ist wirklich besser, dass du ihn nicht wieder siehst. Ich verstehe ja, dass du ihm die Gründe, wieso du eure Verlobung löst, lieber selber sagen möchtest, aber wenn er dich sieht, wird er nur daran erinnert, wie sehr er dich liebt und das ist sicher schmerzlich für ihn, wenn du es ihm ins Gesicht sagst, dass du ihn nicht liebst, sondern ihn nur aus Dankbarkeit heiraten wolltest. Es hat ihn schon sehr verletzt, als ich ihn über deine Gefühle aufgeklärt habe. Er muss doch diese Schmerzen nicht zweimal erleiden, was meinst du, Lizzie?", forderte Mr. Bennet seine Tochter zur Zustimmung auf. "Aber Papa, ich will unsere Verlobung doch gar nicht auflösen. Ich liebe ihn und ich will ihn heiraten", versuchte Lizzie ihren Vater von ihren Gefühlen für Mr. Darcy zu überzeugen. Aber Mr. Bennet winkte nur ab und meinte: "Lizzie, du brauchst mir nicht vorzumachen. Das funktioniert bei mir nicht. Ich lasse es nicht zu, dass du einen Mann heiratest, den du weder liebst noch respektierst, egal wie entschlossen du bist, dies doch zu tun. Ich habe dir gestern schon versichert und ich verspreche dir heute erneut, dass ich dafür sorgen werde, dass du Mr. Darcy nichts mehr schuldig bist. Obwohl er viel für unsere Familie getan hat, kann dich niemand zwingen, ihn zu heiraten. Du bist ihm zu nichts verpflichtet, hörst du? Ich werde alles mit Mr. Darcy klären!" Lizzie wollte wiederum etwas sagen, ließ es dann aber. Ihr Vater würde ihr sowieso nicht glauben. Er schien fest entschlossen zu sein, ihre Liebe zu Mr. Darcy einfach zu verleugnen. Frustriert verließ Lizzie die Bibliothek. Wieder einmal hatte ihr glorreicher Plan nur alles schlimmer gemacht. Nun würde sie ihren Fitzwilliam nicht nur nicht sehen, sondern ihr Vater würde auch noch nach Derbyshire fahren und ihren Verlobten dort mit seinen vollkommen falschen Mutmaßungen belästigen. Was würde Fitzwilliam wohl denken, wenn ihr Vater ihn aufsuchte und verlangte seine Schulden zu begleichen und damit seine Tochter vor einer Heirat aus Verpflichtung zu retten? Sie hatte ihm Mut machen wollen, ihm deutlich machen wollen, dass sie ihn liebte, und nun würde ihr Vater ihm gegenüber das Gegenteil verlauten lassen. Sie musste einfach eine Möglichkeit finden mit nach Derbyshire zu reisen, sie musste Darcy einfach sehen. Er musste wissen, wie sie zu ihm stand.

Wieder einmal musste Lizzie sich einen Plan überlegen und diesmal sollte es ein Plan sein, der auch so funktionierte, wie sie sich das vorgestellt hatte. Sie unternahm lange Wanderungen im zugeschneiten Hertfordshire, aber eine rettende Idee wollte und wollte ihr nicht kommen. Es verging Weihnachten und Silvester und die Abreise ihres Vaters nach Derbyshire rückte immer näher. Lizzie wurde mehr und mehr mutlos, da sie nicht wusste, was sie noch machen sollte. Sie hatte ein paar Mal extra vor ihrem Vater von Mr. Darcy gesprochen, ihn gelobt und bewundert, aber Mr. Bennet hatte sie jedes Mal mit einem Blick bedacht, der sagen sollte: "Du brauchst mir nichts zu erzählen, ich glaube dir nicht, dass du ihn liebst." Dann zwei Tage vor Mr. Bennets Abreise nach Derbyshire fasste Lizzie einen verzweifelten Plan. Am nächsten Tag ging sie zu ihrem Vater in die Bibliothek und begann ein Gespräch folgendermaßen: "Papa, du hast gesagt, ich solle nicht mit nach Pemberley kommen, aber ich denke, ich sollte mitkommen. Es ist ungerecht gegenüber Mr. Darcy, wenn ich ihm nicht persönlich sage, wieso ich ihn nicht heiraten kann." Lizzie sah, wie ihr Vater ihr wieder ins Wort fallen wollte und fuhr schnell fort: "Außerdem denke ich, dass ich ihm seinen Verlobungsring persönlich zurückgeben sollte. Ich kann ihn unmöglich behalten. Er ist ein altes Familienerbstück und Mr. Darcy sollte ihn zurückbekommen."

Mr. Bennet blickte seine Tochter zunächst verwundert an. Der Gedanke, dass Mr. Darcy seiner Tochter einen Verlobungsring geschenkt haben könnte, war ihm noch gar nicht gekommen. Tatsächlich war es richtig, dass sie ihm diesen Ring zurückgeben sollte. Doch er verstand nicht, wieso sie dafür nach Derbyshire mitkommen sollte. Nein, er würde nicht zulassen, dass sie Mr. Darcy wieder sah. Dieser Mann sollte seine Tochter nicht bekommen. Er konnte nicht zulassen, dass seine Lizzie ihr Lebensglück für ihre Familie aufgab. Sie würde nicht nach Derbyshire mitkommen. "Lizzie, deswegen musst du doch nicht den langen Weg nach Pemberley zurücklegen, vor allem nicht zu dieser Jahreszeit. Ich werde den Ring Mr. Darcy mitnehmen. Oder denkst du etwa, ich würde den Ring verlieren? Also, bring mir den Ring, damit ich ihn einpacken kann. Ich wollte nämlich morgen sehr früh nach Derbyshire aufbrechen und weiß deswegen nicht, ob wir uns davor noch einmal sehen."

Lizzie sah ihren Vater geschockt hat, so hatte sie sich das nicht vorgestellt. Mr. Darcy den Verlobungsring zurückzugeben, war doch nur ein Vorwand gewesen, um mit nach Derbyshire reisen zu können. "Aber, Papa, ich denke wirklich, ich sollte Mr. Darcy den Ring persönlich wiedergeben", wand Lizzie empört ein, "Ich möchte nicht, dass du das für mich löst. Das ist eine Sache zwischen mir und Mr. Darcy und ich halte es für weniger sinnvoll, wenn du dich da einmischt." "Und ich halte es für weniger sinnvoll, wenn du mit nach Pemberley kommst", erwiderte Mr. Bennet, "ich werde den Ring Mr. Darcy mitnehmen." "Weißt du was?", entgegnete Lizzie wütend, "ich werde diese Verlobung gar nicht auflösen und den Ring auch behalten. Ich liebe Mr. Darcy und ich bin nicht gewillt das zu verneinen, nur weil du mir nicht glaubst. Du kannst mich nicht dazu zwingen, dir seinen Ring zu geben." Mit diesen Worten drehte sich Lizzie herum und verließ das Zimmer.

Nein, Mr. Bennet konnte seine Tochter nicht dazu zwingen, ihm ihren Verlobungsring mitzugeben, aber er schaffte es, sie zu überzeugen, dass sie dies tun musste, indem er sie darauf hinwies, wie ungebührlich es wäre, Mr. Darcys Ring zu behalten, wenn sie ihn nicht heiraten würde. Zwar war Lizzie nicht davon überzeugt, dass sie dies tatsächlich nicht tun würde, aber da sie langsam befürchtete, dass es für sie und ihren Mr. Darcy keine Zukunft mehr gab, gab sie schließlich nach und händigte ihrem Vater den Ring aus. Doch nicht, nachdem sie einen erklärenden Brief an Miss Darcy geschrieben hatte, wieso sie nun doch nicht mit nach Pemberley kommen würde (Lizzie hatte Miss Darcy nämlich hoffnungsvoll, dass sie ihren Vater überreden könnte, mit nach Derbyshire fahren zu dürfen, fest ihren Besuch zugesagt). Wenigstens eine Erklärung war sie Mr. Darcy schuldig, wenn sie diese ihm auch nicht direkt geben konnte, sondern nur indirekt über einen Brief an seine Schwester.

Am nächsten Tag sah sie dann ihrem Vater hinterher, wie er nach Derbyshire aufbrach und hoffte und betete, dass dieser Besuch ihres Vaters auf Pemberley die Meinung ihres Verlobten von ihr und ihrer Familie nicht noch mehr verschlechtern würde. Was musste Fitzwilliam nur von ihr denken, wenn ihr Vater ihm den Ring zurückgab? Wie musste er leiden?

Lizzie hasste sich dafür ihm solche Schmerzen zuzufügen, aber nachdem ihr endgültig klar geworden war, dass sie ihr Vater nicht mitnehmen würde, war es zu spät gewesen, ihn von seiner Fahrt nach Pemberley abzuhalten. Er war entschlossen, Mr. Darcy aufzusuchen, die Summe zu erfahren, die seine Familie diesem Mann schuldete, und ihn schnellstmöglich auszuzahlen. Lizzie konnte nichts mehr tun außer zu hoffen, dass ihr Vater irgendwie Einsicht zeigen und endlich erkennen würde, dass sie wirklich Mr. Darcy liebte und heiraten wollte.