So, noch einmal die überarbeite Version. Ich warte auf Reviews von euch!


Kapitel 15:

Die zwei Wochen, bis zur Rückkehr ihres Verlobten wurden Lizzie wirklich lang. Sie hätte nicht sagen können, was sie mehr nervte: Die kühle Abweisung ihres Vaters oder die hysterische Geschäftigkeit ihrer Mutter. Da war die Woche, die sie in London verbrachte, um dort ihr Hochzeitskleid zu besorgen, geradezu entspannend, denn hier hatte sie nur Mr. Gardiner und ihre Schwester um sich. Trotzdem war auch die Zeit in London nicht ohne Stress, denn es gestaltet sich nicht einfach in so kurzer Zeit ein Hochzeitskleid zu finden. Keines der fertigen Kleider in den Geschäften passte ihr und, um noch ein Kleid zu nähen, reichte die Zeit nicht. Lizzie war richtig verzweifelt. Am vorletzten Tag vor ihrer erneuten Abreise fanden sie endlich ein passendes Kleid, aber obwohl es hübsch war und Lizzie gut stand, war es nicht das Kleid, in dem sie hatte heiraten wollen. Sie hatte sich ihre Hochzeit und ihr Hochzeitskleid anders vorgestellt, aber nichts kam so, wie sie es sich gewünscht hatte. Sie musste einen Großteil ihrer Verlobungszeit ohne ihren Verlobten verbringen, ihr Vater war gegen ihre Heirat und sie war zu Hause nur noch ein geduldeter Gast und nun fand sie nicht einmal ein Hochzeitskleid, das ihr gefiel. Das war ungerecht.

Ein Lichtstrahl in dieser ganzen unglücklichen Situation war ein Besuch Georgianas am Abend vor ihrer Abreise. Sie freute sich ihre zukünftige Schwägerin zu treffen, zumal Georgiana sie mit einer solchen Herzlichkeit begrüßte, dass es sie fast vergessen ließ, wie viel sie diese Heirat kostete und sie sich wie Georgiana einfach nur auf die Hochzeit freuen konnte.

Am nächsten Tag ging es dann aber wieder zurück nach Hertfordshire und damit zurück in den harten Alltag auf Longbourn. Je näher die Hochzeit rückte, desto aufgeregter und hysterischer wurde Mrs. Bennet und Lizzie konnte nicht leugnen, dass auch sie aufgeregt war, zumal das Verhalten ihres Vaters sie äußerst verwunderte. Denn dieser blieb völlig ruhig, obwohl die Hochzeit, gegen die er doch so viele Einwände hatte, immer näher rückte. Trotzdem machte er keinen Versuch Lizzie noch einmal umzustimmen, was Lizzie irgendwie beunruhigte. Was bezweckte ihr Vater bloß mit seinem Verhalten? Wollte er nicht sie und Fitzwilliam auseinander bringen? Und wenn ja, wieso versuchte er sie nicht umzustimmen? Vielleicht hatte ihr Vater ja auch seine Meinung zu der Hochzeit geändert, machte Lizzie sich Hoffnungen, doch sein Verhalten blieb weiterhin distanziert, so dass das kaum als Möglichkeit in Betracht kam. Schließlich entschied sich Lizzie, dass ihr Vater vielleicht einen Plan austüftelte, wie er sie und ihren Verlobten auseinander bringen könnte, wenn dieser wieder in Hertfordshire war, und dass er deshalb nicht versuchte sie in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Dennoch blieb das Verhalten Mr. Bennets komisch und kostete Lizzie den Schlaf mehr als einer Nacht. Insgesamt bekam sie in diesen zwei Wochen wenig Schlaf. Denn wenn sie sich mal keine Sorgen um die Hochzeit oder über das Verhalten ihres Vaters grübelte, dachte sie an Fitzwilliam und ihre Sehnsucht nach ihrem Verlobten raubte ihr den Schlaf.

Als er dann endlich, etwa zwei Wochen nach seiner Abreise wieder zurück nach Hertfordshire kam, war Lizzies Freude daher sehr groß. Als sie die Kutsche ihres Verlobten sah, sprang sie auf und rannte aus dem Haus und Fitzwilliam entgegen. Dieser war sehr überrascht, als ihm seine Verlobte entgegenlief, doch er freute sich genau wie Lizzie über ihr Wiedersehen und schloss sie ihn seine Arme. Er roch den Duft von Lilien in ihrem Haar und plötzlich überkam ihn das Bedürfnis sie nicht nur zu riechen, sondern auch zu schmecken. Ehe er es sich versah, fanden seine Lippen den Weg zu ihrem Mund. Er küsste sie mit aller Leidenschaft und Sehnsucht, die er in den paar Tagen, die er weg gewesen war, empfunden hatte, und Lizzie antwortete ähnlich stürmisch. Er zog sie näher zu sich und erforschte ihre Lippen mit seiner Zunge. Alle Gedanken an seine Absprache mit Mr. Bennet waren vergessen. Mittlerweile war auch der Rest der Bennet-Familie nach draußen gekommen. "Sieh nur, Mr. Bennet", rief Mrs. Bennet verzückt aus, "Wie sehr Mr. Darcy unsere Lizzie liebt!" Mr. Bennet erwiderte daraufhin nichts, sondern starrte nur erbost das küssende Pärchen an.

Mit Mrs. Bennets Worten waren auch Lizzie und Mr. Darcy wieder in die Wirklichkeit versetzt worden und sie lösten sich schnell voneinander. Hochrot vor Verlegenheit musterte Lizzie den Boden unter ihren Füßen, während Mr. Darcy beunruhigt zu Mr. Bennet schaute. Was würde Mr. Bennet zu diesem Zwischenfall sagen? Würde er deswegen die Verlobung lösen? Auf welche Strafpredigt musste er sich gefasst machen.

Doch Mr. Bennet begnügte sich damit Mr. Darcy einen feindseligen, tadelnden, aber irgendwie auch genugtuenden Blick zuzuwerfen und wieder ins Haus zu gehen. Da wusste Mr. Darcy, dass er sich auf keine Strafpredigt gefasst machen musste, dafür aber Mr. Bennets Meinung über ihn endgültig entschieden war. Dieser Mann hielt ihn nun mehr denn je für einen Lüstling, der keinen Respekt vor ihm oder seiner Tochter hatte. Nun würde er sicher nicht einlenken, sondern Lizzie tatsächlich verstoßen. Dieser Gedanke tat Darcy in der Seele weh und er wünschte, er hätte sich eben besser beherrschen können. Ein unterdrückter Fluch entwich ihm. Lizzie, die sich wieder etwas gefasst hatte, schaute fragend zu ihm hoch.

"Dein Vater", erwiderte er leise, sodass nur sie es hören konnte. Lizzie nickte als Zeichen, dass sie verstand, worauf er anspielte.

"Ich rede mit ihm", bot Lizzie ihm an.

"Nein, das mache ich selbst", erwiderte Darcy, "ich will nicht, dass du dich wieder aufregst."

"Du brauchst mich nicht zu schützen", entgegnete Lizzie, "ich kenne meinen Vater und weiß, wie er sein kann."

"Natürlich", meinte Fitzwilliam, "aber ich möchte nicht, dass du Schwierigkeiten zwischen mir und deinem Vater zu lösen versuchst. Ich will nicht, dass du zwischen die Fronten gerätst."

Lizzie lächelte dankbar zu ihrem Verlobten hoch. "Danke, dass du so besorgt um mich bist, aber ich kann mich ganz gut selbst durchsetzen, weißt du? Man muss mich nicht beschützen."

Darcy lächelte nun auch. "Das weiß ich, Lizzie, doch nun lass uns von etwas anderem sprechen. Ich habe dir nämlich etwas mitgebracht:" Er griff in die Kutsche und reichte ihr ein großes Paket.

"Was ist das?", fragte Lizzie überwältigt.

"Mach es auf", forderte sie ihr Verlobter auf.

Lizzie nahm den Deckel ab und schaute in das Paket. Ihr gingen fast die Augen über. Es war ein Hochzeitskleid. "Fitzwilliam, ich...", rief sie überrascht aus.

"Freust du dich?", fragte dieser zärtlich.

"Ja, natürlich freue ich mich," erwiderte Lizzie, "Ich habe zwar schon ein Kleid, aber das hat mir von Anfang an nicht gefallen und dieses Kleid scheint genau das zu sein, was ich mir immer gewünscht habe. Woher weißt du...?"

"Georgiana", beantwortete Fitzwilliam ihre unausgesprochene Frage.

"Oh, wie lieb von ihr", entgegnete Lizzie gerührt, "ich muss ihr unbedingt dafür danken, wenn ich sie das nächste Mal sehe."

"Und mir?", fragte Fitzwilliam pointiert nach.

"Dir sowieso", antwortete Lizzie und gab ihm einen schnellen Kuss, "ich muss das Kleid gleich anprobieren."

"Ja, mach das", meinte ihr Verlobter, "ich hoffe, es passt dir auch, sonst war alle Mühe umsonst."

"Sicher", erwiderte Lizzie gutgelaunt, "entschuldigst du mich einen Augenblick?"

"Gewiss", sagte Fitzwilliam, "Aber ich wollte sowieso nicht lange bleiben und werde dann jetzt besser gehen, nachdem ich noch einmal mit deinem Vater geredet habe."

Enttäuschung machte sich auf Lizzies Gesicht breit.

"Ich muss wirklich nach Netherfield, Schatz", erklärte ihr Verlobter entschuldigend, "ich muss mich waschen und umziehen, ich bin völlig verschwitzt von der langen Reise und stinke sicher drei Meilen gegen den Wind."

Lizzie lachte. "Du stinkst doch nicht, Fitzwilliam, " bemerkte sie und zog ihn näher zu sich.

Fitzwilliam lachte auch und führte sie zum Haus. "Für dich vielleicht nicht, aber für den Rest der Welt sicherlich. Bis morgen, meine Liebe", verabschiedete er sich von ihr, als sie sich im Haus der Bennets trennten. Er ging in die Bibliothek zu ihrem Vater, während sie auf ihr Zimmer eilte, um ihr Kleid anzuprobieren.

Mr. Bennet war überrascht, als Mr. Darcy die Bibliothek betrat. „Was wollen Sie von mir, Mr. Darcy?", wollte er kühl wissen.

„Ich wollte mit Ihnen reden, Mr. Bennet. Sie haben ja bemerkt, wie Lizzie und ich,... na ja, sie wissen schon. Ich wollte mich jedenfalls bei Ihnen entschuldigen, dass ich Ihren Wunsch in dieser Richtung nicht erfüllen konnte, aber Sie werden gewiss verstehen, wir haben uns so lange nicht gesehen und..."

„Ich würde zwei Wochen nicht als eine lange Zeit bezeichnen", erwiderte Mr. Bennet pointiert, „aber Sie brauchen sich nicht bei mir zu entschuldigen. Ich wusste ja von Anfang an, für was für einen Mann sich meine Tochter entschieden hat, und habe mich mittlerweile damit abgefunden. Wenn meine Tochter nichts gegen die Freiheiten, die Sie sich ihr gegenüber herausnehmen hat, kann ich mich schwer beschweren, oder? Sie haben mir nur einmal mehr bewiesen, dass Elisabeth mit dieser Heirat die unvernünftigste Entscheidung ihres Lebens trifft. Aber ich muss ja nicht sehen, wie meine Tochter daran zugrunde geht."

Mr. Darcy stand perplex da und entgegnete schließlich: „Sie haben eine sehr klägliche Meinung von Ihrer Tochter und noch eine kläglichere von mir. Wann werden Sie endlich verstehen, dass ich Elisabeth liebe und nicht nur in meinem Bett haben möchte?"

„Vielleicht, wenn Sie endlich diese Verlobung auflösen und meine Lizzie in Frieden lassen", bemerkte Mr. Bennet.

„Nein," erwiderte Mr. Darcy in deutlich sarkastischem Ton, „denn dann würden Sie denken, dass Ihre Tochter mir schon gegeben hat, auf was ich nach Ihrer Meinung so aus bin, und keinen Grund mehr sehe sie zu heiraten. Sie hassen mich offensichtlich und wollen eine schlechte Meinung von mir haben, doch bedenken Sie: Elisabeth ist auch Ihre Tochter und mit Ihrem Verhalten vergiften Sie Ihre Beziehung zu ihr."

Zynisch antwortete Mr. Bennet: „Ich brauche meine Beziehung zu Elisabeth gar nicht mehr vergiften, denn Sie haben sie schon genug gegen mich aufgebracht und außerdem ist sie in nicht einmal zwei Wochen nicht mehr meine Tochter. Haben Sie das etwa vergessen, Mr. Darcy?" Dieser behielt es sich vor, darauf nichts zu antworten und verließ ohne ein weiteres Wort die Bibliothek und das Haus der Bennets.

Während Mr. Darcy sich mit Mr. Bennet stritt, probierte Lizzie das Kleid an, das Mr. Darcy ihr mitgebracht hatte. Es passte wie angegossen und sah tatsächlich so aus, wie sich Lizzie ihr Hochzeitskleid immer vorgestellt hatte. Schnell zog Lizzie sich wieder um und eilte nach unten, um sich noch einmal bei ihrem Verlobten zu bedanken, bevor dieser sich auf den Weg nach Netherfield aufmachte. Sie hatte jedoch kein Glück, denn Mr. Darcy war schon wieder weg, aber auch das konnte Lizzies gute Laune nicht verderben. Die Freude über das Wiedersehen und das Hochzeitskleid hielt den ganzen Tag vor und selbst der tadelnde Blick Mr. Bennets, als er hörte, welches Geschenk Mr. Darcy seiner Tochter gemacht hatte, konnte sie heute nicht aus der Ruhe bringen. Sie war einfach nur glücklich.

Kapitel 16:

Lizzies glückliche Stimmung hielt jedoch nicht lange an. Als die Tage vergingen, ihre Hochzeit immer näher rückte und ihr Vater weder seine Meinung zu der Hochzeit revidierte noch etwas dagegen unternahm, wurde sie deutlich nervös. Sie fragte sich, was war bloß mit ihrem Vater los war. Wenn er nicht seine Meinung zu der Hochzeit geändert hatte, wieso tat er dann nichts, um sie umzustimmen? War es ihm etwa egal, dass sie danach Fremde füreinander sein würden? Hatte er sich einfach so damit abgefunden, sie zu verlieren? Lizzie konnte es nicht glauben. Doch sie musste zugeben, dass das untätige Verhalten ihres Vaters ihr größere Angst einjagte als die rigorose Ablehnung, die er am Anfang ihrer Verlobung gezeigt hatte. Nachts lag sie häufig wach und sann über alles nach. Dann wagte sie es auch vor sich selbst zuzugeben, dass sie Angst vor der Hochzeit hatte. Es war nicht so, dass sie befürchtete, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Sie bereute ihre Entscheidung nicht und war immer noch fest entschlossen ihren Fitzwilliam zu heiraten, was auch immer geschehen würde. Aber die Vorstellung ab ihrer Hochzeit eine Fremde für ihren Vater zu sein verfolgte sie. Was sollte sie bloß tun, wenn ihr Vater nicht doch noch einlenkte? Würde sie es ertragen von Zuhause verstoßen zu sein? Würde die Liebe ihres Gatten reichen, um sie glücklich zu machen?

Sie hoffte es, aber dass Fitzwilliam nach seiner Ankunft in Hertfordshire wieder auf Abstand gegangen war, machte es ihr nicht gerade einfach darauf zu vertrauen. Zwar kannte sie den Grund dafür und akzeptierte auch, dass Fitzwilliam die Anordnung ihres Vaters bezüglich solcher Gefühlsäußerungen respektieren wollte, sehnte sich aber dennoch nach einer stärkeren Bestätigung seiner Liebe. Seine Umarmungen und Küsse hätten vielleicht ihre Sorgen und Befürchtungen etwas vertreiben können.

In einer dieser schlaflosen Nächte stand Lizzie auf und zog sich ihr Tageskleid über. Sie würde ja sowieso nicht schlafen können. Eine plötzliche Idee schoss ihr durch den Kopf und mit entschiedenen, aber leisen Schritten verließ sie ihr Zimmer.

Mr. Darcy hatte währenddessen mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Miss Bingley, die nach Netherfield zu Besuch gekommen war, versuchte ihn nämlich beständig davon zu überzeugen, dass er anstatt Miss Bennet doch besser sie heiraten sollte. Kaum eine Minute hatte er vor ihr Ruhe. Sie hatte sogar schon einmal abends an seine Schlafzimmertür geklopft, um ihn wegen einer bestimmten Stelle in einem Buch auszufragen. Als ob sie sich jemals die Mühe gemacht hätte ein Buch durchzulesen.

Und als ihn an diesem Abend ein Klopfen aus dösendem Halbschlaf aufschreckte, glaubte Fitzwilliam Darcy im ersten Moment, es sei wieder Miss Bingley. Zwar war er durchaus irritiert, als das Klopfen vom Fenster und nicht von der Tür kam, denn dass Miss Bingley über den Baum vor seinem Schlafgemach hochgeklettert sein sollte, kam ihm doch recht komisch vor. Nichtsdestotrotz begrüßte er die Person vor seinem Fenster, nachdem er dieses entriegelt hatte, mit den Worten: „Bitte lassen Sie mich endlich in Ruhe, Miss Bingley", woraufhin Lizzie, die es natürlich gewesen war, die zu seinem Fenster emporgestiegen war, in schallendes Gelächter ausbrach. Darcy wurde hochrot ob seines Faux Pas und konnte nur dankbar sein, dass es im Zimmer dunkel war, so dass Lizzie sein Gesicht nicht sehen konnte.

Nach einigen Minuten hatte er auch seine Sprache wieder gefunden und fragte immer noch sehr perplex: „Was machst du denn hier, Lizzie?"

„Und wieso erwartest du eher Miss Bingley an deinem Schlafzimmerfenster als deine Verlobte?", erkundigte sich Lizzie spröde, „Muss ich mir da etwa Sorgen machen?" Obwohl er ihr Gesicht nicht sehen konnte, wusste Darcy, dass Lizzie lächelte und somit nicht böse war. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie mich diese Dame verfolgt. Gestern oder vorgestern hat sie doch tatsächlich an meine Schlafzimmertür geklopft und hatte eine Frage zu irgendeinem Buch an mich", erwiderte Darcy.

„Ich habe kein literarisches Anliegen, Mr. Darcy, wenn Sie das beruhigt", konterte Lizzie. Darcy lachte auf. „Das beruhigt mich ungemein, Miss Bennet", bemerkte er schmunzelnd, während er ihr ins Zimmer herein half. „Ich glaube aber auch Miss Bingley hat weniger literarische Anliegen an mich", fügte er noch trocken hinzu, als Lizzie schließlich vor ihm im Zimmer stand.

„Oh", entgegnete Lizzie, „muss ich da etwa die Antastung Ihrer Tugend befürchten?" Ihr Verlobter musste unweigerlich lächeln. Obwohl er Lizzies Gesicht nur in Schemen erkennen konnte, glaubte er ein vorwitziges Leuchten in ihren Augen sehen zu können. „Das ist ein gefährliches Gebiet, Miss Bennet", erwiderte er scherzend, „Ich würde mir eher Sorgen um Ihre Tugend machen, schließlich sind Sie mitten in der Nacht in das Schlafzimmer eines Mannes gestiegen, der dazu noch über die Maßen in Sie verliebt ist."

Lizzie nahm die Herausforderung an und schritt einen Schritt näher auf ihren Verlobten zu. Nun konnte er ihr Gesicht trotz der Dunkelheit genau erkennen. „Vielleicht will ich ja meine Tugend und meine Unschuld verlieren, Mr. Darcy", stachelte sie ihn mit einem Lächeln an. Ihr Verlobter spürte, wie sein Atem schneller ging. Er musste rasch das Thema wechseln, bevor er sich vergaß, aber er konnte nicht an einen passenden Themenwechsel denken, geschweige denn an irgendetwas außer der Frau, die dort so einladend vor ihm stand. Ganz sanft zog er sie in seine Arme, während er beständig mit seiner Selbstbeherrschung kämpfte. Doch trotz dem Wunsch Lizzie noch mehr zu spüren gab er sich damit zufrieden sie nur in seinen Armen zu halten. Wie sie ihren Kopf vertrauensvoll an seiner Brust bettete, erfüllte ihn mit tiefer Dankbarkeit. Er brauchte keinen weiteren Beweis ihrer Liebe zu ihm als diese Geste. Einige Zeit standen sie nur eng umschlungen in Darcys Schlafzimmer, bis Lizzie schließlich leise fragte: „Küssen wirst du mich nicht wieder, oder Fitzwilliam?"

Ihre Worte klangen so verletzlich und enttäuscht, dass Fitzwilliam sie am liebsten auf der Stelle geküsst hätte, aber stattdessen löste er sich von ihr und trat einen Schritt zurück. Er sah, wie sie liebevoll zu ihm hochblickte, und er brauchte alle seine Kraft, um sie nicht auf der Stelle leidenschaftlich zu küssen. Aber er wusste, dass es nicht richtig wäre, dies zu tun, und so beantwortete er nur mit Geduld ihre Frage: „Nein, ich werde dich nicht küssen, jedenfalls nicht bis ich das Recht dazu habe. Einerseits wegen dem Wunsch deines Vaters und andererseits: Wenn ich dich jetzt küssen würde, könnte ich nicht mehr aufhören. Willst du das, Lizzie?"

Lizzie schüttelte leicht den Kopf. „Es tut mir leid, Fitzwilliam, ich hätte nicht fragen sollen", entschuldigte sie sich bei ihrem Verlobten, „eigentlich bin ich auch wegen was ganz anderem gekommen. Ich konnte nicht schlafen und ich dachte, es würde mir vielleicht gut tun mit dir über die Dinge zu sprechen, die mich beschäftigen und meinen Schlaf stören."

Darcy nickte ihr aufmunternd zu und deutete sie darauf hin sich auf einem Sessel in seinem Zimmer niederzulassen. Lizzie ließ sich den Sessel fallen und ihr Verlobter schob einen Stuhl an ihre Seite.

„Also, was ist los, Lizzie?", fragte er liebevoll und geduldig.

„Mein Vater", meinte Lizzie, „es ist nicht so, dass er sich bei mir beschwert hat oder versucht hat mich umzustimmen, aber gerade das macht mir Sorge. Ich habe Angst, dass er sich irgendwie einen Plan ausdenkt uns auseinander zu bringen, und andererseits habe ich Angst, dass es ihm einfach egal ist, dass ich dich heirate, dass er sich einfach damit abgefunden hat und es ihm nichts ausmacht, dass ich dann gehe. Verstehst du, was ich meine?"

„Ja, sehr gut", entgegnete ihr Verlobter, während er ihre Hand in die seine nahm und sie tröstend drückte, „du hast – nun wo unsere Hochzeit immer näher rückt – Angst, dass dein Vater nicht einlenkt und du von ihm verstoßen wirst, und dass dein Vater sich weder gegen die Hochzeit wehrt, wogegen du dann zumindest protestieren könntest, noch einsieht, dass sein Verhalten überzogen war, verunsichert dich noch zusätzlich. Denn das löst bei dir die Angst aus, dass du ihm egal bist, dass er aufgehört hat, dich zu lieben. Ist es nicht so?"

Lizzie nickte daraufhin, während ihr bisher unterdrückte Tränen über die Wangen liefen.

Fitzwilliam rückte seinen Stuhl näher zu ihr und legte seine Arme um sie.

Lizzie ließ ihren Tränen und ihren Gefühlen nun freien Lauf. „Ich habe solche Angst, dass ich mich niemals mehr mit meinem Vater versöhne", schluchzte sie, „ich bereue meine Entscheidung dich zu heiraten zwar in keinster Weise, aber die Frage, ob es so weit kommen musste, dass Papa mich deswegen verstößt, stelle ich mir oft. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll, wenn er seine Meinung nicht noch ändert. Ich bin sicher wütend wegen seinem Verhalten dir und auch mir gegenüber, aber er ist doch auch mein Vater und ich will ihn nicht verlieren. Fitzwilliam, was soll ich nur tun?"

„Willst du, dass wir unsere Hochzeit verschieben?", fragte dieser sanft.

„Nein", erwiderte Lizzie sofort, „ich will endlich klare Verhältnisse, ich will nicht, dass wir uns schuldig fühlen müssen, wenn wir uns in der Öffentlichkeit küssen oder umarmen, und ich will auch meinem Vater zeigen, dass ich zu meiner Entscheidung stehe, aber anderseits habe ich auch Angst, dass er..."

„Zu seiner Entscheidung auch steht?", fragte Fitzwilliam einfühlsam. „Ja", war alles, was Lizzie herausbrachte, bevor sie sich schluchzend an der Schulter ihres Verlobten barg. Dieser zog sie noch ein bisschen näher zu sich und strich ihr beruhigend übers Haar und platzierte leichte Küsse auf ihrem Haar und ihrer Stirn. Schließlich fanden sich auch ihre Lippen. Zunächst waren es nur zurückhaltende Küsse, dann aber erwachte in beiden Leidenschaft und ihre Küsse wurden immer fordernder. Die vielen Schwierigkeiten, die lange Unsicherheit und die Probleme, die in der Zukunft noch auf sie warteten, wollten mit Küssen und Zuneigung vertrieben werden. Lizzies Puls ging schneller und in ihr erwachte eine Regung, die sie vorher nicht gekannt hatte. Bisher hatten ihr Küsse immer gereicht, aber nun wollte sie mehr, viel mehr und dieses Gefühl, das bisher allerhöchstens unterschwellig vorhanden gewesen war, erschreckte sie. Fitzwilliam war schon länger mit diesem Gefühl des Verlangens vertraut, ihn erschrak somit nicht so sehr das, was er fühlte, was Lizzies Küsse mit ihm machten; sondern mehr sein eigenes Handeln. Als er bemerkte, wie sehr er sich über Lizzie gelehnt hatte und wie seine Hände besitzergreifend ihre Taille umfassten, zog er sich schnell von seiner Verlobten zurück. Schwer atmend und um Kontrolle ringend ließ er sich zurück auf seinen Stuhl sinken. Er fühlte, wie laut und hektisch sein Herz schlug und glaubte, Lizzie müsse es auch hören.

Lizzie war aber wegen dem Klopfen ihres eigenen Herzen nicht wirklich in der Lage Darcys Verfassung wahrzunehmen. Sie hatte genug damit zu tun ihre eigenen widersprüchlichen Gedanken und Gefühle zu ordnen. Als sie sich wieder etwas gefangen hatte, fragte sie ihren Verlobten leise und deutlich verlegen: „Was ist nur in uns gefahren, Fitzwilliam? Ich weiß nicht, das ist alles so verwirrend. Ich wollte nicht mehr aufhören,... ich wollte... ich weiß auch nicht, was genau, Fitzwilliam. Erkläre mir doch bitte, wieso und was...?" Sie brach ab und nahm dann ihren ganzen Mut zusammen und fragte: „Ist das, wie unsere Hochzeitsnacht sein wird? Und waren wir sehr nahe an den ehelichen Pflichten?"

Fitzwilliam zuckte bei Lizzies Worten zusammen, seine Hose war ihm plötzlich sehr eng und sein Mund fühlte sich ganz ausgetrocknet an. Er hatte über seinen Bemühungen um Selbstkontrolle völlig vergessen, dass Lizzie ja immer noch in einem Sessel kaum einen Meter von ihm entfernt saß, aber sie saß immer noch da und blickte ihn fragend an. Fitzwilliam wusste, dass er mit Lizzie über das, was eben zwischen ihnen vorgefallen war, reden musste, doch er wusste auch, dass er jetzt nicht in der Lage war mit seiner Verlobten zu reden, geschweige denn sie weiter in seiner Nähe zu haben. Sobald er sich halbwegs in der Lage fühlte auf Lizzies Frage zu antworten, sagte er stockend und mit rauer Stimme: „Lizzie, ich denke, wir besprechen das besser wann anders außer du legst Wert auf eine praktische Lektion. Wenn das nicht der Fall ist, solltest du besser gehen."

Lizzie nickte: „Natürlich, Fitzwilliam." Sie stand auf und ging zum immer noch offenen Fenster. Bevor sie aber wieder hinausstieg, sprach sie noch einmal ihren Verlobten an: „Fitzwilliam?" Mehr brachte sie nicht hervor, es gab soviel, was sie hätte sagen oder fragen wollen, aber in diesem Wort lag ihre ganze Verwirrung angesichts des Verhaltens von ihnen beiden, angesichts ihrer Gefühle dazu und angesichts der ganzen verworrenen Situation. Es war nicht so, dass sie nun doch noch Erklärungen von ihm fordern wollte, sie wollte nur einfach hören, dass er ihr ihr wenig damenhaftes Verhalten nicht vorwarf. Sie wusste, dass die Gesellschaft sie für das, was eben zwischen ihnen vorgefallen war, verantwortlich machen würde. Schließlich war sie aus eigenem freien Willen in das Schlafzimmer ihres Verlobten gestiegen. Alle Schuld lag somit bei ihr, das wusste sie wohl, aber sie wollte dennoch hören, dass ihr Verlobter sie deswegen nicht wie die Gesellschaft verurteilte, sondern verstand, was hinter ihrem unschicklichen Verhalten stand.

Doch Lizzie bekam keine Antwort von ihrem Fitzwilliam, denn obwohl dieser verstand, dass Lizzie noch ein versöhnliches Abschiedswort von ihm hören wollte, war er nicht Herr genug über sich selbst, um ihr zu antworten. Seine Fantasie spielte ihm Streiche und malte ihm in den schönsten Farben aus, wie es wäre Lizzie in seinem Bett zu haben. Die Hände vors Gesicht geschlagen versuchte er solche Vorstellungen zu vertreiben und endlich die Kontrolle über seinen Körper und seine Gedanken wiederzuerlangen.

Lizzie war enttäuscht, als ihr Verlobter sich noch nicht einmal von ihr verabschiedete, aber sie sah, wie seine Schultern bebten und wusste, dass es besser war ihn allein zu lassen. Sie würden über diesen Abend zu einem anderen Zeitpunkt sprechen müssen. Es wäre nicht gut, auch nur noch eine Minute länger zu bleiben. Sie kletterte aus dem Fenster und an dem Baum hinunter in den Garten.

Fitzwilliam Darcy saß noch einen Moment auf dem Stuhl in seinem dunklen Schlafzimmer. Dann stand er auf und streckte seine Glieder. „Das war haarscharf", dachte er und dennoch konnte er Lizzies nächtlichen Besuch nicht bedauern. Er trat ans Fenster und blickte hinaus, ob er sie noch irgendwo erspähen konnte, aber sie war nirgendwo zu sehen. Der kühle Abendwind stellte eine angenehme Kühlung für Körper und Geist dar und so stand er eine Weile am Fenster und schaute hinaus in den dunklen Abendhimmel und zu den hell-strahlenden Sternen, die am Firmament blitzten. „Nur noch drei Tage", flüsterte er, „dann lasse ich dich nicht gehen, Elisabeth." Die Erinnerung an seine Verlobte brachte ein Lächeln auf seine Lippen. Mit diesem seligen Lächeln zog er sich nach einem kurzen Drink, den er nach diesem abenteuerlichem Abend für nötig hielt, ins Bett zurück. Er hatte heute einen Vorgeschmack auf das bekommen, was ihn in seiner Ehe mit Elisabeth erwartete, und auch wenn ihn die Ungeduld beim Warten auf ihren Hochzeitstag fast umbrachte, war er glücklich wie selten zuvor. Er hatte in ihr dieselbe Leidenschaft wecken können, die er für sie empfand, und das befriedigte ihn außerordentlich. Bald fiel er in einen tiefen, erholsamen Schlaf, aus dem er am nächsten Morgen aber sehr unsanft geweckt werden sollte.