Disclaimer: Da hat sich nun gar nix geändert. Es gehört immer noch nichts mir.

AN: Ich will nicht lange um den heißen Brei herum reden. Ich schäme mich wirklich so lange kein Kapitel mehr geschrieben zu haben. Das ändert sich jetzt und ich werde versuchen wieder regelmäßig zu schreiben. Wenn es überhaupt noch jemand lesen will.

Mit dem neuen HP6 ist diese Story nun offiziell AU. Da stimmt nun gar nix mehr überein, aber ich will diese Story beenden. Egal wie lang es dauert.

Ein herzliches Dankeschön geht an mein Betalein Lisa.

Kapitel 18: Sleeping Beauty

Die gequälten Schreie des Mannes waren leiser geworden, ähnelten nur noch dem Wimmern eines übergroßen Kindes.

Keiner der Gäste hatte sich getraut, das Arbeitszimmer des Hausherrn zu betreten, als die Schreie laut und klar durch das Anwesen gehallt waren. Selbst die Hausherrin war nicht in der Lage dazu gewesen und war es immer noch nicht. Starr stand sie wie so viele andere vor der dunklen Tür und lauschte. Das ungute Gefühl versuchte sie zu verdrängen.

Wenn sie gewusst hätte, was im Inneren des Raumes vor sich ging, vielleicht hätte sie dann den Mut aufgebracht, etwas dagegen zu tun. Wenn sie gesehen hätte, wie sich ihr eigener Mann in einer Lache von Blut hin und her wälzte. Sein großer mächtiger Körper immer schwächer wurde und sein stupider Geist gegen den nahenden Wahnsinn ankämpfte. Doch sie sah es nicht und vielleicht war es auch besser so.

Lucius Malfoy war außer sich vor Wut. Seine grauen Augen blitzten gefährlich und waren starr auf den zuckenden Leib am Boden gerichtet. Ohne Unterlass hielt er den dunklen Zauberstab in seiner Hand auf den Mann, der es gewagt hatte, etwas zu tun, was sich niemals ein anderer erlaubt hätte.

Immer wieder erneuerte er mit kalter Stimme den Fluch, sobald dieser schwächer wurde.

"Crucio!"

Und wieder ging ein Zucken durch den Leib am Boden. Die Wucht des Fluches war so mächtig, dass die Haut des Verfluchten begann, aufzuplatzen. Unschöne Wunden, aus denen unaufhörlich das Blut sickerte.

"Crucio!"

Blut spritzte nun aus Ohren und Nase. Ein Hustenanfall plagte den Gequälten. Und wieder war es die rote Flüssigkeit, die hervorquoll.

Niemand konnte auch nur erahnen, welche Hölle er durchleiden musste.

Und als das letzte klägliche Wimmern erstarb, war es wie ein Segen. Ein Segen für den, der diese Qual durchleiden musste. Doch er war nicht tot. Der bullige Körperbau vermochte viele Dinge zu ertragen. Nur eine tiefe Bewusstlosigkeit hatte ihn ergriffen, um ihm die Schmerzen zu ersparen.

"Lucius! Hör auf! Du bringst ihn noch um!"

Nur schwer bahnten sich diese Worte durch den Nebel der Raserei, die den blonden Tormentor befallen hatte. Er war bereit zu töten. Bereit, seine Rache auf grausamste Art und Weise zu beenden.

Erst als kräftige Hände seinen Arm griffen, der den Zauberstab hielt und ihn gewaltsam nach unten drückte, begann sein Kopf sich zu klären. Beinahe verwirrt sah er auf den blutüberströmten Körper am Boden. Auf seine eigene zitternde Hand und seinen Freund, der seinen Arm noch immer umklammerte.

"Du hast ihn genug bestraft, Lucius. Wer weiß, ob er überhaupt wieder aufwachen wird. Ist Flint es denn wert, erneut in Askaban zu landen?"

Es tat ihm nicht Leid, was er getan hatte, auch wenn Flint einen kläglichen Anblick bot. Er hatte es verdient und wenn es nach ihm ginge, noch viel mehr. Sein eisiger Blick wanderte zu der schönen Frau, die bald schlafend erschien. Nicht unweit lag sie von seinem Opfer immer noch am Boden und rührte sich nicht.

Nott war seinem Blick gefolgt und seufzte leise.

"Am besten du nimmst Narcissa und verschwindest von hier. Vielleicht kann die Medi-Hexe, die du angestellt hast, etwas ausrichten. Ich kümmere mich um Flint."

Ohne ein Wort des Dankes, nur mit einem stummen Nicken, wandte er sich von Freund und Opfer ab, um die schlanke Frau mit Leichtigkeit auf seine Arme zu nehmen. Ihr blondes Haar hatte sich aus dem kunstvollen Gebilde auf ihrem Kopf gelöst und hing nun in weichen Wellen hinab. Sie fühlte sich kalt an und zum ersten Mal regte sich etwas anderes als Wut in ihm.

Für einen Moment schloss er die Augen, um sich zu konzentrieren und war im nächsten Augenblick schon aus dem düsteren Arbeitszimmer verschwunden.

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Sie träumte.

Zumindest vermutete sie, dass sie träumen musste. Die Umgebung wirkte viel zu hell und gleichzeitig viel zu verschwommen, um echt zu sein. Das Grün der Bäume sah so aus, als hätte der Maler, der sie erschaffen hatte, zusätzlich mit den Fingern dafür gesorgt, die Farben ineinander zu verwischen.

Die Sonne klebte beinahe an einem blauen Himmel, der nur wenige flauschige Wolken aufwies.

Ein ewiger Sommertag in einem Gemälde gebannt. Ohne Geräusche, ohne einen Laut, der darauf hinwies, dass sich etwas Lebendiges in dieser Szenerie befand.

Hermione fühlte sich unwohl, als sie den braunen, viel zu unechten Weg entlanglief. Das kleine weiße Haus, das sie anstrebte, schien jedoch nicht näher rücken zu wollen. Es leuchtete im gelben Schein der Sonne und der kleine Zaun, der einen winzigen grünen Garten abteilte, wirkte wie aus dem Traum eines jungen Mädchens.

Sie hatte nie von solchen Dingen geträumt und so wurde sie das Gefühl nicht los, dass es sich gar nicht um ihren eigenen Traum handelte. Doch wer sollte schon von so etwas träumen? Es war zu steril, zu unecht wie ein gefrorener Moment in der Zeit.

Umso erstaunter war die junge Hexe, als sich plötzlich etwas zu regen schien. Die kleine Tür des Hauses öffnete sich. Die Sonne blendete sie, um genau zu erkennen, wer ins Freie trat. Dem weißen Kleid nach zu urteilen musste es eine Frau sein. Sie schnaufte leise und fragte sich, wie viele Klischees ihr noch begegnen würden. Vielleicht wurde sie noch Zeuge einer besonders widerlich süßen Liebesgeschichte. Nicht, dass sie etwas gegen Romantik hatte. Nur hasste sie Klischees und das mit einer Hingabe, die es schon Furcht einflößend war.

Doch nichts geschah. Die Frau war geduldig vor das weiße Haus getreten und wartete. Worauf genau konnte Hermione nicht sagen. Vielleicht auf sie? Neugierig begann sie, sich selbst voranzutreiben und plötzlich schien sie damit auch etwas zu erreichen. Das Haus rückte näher und somit auch die Frau.

Sie sah blondes Haar. Eine hohe, schlanke Gestalt. Ruhige, edle Gesichtszüge. Beinahe wie ein Engel, doch ihr so bekannt, das es kein Engel sein konnte.

Ihr überraschter Ausruf hatte kein Echo. Nicht weit wurde ihre Stimme getragen.

"Narcissa?"

Die Frau lächelte sanft und winkte ihr mit einer feingliedrigen Hand zu. Der Atem der jungen Hexe stockte immer mehr, als sie noch schneller lief. Ein unangenehmes Stechen in der Seite setzte ein. Wer auch immer gesagt hatte, dass man in Träumen keine Schmerzen empfand, hatte schlicht und ergreifend gelogen.

Vollkommen außer Atem hatte sie ihr Ziel endlich erreicht und starrte verwirrt in die blauen Augen von Narcissa Malfoy. Warum träumte sie von Narcissa?

"Schön, dass du kommen konntest, Hermione."

Die Stimme der blonden Frau war nicht viel mehr als ein Flüstern, dennoch konnte die junge Medi-Hexe sie klar und deutlich verstehen.

"Was ist das hier? Ein Traum?"

"Mein Traum, Hermione. Es ist schwer, andere in seine Träume zu lassen, aber es ist wichtig, dass du hier bist."

"Wichtig?"

Narcissa nickte und für einen Augenblick huschte ein trauriges Lächeln über ihr schönes Gesicht.

"Du musst mir etwas versprechen, Hermione. Etwas, das mir sehr am Herzen liegt."

Obwohl sie nicht verstand und das alles ziemlich seltsam fand, nickte die junge Frau. Die Farben um sie herum schienen immer mehr zu verwischen und auch wenn sie keine Expertin war, bedeutete das vielleicht, dass sie bald aufwachen würde.

"Du musst auf Celine Acht geben. Lass sie nicht allein. Kümmere dich um mein kleines Mädchen, als wäre sie deine eigene Tochter."

"Aber..."

"Versprich es mir, Hermione. Du bist die Einzige, der ich meinen Liebling anvertrauen kann."

Verzweiflung schwang in der Stimme der schönen Frau. Und auch wenn sie dachte, dass es nur ein Traum war, konnte sie nicht anders.

"Ich... ich verspreche es, Narcissa."

Wieder lächelte die blonde Hexe. Ein zufriedenes Lächeln, das immer mehr mit den restlichen Farben verschwamm. Weiß wurde zu grün und grün wurde zu weiß. Gelbe Flecken und blaue Kleckser mischten sich in das Chaos aus Farben.

Hermione wurde schwindlig davon. Nur noch ganz schwach konnte sie die Stimme der anderen Hexe hören. Verzweifelt versuchte sie, sich an den seltsamen Traum festzuhalten.

"Sei auf der Hut, Hermione... er wird versuchen... lasse niemals..."

Und dann herrschte Stille.

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Die Medi-Hexe schreckte hoch. Kerzengerade saß sie auf dem weichen Bett und versuchte, sich so gut wie möglich an den seltsamen Traum zu erinnern. Details begannen bereits zu verschwinden, doch Narcissas Worte hatten sich in ihr Gehirn gebrannt.

Mit einer fahrigen Bewegung wischte sie sich die Schweißperlen von der Stirn. Ein leichtes Zittern glitt durch ihren Körper, als hätte sie einen Alptraum erlebt.

Beinahe lachte Hermione über sich selbst. Bis auf Harrys Träume waren Träume an sich nie von Bedeutung. Sie hatte nie auch nur einen Knut darauf gegeben. Das menschliche Hirn bastelte sich manchmal die eigenartigsten Dinge zusammen.

Narcissa ging es gut und bald würden sie und Lucius zurückkehren. Der Traum würde vergessen sein und mit ihm die eindringlichen Worte, die einen bitteren Nachgeschmack auf ihrer Zunge hinterließen.

Mit wackeligen Beinen verließ die junge Frau ihren weichen Schlafplatz. Schnell huschten ihre braunen Augen über das schlafende Geschwisterpaar. Es wurde Zeit, dass das kleine Mädchen in ihr eigenes Bettchen kam und auch sie sollte ihr eigenes Bett aufsuchen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass das neue Jahr schon vor gut zwei Stunden angebrochen war.

Außerdem hatte sie keine Lust, schlafend im Bett von Malfoy erwischt zu werden. Auch wenn er sich den Abend über benommen hatte, hieß das noch lange nicht, dass sie ihn sonderlich mochte.

So leise wie möglich, um den blonden Zauberer nicht zu wecken, nahm sie Celine in die Arme. Das kleine Wesen schmatzte leise mit den Lippen und kuschelte sich dann schließlich eng an sie.

Ein versonnenes Lächeln schlich sich auf das Gesicht der Medi-Hexe, als sie das Kind an ihrer Brust betrachtete. Sie hatte nie daran gedacht, selbst Kinder zu haben. Doch wenn sie den kleinen Engel so sah, wünschte sie sich bald, dass dieses Kind ihr gehören würde. Natürlich wollte sie um nichts in der Welt den Vater dazu. Lucius Malfoy war nicht gerade der ideale Ehemann und Vater. Hermione erschauderte, wenn sie an die kalten grauen Augen dachte, die er seinem Sohn vererbt hatte.

Sie seufzte leise in sich hinein, als sie mit leichten Schritten das Schlafzimmer ihres Feindes aus Kindertagen verließ. Das Haus war ruhig, beinahe zu ruhig. Es deutete alles darauf hin, dass die Besitzer noch nicht heimgekehrt waren. Selbst Theodore, der ureigene Geist des Anwesens, war verdächtig ruhig. Es wirkte so, als ob eine ominöse schwarze Wolke über allem schweben würde.

Hermione war nicht abergläubisch, aber sie hatte ein empfindliches Gespür dafür, wenn etwas passieren würde. Und das es nichts Gutes war, stand außer Frage. Die Dinge, die solche Gefühle hervorriefen, waren nie gut.

Doch vorerst wollte sie alles nur auf den beunruhigenden Traum schieben. Immer noch leise betrat sie das Kinderzimmer und kurz darauf legte sie das kleine Mädchen auch schon in ihr eigenes Bett. Sorgfältig überdeckte sie den zarten Körper mit einer warmen Decke. Auch wenn das Haus zur kalten Jahreszeit mit einem Wärmezauber belegt war, zog sie es vor, vorsichtig zu sein. Jeder wusste, wie schnell kleine Kinder krank werden konnten.

Ein lautes Geräusch, das unnatürlich laut durch das stille Haus hallte, kündigte an, dass jemand in die große Halle appariert war. Hermione lächelte. Wie es aussah, waren die Herren des Hauses heimgekehrt. Vielleicht würde sich jetzt endlich die innere Unruhe, die sie plagte, legen. Für einen Moment lauschte sie, bis sie die quietschende Stimme des Hauselfen wahrnahm. Die junge Hexe konnte nicht verstehen, was er sagte, aber er schien sich förmlich zu überschlagen.

Das ungute Gefühl in ihr wuchs wieder an. Schnell verließ sie das Kinderzimmer, um den Flur zu betreten. Schwere Schritte waren auf der Treppe zu hören. Zu schwer für ihren Geschmack.

"Miss Granger? Sind Sie wach?"

Ihr Herz schlug plötzlich schneller. Die Stimme Lucius Malfoys klang gar nicht mehr so kühl. Irgendwie machte er einen hektischen, ja panischen Eindruck.

"Ich bin hier, Mister Malfoy...", gab sie zu verstehen.

Angespannt wartete sie im abgedunkelten Flur und machte sich erst gar nicht die Mühe, für etwas mehr Licht zu sorgen.

Keine zwei Minuten später stand der blonde Mann nicht unweit von ihr entfernt. In den Armen hielt er eine schlafende Narcissa. Zuerst wollte sie fest daran glauben, dass die Frau nur schlief, doch ein Blick aus grauen Augen schien Bände zu sprechen.

Ohne ein einziges Wort zu verlieren, drehte der Mann ab und betrat das nahe Schlafzimmer seines Sohnes. Spätestens jetzt musste die Medi-Hexe erkennen, dass die Lage ernster war. Narcissa war nicht nur einfach auf einer langweiligen Party eingeschlafen.

Mit aufsteigender Panik lief sie dem Zauberer hinterher. Er hatte die immer noch schlafende Frau auf dem Bett seines Sohnes abgelegt und Draco selbst saß mit einem verwirrten Gesichtsausdruck neben seiner Mutter.

"Wenn Sie so freundlich wären, Miss Granger, und sich meine Frau anschauen würden? Sie wacht nicht auf."

Zögerlich trat die junge Frau auf das Bett zu. Narcissa Malfoy war blass. Blasser als sonst. Ihre Lippen sahen blutleer aus. Obwohl das Gesicht dem einer Schlafenden glich, wirkte es dennoch zu ruhig. Wenn man nicht die seichten Bewegungen ihres Brustkorbs sehen würde, hätte man sie für tot halten können.

Hermione kannte diese Symptome aus Büchern nur zu gut. Selbst gesehen hatte sie es nie und sie wünschte sich nur zu sehr, dass es nicht das war, was sie vermutete.

"Was... was ist passiert?"

"Sie sollen sie ansehen und keine Fragen stellen!"

Erschrocken wich sie einen Schritt zurück. Der blonde Mann hob selten die Stimme. So aggressiv hatte sie ihn noch nie erlebt. Doch er konnte sie anschreien, so viel er auch wollte. Es würde nichts daran ändern, dass sie die Ursache zu diesem Problem kennen musste.

Tief holte die junge Hexe Luft.

"Es wird ihnen nicht viel nützen, mich anzuschreien, Mister Malfoy. Ich muss wissen, was passiert ist."

"Vater, was beim Hades ist passiert? Was ist mit Mutter?"

Der junge Zauberer schien nun ebenfalls zu sich gekommen zu sein. Argwöhnisch betrachtete er seinen Vater, bevor er eine Hand zaghaft nach seiner Mutter ausstreckte. Seine grauen Augen waren schreckensweit, als er sie schnell zurückzog.

"Sie ist eiskalt! Was hast du getan? Rede endlich!"

Beide jungen Leute sahen den älteren Mann erwartungsvoll an. Und plötzlich wirkte er alt. Sein Gesicht war grau und man konnte Falten erkennen, die zuvor nicht da gewesen waren. Das sonst penibel gepflegte Haar sah matt aus. Hermione glaubte, einige graue Strähnen in dem Blond zu erkennen.

"Es war ein Zauber. Der, der ihn ausgesprochen hat, war betrunken. Er hat ihn falsch ausgesprochen."

Die junge Hexe glaubte, jeden Augenblick den Boden unter den Füßen zu verlieren. Kurz klammerte sie sich an den Bettpfosten, bevor sie leise flüsternd weiter nachfragte: "War es... war es ein Vergessenszauber?"

Sie wollte es nicht wissen. Sie hoffte, dass es anders war, aber die hochgezogene fragende Braue des älteren Mannes sagte ihr, dass sie richtig liegen musste.

Weshalb und warum jemand einen Vergessenszauber gegen Narcissa verwenden wollte, würde sie wohl nie erfahren. Es war vielleicht besser, nicht zu wissen, was die Frau gehört hatte. In den Kreisen, in denen Lucius Malfoy verkehrte, konnte es alles und nichts sein. Und seine Frau musste nun für seine Machenschaften zahlen. Ein viel zu hoher Preis, wie Hermione befand.

"Ein falsch ausgesprochener Vergessenszauber? Wer würde Mutter... Granger! Tu endlich was!"

Die Angesprochene wich den grauen Augen des jungen Zauberers aus und schüttelte traurig den Kopf.

"Ich kann nicht. Ich kann deiner Mutter nicht helfen, Malfoy."

Das erste verdächtige Kribbeln konnte sie bereits in ihrer Nase spüren. Dicke Tränen begannen, sich in ihren Augen zu bilden.

"Wie soll ich das verstehen, Miss Granger? Wofür bezahle ich eine Medi-Hexe, wenn..."

"Ich bin kein Heiler, Mister Malfoy. So gern ich auch helfen würde, ich kann es nicht. Ich schlage vor, Narcissa nach St. Mungos zu bringen. Alles andere wird Ihnen ein Heiler erklären."

Sie wollte nur noch weg. In ihr Bett, um den Tränen freien Lauf zu lassen. Sie konnte es nicht ertragen, zu wissen, dass niemand etwas tun konnte.

"Sie werden mich begleiten, Miss Granger."

"Ich... Celine, ich kann sie doch nicht..."

"Die Hauselfen werden sich um meine Tochter kümmern."

"Ich werde dich ebenfalls begleiten, Vater."

Der junge Mann war bereits dabei, mit einem gequälten Gesichtsausdruck die weichen Kissen seines Bettes zu verlassen. Es fiel ihm schwer, sich aufrechtzuhalten und das Gewissen der Medi-Hexe rebellierte gegen sein Vorhaben.

"Malfoy, ich denke nicht, dass es so eine gute Idee wäre, wenn du mitkommst."

Kalte graue Augen blitzten sie zornig an.

"Und warum nicht, Granger? Falls es dir entfallen sein sollte, es geht um meine Mutter. Also halte dich gefälligst da raus."

Doch ging es nicht auch um ihre Freundin? War Narcissa Malfoy nicht genau das für sie in den letzten Monaten gewesen?

Sie war es ihr schuldig. Sie durfte eine dumme Angst vor St. Mungos nicht vorschieben. Sie durfte sich nicht in ihrem Zimmer verkriechen, nur um so zu tun, als ob alles in Ordnung wäre.

Entschlossen straffte die junge Frau die Schultern, bevor sie um das Bett herumtrat, um Draco zu stützen. Sie hatte sich auf diese Familie eingelassen und würde nicht darum herumkommen, auch schwere Zeiten zu durchleben.

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Stunden schienen vergangen zu sein und doch war es nicht mehr als eine einzige gewesen. Die Diagnose war schnell gestellt. Und Hermione kämpfte mit einem schlechten Gewissen, das sie es nicht gewesen war, die es den beiden Malfoy-Männern beigebracht hat.

Stattdessen rangen sie mit einem brabbelnden Heiler, der nicht mal sein eigenes Leben auf die Reihe zu bekommen schien.

Die beiden Männer, die sie begleitet hatte, wurden mit jedem Wort blasser, mit jedem Schritt stiller. Die junge Hexe ahnte, wohin man sie und Narcissa nun bringen würde.

Es war keine besonders große Abteilung, aber die beste, die es in ganz England gab. Tief im Inneren von St. Mungos war sie verborgen. Die Patienten, die hier lagen, taten dies schon seit Jahrzehnten und nur selten besuchte sie noch jemand. Selbst die Heiler kamen nur äußerst sporadisch vorbei. Nur einige Medi-Hexen und Zauberer kümmerten sich aufopferungsvoll um die Menschen, die so verlassen worden waren. Nur wenige wussten überhaupt, dass es diese Abteilung gab. Viele wollten es nicht wissen.

Es war unheimlich, in dieser Totenstille an den vielen Betten vorbeizugehen, in denen reglose Körper lagen.

Die "Sleeping Beauty" Abteilung rief bei Hexen und Zauberern gleichermaßen Furcht hervor. Man fürchtete immer das, was man nicht verstand.

Das Sleeping Beauty Syndrom war da keine Ausnahme.

Die Betroffenen waren meist Opfer eines misslungenen Vergessenszaubers. Nicht immer passierte es, doch manchmal ging die Magie seltsame Wege. Was es genau hervorrief, wusste niemand so genau. Es gab keine Heilung und wenn die junge Hexe darüber nachdachte, hatte wahrscheinlich auch nie jemand versucht, eine Heilung zu finden. Es wurde so hingenommen, wie es war. Die Opfer waren in einem ewigen Schlaf gefangen. Sie alterten langsamer als es normal und nie war jemand von ihnen aufgewacht. Nur langsam zerfielen die Körper und man würde es kaum bemerken, wenn jemand still und leise starb.

Vielleicht war es einem Koma ähnlich, doch alle Untersuchungen hatten ergeben, dass bis auf den tiefen Schlaf alles in Ordnung war. Viele der Patienten waren sogar ausgesprochen gesund. In ihrer Ausbildung hatte sie es nie fertig gebracht, diese Abteilung zu besuchen und es hatte auch niemand von ihr verlangt.

Hermione musste schwer schlucken, als sie mit ansehen musste, wie eine der Medi-Hexen Narcissa in eines der Betten sinken ließ. Hier würde ihre Freundin nun liegen müssen, bis sie irgendwann starb. Selbst die eigene Familie würde sie nach Jahren vergessen haben. Niemand würde sich mehr um sie kümmern. Besuche würden seltener werden, bis sie schließlich ganz aufhörten. Sie würde eine von vielen sein, die keinen Namen mehr für die anderen hatte.

Wieder musste sie mit den Tränen kämpfen. Es war ein zu schreckliches Los, zumal niemand wusste, was die Patienten fühlten oder dachten. Fühlten sie überhaupt? War ihnen klar, was um sie herum passierte? Und wenn ja, wünschten sie sich nicht, dass sie tot wären?

"Sie wollen mir also sagen, dass meine Mutter für immer so bleiben wird? Sie wird nie wieder aufwachen? Was sind Sie für Heiler?"

Draco Malfoys Stimme durchschnitt fassungslos die Stille.

"Es gibt doch sicherlich bessere Heiler, die ihr helfen können. Und warum muss sie hier liegen? Ich bin sicher, dass sich eine gute Medi-Hexe auch auf unserem Anwesen um sie kümmern kann."

Der bärtige Heiler, der zuvor so munter vor sich her gebrabbelt hatte, schien unter dem kalten Blick des jungen Zauberers zu schrumpfen.

"Entschuldigen Sie, Mister Malfoy, aber ich versichere Ihnen, dass Sie keinen Heiler finden werden, der Ihre Mutter heilen kann. Außerdem ist sie hier am besten aufgehoben, es ist zu pflegeintensiv, sich um einen Sleeping Beauty Patienten im eigenen Haus zu kümmern. Wir haben die beste..."

"Halten Sie endlich die Klappe, Sie unfähiger Idiot!"

Es war unschwer zu erkennen, dass der blonde Zauberer wütend war, sehr wütend. Zornig wirbelte er zu seinem älteren Ebenbild.

"Und du bist Schuld. Was hast du getan? Warum Mutter?"

Der Ältere seufzte müde. "Es war ein Unfall, Draco."

"Ein Unfall? Ja, sicher! Das soll ich dir glauben?"

"Es war ein Unfall."

Hermione fühlte sich unwohl. Es brachte nichts, wenn sie sich stritten und schon gar nicht in dieser Abteilung, die sonst so still war. Sie hatte Draco noch nie so gesehen. Der junge Mann war immer so beherrscht, doch plötzlich verlor er die Fassung. Es war ihr nie aufgefallen, dass die Bindung zu seiner Mutter so stark war. Sie wusste ja selbst nicht mal, wie sie reagieren würde, wenn es ihre Mutter wäre, die hier lag. Und beinahe hatte sie Mitleid mit ihm.

Er wirkte so verloren. Seine grauen Augen glänzen unnatürlich, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen. Sein blondes Haar stand in alle Richtungen vom Kopf ab. Wenn es nicht Malfoy gewesen wäre, hätte sie ihn in den Arm genommen. Doch er wollte sicherlich nicht von einem Schlammblut in dieser Situation berührt werden.

"Sie ist so gut wie tot, Vater! Erzähl mir also nichts von einem Unfall. Wolltest du sie loswerden? Dir war sie doch schon immer egal."

"Draco!"

Der junge Mann redete sich immer mehr in Rage. Immer mehr von seiner Wut wurde freigesetzt.

"Was? Willst du mich ebenfalls so loswerden? Wir sind deine eigene Familie!"

Sie konnte es nicht mehr länger mit ansehen. Ein handfester Streit würde ausbrechen, wenn sie nichts tat. Und zum Schluss würde sie allein nach Malfoy Manor zurückkehren müssen.

"Draco, ich denke nicht, dass dein Vater..."

"Halt die Klappe, Granger! Was geht es dich an, ein mieses Schlammblut! Du hast doch keine Ahnung. Du wirst doch nur in unserem Haus geduldet, weil wir es so wollen. Und doch maßt du dich an, dich in Dinge einzumischen..."

Seine weiteren Worte bekam Hermione schon gar nicht mehr mit. Sein Zorn prallte an ihr ab, als wäre er gar nicht vorhanden. Ihre braunen Augen hingen überrascht an einem einzigartigen Schauspiel. Ein Schauspiel, von dem sie angenommen hätte, dass es sie nie so interessieren würde.

Draco Malfoy weinte.

Auch wenn es nur eine einzige Träne war, die sich aus seinen dunklen Wimpern gelöst hatte und nun über seine blasse Wange perlte. Er weinte. Und das war es, was ihrer festgefahrenen Welt einen erneuten Haarriss in die glatte Fassade gab. Ein junger Mann, dem sie keinerlei Gefühle zugetraut hätte, stand nun vor ihr und zeigte Gefühle.

Ein lauter Knall ließ sie aus ihren Gedanken aufschrecken. Der junge Zauberer war appariert und sie hatte es nicht mal bemerkt. Verwirrt schüttelte sie den braunen Lockenkopf. Wo war er hin? Er würde doch nichts Unüberlegtes tun, oder?

"Er wird nach Hause appariert sein, Miss Granger. Und wir werden jetzt besser ebenfalls gehen."

Lucius Malfoy war zu ihr getreten und betrachtete sie aus unergründlichen Augen. Er war ihr zu nah. Sie konnte den leichten Geruch von Alkohol in seinem Atem wahrnehmen. Sein Gesicht war so regungslos wie immer. Das, was sein Sohn zu viel an Gefühl gezeigt hatte, zeigte er zu wenig. Wenn sie nicht selbst Narcissa so ruhig und einsam in den Kissen des Krankenbetts gesehen hätte, könnte man meinen, es wäre gar nichts passiert.

Wie konnte jemand nur so gleichgültig sein? Vorhin hatte sie beinahe gedacht, auch etwas Menschlichkeit in ihm zu sehen, doch jede Spur davon war verschwunden. Für einen Moment war sie sogar gewillt, den Anschuldigungen seines Sohnes Glauben zu schenken.

"Wollen Sie nicht... ich meine, wollen Sie nicht noch eine Weile bei Ihrer Frau bleiben?"

Der Mann vor ihr schüttelte mit dem Kopf. Er sah nicht mal in die Richtung seiner Frau. Es verblüffte Hermione. Narcissa war seine Frau, die Mutter seiner Kinder und er benahm sich... ja, wie immer.

"Ich denke nicht. Es gibt nichts, was ich tun könnte und ich denke, wir alle haben etwas Schlaf verdient."

Er akzeptierte keine weiteren Diskussionen, als er einen Arm fest um die Taille der Medi-Hexe legte.

Und im nächsten Augenblick standen sie nicht mehr in St. Mungos, sondern in der großen Eingangshalle von Malfoy Manor.

Pures Chaos herrschte in dem edlen und stillen Gebäude. Hauselfen rannten verängstigt und orientierungslos umher. Ames saß in eine Ecke gekauert und brabbelte vor sich her, während er den Oberkörper sachte vor und zurück wiegte.

"Master... so wütend... so wütend..."

Aus dem oberen Geschoss drangen Geräusche zu ihnen herab, die an einen wütenden Wirbelsturm erinnerten. Es polterte und klirrte ohne Unterlass.

Hermione wusste, dass es nur Draco sein konnte, der offensichtlich dabei war, sein gesamtes Zimmer in Schutt und Asche zu legen. Mit schnellen Schritten durchquerte sie die Halle, nur um die Treppe noch schneller emporzueilen. Die Bilder an den Wänden hingen schief. Einige von ihnen wackelten noch verdächtig hin und her.

Oben angekommen eilte sie weiter, doch kurz bevor sie die Tür zum Schlafzimmer des jungen Mannes öffnen konnte, wurde sie von einer Hand aufgehalten.

"Sie sollten ins Bett gehen, Miss Granger."

Mit großen Augen sah sie zu dem Zauberer auf, der immer noch ihren Arm hielt.

"Er wird sich noch selbst verletzen, Mister Malfoy."

Sie fragte sich sowieso, wie Draco dazu in der Lage war, solch ein Chaos zu veranstalten. Es war erstaunlich, welch eine Kraft er aufbringen konnte.

"Er wird eher Sie verletzen als sich selbst. Und nun gehen Sie zu Bett. Draco wird sich beruhigen."

Die junge Hexe wusste, dass er keinerlei Widerspruch dulden würde und nickte nur ergeben. Sorgen konnte sie sich später machen. Jetzt brauchte sie eine Mütze voll Schlaf. Mehr als alles andere, jedoch musste sie die Tränen loswerden, die immer noch auf ihrer Seele brannten. Sie wollte in Ruhe um den Verlust einer Freundin trauern, die sie so sehr vermissen würde.

"Gute Nacht, Mister Malfoy."

"Einen kurzen Moment noch, Miss Granger."

"Ja?"

"Sie haben gewusst, was Narcissa fehlt. Warum haben Sie es diesem Idioten von Heiler überlassen, uns aufzuklären?"

"Ich... ich wusste es nicht genau."

"Sie sind eine wirklich schlechte Lügnerin, Miss Granger, aber erstaunlich klug. Sie sollten vielleicht in Erwägung ziehen, selbst Heiler zu werden. Und nun wünsche ich eine gute Nacht."

Sie fühlte sich trotz des versteckten Kompliments noch viel schlechter als zuvor. Sie betrat endlich ihr Zimmer und ließ sich erschöpft aufs Bett fallen. Die ersten heißen Tränen begannen bereits, aus ihren Augen zu quellen.

Mit einem Mal fühlte Hermione sich so verloren wie noch nie zuvor.

Nur langsam ebbten die lauten Geräusche ein paar Zimmer weiter ab.

Ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren und die Tränen wollten gar nicht mehr aufhören zu fließen.

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Ende Kapitel 18- Fortsetzung folgt...

Kapitel 19: Nächtlicher Eindringling, Veritaserum und eine schwere Entscheidung

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Für die vielen Reviews die ich bekommen habe bedanke ich mich ganz herzlich bei euch. Auch wenn ich sie durch die lange Wartezeit nicht verdient habe.

Wer mir zu diesem Kapitel ein Review hinterlassen möchte der kann das gern tun, mich würde es sehr freuen.

Und wie ich sehe darf man die Reviews nicht mehr in den Kapitel beantworten. Wer eine Antwort möchte, einfach e-mail Adresse hinterlassen und er bekommt sie.