Tagesprophet 01. März 1997

Muggelwelt in Chaos versunken – Ministerium greift ein

Was viele unter unseren Lesern nicht wissen, ist die anhaltende Kommunikation unseres Ministers höchstpersönlich mit den führenden Persönlichkeiten der Muggelwelt. Doch selbst unter denjenigen, die darüberBescheid wissen, wird es eine Überraschung sein, in welchem Chaos unsere nichtmagischen Kameraden ihre Welt hinterlassen haben!

Hier ist eine Übersicht der letzten Ereignisse – eine komplette Auflistung mit Hinweisen auf die ursprünglichen Ausgaben des Tagespropheten befindet sich auf Seite 3.

Muggelkönigin verschwindet! Letzter Beweis der Rückständigkeit der Muggel aus dem Palast verschwunden

Ministerium der Muggel in London wurde von radikalen Revoluzzern gestürzt. Minister Fudge zögert, einzuschreiten!

Fudge mit Votum abgesetzt! Lucius Malfoy neuer Minister!

Minister Malfoy übernimmt temporär Regierung der Muggel!

Was viele Leser sicher auch nicht wissen, ist der Fakt, dass die Muggelwelt seit 1215 über unserer Welt einen Anspruch auf Unterwerfung erhebt. Festgehalten wurde das von der Monarchie in der „Magna Carta Libertatum". Dort sind einige Gesetze für Muggel versteckt seit dem Tag an dem sie niedergeschrieben worden. Sie halten schriftlich und magisch fest, dass unsere Welt von der Muggelwelt fernzuhalten ist und die der Muggel von unserer. Doch die Muggel verwenden seit 1706, seit der Vereinigung des Königreichs, andere Dokumente und die Magna Carta geriet langsam in Vergessenheit. Gegenüber uns haben die Muggel seit Jahrhunderten ihre Pflichten nicht erfüllt, was Minister Malfoy dazu bewogen hat, die Magna Carta zu vernichten.

Geehrte Leser, wir sind frei! Der Minister hat hierzu persönlich Stellung bezogen mit den bewegensten Worten, die wir seit Beginn des Tagespropheten je niedergeschrieben haben,

„Heute, an diesem Tage, werfen wir den Schatten der Muggelwelt ab und können endlich ins Licht treten. Um uns herum leben rückständige Barbaren und dennoch sind wir es, die uns bisher verstecken mussten. Doch damit ist nun Schluss. Eine Säuberung des magischen Geistes wird durch Großbritannien fließen und alle werden aufatmen können! Nun endlich!"

Liebe Leser, wir ermutigen Sie, heraus in die Muggelwelt zu treten und diese Menschen sehen zu lassen, dass ein neues Zeitalter angebrochen ist!

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11. Februar, 1937

„Jetzt, wo deine Gesichtszüge sich ein wenig gefestigt haben, können wir nochmals unsere Messungen durchführen. Immerhin wollen wir doch die richtigen Schlüsse ziehen.", erklärte der Arzt gelassen.

„Was messen Sie denn?", fragte der Junge, der gerade noch im Stimmbruch war, welcher sich allerdings nicht mehr zu stark abzeichnete.

„Nur gewisse Merkmale. Wir werden deinen Kopf vermessen. Einige Kenngrößen, nur für die Akten.", sprach der Arzt ruhig, „Kein Grund zur Sorge."

Der Junge war ruhig und still, als der Arzt anfing, sein Gesicht zu bemalen und abzumessen. Der Kopfumfang wurde mit einem alten Band gemessen, während für andere Dinge der Arzt einen Winkelmesser zückte und ihn an den Kopf des Jungen ansetzte. Der Junge starrte dabei abwesend ins Leere .

„Heinz?", fragte eine Stimme von draußen.

Der Arzt wurde ein wenig nervös, hielt sich allerdings unter Kontrolle.

„Kommen Sie rein, Joseph.", rief er in Richtung der Tür.

Eine alte Holztür wurde aufgedrückt und ein wenig mehr Licht kam vom Flur herein. Der Mann hatte noch einen Mantel an und mit einfachen Bewegungen legte er ihn ab und auf einen der Stühle.

Die Lederhandschuhe legte er dazu.

„Mein lieber Thomas, es ist eine Weile her, seitdem ich dich zu Gesicht bekommen habe. Prächtig gewachsen bist du. Schade, dass du nicht all deine Züge von deinem Vater hast aber ich nehme an, dass nicht jeder das gleiche Los erwischen kann.", sagte der Neuankömmling.

„Ich halte fest…", sprach der Arzt nun, immernoch am Gesicht von Thomas arbeitend, „…dass der Gesichtswinkel von Thomas Grindelwald etwa 80 Grad beträgt, und er damit zwar nicht weit oben, allerdings dennoch im guten Durchschnitt liegt. Außerdem schätze ich sein Gehirnvolumen auf 95 Kubikzentimeter."

„Ihr Vater, Thomas, hat einen ausgeprägt stumpfen Gesichtswinkel.", gab Joseph zu bedenken, an das Kind gewandt, welches den Blick ein wenig hob und die Männer mit ruhiger Stimme ansprach, „Das ist gut, oder?"

„Sie werden das sicherlich noch lernen, aber der Gesichtswinkel ist eine gute Annäherung für die Überwiegung des Geistigen über das Kämpferische, des… Menschlichen über das Tierische. Aber machen sie sich keine Sorgen, ich würde mir Sorgen machen, wenn er bei ihnen nur 65 Grad betrüge.", kam die ruhige Erklärung von Joseph.

Der Arzt wandte sich um und legte seine Utensilien weg, „Na dann könnte man ihn glatt anrußen und Malambuku nennen!"

Die Männer lachten, während der Junge weiterhin die Wand anstarrte.

„Wie geht seine Bildung voran?", fragte Joseph und der Arzt zuckte leicht mit den Schultern.

„Ich habe keine Klagen gehört. Er lernt in einer zu erwartenden Geschwindigkeit Deutsch und Englisch. Klagen habe ich nicht gehört.", antwortete der Arzt.

„Wie steht es um seine…", setzte Joseph an und wandte sich dem Jungen zu.

„Die Wachen waren ein wenig verunsichert. Ich habe gehört, etwas sei bei seiner letzten Übung geschehen. Ein… Unfall.", flüsterte der Arzt nun.

„Unfall? Welcher Art?", forderte Joseph von ihm.

„Sie… Anscheinend gab es wohl eine kleine Ungenauigkeit einer der Kampfpartner des Jungen und er… hat sich wohl etwas eingefangen, dass ihn hätte töten sollen."

„Wahrlich? Wissen der Führer und Grindelwald Bescheid?", fragte Joseph nun.

„Der Führer ist unterrichtet, doch aktuell liegt seine Aufmerksamkeit eher an einer anderen Stelle. Grindelwald jedoch… sucht fieberhaft danach, den Vorfall zu reproduzieren, aber er hütet sich natürlich davor, den Jungen schlicht umzubringen.", murmelte der Arzt.

„Wurden sie vereidigt?", fragte Joseph nun urplötzlich an den Arzt gewandt, welcher ein wenig nervös wurde.

„Ich habe keinen Beamtenstatus.", war die knappe Antwort.

„Wahrlich?", murmelte Joseph, scheinbar verwundert, „Wo sind Sie angestellt? Haben sie keinen Wechsel beantragt?"

„Ich war immer zufrieden an meinem Arbeitsplatz. Ich arbeite privat für eine Praxis.", sagte der Mann ruhig.

„Aber ist es nicht eine viel höhere Ehre, für den Führer persönlich zu arbeiten?", hakte der andere Mann nach.

„In Dingen der Fahnentreue und Treue zum Reich habe ich mich wohl nicht zu verstecken, Doktor Mengele! Sie müssten meine Geschichte und Laufbahn doch kennen!", rief der Arzt entrüstet.

„Das ist durchaus wahr, dennoch… Sie handhaben schwerwiegende Geheimnisse, Herr Krüger. Der Eid…", setzte Mengele an, doch der andere Arzt unterbrach ihn.

„Sie reden nicht wirklich von einem… solchen Eid! Das ist gefährlich für unsereins!", zischte Krüger.

„Herr Krüger sie… sie müssen verstehen dass es uns nicht nur befähigt, die größten Geheimnisse zu beherbergen, sondern uns auch vor jenen schützt die suchen, diese Geheimnisse aufzudecken. Der Führer gedenkt, diese neue Unbekannte… für uns nutzbar zu machen.", sprach Mengele leise.

Der Junge saß dort, noch immer starr, und zeigte kaum Interesse an der Szenerie.

Krüger wurde plötzlich verschlossen und mit einem besonderen Blick bedachte er Mengele.

„Haben sie gesehen, zu was er fähig ist?", fragte er dann und Mengele lächelte.

„Sein Bruder. Ich war da, als sein Bruder gestorben ist.", kam die Antwort.

„Das war nicht alles. Bei Weitem nicht. Thomas, komm. Wir werden unserem Gast etwas vorführen.", wandte sich der Arzt an den Jungen.

Ergeben stand Thomas auf und lief voraus, da es jedes Mal der gleiche Platz war und jedes Mal das gleiche Spiel.

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12. August, 1919

„Du siehst einfach nicht, was ich sehe.", sprach der junge Mann, dem Anderen zugewandt. Sie standen in einer dunklen Ecke, am Rande von Hogsmeade. Es war friedlich und niemand war auf der Straße. Es herrschte eine nebelige, warme Atmosphäre, denn die ersten Sonnenstrahlen beseitigten die Überreste des nächtlichen Regens.

„Sieh dich doch um. Das hier ist der Kern der Dinge. Man muss Frieden bewahren!", sprach der Andere.

„Ich muss es dir wieder sagen. Du siehst nicht, was ich sehe. Wenn ich dir sage, man könnte all die Muggel aus der Welt tilgen und sie könnte erneut erblühen, ist es wirklich dein Gefühl, dass es falsch sei? Nach allem, was ich dir über sie erzähle? Nach allem, was ich sehe?", fragte der eine nun verzweifelt.

„Mein Gefühl ändert sich nicht, Gellert. Noch ändert sich meine Überzeugung. Krieg ist niemals der Weg. Krieg bringt am Ende nur verderben.", kam die Antwort schnell und bestimmt.

Sie sahen sich für einen Moment in die Augen.

„Es ist nicht an der Zauberwelt, gegen die Muggel zu kämpfen, wo wir so lange dafür gearbeitet haben, dass es uns gut geht, wir in Frieden leben und abgeschottet sind!", fuhr der Mann fort.

Gellert schnaufte abfällig. „Sind wir nicht egoistisch damit? Wir verstecken uns, um vor Konflikten, die dringend nötig sind, davonzurennen!", er machte eine ausladende Geste, „HIER ist es idyllisch! Wenn du einen Moment lang über den Tellerrand sehen würdest, Albus, dann würdest du erkennen, dass die Muggel nichts als Schaden anrichten, täglich, stündlich! Wie kannst du glauben, dass es mit ihnen eine Zukunft gibt? Wir haben die Mittel und Wege, die Vernichtung durch die Muggel umzukehren, aber wir lassen sie weiter gewähren, Jahrzehnt um Jahrzehnt!"

Albus blickte an Gellert vorbei in Richtung des Himmels. Sie hatten sich schon einmal gestritten. Jedes Mal, wenn Gellert sich in seiner von den nordischen Völkern gegebene Gabe verlor, jedes Mal, wenn er drohte, nicht wieder zu kommen.

„Ich weiß, dass es viel für dich ist, Gellert. Du darfst dich nicht zu sehr verlieren. Es schadet dir und deinem Geist, solche Dinge zu sehen.", flüsterte Albus nun.

Gellert schüttelte den Kopf, „Nein, Albus. Ich glaube du bist deutlich verblendeter. Du empfängst wage Ahnungen, flüchtige Eindrücke einer Moral, die nicht zu unserer Welt gehört! Aberforth wurde von ihnen zu einem Hammer gemacht, den sie frei schwingen können um ihren gewalttätigen Arm in dieser Welt zu platzieren und du, Albus, verstehst nicht, was vor sich geht! Sie haben keine Ahnung, was die Muggel sind und wozu sie fähig sind! Es ist nur unrecht, sie weiter so verfahren zu lassen!"

„Moral ist kein Konzept, dass sich an irgendwelche Grenzen hält, Gellert! Mord ist falsch! Mord ist immer falsch, egal von wem und egal zu welchem Zweck! Du weißt nicht, was das für ein Gefühl ist, etwas Falsches zu tun, und genau zu wissen, dass es verwerflich ist! Du verlierst dich, Gellert!", rief Albus verzweifelt.

„Nein, Albus. Du verlierst dich.", sprach Gellert und wandte sich um.

„Warte noch. Wir müssen uns einigen. Ich kann dich nicht gehen lassen!", rief Albus aufgebracht.

„Ich muss gehen, Albus. Es werden gleich zwei Menschen in unmittelbare Nähe zu einander sein. Gottfried Feder wird zu einer günstigen Zeit an einem günstigen Ort sein. Ich muss sicherstellen, dass er Adolf Hitler trifft.", sagte Gellert nun leise und angestrengt.

„Wovon redest du?", flüsterte Albus, „Du bist nicht mehr klar, Gellert! Du musst zurückkommen! Komm zu mir zurück!"

Doch Gellert verschwand.

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08. März 1997

Es war eine nicht ganz ungefährliche Angelegenheit. Doch es waren drei Unsägliche anwesend, um den Besuch der Familie Weasley am Grab ihrer Tochter zu schützen. Harry versuchte, sich zusammenzureißen, als sie sich langsam aufmachten und auf den Weg begaben.

Der Friedhof war gewöhnlich. Nicht der düstere Eindruck, der auf so mancher Ruhestätte zu entstehen vermag, aber auch nicht sonderlich einladend. Harry fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, hier zu sein. Jason und Alexander, die zusätzlich die Umgebung sicherten, waren nicht einmal zu sehen. Sie waren Aufklärer, und wenn man sie nicht sehen sollte, dann sah man sie auch nicht.

Harry schritt langsam hinter den Weasleys hinterher, welche ihn ab und zu mal mit einzubeziehen versuchten. Harry war sich nicht sicher, ob er das wollte. Molly schritt voran und erneut sah man, dass die Narben noch nicht verheilt waren. Es war ein schwerer Gang zu dem Grab und Harry konnte sich nicht ausmalen, wie sie sich fühlen musste.

Arthur unterstützte sie, und wechselte sich ab und zu mit Bill ab. Charlie kümmerte sich ein wenig um die Zwillinge, die ebenfalls Schuldgefühle haben mussten. Doch sie wussten nicht, was Harry wusste. Sie wussten nicht, dass Ginny ausschließlich wegen ihm gestorben war. Selbst jetzt, ein dreiviertel Jahr später, lag es noch immer auf ihm. Wenn er daran dachte, hatte er beinahe wegen allem Schuldgefühle, doch er musste weiter arbeiten. Voldemort musste sterben. Die Schatten mussten sterben. Und ihn würde nichts daran hindern, sie alle zu vernichten.

Man mag sich nicht ausmalen, wie die Welt ohne deine Präsenz wäre. Es gibt viele Stränge, die schlimmer sind. Hermine könnte sie sehen., sprach die Stimme in ihm und Harry hätte auf den zusätzlichen Kommentar gut verzichten könne. Es war unpassend, im jetzt und hier.

„Harry.", sprach ihn Ron von der Seite an. Auch Ron war weniger energievoll als sonst. Sie waren alle irgendwie abgestumpft geworden. Sie hatten alles über sich ergehen lassen und Scherze gemacht bei jeder Gelegenheit, die sich geboten hatte. Aber das hier vermochte jeden auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

Das Grab von Ginny war sehr gepflegt. Harry bemerkte, dass allerlei Pflanzen darauf wuchsen, darunter viele Blumen.

„Die Hornveilchen habe ich im letzten Herbst gepflanzt.", sagte Molly leise. Niemand hatte darauf eine Antwort. Molly war dazu übergegangen, viele Dinge per Hand zu machen. Abgesehen von den Zaubern, die gewöhnlich auf Pflanzen lagen, hatte sie alles selber gepflanzt. Harry ging davon aus, dass es wohl die beste Ablenkung war.

„Wir machen das wie die letzten Male.", sprach Arthur gefasst, „Wir beginnen damit, dass jeder alleine am Grab sein darf, bevor wir nochmal zusammenkommen und ihr euch anhören werdet, was ich zu sagen habe. Molly hat den Vortritt."

Sie wichen ein wenig zurück und Harry sah sich nochmals nach den beiden anderen Unsäglichen um. Sie waren nicht zu sehen und Harry war sich sicher, dass sie ihn nicht für die Sicherung brauchten.

Molly kniete vor dem Grab und schluchzte ein wenig. Harry fand diese Routine sehr eigenartig, da er nicht wusste, was er zu einem Grabstein sagen sollte. Er hatte keine Ahnung. Sich entschuldigen? Von seinem Leben erzählen? Alles wirkte unpassend in Anbetracht der Tatsache, dass sie vor einem Grab standen. Ron hatte bisher geschwiegen über die Besuche am Grab von Ginny und Harry konnte es ihm nicht verdenken. Es war kein leichtes Thema.

Nach und nach näherten sich alle Kinder der Weasleys dem Grab. Arthur näherte sich Harry, nachdem Ron zum Grab gegangen war. Bill und Charlie unterhielten sich leise und ebenfalls ein wenig tonlos.

„Harry, ich bin froh, dass du mitkommen konntest.", murmelte Arthur bestimmt zu ihm. Harry sah zu dem Mann auf.

„Ich…", setzte Harry an. Es war nicht einfach. „Ich glaube nicht, dass mich Jason und Alexander gebraucht hätten.", sagte er schließlich. Immerhin war es wahr.

Arthur lächelte und legte seine Hand auf Harrys Schulter. „Deswegen bist du auch nicht hier. Es war vielleicht nicht ganz fair von uns, dir nicht zu sagen, wo Ginnys Grab ist. Doch in unserer Trauer hat es sich einfach nicht ergeben."

Das war doch unglaublich.

„Arthur, ich denke nicht, dass ich es hätte wissen müssen. Das ist eine sehr private Angelegenheit deiner Familie und sie trauern da möchte ich nicht…"

„Harry. Das Grab symbolisiert nicht nur einen Tiefpunkt in der Familie Weasley, sondern auch den vermutlich schlimmsten Moment in deinem Leben. Es ist nicht fair, dir Heilung zu verwehren. Außerdem gehörst du genauso zur Familie wie jeder andere. Ron hat dir das bestimmt auch schon mal gesagt. Und jetzt komm", Arthur stupste ihn an und Harry verstand nicht, was der Mann meinte, „Du bist jetzt an der Reihe."

Harry hatte keine Möglichkeit zu antworten oder sich zu erwehren, denn Arthur schob ihn sanft in Richtung des Grabes. In Gedanken versunken hatte Harry gar nicht gemerkt, dass die Weasleys bereits alle am Grab gewesen waren.

Nun kniete er direkt vor den Blumen des Grabes mit seiner Aufschrift, während die Familie, die eigentlich hier sein sollte, auf ihn wartete. Die Familie, der er weh getan hatte.

Ginny Weasley

1981 – 1996

Temperamentvoll, stark, selbstsicher.

Wundervolle Tochter. Geliebte Schwester.

Harry sah, dass die Blumen vollkommen die Fläche ausfüllten. Sie blühten in den verschiedensten Farben.

Die Frühlingssonne kam gerade raus.

Es war frisch, aber doch schon ziemlich warm.

Harry atmete flach ein. Es roch nach Blumen und nassem Gras.

Sie wollten bestimmt, dass er mit ihr sprach, doch er fühlte eine Barriere, die ihn daran hinderte. Als er das nächste Mal durchatmete, war es schwach und zittrig und eine Träne lief ihm über die Wange. Sie hatten mit ihm gespielt. Man hatte es ihm immer wieder vorgehalten. Erst hatte ein Schatten das Bild von Ginny erschaffen, dann hatte sich Tonks in sie verwandelt. Es hatte sich mehr als alles andere in seinen Kopf gebrannt, seitdem der Trank der Verzweiflung seine Erinnerung freigelegt hatte.

Die Präsenz hatte geholfen, es sofort zu verdrängen, damit er arbeiten konnte. Nun stürmten Bilder wieder auf ihn ein.

„Hey Ginny.", murmelte er dann. Er wusste nicht, ob es wirklich das Richtige war, sie so anzusprechen. Immerhin war er verantwortlich.

„Eigentlich sollte ich gar nicht hier sein, aber irgendwie hat dein Vater darauf bestanden, dass ich das hier tue. Ich weiß nicht, was es bringen soll. Ich erinnere mich jetzt. Ich weiß, wie es gewesen ist und ich weiß, dass du die Starke von uns beiden gewesen bist, und das, obwohl dir so viel Leid zuteilwurde.", flüsterte Harry.

Es war wahr. Sie hatten sich an manchen Tagen auf sie konzentriert und nicht auf ihn. Er wusste nicht, wieso. Es hatte einfach keinen Grund. Es war nur bösartig und falsch.

„Ich wurde wieder zurückgeholt. Weil sie mich nicht umbringen wollten. Und es sollte auch nicht dich treffen. Es war ein Zufall. Dem Umstand geschuldet, dass Tom Riddle dich bereits durch sein Tagebuch kennengelernt hatte. Voldemort muss das irgendwie mitbekommen haben. Du hattest so viel Unglück in deinem kurzen Leben und es ist so unglaublich unfair. Niemand sollte das durchstehen, was du durchstehen musstest."

Harry schluckte.

„Es tut mir leid, Ginny. Es tut mir leid, dass du in diese Welt reingeboren wurdest und von ihr so schrecklich behandelt wurdest. Es tut mir leid, dass du wegen mir gestorben bist."

Es dauerte einige Momente, eher er sich rührte. Arthur legte ihm wieder die Hand auf die Schulter, als er aufgestanden war.

Die Weasleys kamen wieder zusammen und Harry stand zwischen Fred und George, die ihn beide nicht zurückweichen ließen.

Arthur sah jeden von ihnen einmal an und seine Augen wirkten ernst, zu ernst für einen so enthusiastischen Menschen.

„Jeder von uns ist bereits an diesen Grab gewesen, einige mehr, andere weniger. Aber nun sind wir, zum ersten Mal, alle hier."

Arthurs Stimme klang klar. Harry fröstelte ein wenig, obwohl er bereits kalt war.

„Ich glaube, dass das, was uns hier alle verbindet, niemals weichen wird. Wir müssen dafür kämpfen, dass Ginnys Tod nicht sinnlos war. Damit wir alle eine schöne Zukunft haben können, die man Söhnen und Töchtern schenken möchte. Damit wir alle wieder hierherkommen können, und um uns herum Frieden ist. Wir haben uns immer gegenseitig und wir geben aufeinander acht. Vergesst das niemals."


Neues Kapitel ist da ;)