Die Luft um Nurmengard war noch immer so kalt, wie Emilia sie in Erinnerung hatte. Sie durfte nicht zu oft herkommen. Es waren bereits vier Male in den letzten Tagen gewesen – die Male, an denen sie nur in der Umgebung gemessen hatte, überhaupt nicht eingerechnet. Doch es war notwendig, überhaupt zu verstehen, was hier vor sich ging.

Sie konnte sich der Festung alleine nähern. Es war nicht nur ein Zeugnis von Thomas' Vertrauen ihr gegenüber, sondern ebenfalls ein Beweis für die Schwächung der Zauber um diese Mauern. Voldemort machte ebenfalls Fortschritte. Sie konnten sich nur glücklich schätzen, dass er sich, abgesehen von diesem Projekt, kaum auf Angriffe konzentriert hatte. Für Familien außerhalb der magischen Zentren – welche in Großbritannien nur London und Hogwarts waren – gab es keine akute Gefahr. Das konnte sich natürlich ständig ändern und sie wurden vorsichtig beobachtet, doch Voldemort schien genauso abgelenkt zu sein wie sie.

Sie redete sich gerne ein, dass ihre Motive edel wären, doch sie waren es wahrscheinlich nicht. Sie schritt geradewegs in den Trakt, in dem die Kinder früher festgehalten wurden. Nurmengard war nicht nur eine Festung, sondern auch ein schattenmagisches Nest gewesen. Eine Brutstätte für Soldaten und Dementoren.

Sie konnte sich sogar in das Gebäude hinein bewegen. Sie erspürte eine Kraft, die aus den oberen Geschossen kam. Eine Kraft, die von Feldzaubern gedeckelt wurde.

Sie musste schnell sein und präzise arbeiten. Ab und zu spürte sie Veränderungen in ihrer Umgebung und sie war sich nicht sicher, ob die anderen Schatten wussten, dass sie ihre Auren sehen konnte. Nun, da sie… etwas normal geworden war, war sie sich gar nicht mehr sicher, wie gut das Gedächtnis eines Schattens an Individuen sein konnte.

In jedem Fall mied sie die kalten Einwirkungen in ihrer Umgebung. Sie beschatteten sie. Sie wusste, dass sie sich in Gefahr begab, aber das nahm sie gerne in Kauf, wenn das Resultat so war, wie sie es haben wollte.

Sie musste aber etwas näher an Erick heran, um überhaupt einschätzen zu können, wie die Verbindung zu Thomas geartet war. Sie musste die Magie von Erick testen und sich dabei nicht von den Schatten überfallen lassen.

Sie hatte auch keine Ahnung, wie viele es eigentlich waren. Wenn sie schätzen müsste, würde sie wohl 30 sagen. Es waren sehr viele, aber das hier war ja auch Voldemorts Hauptprojekt. Es erschien ihr töricht, wenn der dunkle Lord, aber nicht sie selbst an dem Problem arbeiteten!

Sie ging nicht so nah, dass es gefährlich werden konnte. Das Letzte, was sie brauchte war, dass Erick bewusst wurde, dass er gefangen war. Wer wusste, was für ein Wesen hinter der kindlichen Fassade war.

Auch Erick hätte altern sollen. Von der Gestalt, die hier den Gang entlang tapste, konnte sie aber erkennen, dass er keine richtige physische Form hatte. Von ihm ging in der Tat eine ähnliche Kraft aus, wie von den Horcruxen des dunklen Lords. Doch es gab nicht dasselbe Bild der Zerstörung um es herum. Sie fragte sich, ob das Trennen der Verbindung vielleicht Nebeneffekte haben könnte.

Doch sie musste positiv bleiben, wenn sie schon nichts Anderes war. Sie sandte ein klein bisschen ihrer Magie aus. Das Feld um den Jungen herum reagierte grollend, aber nicht so, wie Emilia es erwartet hatte. Es schien ihre Energie abzusaugen. Wohin sie verschwand, hatte sie keine Ahnung, aber sie hatte eine Befürchtung.

Vielleicht konnte sie etwas aus Nurmengard entfernen, um es auf seine Magiesättigung zu untersuchen. Sie musste sich viele handwerkliche Fertigkeiten überhaupt erst aneignen – vor allem, da sie vieles von den Dingen hier noch nie zuvor getan hatte.

Etwas Gestein der Wand würde vielleicht helfen. Emilia hatte natürlich an entsprechendes Werkzeug gedacht. Vielleicht waren Flüche in der Wand? Sie konnte es nicht erahnen.

Als der Staub der alten und brüchigen Mauer allerdings mitten in der Luft aufhörte, sich zu bewegen, wusste sie, dass irgendetwas nicht stimmen konnte.

Es war als wäre die Zeit stehen geblieben. Emilia konnte es sich nicht erklären, doch irgendwie schien alles um sie herum so festgefroren. Die Welt draußen war nur dumpf zu hören.

„Wie ich sehe, waren Sie in den letzten Wochen durchaus fleißig.", sprach die Stimme eines älteren Mannes hinter ihr. Sie wandte sich prompt um. Es kribbelte ihr bereits ein tödlicher Fluch in den Fingern, da sah sie, dass es sich um Albus Dumbledore handelte.

Dieser hob abwehrend die Hand, „Strengen Sie sich nicht zu viel an. Sie werden ihre Kraft bald noch benötigen."

„Was machen Sie hier?", fragte Emilia kalt. Ihr war durchaus bewusst, dass sie es war, die nicht am richtigen Platz war, doch in dem Moment war ihr das egal.

Dumbledore jedoch schritt in einen der Räume hinein, die Hände hinter dem Rücken zusammengefaltet. Sie hatte gehört, dass er jedem Moment mit grenzenloser, teilweise unpassender Ruhe begegnete. Doch es zu erleben war eine andere Sache.

„Beeindruckend, nicht? Ein komplexes System von Verteidigungen, welches so gut durchdacht ist, dass selbst der womöglich klügste Kopf unserer Zeit gerade schon Jahre dabei ist, es aufzudecken. Nicht nur die Festung selbst, sondern auch alles um sie herum.", sprach Dumbledore ruhig.

Emilia schritt langsam hinter ihm her, immer ein Auge darauf, was der Mann gerade tat, „Ich habe bereits von ihren Tätigkeiten gehört. Ich habe Tonks im Krankenhaus besucht. Sie ist noch immer nicht die Alte."

„Ich wage auch zu behaupten, dass sie das womöglich nie wieder sein wird. Sie wird immer das Zerbrochene in sich haben und immer damit leben müssen. Ja, manchmal wird sie sogar nachts aufschrecken, nach einem furchtbaren Alptraum, und es wird niemals völlig vergehen.", erwiderte Dumbledore, „Ich denke, ich kann es sehr gut verstehen."

„Sie haben es wissentlich in Kauf genommen. Doch was ich nicht verstehe ist, was genau die Verbindung zwischen den Galleonen und der anderen Seite ist.", fragte Emilia nun, „Es ist anscheinend etwas, was Grindelwald gestohlen hat. Aber niemand kann genaue Auskunft geben, was das sein sollte."

Dumbledore wippte kurz auf seinen Fersen. Er war ruhig, ja, doch auf gewisse Art spürte Emilia nun ein leichte Anspannung.

„Es sind alte Schutzzauber. Ich bin nicht sicher, ob Sie verstehen, worum es sich handelt. Es ist nicht nur eine Verzauberung, sondern überträgt sich durch Magie und ist aktiv in seiner Natur. Der Fidelius schützt einen Ort vor Erwähnung und funktioniert ganz ähnlich, doch es greift nicht in das tägliche Handeln einer Person ein. Der Fidelius verhindert nicht das Verraten von Personen, die den Ort besuchten, oder das Geben von Hinweisen. Die andere Welt jedoch verschlingt jeden, der davon weiß und macht alle solche Personen selbst zum Geheimnis, das gehütet wird. Es ist eine sehr machtvolle Waffe und absolut autark.", sagte Dumbledore.

„Grindelwald hat also was versucht? Es zu reproduzieren? Das erklärt in keiner Weise, wieso die verfluchten Leute wieder aufgewacht sind, obwohl sie tot waren. Es erklärt nicht, wieso Thomas lebt, sondern nur, wieso die Verfluchten sich so seltsam verhielten."

„Was Voldemort bisher nicht verstanden hat", fuhr das Ratsmitglied scheinbar unberührt fort, „Ist die Tatsache, dass es sich nicht um eine Verzauberung im eigentlichen Sinne handelt. Thomas ist nicht verzaubert und ebenso wenig ist es Erick. Ich bin nicht von der anderen Welt verzaubert und ebenso wenig sind Sie es, Miss Brown. Thomas ist nichts weiter als ein Platzhalter. Seine menschliche Form wird dazu genutzt, um die Energien aufzufangen, und weiterzuleiten. Unter anderem deswegen ist seine Aura so seltsam. Wenn er verzaubert wird, so wird es Erick und wenn er getötet wird, so stirbt Erick. Nur durch dieses System bleibt es erhalten und wir sehen nicht das Bild des Zerfalls, welches sich in jedem Experiment von Tom widerspiegelt."

„Zerfall?", fragte Emilia verdutzt, „Wir haben einen der Horcruxe in einem alten Black Versteck entdeckt. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob es wirklich ein Zerfall magischer Natur ist."

Dumbledore schmunzelte, „Das ist er, und verheerend noch dazu. Glücklicherweise ist so eine Bindung terminierbar, wenngleich auch ein hoher Energieaufwand dazu nötig ist."

„Wir haben die Verfluchten ja nicht entbunden, sondern nur das Artefakt zerstört. Ich nehme an, dass es bei Thomas nicht so läuft.", sagte Emilia.

„Bei Thomas ist es in der Tat etwas aufwendiger."

„Sie sagen es ist aufwendiger.", unterbrach ihn Emilia, „Nicht unmöglich."

Der Mann rührte sich nicht, „Das waren in der Tat meine Worte."

„Sie wissen also, wie man ihn von seinem Bruder löst?", hakte Emilia kalt nach.

„Wissen, Ahnung, Theorie. Ich bin mir nicht sicher, wie man es bezeichnen kann. Weiß ich es absolut sicher? Nein. Bin ich mir so sicher, wie man es zumutbar verlangen kann? Das bin ich schon."

„Wieso haben Sie nichts unternommen? Es waren schon so viele Jahre!", rief Emilia aus.

Er neigte ein wenig seinen Kopf, sodass er sie über seine Brille hinaus ansah, „Wenn man eine Figur aus dem Bild entfernt, dann ist nicht nur die Stelle kahl, an der sie gewesen ist. Es kann unvorhergesehene Konsequenzen haben."

„Also haben Sie in dem Fall lieber zur strategischen Entscheidung gegriffen."

„Es ist weit mehr nötig als bloße Zauberkunst, um Thomas zu retten. Es ist kein Stecker, den man ziehen kann, wie die Muggel sagen."

Emilia wusste nicht, was das heißen sollte, doch Dumbledore fuhr fort, „Außerdem."

Er kam sogar einen Schritt auf sie zu, sodass Emilia beinahe wieder einen Fluch gesprochen hätte, „Außerdem, Miss Brown, können wir nicht vorhersehen, was mit Thomas geschieht, wenn er befreit wird. Wird er altern? Hat er danach noch dieselbe Kontrolle über seine Magie, wie er sie jetzt hat? Wird der Schock, der durch seinen Körper fließen wird ihn vielleicht töten? Etwas verrät mir, dass Sie ein besonderes Interesse daran haben, Thomas am Leben, am Stück, und, wenn ich mir die Anschuldigung erlauben darf, jung zu erhalten."

Emilia wusste nicht, was sie sagen sollte. Natürlich hatte er Recht. So viel Eingeständnis hatte sie schon noch. Doch so einfach wollte sie ihn nicht davonkommen lassen.

„Ich werde nicht aufhören, daran zu arbeiten."

Dumbledore lächelte leicht, „Das weiß ich. Ich weiß auch, dass Sie auf einen bestimmten Moment warten, um Ihre Experimente durchzuführen. Ich kann Ihnen sagen, dass es sich in der Tat um den richtigen Moment handelt. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob es funktionieren wird. Doch wenn die Zeit schlussendlich gekommen ist, sollten Sie sich selbst retten und nicht an den Strängen um Sie herum festkrallen."

Ein Kreischen unterbrach jede Antwort, die sie hätte formulieren können, und in einer Welle des Feuers verschwand Dumbledore mitsamt Fawkes.

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Ron versuchte, sich ein wenig zu sammeln. Die ganze Bewegung war nicht unbedingt einfach für jemanden, der normalerweise ein stabiles zuhause hatte. Sie waren wieder im Begriff, umzuziehen.

Thomas hatte sie mit den europäischen Streitkräften koordiniert. Die AAW hatte einige Angestellte nach Europa geschickt und sie waren gerade auf dem Stützpunkt angekommen.

Soldaten des NATO Stützpunktes versuchten, die Krise ein wenig zu bändigen. Es gab viele Aufgaben und die Unsäglichen konnten ein wenig bei der Koordinierung helfen, doch war es insgesamt einfach ein zu hoher Aufwand. Sie konnten England nicht einfach so evakuieren. Es waren zu viele Menschen und Voldemort hatte die Insel fest im Griff. Millionen von Menschen waren weiterhin auf der Insel eingeschlossen und sie konnten kaum etwas dagegen tun.

„Sind alle da?", fragte sein Vater nun an alle gewandt. Ron war stolz darauf, was für ein integraler Bestandteil seine Familie für die Missionen war. Sie waren nicht nur für die Versorgung zuständig, sondern hatten noch viel mehr im Petto.

Charlie war noch immer in Rumänien, doch da es eine der Routen war, über die sie Nahrung bekamen, sorgte er auch dafür, dass sie sie erhielten. Percy sorgte auf der anderen Seite dafür, dass alles ankam. Irgendwie stellte er sich als äußerst geschickt heraus, was geheime Handelsrouten anging.

Bill war fast der einzige Kontakt zu den Kobolden, da diese sich verbarrikadiert hatten. Ab und zu lieferte sich Voldemort kleinere Schlachten mit den Kobolden und versuchte wohl, ihre Versorgung zu ersticken, doch Bill hatte ihnen versichert, dass es den Kobolden gut gehen würde.

Sein Vater war… überraschend. Nicht, dass Ron ihm das nicht zugetraut hätte, und immerhin war er ja Abteilungsleiter gewesen, doch Ron hatte seine Bastelfreude immer als eher… hobbymäßig empfunden. Doch sein Vater lieferte erstaunliche Resultate. Sie hatten Muggelgeräte, Motoren und dergleichen und Arthur konnte sie für sie reparieren. Arthur wusste, wie bestimmte Dinge funktionierten und mit Thomas zusammen konnte der Mann sogar Schusswaffen reparieren. Er war ein Tüftler.

Das galt auch für Fred und George. Wenn Ron sie mal zu Gesicht bekam. Sie waren aber eher Tüftler magischer Natur. Sie waren exzellent in Zaubertränken – und nachdem Molly sie dazu zwingen konnte, brauten sie jetzt auch alltäglichere Tränke. Doch nicht nur das – sie bauten Fallen, Verstecke und Dinge, die sich Ron zunächst überhaupt nicht vorstellen konnte. Ihre Beiträge waren erheblich.

Ron selbst war sich gar nicht sicher, was seine Rolle war, doch er versuchte sich dort einzubringen, wo es ging. Es war ja nicht so, als würde er Sprechstundenzeiten haben. Es war vielmehr so, als würden die anderen planen und organisieren und wenn sie sich relativ sicher waren, was die nächsten Schritte waren, erklärten sie sie ihm. Erst kürzlich hatte Percy vor ihm gestanden und versucht ihm so gestelzt es ging zu erklären, woher er diesmal die ganzen Sachen bekam. Ron war ein wenig belustigt gewesen. Es war als bat er ihn um Erlaubnis.

Das war aber noch nicht einmal das Beste – tatsächlich hatte Thomas dasselbe getan! Natürlich mit deutlich mehr Würde und er hatte eine so offene Frage gestellt, dass Ron ein wenig Kopfschmerzen bekommen hatte, doch Thomas hatte vor ihm gestanden und gefragt, was er tun sollte! Hätte er in dem Moment nur eine Kamera gehabt.

Vielleicht sollte er doch eine Sprechstunde einrichten. Eine Sprechstunde in der die Leute zu ihm kommen konnten und ihn fragen konnten, ob irgendwelche Entscheidungen gut waren. Vielleicht würde Ron den Tag erleben, an dem Dumbledore zu ihn kam und ihm so eine Frage stellte.

„Wann ist das Treffen?", fragte sein Vaterernst. Dumbledore war zu ihnen gestoßen. Sie waren noch immer nicht irgendwelchen Häusern oder… irgendwas zugewiesen worden. Ron wurde ein wenig ungeduldig.

„Das Treffen wird bald stattfinden. Ich habe im Vorfeld darum gebeten, dass mich Thomas begleitet.."

„Natürlich, Albus. Ich nehme nicht an, dass die Muggel etwas vom Zustand der Bevölkerung wissen?"

Albus schüttelte den Kopf, „Wir konnten sie überzeugen, keine Aufklärungen auf britischem Boden durchzuführen. Weiteres geschieht hoffentlich heute. Ich werde mich auch beeilen müssen."

Der Schulleiter verschwand mit schnellem Schritt. Er wirkte nach wie vor nicht so, als sollte er so schnell laufen können.

„Geht das mit den Muggeln klar? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie uns so gerne hier haben. Immerhin sind wir irgendwie Zivilisten.", fragte Ron seinen Vater.

Dieser zuckte kurz mit den Schultern, „Ich gebe zu, dass es vielleicht nicht sonderlich schlau war, sie als aller Erstes Dumbledore sehen zu lassen. Für die Muggel muss er wie ein Hippie wirken."

„Ein was?"

„Nicht so wichtig. Aber Thomas liegt das Militärische viel mehr und daher ist es gut, wenn er nun hier ist. Was die Häuser angeht… Wir bräuchten ja praktisch nur eines. Dass wir mehrere beziehen können, ist schon sehr gut. Eher am Rand des Stützpunktes. Wir wollen so weit es geht von den zivilen Einrichtungen weg sein. Hier leben einige Soldaten mit Familien."

„Die Familien sind hier auch? Ich dachte, das wäre ein Militärstützpunkt."

„Viele der hier stationierten Soldaten können ihre Familien mit hierher nehmen. Es ist immerhin eine permanente Einrichtung und keine Militärbasis im Kriegsgebiet. Die Nato ist hier eigentlich nicht von Gefahren umgeben."

„Aber jetzt gerade sind sie es! Wollen die Muggel ihre Familien nicht wegbringen?"

„Auf dem Festland sind die Muggel aktuell sicher und daher ist keine Evakuierung nötig. Wir werden zwar angegriffen werden, aber die IVZ kann Unsägliche zum Schutz abstellen. Wenn du mir aber einen Gefallen tun willst, wäre es schön, wenn du ein Auge auf Fred und George hast, während wir hier sind."

Ron konnte sich tatsächlich vorstellen, dass das vielleicht zum Problem wurde.

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Harry hatte im ersten Moment gezögert, wieder das Haus von Thomas aufzusuchen. Immerhin war er lange nicht mehr da gewesen, aber Thomas hatte recht– einige seiner persönlichen Dinge waren in diesem Haus und irgendwie gehörte er dazu. Als Thomas ihm gesagt hatte, er könne immer wiederkommen, hatte das natürlich ein anderes Gewicht.

Er kannte sie alle noch nicht sonderlich lange, aber die Geste war dieselbe. Man hatte ihm einen Ort angeboten, als ihm Voldemort Hogwarts genommen hatte. Als er die Tür öffnete, fiel ihm für einen Moment das Mädchen ein, dass ja jetzt auch hier leben musste. Er fragte sich wirklich, wie das nun laufen sollte.

Schnell empfing ihn Emilia mit überraschtem Gesichtsausdruck. Er hatte sich nicht angekündigt – da hatte sie recht, aber er hatte zumindest höflich geklopft. Außerdem lebte sie ja nicht offiziell dort.

„Hast du frei oder was?", fragte sie prompt.

„Gewissermaßen. Ich bin ja nicht sonderlich fest eingebunden. Ich glaube, dass die Zentrale mir etwas mehr Freiraum gibt, weil… Naja wegen dieser Sache mit der anderen Seite.", erklärte sich Harry.

„Solange sie dir nicht einen Auftrag nach dem Anderen geben ist ja alles gut. Hast du darüber nachgedacht, zur Schule zu gehen?"

„Ich nehme doch an, dass ich die Tests auch unabhängig nehmen kann? Kann die Zentrale da nichts dran drehen?", fragte Harry direkt zurück. Anders als vor zwei Jahren wirkte das Konzept, in eine Schule zu gehen, weniger erfreulich als früher. Obwohl er, wenn er sich kurz hinterfragte, sowieso unsicher war, wieso er Hogwarts so mochte. Seine Erlebnisse im ersten Jahr waren beinahe traumatisierend gewesen.

"Woran arbeitest du überhaupt?", fragte Harry nach einer Weile. Er erspähte einige Zeichnungen, Bücher, und sogar einige Berechnungen. Doch woran Emilia arbeitete, hatte er keine Ahnung.

„Eigentlich ist es nicht nur meine Arbeit.", antwortete sie.

Am Rande des Tisches, unter mehreren Stapeln von Berichten aus der Zentrale, war eine Akte versteckt, die Harry sehr bekannt vorkam.

„Thomas?", hakte er nach und zog die Akte vorsichtig unter dem Stapeln hervor. Emilia war ihm noch immer abgewandt, doch nickte ein wenig.

Er nahm die Akte in die Hand und es war in der Tat genau die Akte, die er den anderen vorgelesen hatte. Als er sie jedoch aufschlug, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass er nichts verstehen konnte. Sie war auf Deutsch.

„Gibt es…", setzte er an, doch er kannte die Antwort bereits. Es gab nur eine Akte und es machte absolut Sinn, dass sie auf Deutsch geschrieben war. Thomas hatte ihm die Akte gegeben, um ihn zu testen. Ob er Deutsch sprechen konnte. Sogar den vielleicht schlimmsten Moment der Beiden konnte sein Mentor noch in eine Lektion umwandeln. Harry war sich nicht sicher, wieso er sich von Thomas nicht manipuliert fühlte, obwohl dieser das ebenfalls tat. Vielleicht lag es daran, dass Thomas Manipulation viel weniger gefährlich war als die von Dumbledore.

„Ich war auch verwundert, dass du die Akte vorgelesen haben sollst. Ich dachte erst, Thomas macht einen Witz aber ich hätte es natürlich besser wissen müssen.", erzählte Emilia.

„Ich mag nicht, dass ich ohne Vorwarnung Dinge anders sehe als sie sind. Was ist, wenn ich irgendwann die falschen Schlüsse ziehe und jemanden in Gefahr bringe? Aufgrund einer so banalen Tatsache, dass ich Dinge auf Englisch lese, die auf Deutsch geschrieben sind?"

Emilia zuckte mit den Schultern. Sie war wieder zu tief in ihre Arbeit versunken, um seinem Geheule zuzuhören. „Frag doch die andere Welt."

„Was machst du eigentlich genau? Geht es um Thomas Verbindung zu Erick oder darum, was geschieht, wenn Voldemort Erick freisetzt oder tötet?"

„Ich glaube, dass die Hoffnung des dunklen Lords schon ist, Erick kontrollieren zu können. Dumbledore scheint sich ja sehr sicher zu sein, dass man das nicht kann, daher decke ich alle Eventualitäten ab.", antwortete Emilia murmelnd.

„Und was ist mit der Verbindung?", fragte Harry nun, ehrlich neugierig, „Hast du da Fortschritte gemacht?"

„Zerstör die Flasche dort hinten. Die mit dem grünen Glas."

Harry wandte sich um und auf dem Küchentisch stand eine dunkelgrüne Flasche, in der Öl gewesen war.

Mit etwas Konzentration ließ er die Flasche zerplatzen – versuchte es jedenfalls. Doch es war nicht diese Flasche, die zersprang.

Hinter ihm knallte und klirrte es. Als er sich umwandte, sah er, wie eine Vase zerbrach.

„Hä…", setzte er an.

Emilia schmunzelte von ihrer sitzenden Position, „Es handelt sich um ein Austauschzauber. Ich bin natürlich nicht von alleine darauf gekommen. Tatsächlich agiert die Verbindung zwischen Thomas und Erick als eine Art… Tunnel. Wenn Thomas getötet wird, so spürt Erick den Effekt."

„Aber was hat das mit Altern zu tun? Thomas altert ja auch nicht.", warf Harry ein und Emilia zuckte mit den Schultern.

„Es ist Magie. Es muss keinen Sinn machen. Aber wenn du eine Idee hast, wie das zusammenpasst, die besser als meine Idee ist, würde ich sie natürlich gerne hören. Aber du solltest ja eigentlich genug zu tun haben."

„Wieso das?"

„In einer Woche ist Weihnachten. Ich nehme an, dass du Hals über Kopf in Geschenkvorbereitungen bist.", erwiderte Emilia.

Harry hielt inne, „Feiern wir jetzt Weihnachten? Seit wann? Letztes Weihnachten waren wir auf der Flucht und haben beinahe Leute verloren. Schüler sind blutend und weinend abends angekommen und wenn ich mich recht entsinne, hat jemand ein Elternteil verloren."

Emilia blickte zu ihm auf, „Wenn wir erlauben, dass der Krieg uns steuert, dann haben wir verloren. Ich hoffe, dass du etwas aus deiner Beziehung zu Lovegood lernst. Wenn es eine Sache ist, die du dringend nötig hast, dann ist es die Fähigkeit, auch mal abzuschalten. Glaubst du Thomas kommt nach Hause und geht in Stasis bis er am nächsten Tag wieder zur Arbeit springt? Wir haben einen Filmeabend gemacht, wenn es dich interessiert. Echte Muggelfilme auf VRS."

„Thomas hat wirklich Zeit für einen Filmeabend?"

„Bei uns ist es nun mal anders als bei den Muggeln. Ich kann von jetzt auf gleich in Amerika sein. Ich kann überall auf der Welt sein. Wir haben Portschlüssel, die uns von der Zentrale wegbringen können. Starke Energien sind dafür am Werk. Es läuft bei uns einfach nicht wie in der Muggelarmee, sondern eher wie bei der Polizei. Außerdem muss Thomas auch darauf achten, dass er psychisch jahrelang weiter machen kann und das musst du auch. Wer weiß wie lange der Krieg noch dauert."

„Wir haben doch nicht wirklich vor, Voldemort die gesamte Insel für so lange zu überlassen?", erwiderte Harry entrüstet, „Wie viele Menschen müssen so lange darunter leiden?"

„Das ist nicht so einfach. Wir können dort nicht so leicht einmarschieren. Voldemort könnte sich entscheiden, persönlich viele unserer Unsäglichen auszuschalten. Wir würden hineingehen und 80% unserer Angestellten verlieren. Das ist eine Internationale Krise, ja, aber nicht die Einzige! Wir kontrollieren weiterhin Schatten und müssen auch darauf Acht geben, dass magische Straftäter gefangen werden. Vor allem, wenn die Muggel nicht weiterkommen."

„Gibt es so etwas wie Abwägung nicht? Es sind zwar Menschenleben auf dem Spiel aber durchaus weniger als sich gerade noch in England befinden."

„Dann kommen wir wieder zum Problem zurück, dass wir unsere Leute nicht verheizen werden."

Harry hielt einen Moment inne, lehnte sich gegen eine der Wände und besah sich das Haus von Thomas. Emilia hatte einige Änderungen vorgenommen.

Wenn du wirklich Dinge verändern möchtest, kann ich dir das ermöglichen. Es ist aber kein einfacher Pfad und der Kampf gegen die dunklen Mächte in England ist sehr schwierig., sprach die Stimme.

„Ist alles in Ordnung?", fragte Emilia darauf. Harry hatte überhaupt nicht bemerkt, dass etwas nicht stimmte, aber ihm war wohl anzumerken, dass die Stimme mit ihm sprach.

„Ich… Du weißt, dass ich eine Stimme höre, oder?", erwiderte Harry.

„Die du schon seit längerem hast. Ich dachte, das sollte abnehmen?"

„Das hat es insgesamt auch, aber nicht komplett. Ich bin nicht sicher, wann sie weg geht, aber… Es ist als wäre die Stimme eine Art Abkürzung für mich. Als würde sie mir Dinge ermöglichen, für die ich sonst viel länger brauchen würde."

„Du musst aber bedenken, dass du, nur weil du etwas kannst, es nicht unbedingt auch tun solltest."

Das war die perfekte Vorlage für Harrys eigentlichem Besuchsgrund.

„Glaubst du, dass es sich lohnt, Thomas von Erick zu trennen? Was ist, wenn Erick dann einfach unkontrolliert weiter wütet? Er könnte unzählige Menschen töten."

Emilia richtete sich prompt auf und starrte ihn an, „Glaubst du ich hätte mich nicht bereits ausgiebig damit beschäftigt? Ich muss es ja trotzdem erforschen, egal, ob es am Ende zu einem Ergebnis führt oder nicht. Ich kann nicht glauben, dass ich das ständig Leuten erklären muss! Ich bin die EINZIGE, die sich mit dem Problem befasst und sonst weiß NIEMAND etwas! Wir glauben alle nur Thomas und Dumbledore, dass sie ja wüssten, was sie tun! Und Thomas ist auch nur eine Marionette von Dumbledore! Der Mann ist steinalt und all unser Wissen sollen wir deswegen nur von ihm beziehen? Hast du mal davon gehört, dass man starr und engstirnig wird, wenn man sein Wissen nur von einer Quelle bezieht?"

Harry musste sich eingestehen, dass das Sinn machte. Aber er hatte Thomas gesagt, er würde es zumindest versuchen. Wenn er Emilia so ansah, war er vermutlich auch nicht der Erste, der das versuchte.

„Was ist mit der Kleinen? Wenn hier alles platt ist, dann wird auch sie sterben."

Emilia sackte ein wenig zusammen, „Glaub nicht, dass ich nicht damit rechne, dass ihr etwas passiert. Ich weiß doch auch, dass sie normale Kontakte braucht. Wenn sie halbwegs sozialisiert ist und mit normalen Menschen arbeiten kann, dann wird sie das auch. Ich weiß doch, dass sie zur Schule gehen muss. Und das wird sie auch – in Amerika mit den Anderen. Aber tu nicht so als würde das irgendetwas zur Sache tun. Voldemort befreit Erick früher oder später – egal, was er sich davon verspricht. An mir liegt das nicht oder beschuldigst du mich als nächstes, ich würde für ihn arbeiten?"

„Nein, aber du solltest auch wissen, dass es sehr, sehr starke Mächte sind, mit denen wir es hier zu tun haben."

„Wenn du möchtest, kannst du mir dann ja helfen.", sagte Emilia darauf. Es klang aber nicht ungeplant. Es war, als hätte sie bereits gewusst, dass sie ihn danach fragen würde. Aber Harry war sich nicht sicher, wieso er das so spät hörte.

„Bei dem Experiment?", fragte Harry verdutzt.

Emilia schüttelte den Kopf. „Das Experiment ist im kleinen Rahmen und nicht an einer Seele. Doch die Schattenmagie macht dazwischen glücklicherweise keinen Unterschied. Wir sind aber, wie du so schlau bemerkt hast, auf einer anderen Größenordnung. Ich werde also Energien steuern und du wirst sie für mich sammeln."

„Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe."

„Was ist die erste Lektion der Schattenmagie? Was tust du im Kampf gegen Gegner?"

„Öhm… Ausweichen?", fragte Harry stutzig nach.

„Du bist heute erstaunlich langsam. Bezüglich der Magie du Depp."

„Gleiches mit Gleichem bekämpfen?", fragte er dann nach, sich an eine Lektion von Thomas erinnernd.

Emilia nickte, „Genau. Während ein Normalmagier sich durch Gefühle und Wünsche leiten lässt – und die Magie ihn dann dahin trägt, wie beim Aufweckzauber, ist das bei uns nicht so. Unsere Magie funktioniert so nicht. Daher ist es viel einfacher, die Magie zu spiegeln als zu versuchen, ein Kontra zu formulieren. Dafür wärst du sowieso zu langsam."

„Hey!"

„Was also benötigen wir für das Trennen eines starken Seelenbundes, wie er zwischen Thomas und Erick existiert?"

Das ging Harry ein wenig zu weit.

„Ich bin nicht sicher, was du da vorschlägst und glaube nicht, dass ich an dem teilhaben möchte.", erwiderte Harry langsam.

„Jetzt empfindest du es auf einmal als Unrecht? Vorher hattest du auch keine Skrupel, Todesser zu töten. Diejenigen, die die Seelen von vielen Menschen als Geisel halten und noch mehr damit beeinflussen. Ich sage ja nicht, du sollst ihre Seelen vernichten. Du sollst sie fangen und so lange im Zaum halten, bis ich die nötige Energie habe das Band zu trennen."

„Ich glaube nicht, dass ich über Seelen von Menschen verfügen möchte."

„Das tust du nicht. Wir manipulieren ja keine Seelen, das kann kein sterbliches Wesen. Wir sorgen dafür, dass der kleine Schubs, den die Seelen beim Tod des Wirts bekommen, für uns arbeitet."

„Das kommt mir dennoch nicht richtig vor und ich habe diese Gabe noch nicht einmal. Ich glaube, dass du das ein wenig zu pragmatisch siehst."

„Na schön.", murmelte sie und stand auf. Sie stand schnell vor ihm und stupste ihm unsanft gegen die Brust.

„Ich gebe dir etwas Zeit. Ich sehe schon, dass du erstmal nachdenken musst. Du hast zwei Möglichkeiten. Entweder du hilfst mir oder sorgst dafür, dass ich nicht in der Mitte meiner Arbeit abkratze. Ich glaube schon, dass du ein Interesse daran hast, dass ich die Seelen am Ende wieder frei lasse."

„Und du ignorierst dabei die dritte Möglichkeit.", sagte Harry vorsichtig.

Emilia lachte freudlos, „Ja genau, kämpf gegen mich. Das würde ich gerne sehen. Wenn du nichts Konstruktives zu sagen hast, dann verschwinde bitte."

Sie war sonst so einfühlsam und nett. Harry war sich nicht sicher, wieso sie nun auf einmal so kalt war. Vermutlich war sie es einfach leid, dass man sie aufzuhalten versuchte. Doch ihr Plan war durchaus ein wenig böser als es ihm lieb war, egal, wem sie damit schadete.

Sie wird ihre Lektion lernen. Aber es ist nicht an dir, ihr diese Lektion beizubringen. Letztendlich ist es deine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie nicht stirbt und ihr Werk vollenden kann.

Ach herrje.

X

X

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Es waren aus einigen Metern Entfernung bereits unterschiedliche Geräusche zu hören. Hermine und Ron waren sich nicht sonderlich sicher, ob sie sich so einfach nähern konnten. Sie waren auf Patroullie und das schloss an diesem Tag auch ein, dass sie das neue… Versteck von Fred und George begutachteten. Sie zogen alle gerade um und ihre neue befestigte Wohnanlage bot keinen Platz für die Experimente der Beiden. So zogen seine Brüder es vor, sich in einem nahegelegenen Wald zu verschanzen, wo sie weniger gestört wurden.

Als sie endlich sahen, um was es sich handelte, stieg in Ron die Verwirrung und er war auch ein klein wenig genervt. Oben auf einer der Birken thronte eine Holzplatte mit doch sehr massiv aussehenden Wänden. Sie hatten sich doch allen Ernstes ein Baumhaus gebaut. Ob das so sicher war? Ron mochte sich nicht ausmalen, wie groß der Anteil an magischer Unterstützung bei der Stabilität dieses Baumhauses war.

„Fred? George?", rief Ron direkt hoch. Er wollte nicht erst probieren, hoch zu klettern nur um festzustellen, dass es einen fiesen Mechanismus gab, der ihn daran hindern würde.

Es raschelte sehr laut. Irgendwer rief „Finite!" und es dauerte eine halbe Minute, bis der Kopf einer seiner Brüder sich zu ihnen hinausstreckte.

„Hallo Ron! Hallo Hermine! Wir haben ja überhaupt nicht mit Besuch gerechnet! Sollen wir euch hineinbitten?", fragte Fred darauf.

„Das wäre nett, ja.", erwiderte Ron platt.

„Ihr solltet hochsteigen können. Wenn euch irgendetwas komisch vorkommt, sagt besser direkt Bescheid."

Das klang nicht gerade aufmunternd. Ron betastete die Leiter und fand eigentlich, dass sie normal wirkte. Aber es gab auch vollkommen normale Bonbons, die seine Brüder herstellten, und sobald man sie tatsächlich im Mund hatte, bemerkte man, wie wenig normal sie eigentlich waren.

Natürlich war das eigentliche Baumhaus von innen deutlich größer. Wieso sollten Fred und George sich auch mit dem Platz begnügen, den sie so zur Verfügung hatten? Es machte keinen Sinn und seine Brüder stellten sich sehr geschickt mit dieser Art von Zauber an. Hermine war wenige Sekunden nach Ron oben angekommen und begutachtete sogleich die Zauber, die hier wirkten.

„Das ist eine magische Leiter. Sie wurde nicht beschworen und besteht nicht aus echtem Material.", sagte Hermine anerkennend.

Fred nickte ruhig, „Wir dachten, dass es besser ist, wenn es so läuft. Wir wollen ja auch nicht, dass einfach so Leute hierhin kommen können. Außerdem sind die gefährlichen Stoffe alle in einem Teil, der nicht von dem Ausdehnungszauber betroffen ist. Die Klappe in der Decke meine ich."

„Was macht ihr hier eigentlich? Ich habe euch auch seit sehr langer Zeit nicht gesehen!", murmelte Ron, ein wenig anschuldigend. Natürlich war er anschuldigend! Wäre er in der Schule, hätte er deutlich mehr Menschen um sich herum. Da sie mehr oder weniger auf der Flucht waren, zählte jede Person. Selbst Luna.

„Unsere Talente beziehen sich nicht auf Flüche oder Zauber. Wir können auch keine großartigen Verwandlungen machen oder Killerraben beschwören. Wir können aber Bomben bauen. Buchstäblich."

„Wir helfen bei der Erstellung kleinerer Objekte, die man im Kampf einsetzen kann. Immerhin hilft sogar Gestank gegen menschliche Gegner. Schatten sind da natürlich nicht eingeschlossen."

„Wir bauen Fallen. Wir können kleinere Zauber bannen. Man braucht dafür noch nicht einmal besondere Kristalle. Wir können Dinge mit Zaubertränken… naja… tränken.", führte Fred aus.

„Auf dem NATO Stützpunkt ist das wohl nicht einfach oder?"

„Du sagst es. Außerdem pfuschen uns nachher noch die Muggel überall rein und da haben wir keine Lust drauf. Wenn mir jemand Militärisches auf den Geist geht dann kann Thomas das sehr gut übernehmen."

„Ihr seid so…", setzte Ron erst an.

„Ernst?", hakte Fred dann nach.

„Weißt du, wenn man versucht ein Geschäft zu eröffnen aber einem Todesser und Schatten überall in der Winkelgasse alles plattrennen, dann verliert man den Humor schon manchmal. Niemand hat sich auf die Straße getraut und es war ja mehr oder weniger klar, dass niemand nach Hogwarts würde zurückkehren können. Wir haben vielleicht die Hälfte der Zauberer in England, die ursprünglich dort waren. Viele sind geflohen. Die Muggel hatten weniger Glück.", erklärte George grimmig.

„Ihr wart doch so erfolgreich damit! Als wir das letzte Mal dort waren, war es voll!", erwiderte Hermine.

„Ja aber die Leute wollen schon eher Leben als Spaß.", erwiderte Fred darauf, „Aber es soll uns ja nicht aufhalten. Wir können weiter tun, was wir möchten, und dann werden wir wieder durchstarten. Hoffen wir nur, dass es bald vorbei ist."

„Weil man mit Stinkbomben so gut den Krieg gewinnen kann?", fragte Ron, etwas ironisch.

„Nein, aber Ablenkungen und Schattenspiele helfen dabei, zu entwischen und nicht zu sterben."

Fred und George waren beide sehr unruhig.

„Ist irgendwas passiert?", hakte Ron nach, der das Gefühl hatte, dass irgendetwas falsch sein musste.

Fred und George sahen sie beide an und hielten einen Moment inne.

„Katie Bell ist die Einzige von unserem Team, die noch mitgekommen ist. Oliver dachte es wäre gut, bei seinen Eltern zu bleiben um sie zu schützen. Angelina war bei ihren Eltern. Ratet mal was geschehen ist."

Ron kannte die beiden nicht so gut wie die Zwillinge, aber er konnte sehr gut nachvollziehen, dass das wehtun musste. Er wusste aber auch nicht so richtig, was er sagen sollte.

„Seid einfach vorsichtig, mehr möchten wir gar nicht.", sagte Hermine dann ruhig.

Sie ließen sie relativ schnell wieder alleine. Ron und Hermine liefen ein wenig zu Fuß, um nicht in direkter Nähe zu den Zwillingen zu apparieren. Es war kalt und es würde bald wieder richtig Winter werden. Es war immerhin kurz vor Weihnachten.

„Glaubst du, dass wir je wieder zurück können?", fragte Hermine nun, „Sie hatten etwas Großartiges geschaffen mit dem Laden. Selbst ich muss das zugeben. Ich weiß echt nicht, wie das werden soll."

„Ich glaube wir werden so mit Wiederaufbau beschäftigt sein, dass sich solche Fragen erstmal überhaupt nicht stellen. Wir werden aber auch ganz andere Probleme bekommen.", antwortete Ron.

„Es muss sehr schlimm für dich sein. Du bist es ja gewöhnt, einen sehr festen Stand zu haben. Ihr seid nie umgezogen oder?"

„Man kann das glaube ich nicht mit Umziehen vergleichen. Aber du hast recht. Es war schwer am Anfang, ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt und ich habe mein Bild von einem Zuhause ein wenig angepasst."

„Ach und wie?"

„Naja… Wo meine Familie ist, da ist mein Zuhause. Wo meine Freunde sind oder die Menschen, die ich mag. Ich bin ja nicht unbedingt gerne im Fuchsbau – viel wichtiger ist es doch, noch alle beisammen zu haben. Ich bin einfach gerne, wo meine Familie ist. Ich bin ja auch gerne da, wo du bist."

Das war Ron mehr oder weniger rausgerutscht und er ging danach einfach stur weiter nach vorn. Als wäre es das Normalste der Welt gewesen, so etwas zu sagen. Merlin sei Dank kommentierte Hermine es in dem Moment nicht, sondern lief ein paar Schritte mit ihm, ehe sie ein anderes Thema anschnitt.

„Was glaubst du machen die Anderen in Amerika?", fragte sie dann.

Ron zuckte mit den Schultern, „Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich überhaupt kein Konzept dafür, wie es in Amerika aussieht. Ich nehme mal nicht an, dass es so ist wie hier, nach allem, was wir über die AAW wissen. Warst du schonmal da?"

Hermine schüttelte den Kopf, „Wir haben unsere Urlaube normalerweise in Frankreich verbracht. Es ist immer eine schöne Zeit gewesen, aber ich frage mich natürlich, wie es da so ist. Aber als Muggelgeborene habe ich natürlich ein wenig mitbekommen. Irgendwie verkaufen sie das Bild von dem Land, in dem alles möglich ist, sehr gut."

„Das Land, in dem alles möglich ist?", hakte Ron neugierig nach, „Davon habe ich noch nie gehört"

„Der Muggelteil, wohlbemerkt. Ich weiß nicht, wie es in der Zauberergemeinschaft aussieht.", gab Hermine zu denken.

Für einen Moment hielt Ron inne, „Glaubst du, sie werden da einfach auf die Zaubererschulen geschickt? Ich kann mir nicht vorstellen, so umgezogen zu werden."

„Wenn wir Glück haben können sie… nach einem Jahr… Vielleicht auch nach zwei Jahren wieder zurück."

„Das muss furchtbar für die Erstklässler sein. Oder viel schlimmer für die Kinder die noch gar nicht in Hogwarts waren. Ich weiß nicht, wie viele von diesen Familien wir auflesen konnten."

„Leider ist es in Hogwarts viel einfacher, die Eltern darauf aufmerksam zu machen. Es gibt zwar die Kartei aber… Es verursacht Aufsehen, wenn Dumbledore frühzeitig auf Eltern zugeht – besonders, wenn es Muggelgeborene sind, die ihr erstes magisches Kind haben."

Was für ein deprimierender Gedanke.

Es verging ein Moment in betretener Stille, bis Hermine nochmal das Thema wechselte. Oder vielmehr – zum alten Thema zurückkehrte.

„Ich bin auch gerne da, wo du bist.", sagte sie zu ihm und küsste ihn auf die Wange.

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Sie hatten es tatsächlich getan – Harry hatte ja noch die größten Zweifel, und Hermine konnte es ihm nicht verdenken. Doch sie hatten alle Überlebenden in einem Mehrzweckraum des Stützpunktes zusammengeführt und feierten nun Weihnachten. Vielleicht auch eher die Sonnenwende für die anwesenden Zauberer.

Doch sie machte viel mehr als nur die Ordensmitglieder aus – und selbst da war es schon ein Wunder, dass alle Weasleys auf einem Fleck waren. Hier standen zudem noch einige Unsäglichen und sogar Bridger war hier. Die Professoren aus Hogwarts waren beinahe vollzählig hier – und dazu noch Madame Pomfrey und Filch mit seiner Katze.

Was sie allerdings nicht wunderte, war die plötzliche Explosion in der Nähe der Zwillinge. Irgendetwas knallte laut und ein Rasseln ging durch den Raum.

Hermine hörte erstaunte Laute der Anwesenden. Ein paar standen noch ziemlich an der Seite und schienen sich nicht sonderlich unter das Volk mischen zu wollen. Hermine machte Thomas aus, wie er etwas weiter entfernt mit Dumbledore redete. Sie sahen beide irgendwie unentspannt aus, was Hermine ihnen auch nicht verdenken konnte.

Harry saß weiter entfernt und tatsächlich saß er sogar alleine. Hermine ließ den Blick über die Menge schweifen und sah, wie Luna sich an einem der Tische am Essen bediente.

„Alles okay?", fragte sie Harry, nachdem sie zu ihm gegangen war. Harry sah in eine Feuerstelle, die überhaupt nicht in den Raum passte, egal, wie viel Deko noch dazu gezaubert war.

„Japp, alles super. Ich bin nur etwas in Gedanken. Aber nicht meine Sache, mir geht's gut."

„Wenn du mir das noch einmal sagst, dann glaube ich dir."

„Mir geht's nochmal gut?", erwiderte Harry grinsend.

Hermine rollte mit den Augen und setzte sich zu ihm.

„Ron hat sich entwickelt, oder?", fragte Harry nun von der Seite.

„Naja schon, aber wie kommst du jetzt gerade darauf?", fragte Hermine verdutzt. Ron stand bei seiner Familie und schien sehr glücklich.

„Es ist vielleicht nicht leicht zu sehen.", gab Harry zu, „Aber wenn man es genau betrachtet, hat sich Ron vermutlich am Meisten geändert. Schau mal, er ist richtig stolz. Und nicht, weil er selbst jetzt so eine große Rolle im Krieg hat und mehr im Mittelpunkt ist…"

„Obwohl er das sicher auch genießt."

„Na gut, ja, aber was ihn gerade viel mehr beschäftigt ist, wie seine Familie zusammenarbeitet und Menschen hilft. Er ist stolz für sich und seine Familie. Statt das Gefühl zu haben, er stünde im Schatten seiner Brüder, freut er sich mit ihnen."

„Ja…", setzte Hermine an. Ron hatte wirklich gute Veränderungen hinter sich.

„Ob er Beziehungsmaterial ist?", fragte Harry nun ohne Vorwarnung und hätte Hermine ein Getränk in der Hand gehabt, hätte sie es fallen gelassen.

„Wie bitte?", entgegnete sie ruhig und wandte den Blick ab.

„Du hast mich verstanden. Ich weiß, dass Rons Veränderungen durchaus tragischer Natur sind, aber am Ende zählt nicht nur das Endresultat, sondern auch, wie sich eure Freundschaft dadurch ändert."

„Seit wann bist du nur so?", zischte ihn Hermine an. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass Harry auf einmal einen Abschluss in Psychologie hatte.

„Glaub mir, wenn ich dir sage, dass eure Beziehung nicht die Schwierigste ist."

Mit diesen Worten stand Harry auf und ließ Hermine zurück.

Es knallte nochmal und jemand rief „Hey!"

Fred und George lachten ausgelassen, während Ron anfing zu husten und nach draußen ging um frische Luft zu schnappen. Gott sei Dank würden sich manche Dinge nie ändern.

Harry ging auf Jason und Alexander zu, welche anscheinend versuchten, irgendein Trinkspiel mit einem kleinen Ball zu spielen. Vielleicht tranken sie einfach auch nur viel.

„Es sind echt alle hier, was?", fragte er belustigt.

Jason drehte sich ein wenig zu schnell zu ihm um und verlor das Gleichgewicht. Anscheinend wurde er ebenso ungeschickt wie Tonks, wenn er trank.

„Weißt du es arbeiten mehr Leute in der Zentrale als nur wir. Wir können ruhig mal alle frei nehmen. Selbst Thomas hat einen guten Ersatz!"

„Ich kenne absolut keine anderen Führungskräfte außer Thomas."

„Das kann ich aber auch verstehen. Immerhin bist du in Thomas Bereich. Ich arbeite für jemand Anderes – ob du es glaubst oder nicht, ich nehme normalerweise keine Befehle von Thomas an."

Jasons Ausdruck machte zwar keinen betrunkenen Eindruck, allerdings war seine Haarfarbe nicht so stabil wie sie es normalerweise war.

Als ihn eine strenge Stimme mit schottischem Akzent von hinten ansprach, schreckte er ein wenig zusammen.

„Mister Potter.", grüßte ihn McGonagall.

Als er sich umwand war er sich nicht sonderlich sicher, ob sich seine ehemalige Lehrerin freute, ihn zu sehen.

„Professor McGonagall?", fragte Harry und fühlte sich ein wenig dumm. Natürlich war sie es.

Jason versuchte sich im Hintergrund unauffällig wegzubewegen. Harry hatte schon gehört, dass er mehr mit seiner Lehrerin für Verwandlung zu tun gehabt hatte, und mit seiner Gabe war das auch nur natürlich.

„Mister Potter Ihnen wird aufgefallen sein, dass ich seit mehr als einem Jahr keine Professorin mehr bin. Die Schüler die mir aber verblieben sind, schaffen es doch tatsächlich mir fast so viel Arbeit zu machen wie ein ganzer Jahrgang.", erwiderte sie, mit einem Seitenblick zuerst auf Fred und George und dann auf Jason, welcher sich gerade ebenfalls zu den Zwillingen gesellt hatte.

„Was machen Sie mittlerweile überhaupt?"

„Ihnen wird nicht entgangen sein, dass die ganzen Familien, die noch hier sind, Schutz benötigen."

„Sie hatten keine Wahl, oder? Mit den Schülern mitreisen wurde Ihnen verwehrt?"

Professor McGonagalls Nasenflügen blähten sich bedrohlich, doch bevor sie zu einer Tirade ansetzen konnte erschien Thomas. Er nickte der ehemaligen Lehrerin respektvoll zu.

„Wir haben alle unser Los zu tragen und unsere Pflichten zu erfüllen. Der einzelne Angestellte der Zentrale wird vielleicht entbehrlich sein, aber bestimmte Menschen sind es nun mal leider nicht.", erklärte Thomas.

Für einen Moment dachte Harry er würde sehen, wie seine ehemalige Hauslehrerin Thomas zusammenstauchte, doch dann nickte sie nur ernst. „Natürlich."

„Dürfte ich ihnen Harry kurz entführen?", fragte Thomas.

McGonagall betrachtete ihn belustigt. „Ich bitte darum Unsäglicher Thomas", sagte sie mit einer einladenden Handgeste, „immerhin ist er mittlerweile ihr Schüler."

Als Thomas und Harry in einer ruhigeren Ecke des Raumes standen, kam Thomas direkt zur Sache. „Bitte sorge doch dafür, dass Emilia nicht zu viel trinkt."

„Wenn du sie jetzt jedes Mal auf mich abwälzt, möchte ich aber eine Entschädigung dafür. Das ist ja praktisch ehrenamtlich.", witzelte Harry.

„Ich bin mir einfach nicht sicher, wie sie sich das alles vorstellt und ich möchte mich um ehrlich zu sein jetzt auch nicht damit befassen.", erwiderte Thomas, bevor er sich umdrehte und zu Aberforth ging, wo er den widerwilligen Mann in ein Gespräch verwickelte.

Harry versuchte Ausschau nach Emilia zu halten und fand sie schnell, als sie sich noch ein Getränk von einem der Tische nahm.

„Sollst du wieder auf mich aufpassen?", fragte sie sofort, als er ankam, „Thomas ist zwar gut in Konflikten, aber wenn es etwas Persönliches ist, macht er trotzdem schnell die Biege."

„Du musst zugeben, dass es bestimmt auch schwer für ihn ist. Er ist der Ansicht, dass er sterben wird.", erwiderte Harry ruhig, „Und wenn man weiß, dass man stirbt, ändert das so Einiges."

„Und ich bin sicher, dass du ein Experte darin bist. Hör zu, es tut mir leid wie ich zu dir war. Normalerweise bin ich nicht so. Ich bin nur frustriert. Ich weiß, dass das nichts mit dir zu tun hat, aber es ist trotzdem schwierig."

„Absolut kein Problem. Ich halte dir das nicht vor.", Harry hielt für einen Moment inne. Er musste daran denken, was die Stimme ihm gesagt hatte. Er hatte die letzten Wochen daran genagt. Schließlich fuhr er fort, „Ich bin gekommen um dir zu sagen, dass ich dir helfen werde."

Emilia sah überrascht auf, „Ach echt?"

Harry nickte, „Ich finde deinen Plan nicht gut aber ich möchte, dass du das nicht alleine machen musst. Nachher geht irgendetwas schief und niemand hat eine Ahnung, was passiert ist. Ich fürchte aber, dass ich überhaupt nicht genug bin."

„Wie meinst du das?", fragte Emilia dazwischen.

„Potter hat recht.", knurrte Aberforth dazwischen. Thomas hatte doch gerade erst mit ihm geredet.

Der Mann machte einen weiteren Schritt nach vorne, doch Emilia ließ sich nicht beeindrucken. Harry wich ein wenig zurück. Er wusste schon, wie ungemütlich der Mann werden konnte.

„Potter kann dich ein wenig vor Streuflüchen und dergleichen schützen, aber euer größtes Problem wird sein, dass er euch nicht dabei erwischt, wie ihr in seine Pläne funken wollt."

Harry mochte sich wundern, wer er in diesem Zusammenhang sein sollte, doch aus dem Kontext konnte er auf den dunklen Lord schließen.

„Ich werde euch ein eindeutiges Zeichen geben. Ich werde ihn ablenken. Ihr werdet nicht viel Zeit haben, also, egal was ihr vorhabt, macht es schnell.", knurrte Aberforth und dann war er wieder weg.

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Ron atmete tief die kalte Nachtluft ein. Nach dem ganzen Rauch von Fred und Georges Basteleien hatte er das dringend nötig. Dumbledore überraschte ihn. Doch anscheinend überraschte Dumbledore in letzter Zeit öfter die Leute. Ron wandte sich schlagartig um, als die Stimme des ehemaligen Schulleiters ertönte.

„Mister Weasley.", sagte er gutmütig. Ron wandte sich um und sah, dass Dumbledore es sich auf einer Parkbank gemütlich gemacht hatte.

„Brauchen sie etwas von mir?", fragte Ron nun vorsichtig. Es war normalerweise kein gutes Zeichen, wenn der Direktor etwas von einem wollte. Aber Ron wusste natürlich, dass sie sicher waren.

„Brauchen ist ein starker Ausdruck. Der Gedanke daran, etwas zu brauchen, ist normalerweise viel grundlegenderen Dingen vorbehalten. Nein, nein, ich bin aus einem anderen Grund hier.", sprach der Mann.

„Aus welchem Grund?", fragte Ron stutzig.

„Eine Geschichte.", erwiderte Dumbledore fröhlich. Erst jetzt sah Ron, dass Dumbledore in seiner ihm abgewandten Hand eine Packung Bonbons hielt und diese schneller verzehrte als es möglich sein sollte.

„Öhm ich bin mir nicht sicher, ob ich mir auf die Schnelle…", setzte Ron an, bis er das Offensichtliche begriff und sich zum Schulleiter setzte.

„Die Geschichte holt ein wenig aus, aber ich versichere Ihnen, dass es nötig ist, dass sie so weit ausholt.", leitete Dumbledore nun ein und Ron musste den Drang überwinden, die Uhrzeit zu prüfen. Doch wie lange konnte eine Geschichte schon sein?

„Ich möchte Ihnen die Geschichte eines Handels erzählen. Die Geschichte eines Handels jedoch, ist sehr schwierig ohne, dass man den Wert des Gehandelten schätzen kann. Wenn ich Ihnen sage, dass ich Ihnen etwas verkaufen möchte, dann werden Sie mit Sicherheit alle Details wissen wollen. In diesem Handel gibt es auch keine Scharlatane. Niemand behauptet, man könnte beide Dinge haben – den eigenen Besitz und den Besitz des Anderen. So etwas ist gänzlich unmöglich."

Ron versuchte, am Ball zu bleiben. Er hatte Glück, dass Dumbledore relativ langsam sprach, sonst hätte er ihn vermutlich verloren.

„Um Ihnen die Details für diesen Handel deutlich zu machen, muss ich sehr ausholen. Und wir werden uns ein paar Fragen stellen. Bei manchen halte ich die Antwort für einfach und ich denke, dass sie meinen Schlussfolgerungen auch zustimmen werden. Bei anderen werden wir unterschiedlicher Meinung sein. Dann gibt es eine Frage, die zu beantworten mich bereits eine Weile beschäftigt.

Die Geschichte des Handels beginnt mit einem Mann in seinen Jugendjahren. Ein törichter Mann, aber man kann das nicht auf Jugendjahre abschreiben. In meinen Jahren habe ich gelernt, dass es fehlgeleitete Menschen aller Altersklassen gibt und dass niemand davor gefreit ist. Die Torheit dieses jungen Mannes war es allerdings, sich mit allen seinem Glauben auf eine bestimmte Sache zu stürzen und sich nicht abbringen zu lassen. Es bedarfte den Tod eines sehr nahen Verwandten, damit der junge Mann einsah, wie fehlgeleitet er war.

Doch diese Geschichte ist vielleicht auch gar nicht über diesen jungen Mann. Sondern über jemand ganz Anderen."

Wenn Dumbledore jetzt Aberforth sagte dann, so war sich Ron sicher, würde er von der Bank fallen.

„Ein anderer junger Mann hielt weiterhin an seiner Idee fest. Er wurde auch nicht so stark von der Tragödie getroffen. Wieso sollte er dann auch von seiner Idee abweichen? Er war der festen Überzeugung, dass das, was er tat, das Richtige war. Doch egal, aus welchem Winkel ich es betrachten wollte, seine Entscheidungen waren immer schlecht. Ich konnte sie nicht anders sehen. Doch er war nun mal nicht der Humanist, der ich bin. In seinen Augen war es sehr wichtig, dass die Menschen… weniger werden. Das war sein Ziel. Er wollte nicht die Weltherrschaft, sondern er wollte die Anzahl der Muggel dezimieren. Nun ist die erste Frage. War ich im Unrecht?"

Verdammt, Ron war sich überhaupt nicht sicher. Es war, als wäre sein Gespür vollkommen verstummt. Vielleicht lag es daran, dass Dumbledore damals bereits seine Gabe hatte? Er hatte keine Ahnung, aber es schien auf jeden Fall wie eine schwierige Frage. Obwohl es eigentlich klar sein sollte. Menschen sollten nicht getötet werden. Er riss sich mal ein Bein aus.

„Ich glaube nicht, dass Sie da Unrecht hatten.", sprach Ron darauf.

Dumbledore schmunzelte, „Es ist verrückt, nicht wahr? Ich hatte dasselbe Gefühl gehabt wie Sie es nun haben. Eine komplette Leere. Meine eigene Überzeugung hat mich mich gegen ihn stellen lassen und nicht eine Ahnung der anderen Seite. Ich wurde nicht gelenkt in dem Moment, eine Sache, die er mir an vielen Stellen vorgeworfen hatte. Meine Moral war sehr wohl von dieser Welt.

Meine zweite Frage folgt auf dem Fuße. Habe ich zu lange gezögert?"

Ron musste nicht lange überlegen und nun war auch die andere Seite nicht mehr still.

„Ich fürchte ja."

Dumbledore nickte bedächtig. „Ich wusste das zu dem Zeitpunkt natürlich, aber ich war verblendet von der Hoffnung, es könnte noch irgendwie besser werden. Ich habe sogar mein Schicksal mit dem Schicksal von anderen zu tauschen versucht, doch am Ende war klar, dass es an mir war, Grindelwald zu besiegen.

Doch die Reise zu dieser Begegnung war auch nicht ohne Stolpersteine. Zunächst wollte ich mehr herausfinden. In meinem Versuch, eine diplomatische Lösung zu finden, bin ich darüber gestolpert, wie genau seine Freundschaft mit den Deutschen geartet war. Und was er daraus erzeugt hatte. Ich muss zugeben, dass mich das vielleicht am Meisten getroffen hat."

Er sprach von Thomas, zumindest war Ron sich da sehr sicher. Aber wieso ihn gerade das störte, hatte er keine Ahnung.

„Die Realisation, wie tiefgreifend seine Forschungen waren, hatte ich allerdings erst, als ein Erzeugnis dieser Forschung sich direkt an mich wendete. Er hat sich immer gut versteckt gehalten und ich habe viel zu spät realisiert, was für eine… Maschinerie am Werk war. Ich hatte diese Art von Wesen schon zuvor gesehen. Ein Magier mit einer kalten Aura, den zu verschonen nur töricht wäre. Doch dieser Junge war besonders. Ich konnte es mir nicht erklären, aber etwas trieb mich dazu, ihn am Leben zu lassen. Hier wirst du mir widersprechen. War es falsch, ihn am Leben zu lassen?"

Ron hatte sich in derselben Situation befunden, als die andere Seite ihn geprüft hatte. Er wusste nun genau, was die Konsequenz dieser Entscheidung gewesen war. Thomas hatte sich anscheinend ja, obwohl er übergelaufen war, nicht abgewöhnen können, Zivilisten zu töten. Ron nickte nur als Antwort und Dumbledore nahm ein weiteres Zitronenbonbon.

„Ich habe befürchtet, dass diese Antwort kommt. Damals hatte ich ein ähnliches Gefühl, wenn auch nicht ganz so stark ausgeprägt. Allerdings habe ich ihn unter meine Aufsicht genommen und über die Zeit… Die Frage ist ja nicht, ob es in dem Moment die falsche Entscheidung war, sondern vielmehr, ob das Resultat nicht überwiegt. Doch das ist keine Entscheidung, die man auf Richtig oder Falsch prüfen kann. Ist es der Junge wert? Das ist keine Entscheidung. Das ist eine Schätzung, doch der Humanist in mir sträubt sich natürlich, Menschen mit Werten zu versehen. Wir tun es aber jeden Tag und bei jeder Strategie, die wir im Krieg entwickeln.

Doch wenn es rein darum geht, Menschen direkt gegen einander aufzuwiegen, ohne das Element des Könnens, der Strategie, des Glücks oder des Zufalls dazwischen, dann wird es in der Tat schwierig. Man könnte sagen, so ein Handel sollte nie vorgenommen werden. In gewisser Weise tun wir es aber dennoch. Ich denke nicht, dass das Rechtens ist. Darf man handeln? Darf man das Schicksal der Welt so tiefgreifend verändern? Die Frage ist doch wohl viel eher: Gibt es ein Motiv, das heilig genug ist, um einen solchen Handel zu legitimieren?"

Ron wollte sofort nein schreien, wusste er ja, in was für Handel sich Dumbledore in der Vergangenheit eingelassen hatte. Wenn er auch nur an die Frage dachte, bekam er Kopfschmerzen. Doch er hatte das starke Gefühl, dass die Antwort auf diese Frage ja wäre. Aber er wollte die Antwort nicht aussprechen. Woher das Gefühl kam, wusste er sowieso nicht. Das war keine normale Frage, für die er sich zuständig fühlte!

Dumbledore musste seinen inneren Konflikt sehen, denn er fuhr fort, „Ihr Gesicht spiegelt in gewisser Weise mein Innerstes wieder. Für manche Dinge ist nun einmal mehr nötig als bloße Zauberkunst. Zauberkunst führt einen bis zu einer gewissen Grenze und die Grenze habe ich Ihnen und Ihren Freunden bereits erklärt. Magie ist nicht kausal."

Der Mann schob sich ein weiteres Bonbon in den Mund.

„Ich glaube, dass es am besten wäre, wenn wir so verbleiben. Ich habe einen guten Grund, wieso ich nicht exakter meine Frage formuliere. Ich bin aber zumutbar sicher in meiner Entscheidung, wenn ich bis hierhin alles von Ihnen bestätigt weiß.", sagte Dumbledore und erhob sich. Ehe Ron reagieren konnte, verschwand der Mann mit einem kleinen Plop.

Es dauerte ein bisschen, bis Ron zurückkam und als er es tat, ging Hermine prompt auf ihn zu und fragte ihn, was los sei. Er versuchte abzuwinken, doch irgendwie konnte er die eben erlebte Situation nicht ganz abschütteln. Er hatte früher bereits erwartet, dass man nach einem Treffen mit dem Schulleiter normalerweise ein wenig bleich war, aber doch nicht aus diesem Grund!

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„Du weißt überhaupt nicht, worum es geht und ich glaube nicht, dass du verstehst, welches Ausmaß dieses Problem überhaupt hat. Deine Spielereien in Nurmengard werden dabei auch nicht hilfreich sein!", zischte ihr Thomas zu. So unbeherrscht war er normalerweise nicht. Emilia stand vor ihm mit verschränkten Armen und wartete ab, bis er durchgeatmet hatte. So wollte sie nicht mit ihm reden.

„Ich bin sehr sicher, dass ich es weiß. Außerdem übertreibst du maßlos. Von kleinem Rums bis hin zu totalem Weltuntergang ist durchaus alles in meiner Vorstellungskraft und zu behaupten, ich könnte das Ausmaß eines Problems nicht verstehen, ist beleidigend."

„Es geht doch nicht darum, dass du das Ausmaß der Zerstörung nicht verstehst! Es geht darum, dass ich nicht einfach durch ein Seil an meinen Bruder gebunden bin! Es ist viel komplexer als das und man kann auch Erick nicht so einfach töten! Wir haben keine Ahnung, was für Nebeneffekte entstehen, wenn seine Seite angegriffen wird!", argumentierte Thomas angeheizt.

„Erstmal ist dokumentiert, dass du vermutlich zuerst stirbst. So steht es in den Naziakten. Also weiß ich nicht, wieso wir darüber diskutieren. Wir wissen, was geschieht, wenn Erick von Flüchen getroffen wird. Auch wissen wir, dass Erick dich direkt in den Tod reißen wird. Was wir überhaupt gar nicht erst probiert haben, ist das zu verhindern! Und ich kann einfach nicht verstehen, wieso nicht!", zischte nun Emilia. Normalerweise arbeitete Thomas immer perfekt logisch und man konnte ihm nie eine Fehlentscheidung nachweisen, doch wenn es um ihn selbst ging war er komplett blind.

„Das liegt aber daran", murmelte Thomas nun, sich gegen die Wand lehnend, Emilia hatte langsam ihren Punsch geleert und das, obwohl es der Zweite war, „Dass man durch Unterbrechung, Einwirkung und Störung der Verbindung folgende Dinge auslösen könnte: Erick wird wütend – schlecht. Erick erzeugt schattenmagische Artefakte in seiner Umgebung und überschwemmt das ganze Land mit Lethifolden – auch schlecht. Ich sterbe wegen irgendeinem Kurzschluss – da sind wir bei genau der Sache, die du zu verhindern versuchst. Also bin ich mir absolut nicht sicher, wie du gerechnet hast, damit du darauf kommst, dass es das Risiko wert ist!"

„Wie kommst DU darauf, dass es das wert ist? Wir könnten im Notfall fliehen! Wenn du nicht stirbst, dann haben wir ne Explosion erzeugt, das ist zwar scheiße, aber um Nurmengard lebt weit und breit niemand!", erwiderte Emilia darauf. Die Leute um sie herum fingen an, sie ein wenig zu meiden, um ihnen Privatsphäre zu geben. Jason war gerade dabei, einen etwas unbedachten Ron wegzuziehen.

„Du weißt überhaupt nicht, ob wir da wegkommen!", entgegnete Thomas kühl. Er versteckte sich – das hieß, dass sie einen Nerv getroffen hatte. Aber der liebe Thomas wollte ja auf keinen Fall Emotionen zeigen, also vergrub er sich in stoischer Ruhe. Aber da sie ihn hatte, konnte sie ja auch noch einen drauf setzen.

„Ich wusste gar nicht, dass du so altruistisch bist, dass du dich für so eine Welt opfern möchtest! Wenn du dich mal umgesehen hast, ist diese Welt, zu der du anscheinend eine so große Liebe empfindest, nicht gerade nett zu uns! Du bist ein Experiment! Und der Welt, die dich so erschaffen und leiden gelassen hat, möchtest du nun ihre Güte zurückzahlen, indem du dich opferst?"

Thomas war für einige Momente still und Emilia konnte für den Bruchteil einer Sekunde ein paar flüchtige Emotionen in seinen Augen erkennen.

„Ich opfere mich nicht und habe mich nie geopfert. Ich tue, was nötig ist, damit du danach in Frieden leben kannst.", erwiderte er dann plötzlich bissig.

„Du bist ein Vollidiot.", zischte Emilia ihm dann zu und nahm sich noch ein dringend benötigtes Getränk.