Eine der Tatsachen, die Harry noch immer quälte, war, dass sich Dumbledore den Verlauf seines Lebens wohl anders vorgestellt hatte.
Der verstorbene Schulleiter war bei Weitem nicht feindselig gegenüber Schatten, doch man konnte merken, dass er betrübt über das Schicksal dieser Menschen war. Emilias Magie war immerhin nicht nur Zeichen, dass sie übergelaufen war, sondern auch, dass sie keine schöne Kindheit gehabt haben konnte.
Bei Harry war es ein wenig anders, da er deutlich älter gewesen war. Sie hatten Ginny getötet. Was hatte Emilia erdulden müssen, bis ihre Magie aufgab und die Schatten sie verwandeln konnten?
Jedenfalls wurden alle Pläne, die Dumbledore vielleicht für Harry gehabt haben konnte, damit zerstört.
Flitwick übernahm die Ansprache. Harry verwunderte das ein wenig. Die Gedenkfeier war recht klein gehalten. Da Dumbledore keinen Körper zurückgelassen hatte, konnten sie ihn nicht beerdigen. Dennoch war die Hoffnung, die eigentliche Zeremonie auf Hogwarts durchführen zu können, noch nicht gestorben.
Albus Dumbledore sei ein großer Mann gewesen. Harry konnte dem schon zustimmen. Immerhin hatte er große Dinge getan. Eine Liste seiner Errungenschaften sparte sich Flitwick zum Glück. Harry hätte das nicht durchsitzen können.
Er war sich nicht sicher, wie sehr sie von dem Tod getroffen waren. Er verstand noch immer nicht so recht, was am Ende Dumbledore dazu bewogen hatte, Emilia zu vertrauen. Dumbledore hatte sich bis zuletzt die Möglichkeit gelassen, einem der Beiden zu helfen. Er hätte Thomas mit einem gebannten Erick zusammen vernichten können, doch am Ende hatte er Emilia geholfen.
Es hatte einen hohen Preis gehabt. Voldemort hatte Erick schließlich zerstört und Harry war sich nicht sicher, ob Voldemort das nicht von Anfang an so geplant hatte. War er ihnen einen Schritt voraus gewesen? Hatte er damit gerechnet, dass bestimmt irgendjemand verhindern würde, dass Thomas mit Erick sterben musste? Hatte er nur darauf gewartet, dass Erick von Thomas getrennt war um herauszufinden, wie er erschaffen wurde? Harry machte es Kopfschmerzen. Es gab immer ein größeres Problem.
„Obwohl es eine Tragödie ist, dass Dumbledore die Wiedereroberung von Hogwarts nicht miterleben wird, so bin ich dennoch zuversichtlich, dass wir die Schule in seinem Namen bald zurückerobern werden. Generationen von Schülern werden wieder durch ihre Hallen gehen und ihre Jugend dort verbringen.", fuhr Flitwick vor der trauernden Masse fort. Der Direktor der Zentrale stand bedächtig an der Wand.
Als sich Harry nach dem Mann umdrehte, machte er auch Sebastian Delacour aus, der in der Nähe des Einganges stand und stolz aber besonnen drein blickte.
„Dumbledore hat sich für unser aller Zukunft geopfert.", sagte Flitwick nun gepresst. Es war nicht nur Trauer, die da aus dem Mann sprach. Alle, die wussten, was geschehen war, hatten ähnliche Gedanken. War Thomas es wirklich wert? War es in Ordnung, Thomas so gegen Dumbledore zu tauschen?
Thomas war der Kollege von vielen Leuten im Raum. Doch Dumbledore war ein Anführer gewesen, eine prominente Figur im Widerstand. Sogar mehr als das, für viele war Dumbledore die stärkste Kraft die sie vor Voldemort geschützt und ihnen in diesen schweren Zeiten Hoffnung und Führung gegeben hatte. Harry erinnerte sich noch sehr gut daran wie Hagrid ihm vor seinem ersten Jahr in Hogwarts gesagt hatte, Dumbledore wäre der einzige vor dem Voldemort noch Angst hätte. Und diese Bastion hatten sie jetzt verloren.
Hagrid war am Rande des Raumes und passte wohl mehr als alle anderen nicht hier rein. Der zahme Riese schniefte in sein Taschentuch und wirkte sehr erschüttert.
Harry war überzeugt, dass Thomas ein guter Mensch war. Er sah, wie er sich bemühte und auch wenn er es oft nicht zeigte, so empfand der Mann viel für seine Mitmenschen. Wobei das Letztere eher eine Hypothese war.
Die Ansprache ging schnell zu Ende. Luna riss ihn danach aus seinen Gedanken. Harry hatte seine ganze Umgebung ausgeschaltet. Zaghaft legte sie ihm ihre Hand auf die Schulter.
„Bist du bereit oder brauchst du noch einen Moment?", fragte sie leise.
Harry schüttelte den Kopf, „Es geht schon… Ich fühle mich nur seltsam leer. Ich weiß nicht, was ich fühlen soll."
Luna lächelte ihn traurig an, „Vermutlich, weil du den Tod sehr stark mit Schuldgefühlen verbindest."
Harry sah sie verwirrt an und wusste nicht so recht, was sie meinte. Doch mit einer Sache hatte sie auf jeden Fall Recht. Er hatte absolut nichts mit Dumbledores Tod zu tun. Rein gar nichts. Es konnte nicht seine Schuld sein. Es war eine unschöne Konsequenz eines vergangenen Krieges gewesen.
Er nahm Lunas Hand und dicht gefolgt von Ron und Hermine verließen sie den Raum.
Draußen drehte sich Harry ein wenig verwundert um, „Keiner von euch möchte sich noch verabschieden?"
Sogar Hermine war mit nach draußen gekommen. Diese schüttelte den Kopf, „Ich weiß noch nicht genau, was ich denken soll. Es ist alles so verwirrend."
Sie verließen das Haus und traten hinaus auf den Stützpunkt. Der Teil in dem sie sich befanden war weitestgehend leergefegt.
„Ich kann dich verstehen.", antwortete Harry, „Ich meine… ich habe den Bericht gelesen und ich kenne die Fakten. Aber das geht irgendwie nicht in meinen Kopf. Wir haben noch nicht einmal eine…"
Er wollte nicht unbedingt das Wort Leiche im Zusammenhang mit Albus Dumbledore aussprechen. Es war irgendwie erniedrigend.
„Ich hätte nie gedacht, dass Dumbledore sich für jemanden opfert.", meinte Ron dann, „Ich dachte immer, dass er der Ansicht wäre, der Beste für die Probleme zu sein, die wir haben. Und irgendwie glaubte ich das auch. Ich will nicht sagen, dass es schlecht ist, dass Thomas lebt, aber…"
Harry wollte etwas zu Thomas Verteidigung einwerfen, doch Luna drückte kurz seine Hand etwas fester. Er mochte es vielleicht anders sehen, aber Ron drückte nur seine Gefühle aus und sollte das auch dürfen.
Hermine nickte sachte. Remus lief an ihnen vorbei und sie hielt kurz inne, als wäre ihr Gespräch irgendwie verboten, „Man darf nicht vergessen, dass Thomas ja kein normaler Mensch und auch kein normaler Schatten war. Er wurde immerhin von den Nazis groß gezogen! Ich wünschte Dumbledore würde uns nicht immer in der Schwebe lassen was sein Vertrauen in die Menschen anbelangt. Es ist wie bei Professor Snape."
Wo kam das alles her? Harry verstand Hermines Unsicherheit ja, aber Thomas direkt mit Snape zu vergleichen? War Harrys Sicht auf die Dinge so gekrümmt, dass ihm da irgendwelche Informationen fehlten?
Es war ja wahr, dass Thomas früher kein bewusstloser Schatten gewesen war, aber er hatte lange gelebt und auch lange versucht, seine Taten wieder gut zu machen. Harry gab zu, dass Thomas nach wie vor eine Waffe war. Er hatte sich nur einen neuen Schützen gesucht. Nun, da Dumbledore tot war, musste Thomas sich wohl in ganz anderen Bereichen bewähren. Das änderte aber nichts daran, dass Dumbledore zum Schützen für Thomas geworden war. Besonders, als Thomas jung war, wie Harry schien, hatte Dumbledore Thomas ausgerichtet und ihn auf seine Feinde losgelassen.
„Wir können Dumbledore ja nicht einmal mehr fragen.", schloss Ron nochmal.
Hermine seufzte laut, „Ich verstehe es irgendwie nicht. Er ist weg und ich verstehe nicht wie das passieren konnte. Wieso ist… Es war so plötzlich."
Harry lächelte mitfühlend, „Ich glaube, dass es dauern wird bis wir begreifen können, wie viel sich nun ändern wird."
Dumbledore hatte sich unbefleckt gehalten, während Thomas Ruf, bei denen die seine Geschichte kannten, nicht schlimmer sein könnte. Allein demnach zu urteilen, was Delacour sagte.
„Ich entschuldige mich, wenn ich Sie störe, Miss Granger.", kam die Stimme von Delacour von hinten. Harry hatte gerade über den Mann nachgedacht. „Doch ich konnte nicht umhin, diese Unterhaltung zu überhören."
Diese Lüge konnte man auf unterschiedliche Arten interpretieren.
Hermine schreckte ein wenig zusammen auch Ron und Luna zeigten ein wenig Schuldgefühle, als wären sie ertappt worden. Harry kannte das Spiel des Mannes schon und wandte sich in schlichter Erwartung um.
„Dumbledore und ich waren nicht immer einer Meinung, doch ich habe ihn stets dafür respektiert die harten Entscheidungen zu treffen. Besonders im Krieg ist es einfach zu vergessen, dass die Welt nicht schwarz weiß ist, dass es nicht heißt, wir die Guten, gegen die Bösen. Sondern das Krieg immer heißt das die Bevölkerung leidet. Das auf beiden Seiten Menschen mit Ängsten und Hoffnungen stehen. Und dass sie nur ins Feld geschickt werden, um zu kämpfen, ist ihrer jugendlichen Psyche sicherlich nicht zuträglich."
„Ich glaube Ihnen das.", fing Ron an, „Aber Voldemort ist kein normaler Gegner. Er ist irre und es ist vermutlich unmöglich mit ihm zu verhandeln. Außerdem helfen wir auch, Stützpunkte und Verstecke zu sichern."
Hoffentlich hatte Ron damit nicht zu viel gesagt, aber das Gesicht von Delacour verriet nichts.
„Dumbledore, wenn sie sich erinnern, hat auch immer eine ganz bestimmte Sache gesagt. Erinnern Sie sich daran, was das war?"
„Wollen Sie ein Zitronenbonbon?", fragte Ron nun belustigt.
Delacour lächelte nun, aber es war kein amüsiertes Lächeln, „Kinder sollten ihre Kindheit haben. Es ist einfach zu glauben, was man macht wäre normal, wenn es alle in der Umgebung bestärken. Doch die Tatsache bleibt doch, dass die Welt ein großer Ort ist und kein Ort, in dem Teenager im Krieg verstümmelt werden sollten. Sie wünschen so ein Schicksal doch auch ihren Klassenkameraden nicht, wieso dann sich selbst?"
Es musste eine rhetorische Frage gewesen sein, denn der Mann drehte sich zur Seite weg und spazierte davon. Hermine und Ron waren ein wenig sprachlos, jedoch fingen sie sich schnell wieder und entschuldigten sich.
Luna sah den beiden hinterher, „Sie stehen sich sehr nahe. Ob sie zusammen wären, wäre das alles nicht geschehen?"
Harry hatte natürlich keine Ahnung und war vermutlich auch nicht so aufmerksam.
„Geht es dir gut?", fragte er statt auf ihre Frage einzugehen.
Luna wandte sich zu ihm um und blickte ihn verwundert an, „Wieso fragst du mich das?"
„Weil ich nicht weiß, wie viel Kontakt du zum Schulleiter hattest und ich dachte, dass es nur fair wäre.", erwiderte Harry dann. Er kam sich so erwachsen vor.
Luna umarmte ihn und drückte ihn fest an sich, „Ich glaube eher, dass ich Hogwarts nachtrauere. Jetzt ist der letzte Funken Hoffnung an diese Schule mit Albus Dumbledore gestorben."
„Ist schon komisch, wie sehr wir diese Schule vermissen? Unsere Schulzeit dort war nicht so gut wie sie hätte sein können."
Luna nickte, „ Vor allem sollte unsere Schulzeit nicht vorbei sein."
Harry seufzte, „Bereust du, nicht mi den anderen gegangen zu sein?"
Luna lächelte, „Ich glaube nicht. Natürlich ist es nicht einfach, aber es ist es ja auch wert. Alleine wegen dir."
Harry lächelte und in einer Welle der Zuneigung umschloss er Luna mit seinen Armen und küsste sie.
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Es war für sie alle seltsam, als Magier in einer entsprechenden Aufmachung in einer Militäranlage der Muggel zu stehen, doch niemand stach so deutlich heraus wie die nun etwas betagtere Generation. Einer der hier stationierten Soldaten stand etwas verkrampft neben Aberforth, welcher ungeduldig zu warten schien. Hermine und Ron gingen ihm gerade entgegen.
Hermine dachte sich schon irgendwie, dass sie keine Pause erwarten konnten. Es war einfach zu viel um sie herum los. Die ständige bedrückende Präsenz der Gefolgschaft des dunklen Lords machte es nicht einfacher.
„Wir haben ein Problem oder?", fragte Ron geradeheraus. Auch an ihm nagte wohl das Gefühl, dass die Stimmung etwas angespannt war.
Aberforth nickte, „Das haben wir. Ein verdammt Großes sogar. Aber besprechen wir das nicht hier."
Er führte sie aus dem Gebäude heraus. Draußen waren sie eigentlich unbeobachtet, doch Aberforth wirkte nicht einmal damit zufrieden.
„Berührt meinen Mantel.", sagte er schließlich, als sie in eine Seitenstraße eingebogen waren.
„Wie bitte?", fragte Hermine verdutzt.
Ron grinste, „Der Mantel ist ein Portschlüssel? Das finde ich sehr schlau."
Hermine zögerte für einen Moment, ergriff aber dann Aberforth beim Arm und sie verschwanden von dem Stützpunkt.
Sie erschienen in einer schäbigen Taverne. Hermine stellte mit Schrecken fest, dass sie ihr bekannt vorkam. Sie waren nicht nur irgendwo: Sie waren in Hogsmeade. Unweit von Hogwarts und damit unweit vom möglichen Aufenthaltsortes des dunklen Lords.
„Keine Sorge, ich habe dafür gesorgt, dass mich hier niemand belästigt. Wir sind hier sicher.", sprach Aberforth ruppig.
„Bist du da sicher?", fragte Ron nun, „Ist hier nicht… Sind hier nicht die meisten Todesser?"
Aberforth schüttelte den Kopf, „Nicht einmal viele Schatten sind hier. Voldemort braucht seine Kräfte nicht im Zentrum seiner Macht, sondern an den Ausläufern. Er muss ja irgendwie den Widerstand zerschlagen und der fühlt sich normalerweise sicherer, wenn er entfernter vom Zentrum ist."
Das klang irgendwie einleuchtend, aber Hermine hatte nicht das Gefühl, dass so schnell nach Voldemorts Eroberung von England sich schon Widerstand hatte bilden können. Aber vermutlich war das der beste Zeitpunkt. Die Strukturen waren noch nicht stabil und der Trotz war den Leuten noch nicht ausgetrieben.
„Was ist denn jetzt los?", fragte Ron, „Warum hast du dir die Arbeit gemacht, uns herzubringen? Hat uns jemand verraten?"
Aberforth wandte sich um, „Vielleicht. Weiß ich nicht. Was ich aber weiß ist, dass aus den evakuierten Familien ein Kind verschwunden ist."
Ron schien sich augenblicklich zu verkrampfen. Die Schatten waren noch immer ein wunder Punkt und Ron hatte nach wie vor einen starken Hass auf sie.
„Wurden die Umgebungen um die Punkte nicht untersucht? Ich dachte, die AAW wäre sich relativ sicher, dass es ein gutes Gebiet ist?", hakte Hermine nach, „Und aus welcher Familie wurde überhaupt ein Kind entführt?"
Aberforth sah sie merkwürdig an, „Ist das wichtig? Du fragst dich, ob du sie kennst oder ob du sie schonmal gesehen hast. Als wäre ein Leid schlimmer, wenn man es in einem bekannten Gesicht sieht. Das solltest du dir dringend austreiben, Kind."
„Was sie sagen möchte,", fügte Ron ein, „Wir müssen wissen, worum es genau geht. Immerhin verändert das, wer den Standort der Familien hätte preisgeben können."
Daran hatte Hermine nicht gedacht, aber sie fand sich auch nicht im Unrecht bei der Sache. Doch sie zog es vor, sich mit dem Mann nicht zu lange zu unterhalten. Auf der einen Seite war er ein Humanist – oder er tat jedenfalls so – doch auf der anderen Seite war er sehr schnell darin, Menschen auf Kreaturen herabzustufen. Wobei auch Hermine aktuell mit ihrem Bild von Thomas etwas zu kämpfen hatte. Sie wusste, dass es Ron genauso ging, aber sie beide hatten das Gefühl, nicht mit Harry darüber reden zu können, da er bei vielen Dingen ja auf dem vollkommen anderen Ende vom Spektrum stand.
„Eine Familie aus Nordirland. Einer der O'Neill Familien, die dort Zauberstäbe herstellte. Lebt jetzt in Kanada mit vielen der anderen Familien. Ihr werdet herausfinden, wo das Kind ist und ob es sich um ein Nest handelt. Ich ziehe euch sehr ungern von der Lokalisierung der letzten Horcruxe ab, aber falls wir verraten wurden, haben wir keine andere Wahl."
„Ist das nicht eher Harrys Aufgabe, wenn du schon einen von uns fragst? Immerhin weiß er vermutlich mehr über das Ermittler sein.", hakte Ron nach.
Aberforth schüttelte den Kopf, „Zu gefährlich. Wir können Potter nicht an die Zauber des Ordens binden, weil er… wegen seiner Natur."
Aberforth hielt sich wohl davon zurück, Harry zu degradieren.
Der Mann fuhr fort, „Falls die Unsäglichen die undichte Stelle sind, werden wir Probleme bekommen. Daher ist es besser, wenn er erstmal von nichts weiß. Moody gibt ihm eine andere Aufgabe, die ihn erstmal ablenken soll. Er versucht herauszufinden, wohin Kingsley verschwunden ist. Der Mann ist wahrscheinlich längst tot, da wird nichts bei herum kommen."
„Aber das ist doch…", setzte Hermine an.
„Ich weiß Kind, ich weiß. Aber wir können uns keine Fehler leisten. Ihr werdet dorthin reisen. Ich habe einen Portschlüssel der AAW den ihr benutzen könnt. Aber haltet euch bedeckt und gebt euch nur als Ordensmitglieder zu erkennen, wenn es unbedingt sein muss.", forderte Aberforth hart.
„Wie finden wir die Familie und wissen die zumindest vom Orden?", fragte Hermine nun stattdessen.
Aberforth nickte, „Ihr könnt mit den Angehörigen frei sprechen. Außerdem sind manche der Familien früher im Orden gewesen, da sollte das etwas einfacher sein. Aber seid dennoch auf der Hut. Wir sind nicht in Sicherheit, das sind wir nirgendwo."
„Was wissen wir bisher über das Kind? Wann ist es verschwunden?", fragte Hermine nun, „Die Eltern wollen das bestimmt nicht schon wieder durchkauen."
Aberforth nickte, „Das Kind, Amy O'Neill, ist vorgestern verschwunden. Die Eltern haben zuerst selbst gesucht und in der direkten Nachbarschaft ist es nicht, auch nicht bei Freunden. Die AAW wurde danach per Flohpulver eingeschaltet und die hat bei der Polizei nachgehorcht. Ob die Polizei dort selbst ermittelt habe ich keine Ahnung."
Aberforth schnaufte einmal.
„Die AAW hat in dem Haus alles auf den Kopf gestellt und das Kind auch nicht gefunden. Ich weiß auch gar nicht, was die jetzt prüfen. Wenn ein Nest in der Nähe ist oder sich gerade angesiedelt hat, werden sie das nicht finden. Aber ihr werdet vielleicht Erfolg haben. Redet mit der Mutter. Wenn ihr ein Gefühl für die Situation bekommt, dann kannst du, Granger, das Kind vielleicht erspüren."
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Thomas war noch immer nicht bei Bewusstsein. Es gab Komplikationen, hatten sie gesagt. Seine Aura war aufgewühlt und sie mussten sie binden. Wahrscheinlich hatte Thomas Erick aktiver verwendet, als es immer den Anschein hatte. Man konnte leicht vergessen, dass Thomas nicht sein eigener Herr gewesen war. Erick hatte immer im Hintergrund seiner Magie gelauert.
Es war vielleicht ein bisschen viel verlangt, Thomas direkt nach der Trennung von seinem Bruder wieder auf den Beinen haben zu wollen.
Harry unterschrieb die dritte Erklärung zu den Geschehnissen. Einschließlich der öffentlichen Version. Harry hatte überhaupt nicht erst angefangen, den Inhalt des Dokumentes zu lesen. Wann unterhielt er sich überhaupt mit Muggeln darüber? Besonders, da die nichtmagischen Menschen in seinem Umfeld oft kein Englisch sprachen.
Etwas klang hinter ihm als hätte man gegen Holz geschlagen. Harry wandte sich schnell um und auch der Verwaltungsangestellte zuckte kurz zusammen.
Irgendwie war die Präsenz ein bisschen bedrohlich. Als sich Harry umwandte, erkannte er, dass es sich um ein Holzbein handelte, dass dort gegen den Boden geschlagen war.
„Potter. Auf ein Wort.", brummte die Stimme von Alastor Moody durch den Raum.
Harry legte das Dokument hin. Der Verwaltungsangestellte sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Alles im Lot?", fragte der Mann dann.
Harry zuckte mit den Schultern, „Vermutlich ist irgendwas. Bin ich hier fertig?"
Der Mann entließ ihm. Harry beeilte sich, um zu Moody zu stoßen, welcher überhaupt nicht gewartet hatte.
„Wenn du deine Zeit mit so einem Kram verschwendest, kannst du direkt die Todesanzeigen hereinflattern sehen.", grummelte Moody.
„Ich halte etwas Ordnung für wichtig.", war Harrys einziger Kommentar, „Brauchst du etwas Bestimmtes? Oder bist du nur hier um Thomas zu besuchen, der alten Zeiten willen?"
„Pah! Das ich nicht lache! Meinetwegen kann er liegen bleiben!", grollte Moody zurück.
Nach ein paar Schritten blieb der Mann stehen. Sein eines Auge war schneller als sein anderes und Harry spürte, wie der Mann seine Aura abtastete.
„Du sollst jemanden für mich finden.", sagte Moody schließlich.
„Ich glaube, dass das eher Hermines Expertise ist. Ich weiß nicht, ob ich…"
„In diesem Fall hast du überhaupt keine Wahl, Potter! Granger überwacht für uns die Bewegungen von Voldemort. Das ist ein so großes System dass wir ihre Aufmerksamkeit auf nichts anderes lenken können."
Moody griff sich ruppig in den Umhang. Es sah ein bisschen aus, als würden ihn Bewegungen Schmerzen bereiten. Vielleicht war das auch nur Show. Harry konnte das natürlich nicht wissen.
Er präsentierte ihm Fotos, die sich nicht bewegten. Ein kleines Haus. Am Rand vom Bild war etwas Rotes zu sehen. Harry blickte ein bisschen näher darauf. Ein alter englischer Briefkasten. Die nächsten Bilder waren im Haus. Das Türschild las Kingsley.
„Bilder vom Haus von Kingsley? Alle Auroren sind doch aus England geflohen oder wurden deportiert. War jemand in seinem Haus?", fragte Harry dann.
„Kingsley ist nicht auffindbar. Wir dachten, er wäre auf Beauxbatons zur Sicherung. Dort wurde er seit letzter Woche nicht mehr gesichtet. Sein Haus in England wurde laut unseren Feldzaubern definitiv besucht. Er selbst war allerdings nicht dort, soweit wir das wissen."
„Ist er in sein Ordensversteck geflohen? Vielleicht wurde er verfolgt oder jemand wollte etwas von ihm wissen?"
„Albus war der Einzige, der jedes Ordensversteck gekannt hat. Wir können ihn nicht finden. Bones ist bisher sicher, da noch immer niemand weiß, wo genau ihre Position ist. Wir glauben, dass sie sich vielleicht nach Osteuropa zurückgezogen hat. Eine Menge Bewegung im ehemaligen Ostblock. Leute ziehen in die Städte. Dort fällt sie nicht auf. Was uns mehr Sorgen macht ist die Position der Kinder in den Staaten."
„War er selbst in seinem Haus?", fragte Harry dann.
„Das wissen wir nicht. Ich würde selbst nachsehen aber ich muss mich ja beinahe Vollzeit um den Hühnerstall kümmern. Das heißt dass wir dich schicken. Kannst Tonks mitnehmen."
„Tonks? Begleitung vom Orden? Ist das nun eine Anfrage an die Zentrale oder worum geht es? Ich weiß nicht, ob ich dafür bezahlt werden würde."
„Pah! Bürokratie steht dir nicht gut, Potter. Miss Tonks erwartet dich morgen um 9. Bereite dich auf eine holprige Reise vor.", brummte Moody schließlich und ließ ihn einfach so im Gang stehen.
Harry sah ihm noch einige Momente hinterher. Moody erwartete anscheinend nicht, dass er ihm folgte. So drehte sich Harry um und verließ die Verwaltung. Wer war überhaupt sein Vorgesetzter, wenn niemand sonst da war? Harry war sich noch nicht einmal sicher, welche Rolle er hatte.
Er fand Caroline in einem Großraumbüro. Hier saßen mindestens 5 Ermittler. Er kannte ein paar von ihnen vom Sehen. Sie waren sich vermutlich auf dem Gang begegnet. Caroline schielte über den Tischtrenner zur Bürotür und lehnte sich in ihren Stuhl zurück, als sie ihn sah.
Etwas betreten schritt Harry in den Raum herein, wo langsam aber sicher die Arbeit stagnierte.
Dass er Harry Potter war, hatte noch immer eine gewisse Wirkung auf die Menschen, allerdings bedeutete es in der Zentrale ein bisschen etwas anderes. Er war als Harry Potter bekannt, allerdings war er vielmehr eine britische Persönlichkeit. Die anderen Nationalitäten der Zentrale kannten ihn vielmehr als den Jungen, der zuerst kein sonderlich einfaches Leben hatte und dann von einer anderen Welt als eine Art Botschafter auserkorenen wurde.
„Ist was?", fragte Caroline freundlich, aber sachlich. Irgendwie war es ihre Art – man konnte sich überhaupt nicht erwehren, Respekt vor ihr zu haben. Besonders im direkten Vergleich zu Jason fiel das schon auf.
„Alastor Moody war hier.", eröffnete Harry dann.
„Er wird wohl bestimmte Dinge klären müssen. Der letzte Vorsitz des Ordens war zeitgleich auch eine anerkannte Figur in der IVZ und er wird da einen schwierigen Weg vor sich haben.", erklärte sie, wieder ihrer Akte zugewandt.
Harry hibbelte ein bisschen, „Nein, nein, darum ging es diesmal nicht. Der ehemalige Auror Kingsley ist verschwunden und er hatte mich gebeten, das mit Tonks zu untersuchen."
Caroline legte ihre Akte wieder hin. „Du bist nicht direkt befugt, irgendetwas eigenmächtig zu machen. Aber da wir sowieso im Ausnahmezustand sind, sollte das ja wohl irgendwie egal sein. Komm mit."
Sie stand auf und zupfte ihre Pulloverärmel herunter. Mit schnellem Schritt ging sie aus dem Büro heraus und in einen Gang an der Seite der Ermittlungsabteilung.
Postfächer über Postfächer waren hier an der Wand platziert. Von einer Höhe von einem Meter stapelten sie sich übereinander und Caroline ging die Wand langsam ab, bis sie schließlich bei einem der Postfächer stehen blieb.
„Ich wollte dich schon fragen, aber oft bist du ja nicht hier. Leer mal dein Postfach aus. Dir ist es vielleicht nicht aufgefallen – und das kann ich durchaus verstehen, in Anbetracht der Umstände. Es gibt aktuell für britische Zauberer keine Gesetze und auch niemanden, der sie über Veränderungen informiert. Thomas hat es wohl einfach auch vergessen, oder aber absichtlich übersehen. Du bist volljährig. Lass dir das kurz auf der Zunge zergehen und dann leer dein Postfach aus, das platzt ja aus allen nieten. Danach kannst du machen, was du möchtest. Die Zentrale kann dir ja wohl schlecht vorschreiben, was du zu tun hast, wenn du einer von dreien Auserwählten bist.", erklärte Caroline leise.
Sie klopfte ihm wie zur Aufmunterung auf die Schulter und verschwand wieder.
Harry James Potter, las das Postfach.
Natürlich suchte ihn die Post nicht dort auf, wo er war. Das wäre vermutlich eine unnatürliche Anzahl an Papieren, die hier ständig ankommen würden. Harrys Postfach klickte von selbst auf, als er sich näherte.
Darin war ein Stapel von Papieren und ein Papier hatte sich bereits zerknüllt um noch hinein passen zu können. Verlegen zog er sachte den Stapel an Papieren aus dem Fach.
Übernahme von Unsäglichen Harry Potter in ein Ordentliches Einstellungsverhältnis
Auflösung der Ansprüche der Zentrale an Harry James Potter
Freistellung von Unsäglichem Thomas gegenüber der Aufsichtspflicht
Automatische Einrichtung eines Gehaltskontos für Harry James Potter
Harry blätterte die Seiten durch. Es waren viele Erklärungen und Dokumente, die die Zentrale in Eigenmacht über ihn beschlossen hatte. Harry wusste nicht genau, wie er sich fühlen sollte. Irgendwie war er gerührt. Thomas hatte ihm gegenüber keine dienstlichen Verpflichtungen mehr zu erfüllen und kam seiner Rolle als sein Mentor dennoch nach. Harry musste grinsen. Es war als mochte er ihn.
Anscheinend war Harry als Eingreifzauberer in den Dienst aufgenommen worden. Es gab noch ein paar Mahnungen, dass die Zentrale es eigentlich bevorzugen würde, hätte er einen Schulabschluss gemacht. Es war zum Haare ausreißen. Erst zogen sie ihn von der Schule und dann verlangten sie einen Schulabschluss? Das konnte nicht aus derselben Feder stammen.
Aberwitzigerweise war Harry dennoch als Auszubildender eingetragen. Er verstand die Bürokratie wirklich nicht, aber er musste sich ja anscheinend überhaupt nicht damit befassen. Er hatte nun eine ganze Weile dieses Fach nicht geleert und schlimm war es nicht gewesen.
Thomas war nach wie vor sein direkter Vorgesetzter – er war sogar offiziell in dessen Eingreifteam. Dem Rang nach zu urteilen war Caroline Thomas Stellvertreterin. Und da sie ihm quasi grünes Licht gegeben hatte, konnte sich Harry ohne schlechtes Gewissen am nächsten Morgen mit Tonks treffen.
Sie war tatsächlich zu ihm in die Zentrale gekommen. Harry hatte das Gefühl, dass ihr die Luft in dem Versteck des Ordens ein wenig zu dick wurde. Es änderte sich regelmäßig – das war richtig, aber dennoch erfuhr sie vermutlich so etwas wie einen Lagerkollaps, die ganze Zeit unter den Menschen, die sie gegen ihren Willen ausspioniert hatte.
Mit neutraler Miene grüßte sie ihn.
„Seit wann ist Kingsley verschwunden?", fragte Harry nochmal, nachdem die Höflichkeiten abgeschlossen waren. Sie liefen zusammen zu den Transporträumen.
„Seit ein paar Tagen. Es ist nicht unüblich, dass wir ein Ordensmitglied ab und zu nicht sehen. Doch muss jeder, der über Geheimnisse Bescheid weiß, sich regelmäßig melden. Kingsley hat das nicht getan und die Prüfung seines letzten bekannten Aufenthaltes hat ergeben, dass er verschwunden sein muss. Außerdem war jemand in seinem alten Haus. Wer das war, das werden wir wohl herausfinden müssen."
„Das Haus steht in England. Belebte Gegend?", fragte Harry dann.
Tonks schüttelte den Kopf, „Eher nicht. Er lebte in Portmellon, ganz grob in der Nähe von Plymouth. Ein kleiner Ferienort, in dem sehr viele Gästehäuser stehen. Eine wechselnde Nachbarschaft ist normalerweise ideal für einen zurückgezogen lebenden Zauberer. Man kommt nicht zu viel mit der Außenwelt in Kontakt und der Wechsel der Besucher sorgt ebenfalls dafür, dass nicht zu viele Fragen gestellt werden. Tatsächlich wurden zu ihm unterdurchschnittlich viele Erinnerungsteams geschickt."
„Das sind vermutlich alles Informationen aus deiner Aurorenzeit.", gab Harry zu bedenken, „Wo war er untergebracht während der Flucht? Ich erinnere mich nicht, ihn je gesehen zu haben. Er ist weder auf dem NATO Stützpunkt noch habe ich ihn vorher im französischen Wald gesehen."
Tonks nickte vorsichtig, „Wir wissen davon nicht viel. Ich ging davon aus, dass er Amelia Bones und ein paar Anderen bei der Flucht geholfen hat. Viele hochrangige Zauberer in Großbritannien haben sich in unterschiedlichste Richtungen begeben. Es gibt ja auch durchaus Verstecke, die überhaupt nicht den Anspruch haben, als Operationsbasis zu dienen. Manche wollen einfach in Ruhe gelassen werden. Viele sind noch immer in England, aber halten sich bedeckt."
„Versorgung der Muggelwelt funktioniert noch?", fragte Harry, etwas erstaunt. Er hatte erwartet, dass Voldemort viel mehr Vernichtung anrichtet.
Tonks zuckte mit den Schultern. Sie waren an den Transporthallen angekommen und standen in der Apparationszone. An der Wand waren Fächer mit Karten. Jemand – vermutlich Caroline – hatte ihm eine Karte mit dem Standort hinlegen lassen.
„Wirst du gleich sehen. Wie genau springst du? Wenn es exakter als hundert Meter ist, bringst du uns vielleicht hin.", sagte Tonks.
Harry nickte und zog Tonks mit sich nach England.
Sie landeten am Ende der Straße. Nicht zu weit und nicht zu nahe. Harry sah sich schnell um, doch erspähte keinen Muggel. Nicht, dass er irgendeinem Ministerium damit auf die Füße treten würde, immerhin gab es keines mehr. Doch zu viel Aufsehen wollten sie nicht erregen.
„Es würde auch nichts nützen.", sprach Tonks ruhig, „Es gibt keine Polizei mehr."
„Na dann.", erwiderte Harry seufzend, „Wollen wir?"
Tonks nickte, „Ein paar Meter entlang der Straße, eines der Häuser in der Kurve."
Sie gingen in Stille. Es musste auch überhaupt nichts gesagt werden. Vielleicht würde die Abwechslung Tonks wirklich ein wenig gut tun. Ihm tat es sie jetzt schon. Als Harry einatmete, hatte er das Gefühl, dass die Meeresluft besonders erfrischend war.
Das Haus war relativ klein. Ein kleiner Rundbogen zierte den Hauseingang, jedoch war der Rest sehr schlicht gehalten. Das Haus fiel in der Nachbarschaft tatsächlich nicht auf.
Die Tür war verschlossen. „Das ist ein gutes Zeichen, oder?", fragte Harry an Tonks gewandt, „Das heißt doch, dass Kingsley vielleicht selbst hier war."
Tonks nickte kurz und öffnete die Tür, Zauberstab bereit, „Normalerweise schon."
Harry, der keinen Zauberstab benötigte, zog es vor, seine Schusswaffe zu ziehen. Wieso auch immer das wichtig war – immerhin konnte er sich nicht erinnern, sie oft im Kampf eingesetzt zu haben.
Tonks sah ihn mit einem verwirrten Gesichtsausdruck an, als sie seine Schusswaffe sah, „Du wirst damit aber doch nicht rumballern oder?"
„Glaubst du ich kann das nicht?"
„Ich möchte nur nicht, dass du dir in den Fuß schießt.", erwiderte sie spöttelnd, „Wieso hast du die überhaupt?"
„Silberpatronen. Würde gegen die Schatten helfen.", erwiderte Harry nun, „Immerhin ist es wichtig, vorbereitet zu sein."
„Wow, dann möchte ich wirklich nicht, dass du dir damit in den Fuß schießt."
Harry grinste sie schief an. Er freute sich, dass sie nicht nur eine stoische Miene zum Besten gab. Die kleinen Momente von Stichelei waren sicherlich ein gutes Zeichen. Das Haus war leer und es gab auch keine Spuren eines Kampfes.
Harry sah Schemen von magischen Spuren. Irgendwie waren sie schwach und sehr diffus. Er konnte nicht genau sagen, was es für welche waren, doch spürte er definitiv die Anwesenheit von einer magischen Präsenz. Ob hier Schatten gewesen waren, konnte er nicht sagen.
„Wie sieht man, ob eine Wohnung durchsucht wurde?", fragte Harry nun vorsichtig.
„Da wir keine magischen Spuren haben, wird das vermutlich schwierig werden. Man kann ein Haus auch durchsuchen, ohne alles umzuwühlen. Moment.", erklärte Tonks knapp, bevor sie langsam in eines der Regale ging und in alle Schubladen sah.
Sie zog ihren Zauberstab und murmelte eine Inkanation. Weiße Schemen schwebten in der Luft und das Regal zeigte deutlich, dass sie alles aufgemacht hatte, jedoch waren die Spuren sonst zerstört worden.
„Es kann sein, dass die Spuren noch immer sichtbar sind. Sie sind ja nur überlagert. Magische Strahlung verschwindet nicht einfach und man kann sie auch nicht abtransportieren. Sie ist einfach in der Umgebung. Ich kann das jetzt nicht machen, aber da du, wie mir gesagt wurde, magische Spuren sehen kannst, werden wir auf dich zurückgreifen. Wenn du dich genug konzentrierst, kannst du vielleicht etwas sehen was aussieht wie die Spur auf dem Regal, aber viel schwächer.", instruierte Tonks.
Harry nickte nur. Er konnte nicht viel sagen – immerhin war Tonks ausgebildete Aurorin und er war gerade überhaupt erst siebzehn geworden.
Die Erkenntnis war immernoch sehr schwierig für ihn. In einer geordneten Welt hätte man vielleicht darauf geachtet, aber es war einfach keine geordnete Welt mehr – jedenfalls nicht für die englischen Zauberer.
Kingsleys Schlafzimmer war für zwei eingerichtet. Von unten war das nicht zu erkennen, da alle Bilder entfernt worden schienen. Doch hier oben war es sehr deutlich, dass mindestens zwei Leute hier gewohnt hatten.
Er hatte seine Frau wohl in Sicherheit gebracht. Harry hoffte es zumindest zutiefst.
Das Schlafzimmer war sonst frei von irgendwelchen Spuren. Man hatte es gar nicht angefasst. Vielleicht hatte man bereits gefunden, wonach man suchte. Doch was sollte Kingsley in seinem Haus verstecken, das nicht viel sicherer an seiner Person wäre? Oder hatte man nach Spuren gesucht, die auf seine Position hindeuten könnten?
Das gesamte Obergeschoss schien sauber. Als er die Stufen der Treppe wieder herunter trat, stand Tonks inmitten des Wohnzimmers und schien den Boden zu studieren.
„Kratzer?", fragte Harry als er sich näherte. Tonks schüttelte den Kopf, „Ich dachte ich hätte Abdrücke gesehen. Vielleicht ein Schatten aber es ist viel zu schwach um etwas zu erspüren. Es kann gut sein, dass man sein Haus nach Informationen durchsucht hat, aber ich kann echt nicht sagen, ob etwas entfernt wurde."
Harry nickte, „Das glaube ich auch. Oben war man aber nicht, also wenn man etwas gesucht hat, dann hier unten. Einen Keller gibt es nicht?"
Tonks schüttelte den Kopf, „Zumindest ist im Haus kein Eingang."
„Ich habe draußen auch nichts gesehen", gab Harry zu, „Aber ich weiß nicht so recht. Irgendwie ist hier nichts. Kannst du dir das erklären?"
„Irgendjemand möchte nicht, dass wir wissen, wer hier drin war. Aber das macht überhaupt keinen Sinn. Man sollte meinen, dass wenn es Voldemort wäre, wollte er, dass wir es wissen. Was kann also geschehen sein, dass diesen Aufwand rechtfertigt, die Einbrecher vor uns zu verstecken?"
Harry sah sich ebenfalls um, „Woher weiß Moody, dass jemand hier drin war?"
Tonks zuckte mit den Schultern, „Es wird wohl ein Alarm gewesen sein."
Harry nahm das erstmal so hin aber er wollte sich das im Hinterkopf behalten. Bei Moody war es allerdings vielleicht nicht verwunderlich, dass er so etwas mitbekam.
„Was ist, wenn Voldemort nur Zeit braucht?", fragte Tonks dann, „Wenn es überhaupt nicht darum geht, seinen Einfluss zu verschleiern, aber eher darum, uns zu verzögern? Er kann sehr leicht zu durchschauende Ziele haben, die aber schwierig zu erreichen sind."
„Madame Bones, die Schüler in Amerika und Beauxbatons?", fragte Harry dann.
„Vielleicht ja, vielleicht nein. Ich hoffe, dass es einer dieser Sachen ist und nicht, womit wir nicht rechnen können."
„Sprechen wir nochmal mit Moody? Ich weiß nicht, was wir hier noch tun sollten.", fragte Harry dann.
Tonks sah nochmal durch das Zimmer, ehe sie sich zu ihm wandte, „Japp, sprechen wir nochmal mit Moody. Wie geht's eigentlich deiner Freundin?"
Harry musste grinsen. Tonks schien aufzulockern. „Ganz gut denke ich, auch wenn ihr die Schule natürlich fehlt."
„Ach echt? Gut aber ich meine, ich habe auch nie verstanden, wie sich in Hogwarts jemand gegen das Lernen stellen kann. Man lernt dort Dinge in andere Dinge zu verwandeln, Sachen schweben zu lassen oder einen aus zehn Meter Entfernung die Lichter auszupusten. Wie kann man das nicht wollen?"
„Du hast Zaubertränke vergessen.", erwiderte Harry dann.
Tonks verzog die Miene, „Da hast du auch wieder recht."
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Es war kalt im Norden, aber längst nicht so kalt, wie es hätte sein können. Hermine sprach für sie ein paar Wärmezauber, damit der kalte Wind ihnen nicht zu viel zu schaffen machte. Es mussten um die vier Grad in dem Ort sein.
Victoria war für Amerika eine erstaunlich kleine Stadt. Als Engländerin stellte man sich amerikanische Städte üblicherweise so groß vor, dass man den Stadtrand nicht sehen konnte.
Victoria war mit über dreihunderttausend Einwohnern gerade groß genug, dass eine Reihe von Neuankömmlingen nicht auffiel. Allerdings auch nicht zu groß, damit es nicht zu Problemen führte.
Es war kein Polizeiauto zu sehen. Weder in der Nähe des Hauses noch in der unmittelbaren Nachbarschaft. Hermine versuchte ihr Gespür zu nutzen um zu bestimmen, ob die Familie vielleicht observiert wurde. Das war nicht der Fall.
Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass die Polizei gar nicht involviert worden war. Die AAW nahm die Rolle der Geheimhaltung durchaus ernst.
Sie klingelten an dem Haus. Es war ein wenig dekoriert im Außenbereich. Lichterketten, wie sie auch in den Vorgärten der Nachbarn waren. Hermine wusste nicht, ob das zur Schau war oder ehrlich. Sie selbst wäre vermutlich hin und hergerissen zwischen der Erwartung, wieder nach Hause zu können und dem Wunsch, sich den Aufenthalt etwas schöner gestalten zu können.
Eine etwas betrübte, aber eher überrascht wirkende Mutter öffnete ihnen die Tür.
„Mrs. O'Neill, wir sind vom Orden.", leitete Ron vorsichtig ein. Sie hatten das Glück, mittlerweile nicht mehr wie Teenager, sondern junge Erwachsene zu wirken.
„Kommen Sie rein.", sprach sie dann vorsichtig. Sie sah sich kurz um als sie sie herein ließ, als wäre sie sich selbst nicht sicher, ob sie von der Polizei beobachtet wurden.
Im Wohnzimmer waren andere Kinder. Die Mutter ging langsam aber bestimmt auf sie zu und flüsterte ein bisschen. Als sich Hermine und Ron näherten, waren die Kinder auch schon die Treppe hinauf verschwunden und sie waren alleine im Wohnzimmer.
„Ich habe der AAW schon alles gesagt. Selbst die Muggelpolizei hat uns Fragen stellen dürfen. Was will der Orden ausrichten, der gerade ja größere Probleme hat?", hakte sie nach.
Das sagte Hermine zwei Dinge. Das erste war, dass diese Frau vermutlich nichts von Schatten wusste und das zweite war, dass die AAW sich zumindest grundlegend mit den örtlichen Polizeikräften koordinierte. Hermine war sich nicht sicher, ob das in dem Moment gut für sie war.
„Wir wollen sicher gehen, dass keine Gefahr für die anderen Familien besteht. Wenn ihr Kind entführt wurde, dann ist das im Interesse von allen evakuierten Familien. Außerdem können wir es vermutlich besser aufspüren.", sprach Ron dann. Hermine nickte zustimmend.
Er verwies auf ihre Gabe, allerdings wusste Hermine bei bestem Willen nicht, wie sie das erklären sollte. Oft waren Zauberer trotz allem nicht sonderlich offen für neue Dinge.
Außerdem war es vielleicht falsch, der Mutter zu viele Hoffnungen zu geben.
„Die AAW wird gerade auch im Dreieck springen, da diese Gegend als sicher gilt.", murmelte Ron neben Hermine. Zu der Frau gewandt sagte er, „Ich weiß, dass das jetzt vielleicht komisch klingt, aber könnten sie uns etwas von Ihrer Tochter erzählen?"
Die Frau presste ihre Lippen aufeinander. Es vergingen einige Momente. Schließlich starrte sie aus dem Fenster, als sie anfing zu sprechen, „Sie ist ein relativ ruhiges aber neugieriges Kind. Man muss immer aufpassen, wenn es ruhig im Haus wird und nachsehen gehen, was passiert. Sie hat schon sehr früh gezaubert. Objekte sind geflogen oder sie ist die Treppe herunter geschwebt, nachdem sie gestolpert ist.
Ihr erstes Wort war Decke. Sie hat… Sie mochte die Nachbarschaft und wir haben sie oft im Garten spielen lassen. Wir können sie ja auch nicht rund um die Uhr überwachen. Es ist durchaus mal möglich, dass sie nicht in meinem Sichtfeld ist und ich…"
Sie setzte aus. Hermine wollte auch überhaupt nicht, dass sie sich so viel rechtfertigt. Wenn sie selbst an die kleineren Kinder in Hogwarts dachte, dann konnte sie gut verstehen, wie schwierig das war.
„Sie ist verschwunden. Mitten am Tag und bevor ihr fragt, ja, ich war zu Hause.", zischte die Frau schließlich. Xenophilius musste sich vielleicht ähnlich fühlen. Er und Arthur hatten Ginny ja noch bis wenige Momente vorher gesehen. Ron gingen bestimmt ähnliche Gedanken durch den Kopf.
Aber die Tatsache war doch, wenn die Schatten ein Nest in der Nähe gebaut hatten, würde man überhaupt keine Chance haben, das Kind vor ihnen zu retten. Menschen verschwanden einfach, ohne, dass jemand etwas dagegen tun konnte. Feldzauber gegen Schatten einzurichten war sehr schwierig.
„Dürfen wir uns etwas umsehen?", fragte Ron schließlich. Die Mutter nickte und wollte vermutlich auch am Liebsten einen Moment für sich, um sich zu sammeln.
Der Garten schien liebevoll gestaltet aber auch ein wenig unbenutzt. Keine herumgeworfenen Spielzeuge und auch kaum Gebrauchsspuren auf dem Boden. Der Schnee der letzten Tage schien zu schmelzen und es waren nur noch 6 matschige Zentimeter.
Als sie sie näher betrachtete, bekam sie das Gefühl, dass sie auf Informationen zugreifen könnte, wenn sie nur wollte. Das war eigentlich seltsam. Sie war sich relativ sicher, dass sie nicht in die Vergangenheit sehen konnte.
Doch nun überkam sie ein seltsamer Eindruck, der sie viel mehr desorientierte als ihr irgendwelche Informationen gab.
„Alles in Ordnung?", fragte Ron nun.
Hermine schüttelte den Kopf, „Ich hatte nur einen seltsamen Eindruck, ich… Ich bin unsicher, woran das lag."
„Ich dachte, diese Eindrücke aus der Umgebung zu gewinnen wäre eher Harrys Sache."
Hermine zuckte mit den Schultern, „Vielleicht ist das neu. Ich weiß es nicht."
„In jedem Fall werden wir hier nicht viel finden.", schloss Ron.
Hermine seufzte, „Ich weiß auch garnicht, ob ich Eindrücke haben kann, die uns helfen können. Wenn ich das Kind finden sollte, dann wäre es wohl gut, dessen… Dessen Besitz zu sehen. Ich müsste das Zimmer sehen."
Ron nickte langsam, „Vielleicht eine gute Idee. Allerdings weiß ich nicht unbedingt ob wir das dürfen."
„Ich würde das auch nicht mögen. Immerhin sind ja schon welche von der AAW drin gewesen."
Sie liefen einige Schritte in Stille auf das Haus zu.
„Hey, ich weiß, dass das kein guter Zeitpunkt ist.", sprach Ron dann an, und zögerte etwas, bevor er fortfuhr, „Aber ich muss auch zugeben, dass ich nicht sonderlich gut in den richtigen Momenten bin."
„Du bist normalerweise sehr gut mit Anderen. Auch wenn du nicht gerade erwachsen bist."
„Hey! Ich finde ich habe mich sehr gut gehalten.", erwiderte Ron dann, „Ich bin doch gut durchgekommen ohne auszurasten!"
Hermine lächelte, „Das bist du wirklich. Du hast es geschafft, dass dich nicht vieles so schnell aus der Fassung bringt."
Ron nickte, „Das haben wir glaube ich alle. Abgesehen davon, dass wir überrumpelt werden, wenn wieder jemand andeuten möchte, wir sollten doch einfach zusammen sein."
Hermine grinste nun, „Hast du das auch wieder dir anhören müssen? Das letzte Mal bei mir war es die Weihnachtsfeier."
„So lange her? Ich bin sicher, dass Remus irgendeine Andeutung gemacht hatte, die etwas an mir vorbei gegangen ist."
Hermine hielt kurz inne, „Ron, wenn es dir lieber wäre, wir…"
Ron winkte ab, „Nein, nein. Ich meine… Ich weiß, dass ich bisher nur etwas gesagt habe, wenn jemand anderes auf der Bildfläche war, aber… Nichts muss geschehen, wenn wir uns nicht danach fühlen. Wir müssen jetzt nicht über einander herfallen, weil die Leute es von uns erwarten."
„Du hast Recht. Ich denke nur immer… Wieso ist bisher nichts passiert? Es würde irgendwie…"
„Sinn machen, weil es schon so oft angedeutet wurde?", fragte Ron schmunzelnd, „Das klingt nicht wie eine Art, eine Beziehung anzufangen."
„Hast ja Recht. Es ist nur irgendwie frustrierend. Wieso fällt es Harry so leicht?"
Ron zuckte mit den Schultern, „Vielleicht weil er sich etwas in eine andere Welt flüchtet. Eine, in der es Nargel gibt."
Hermine grunzte belustigt, „Du magst Recht haben. Ich glaube, dass Harry Luna etwas als Balance verwendet. Ich glaube, dass sie beide sich gegenseitig stützen."
„Ich meine… das tun wir auch, denke ich. Aber… wir haben nur noch nichts Weiteres getan. Ich weiß jetzt nicht woran das liegt, aber… Es ist einfach bisher nichts geschehen. Erinnerst du dich an unseren Abend, als Harry mit Luna auf einem Date war?"
„Das ist schon ziemlich lange her, aber ja. Wenn ich mich recht entsinne, haben wir erst Hagrid besucht und uns dann in die Küche gesetzt. Oder war das andersrum?"
„Ich glaube mich zu erinnern hungrig bei Hagrid gewesen zu sein und du weißt wie gut ich in sowas bin.", erwiderte Ron, ehe er innehielt, „Du weißt dass ich dich liebe und wir müssen das auch nicht ständig durchkauen. Wir machen unsere Sachen auf unsere Weise. Wie klingt das?"
Hermine lächelte und drückte seine Hand fest.
„Das klingt gut."
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„Bericht?", bellte Moody. Es war als wäre die militärische Umgebung ohne Hindernis in ihn über gegangen und er war als wäre er auf dem Stützpunkt geboren worden.
„Nichts zu finden. Keine deutlichen Spuren. Wir haben alle möglichen Diagnosezauber gesprochen und Harry hat nach magischen Spuren mit seiner Sicht gesucht. Keine Ergebnisse. Da möchte uns jemand hinhalten oder seine Identität verstecken.", erklärte Tonks sachlich.
Moody ließ ein leises Grummeln hören, als wäre er ein Hund der nicht bellen darf und es deswegen ganz leise tut.
„Wollen wir nicht hoffen, dass wir noch mehr Feinde haben, als wir sowieso schon mit zu kämpfen haben. Wenn es Voldemort ist, dann wird er hinter etwas Bestimmten her sein.", erklärte Moody schließlich.
„Von welchen Standorten in Amerika weiß Moody eigentlich?", fragte Harry nun. Unglücklicherweise wusste er selbst nicht so genau, wo die Leute hingebracht wurden, und das war eine Möglichkeit, das in Erfahrung zu bringen.
„Die Standorte werden von der AAW unterhalten und auch von denen verwaltet. Wir können uns gar nicht sicher sein, ob dort noch Schüler und Familien sind, also kann Kingsley sich dessen auch nicht sicher sein. Es wäre sinnvoller, wenn es um die Positionen von Familien in Europa geht."
„Wenn er zuletzt in Beauxbatons gesehen wurde", hakte Harry nach, „Wie würden wir dorthin kommen?"
„Keine Ahnung Potter.", murmelte Moody, „Beauxbatons ist ein streng gehütetes Geheimnis. Niemand weiß, wo das Schloss ist, wenn es überhaupt einen Ort gibt."
„Könnte es jemand in er IVZ wissen?", fragte Harry nun, aber eher an sich selbst.
Moody zuckte mit den Schultern, „Sag du es mir."
Harry konzentrierte sich nach innen und hoffte, dass er ein Gespür der zweiten Präsenz erhaschen konnte.
Es wurde etwas schwieriger, als es am Anfang gewesen war.
Ich kann dir da leider nicht behilflich sein., flüsterte die zweite Präsenz, Hermine könnte es vielleicht erspüren, aber der Ort ist ganz und gar verborgen.
Das war nicht hilfreich, aber das musste es auch nicht sein. Mit Tonks im Schlepptau verließ den Gang in der Zentrale und schritt in Richtung der Apparationszonen.
„Wo gehen wir hin?", fragte Tonks nun vorsichtig.
„Ich weiß zwar nicht, wo wir hin müssen und ich möchte auch niemanden Schwierigkeiten bereiten, aber ich denke, dass ich weiß, wen wir fragen können."
„Harry ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Normalerweise sollten wir uns ja von ihm fern halten.", warnte Tonks sachte.
Harry wollte darauf nicht antworten. Tonks ergriff seinen Arm und er zog sie beide von Straßburg weiter ins Innere von Frankreich.
Sie landeten direkt vor der Haustür. Das Anwesen von Delacour schien es zu erlauben, dass man direkt dorthin sprang. Es konnte auch sein, dass es speziell für Harry gelockert wurde, vielleicht sogar nur für diesen Tag.
Vielleicht war das aber auch paranoid, das zu denken.
Eine Unbekannte öffnete die Tür und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Harry Potter, Internationale Vereinigung der Zauberer. Ich möchte mit Sebastian Delacour sprechen.", stellte sich Harry vor und kam sich ein wenig wichtig vor, auch wenn er das absolut nicht war.
„Tonks.", sagte seine Begleiterin schlicht von der Seite.
Die Frau besah sie kurz skeptisch, aber ließ sie herein. Harry war sich garnicht sicher, ob sie ihn überhaupt verstanden hatte.
Sie ließ sie herein und wenig später erschien Delacour auf der Treppe im Eingangsbereich.
„Mister Potter und Miss Tonks. Ich wollte sie ja willkommen heißen, aber sie wären nicht hier, wenn es nicht um etwas unangenehmes ginge.", begrüßte sie Delacour.
Harry nickte. Tonks antwortete an seiner Stelle, „Wir untersuchen das Verschwinden von Kingsley Shacklebolt. Er wurde zuletzt auf Beauxbatons gesehen."
„Und dorthin zu gelangen ist verständlicherweise nicht einfach", ergänzte Delacour das Gesagte.
Harry nickte, „Wir benötigen nur Zugang zu dem Gebäude. Wir müssen nicht einmal wissen, wo es ist, allerdings benötigen wir natürlich jemanden, der das weiß."
„In ihrer Organisation weiß das niemand? Ich hätte gedacht, dass die IVZ in und um jeder Schule ihre Spitzel hat. Um zu beurteilen, wie rebellisch die Kinder sind.", spöttelte Delacour.
Tonks zuckte mit den Schultern und Harry räusperte sich, „In dem Fall erschien es mir einfacher, sich an Sie zu wenden. Wenn sie eine Gegenleistung erwarten, nur raus damit."
Delacour lächelte und trat die letzten Stufen die Treppe hinunter.
„Mister Potter, eine Gegenleistung in dem Falle ist überhaupt nicht nötig. Ich würde aber darauf bestehen, Sie zu begleiten. Wir reden mit der Schulleiterin und dann können Sie sich ein wenig im Schloss umsehen, wenn das nötig wird. Ich werde dabei sein und sie auch wieder zurück führen.", sprach Delacour schließlich.
Das mit dem zurück bringen war überhaupt nicht nötig, allerdings gab Harry zu, dass das wohl die Bezahlung für Delacour war. Ein wenig Momente, in denen er ihn beobachten konnte um einzuschätzen, wie er sich verhielt und wie er agierte. Immerhin wusste Delacour im Vorfeld bereits, was ihm und seinen Freunden widerfahren würde und wahrscheinlich konnte er sich nicht nehmen, diese Möglichkeit zu ergreifen, seine Theorien zu testen.
Harry stimmte zu und auch Tonks schien nichts dagegen zu haben. Er war überzeugt, dass es schon nicht zu schlimm werden konnte.
Delacour hatte Portschlüssel parat. Das waren keine von den Unsäglichen entwickelten oder produzierten Portschlüssel und daher war es vielleicht ein wenig verwunderlich, dass sie funktionierten, aber Harry nahm das Buch schlichtweg in die Hand und mit Tonks und Sebastian wurden er weggezogen.
Der farbenfrohe Tunnel war erstaunlich lange in Harrys Blickfeld. Es dauerte mehrere Minuten, bis die Sensation endete und ein Gebirge sich vor Harry aufbäumte und sie auf einem kleinen Plateau landeten. Das Schloss lag an einem Bergrand.
Beauxbatons war ein großes Schloss. Vier Etagen – von dem was Harry ausmachen konnte – und von hinten wurde das Gebäude von einem Gebirgskessel eingerahmt. Vermutlich mit einem beachtlichen Hof, der zum Gebirge gewandt war.
An der Seite verlief ein Feldweg nach unten, anscheinend zu Gewächshäusern.
„Folgen Sie mir.", forderte Delacour und sie schritten hinter ihm zum Haupteingang.
Eine erste Schülergruppe kam ihnen entgegen. Ihre Augen weiteten sich, als sie Delacour sahen und sie bemerkten Tonks und Harry hinter dem Mann überhaupt nicht.
Tonks wirkte ein wenig unsicher und ihr war wohl nicht gerade wohl bei dem Gedanken so ungestüm in fremdes Territorium zu stoßen.
„Wenn wir Ärger bekommen bist du aber schuld.", murmelte sie und stieß ihn in die Rippen.
„Was soll schon großartig passieren? Immerhin wissen wir noch immer nicht, wo dieser Ort ist.", erwiderte Harry ruhig, „Aber du hast recht, wir sollten aufpassen."
Delacour führte sie durch die Eingangshalle. Harry sah sich nicht oft um. Er tat es auch dieses Mal nicht. Normalerweise verstand er sich sowieso nicht darauf, Architektur zu bewundern oder irgendwelche Details der Wände oder des Bodens. Es sah aus, als wäre Marmor verbaut – mehr konnte er auch schon nicht sagen. Das Anwesen von Delacour fiel einem auf, da es eine besondere Form hatte. Dieses Schloss wiederrum erinnerte ihn ein wenig an das Anwesen von Dumbledore.
Die Treppe war groß und die Stufen doch ein wenig höher als Harry es gewohnt war. Im ersten Stock befand sich ein recht abgeschotteter Flügel, welcher auch durch mehrere Türen abgetrennt war. In diesem Gang standen Bänke an der Wandseite und es schien eine Anmeldung zu geben. Delacour passierte die offenen Türen der Sekretäre ohne sie zu beachten und sie schritten zusammen direkt durch den nächsten Durchgang.
Direkt nach rechts biegend klopfte er an eine große Bürotür und trat direkt hinein.
Es war kein großes Büro. Es wirkte natürlich edel, und aller Komfort, den man einer Schulleiterin gönnen konnte, wurde hier gegönnt, allerdings schien das Büro nicht sonderlich geräumig. Das konnte allerdings auch daran liegen, dass Madame Maxime eine etwas größere Dame war.
Harry und Tonks deuteten Verbeugungen an und Maxime stand abrupt auf, als sie Delacour mit den Beiden im Schlepptau sah.
„Madame Maxime.", sprach Delacour freundlich aber bestimmt. Er deutete unmissverständlich an, dass er eine wichtige Person war. Die anscheinend überall Zutritt hatte.
„Mr. Delacour.", verstand Harry noch. Darauf folgte eine Reihe von Höflichkeitsfloskeln auf Französisch, ehe Delacour auf sie verwies und wohl ansprechen wollte, wieso sie dort waren.
„Mister Potter und Miss Tonks sind hier um nach ihrem Kollegen zu fragen. Sie haben sich als so hilfsbereit erwiesen, vielleicht kommen wir ihnen entgegen, indem wir ein paar ihrer Fragen beantworten.", bot Delacour nun an.
Der Blick der Schulleiterin richtete sich augenblicklich auf sie und sie setzte sich langsam wieder hinter ihren Schreibtisch. Mit einer Geste lud sie sie ein, sich zu setzen.
„Mister Potter.", sprach sie dann, „Es ist schön, Sie wiederzusehen. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie einen ganz schönen Eindruck auf meine Schüler gemacht."
Harry lächelte verlegen. Zumindest war das nichts Schlimmes, „Ich habe mein Bestes gegeben, lange im Gedächtnis zu bleiben."
Das war nicht einmal wahr. Doch da es sowieso seine Stärke zu sein schien, war es vielleicht auch gut sie zu akzeptieren.
„Madame Maxime, Kingsley Shacklebolt hat sich seit einiger Zeit nicht mehr gemeldet. Da er Geheimnisträger ist, muss er sich eigentlich regelmäßig melden. Da er das nicht getan hat, und auch jemand in seinem Haus war, der nicht er selbst war, suchen wir nach ihm."
Maxime atmete aus, „Er war in der Tat hier in der letzten Zeit. Ich kann euch aber nichts Genaueres sagen. Ab und zu hilft er uns bei der Bewachung, aber das ist auch schon alles. Wir haben nichts Größeres mit ihm zu tun. Sehen sie es als Dienstleistung von seiner Seite aus an. Weder schläft er hier noch hält er sich oft hier auf."
„Gab es Probleme mit ihm?", fragte Harry nun, „Irgendwelche Auffälligkeiten oder Unruhen, an die Sie sich erinnern können?"
Maxime sah ihn seltsam an. Vielleicht, weil es eine eher illoyale Frage war. Doch in der Zentrale wurde das auch so gehandhabt. Die Frage, ob jemand noch alle Tassen im Schrank hatte, war keine neue Frage. Immerhin hatte Jason ihnen auch misstraut, als sie die Gaben der anderen Seite bekommen hatten.
„Wir hatten keine Probleme mit ihm.", sagte Maxime ruhig, „Reden sie mit den anderen Wachen. Sie können besser Auskunft geben als ich."
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Das Zimmer des Kindes war noch deutlich schlichter als der Rest des Hauses. Von allen der Familie konnte sich das Kind wohl am Wenigsten an das neue Haus gewöhnen und Hermine bekam den Verdacht, dass es vielleicht weggelaufen war.
Doch wohin sollte das Mädchen gehen? Hermine konnte sich vorstellen, dass Kinder vielleicht nicht das Gefühl für Entfernungen hatten, besonders, wenn man mit den Eltern immer magische Transportarten verwendete.
„Kein sehr freundliches Zimmer.", kommentierte Ron dann auch, „Was hast du für ein Gefühl?"
Hermine sah auf das ungebrauchte Bett, „Ich kann verstehen, wenn man nicht von zu Hause weg möchte. Und einem Kind kann man so etwas wie eine Flucht vielleicht auch nicht so gut erklären."
„Na ich glaube nicht, dass wir das irgendwem gut erklärt haben. Noch nie zuvor ist eine ganze magische Regierung einfach zusammengebrochen. Allerdings leben auch noch immer einige Menschen dort, wie haben nur manchen geraten, sich doch zu verziehen.", gab Ron dann zu, „Außerdem gibt es ja auch noch die Menschen aus London oder Brüssel, die wir später haben wegbringen müssen."
Hermine konnte dem nur zustimmen.
Wenn das Kind sich allein fühlte, dann lag es vielleicht an der Flucht.
Vielleicht mochte es viel lieber in England. Hermine konnte das gut verstehen. Niemand, der auf diese Weise seine Heimat verließ, tat das freiwillig.
Ein plötzlicher Eindruck von Desorientierung überkam sie schon wieder. Doch diesmal wusste sie ein kleines bisschen mehr. Eine harte Oberfläche. Nässe und Kälte.
„Ist alles in Ordnung?", fragte Ron nun.
„Wir müssen uns beeilen. Ich weiß nicht genau, was los ist, aber ich glaube, das Mädchen -Amy ist in Gefahr.", sagte sie schließlich.
„Weißt du denn, wo sie sein könnte?", fragte Ron dann.
Hermine zögerte. Die Eindrücke waren immer so stark, dass es schwierig war, sich zu konzentrieren. Es war nicht schwierig, Dinge zu sehen. Hermine bekam langsam das Gefühl, dass es viel schwieriger war, Dinge nicht zu sehen.
Sie ergriff Ron und apparierte ohne Ziel. Sie konzentrierte sich lediglich darauf, sie nicht zu zersplintern und versuchte, Ron bei sich zu halten. Sie landeten wieder im Matsch. Die Umgebung war kahl und es gab einen kleinen See, der hier angrenzte.
„Hermine, was…", setzte Ron an, doch sie winkte ab.
„Such! Such nach Auren, nach Geräuschen, nach irgendwas!", meinte Hermine schließlich.
Ron nickte und wandte sich von ihr ab. Er schritt zehn Meter in die entgegengesetzte Richtung.
„Glaubst du, hier wäre ein Nest? Es kommt mir wie eine seltsame Gegend für ein Nest vor. Eigentlich viel zu eng belebt.", murmelte Ron dann, „Wir sind aber nicht sonderlich nah am Haus dran. Wie soll das Kind hierher gekommen sein?"
Hermine wusste es auch nicht so recht, „Vielleicht wollte es… Ich meine, wenn es weglaufen wollte, dann muss die Strecke vielleicht keinen Sinn machen."
Es war so still draußen. Die Sonne ging langsam unter und Hermine hatte Angst, dass sie vielleicht zu spät waren, oder dass die Dunkelheit ihre Suche schwieriger machen würde. Es konnte alles sein und ihr gefielen alle Alternativen nicht sonderlich.
Sie begangen langsam den Ort und Hermine bekam ein mulmiges Gefühl. Es fror vielleicht nicht, aber es war dennoch kalt.
Hermine wusste nicht, wonach sie suchten. Es war seltsam. Sie versuchte die Präsenz eines Nestes zu erspüren, hatte damit aber keinen Erfolg. Vielleicht gab es subtilere Hinweise.
Irgendwann kamen sie näher. Sie hatten Glück, dass es sehr wenige Magier in der Umgebung gab und auch keine Feldzauber zu spüren waren. Hätten sie sich im alten England befunden, hätten sie absolut keine Chance gehabt.
Eine schwache Aura. Hermine wusste garnicht, wie sie auf sie aufmerksam geworden ist, immerhin war sie kaum zu spüren.
„Ron!", rief Hermine beinahe sofort.
Sie eilten zum Rand vom See wo zwischen den Seepflanzen ein Kopf zu sehen war. Das Wasser musste unglaublich kalt sein und die unbewusste Magie des Kindes unglaublich stark. Es gab keinen Zweifel – die Aura des Kindes war noch da.
Sie zogen es vorsichtig aus dem See. Es wirkte, als wäre es ausgerutscht und mit dem Kopf auf Wurzelwerk gefallen.
Ron setzte den Notruf ab und Heiler der AAW kamen mit plärrenden Sirenen angefahren. In der Ferne war rot blinkendes Licht zu sehen und schwere Stiefel näherten sich.
Hermine war ausgelaugt und ließ sich ins Gras fallen. Medien kamen angefahren und die AAW schaffte es, sie von ihnen wegzuhalten.
Die Evakuierten waren sicher. Hier waren keine Schatten, nur ein warmer Wintertag und ein Kind, das im Matsch ausgerutscht ist.
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Delacour führte sie auf einem etwas komischen Wege zu der Station der Wachen.
Vorbei liefen sie an Klassenzimmern, an denen durch Zufall die Türen offen standen.
Schüler wie Erwachsene schienen hier unterrichtet zu werden.
„Sie werden den Unterschied feststellen, Mister Potter.", leitete Delacour ein.
„Die Zentrale der Unsäglichen und damit auch die IVZ betrachtet Bildung als Handelsgut. Sie wären nicht so gut ausgebildet gewesen, wäre man sicher, dass sie danach nicht im Dienst der Zentrale stehen könnten. Zusätzlich zieht die Zentrale Schüler oft direkt aus den Schulen heraus. Darunter werden zudem überdurchschnittlich oft Schüler aus Durmstrang eingezogen. Verstehen Sie, was geschieht? Man kann nicht ewig als Eingreifzauberer oder Aufklärer arbeiten. Man kann nicht ewig als Ermittler arbeiten, auch wenn das nicht den Anschein hat."
Harry schüttelte den Kopf, „Aber eine Ausbildung beginnt man doch oft direkt nach der Schule. Ich verstehe nicht, was so verwerflich ist."
„Ein Zauberer kann gut 150 Jahre leben. Das ist eine lange Zeit. Wenn sie mit 70 oder 60 in manchen Fällen aus dem aktiven Dienst ausscheiden, was sollen sie dann mit ihrer Zeit anfangen? Sie haben keine Berufsausbildung gemacht. Sie können kein freiberuflicher Eingreifzauberer sein. So etwas ist, wie sie sich vorstellen können, illegal. Was sollen sie also tun? Die Zentrale bietet ihnen nicht an, Wissen anzuhäufen, dass sie für etwas Anderes als für die IVZ aufbringen können. Was sollen die ganzen Menschen im Nachhinein machen? Ihre Freundin Miss Brown lebt aktuell genau das durch. Mit Händen und Füßen wehren sich ihre Vorgesetzte dagegen, dass sie außerhalb der Zentrale anerkannte Qualifikationen erhält. Finden sie das etwa fair?", wetterte Delacour.
Harry wusste nicht so recht, was er erwidern sollte. „Wir sind ja nicht gerade in einem Sonderfall, oder?"
Delacour schüttelte den Kopf, „Die Erwachsenen hier sind in keinem rechtlichen Verhältnis zu Beauxbatons. Wir geben ein Umfeld, in dem sie lernen und sich entwickeln können, abgeschottet von den Gefahren des Krieges. Aber wir verlangen nicht, dass sie unsere Sklaven sind. Sie sind frei, wenn sie sich in diesen Hallen bewegen. Denken sie doch einmal darüber nach, Mister Potter. Wir sind da."
Harry und Tonks traten in ein einstöckiges Haus ein, aber doch fast ein Viertel eines Quidditchfeldes ausfüllen konnte. Beinahe direkt konnten sie jemanden befragen.
„Natürlich kenne ich Kingsley. Den kennt hier jeder.", knurrte einer der Wachen. Das Plateau um Beauxbatons war nicht gerade dicht bewacht, aber die Wachen rechneten ja auch nicht mit Kriegsgerätschaften, die hier hochgetragen würden.
Vielmehr war es wohl das Problem, Späher abzuwehren oder anderweitige Versuche, die Position des Schlosses herauszufinden. Beauxbatons hatte sich seit jeher auch vor anderen Schulen geschützt. Wieso das nötig war, hatte wohl eher historische Gründe.
Der Mann jedenfalls schien schon einiges gesehen zu haben. Seine Robe war fein, allerdings wirkte er sehr unordentlich und irgendwie auch angestrengt. Als würde ihn stets etwas belasten.
„Wenn wir ehrlich sind, hatten wir keine Geduld, neue Leute auszubilden. Kingsley hat das für uns übernommen. Hat ein Dutzend Leute ausgebildet, die jetzt hier arbeiten. Verdammte Schichtarbeit, aber es ist ja nötiger als je zuvor. Teilweise direkt aus Beauxbatons gezogen. Wir fangen Muggel ab, die hier wandern. Verrückte, die versuchen hier hochzuklettern. Solche Sachen eben. Die…"
Der Mann seufzte.
„Wir verlieren regelmäßig Männer. Wenn wir hier sind, sind wir sicher, aber sobald sich einer von uns entfernt, finden wir ihn ein paar Tage später an irgendeinem Baum gehängt. Es ist als wüssten sie, dass wir Wachen sind. Wenn einer von uns verschwindet… Ihr versteht, dass wir darüber nicht mehr nachdenken müssen."
Die Implikation, dass Kingsley getötet wurde, hing in der Luft und Harry spürte, wie sich Tonks neben ihm anspannte.
„Wirkte er abgelenkt, überraschend feindselig oder anderweitig anders als sonst?", fragte Harry nun auch den Mann. Er verneinte.
Harry wandte sich an Delacour, „Könnten sie sie alle fragen, wer zuletzt Kingsley gesehen hatte?"
Delacour nickte und rief irgendetwas Französisches in den Raum. Etwa sechs Gesichter wandten sich um und hörten ihm zu.
Einer der Männer antwortete. Nach einem kurzen Wortwechsel mit Delacour verwies dieser auf den Mann und sagte, „Kingsley wurde zuletzt gesehen als er mit Flohpulver weggereist ist. Den Ort hat er nicht verstanden, er wird aber wohl englisch gewesen sein."
Harry nickte. Das half ja schon etwas. Das hieße, dass Kingsley sich vermutlich in England aufhielt. Harry war sich aber nicht sicher, ob das so eine gute Sache war. England war immerhin gefährlich.
„Ist Kingsley öfter mit Flohpulver weggereist? Kann sich irgendjemand anders an den Ort erinnern?", hakte Harry nun bei Delacour nach, welcher die Frage weiterleitete.
„London, wie es scheint. Tropfender Kessel.", sprach Delacour nun und Harry überkam ein ungutes Gefühl. Die Winkelgasse war kein sicherer Ort.
„Wir müssen dorthin springen.", sagte Harry dann.
„Ich wollte Sie begleiten, Mister Potter, oder haben sie das vergessen?", spöttelte Delacour nun.
Tonks sah den Mann verwirrt an, „Ich möchte nicht unhöflich sein, aber es ist nicht gerade gemütlich in England also bleiben Sie wohl besser hier."
Delacour winkte ab, „Nein, bitte, ich bestehe darauf."
Sie nahmen schließlich einen Portschlüssel in die grobe Nähe zur Winkelgasse. Dort angekommen sprang Harry mit seinen beiden Begleitern weiter zum Lokal zu dem Kingsley gefloht sein musste.
Wenn Harry nicht gewusst hätte, dass der Laden einmal ein Lokal gewesen war, hätte er es nicht erkannt. Das Erdgeschoss war sprichwörtlich in Scherben. Die Einrichtung war nicht nur lädiert oder gealtert, sie war in Stücke gerissen. Es war als wäre hier etwas explodiert. Es konnte auch eine hastige Flucht oder ein häßlicher Stellungskampf gewesen sein.
Delacour wischte sich etwas von seiner Robe, als sie sich durch den Schutt kämpften.
Harry und Tonks schwärmten aus, um in die einzelnen Räume zu sehen. Was von der Theke übrig war, war leer und verlassen. Der intakteste Raum im Erdgeschoss schien die Küche zu sein. Ein altes Schild mit den Tagessuppen hing neben dem Eingang dorthin.
„Alles leer. Gehen wir hoch.", sprach Tonks darauf vorsichtig.
Harry nickte und folgte ihr nach oben. Delacour ging hinter ihnen, bedacht darauf, keine Geräusche zu machen.
Die Türen zu den Zimmern standen alle offen. Harry hatte nicht erwartet, hier Gäste vorzufinden, allerdings schien das ein seltsames Zeichen.
Tonks hielt vor ihm plötzlich an und wandte sich um, Augen weit offen.
Wortlos zog sie ihren Zauberstab und beschwor drei Kopfblasenzauber.
Sie schritten zusammen die letzten Schritte nach oben und sahen sehr schnell, was vor sich ging.
Im ersten Zimmer lag eine Frau beinahe drapiert an die Kommode gelehnt. Harrys Blick wanderte unweigerlich zu der Blutspur auf ihrem Umhang, die von einer durchgeschnittenen Kehle stammte.
Ihr Gesicht war verfärbt und es war deutlich, dass sie länger tot war.
Ein paar Zimmer weiter erspähte Harry zuerst das Werkzeug, dass auf dem Bett lag. Ein Hammer, mehrere Zangen und eine Metallschere.
Kingsley hing an seinen Handgelenken in der Mitte des Raumes. Harry stellte mit Entsetzen fest, dass ihm die Lippe angeschnitten worden war und ihm Zähne fehlten.
Tonks wandte sich prompt um, als sie in den Raum trat und ihre Haare verfärbten sich.
Delacour wirkte betrübt, als er eintrat, „Ein echter Edelmann. Bis zuletzt hat er versucht, seinen Landsleuten zu helfen. Auch wenn das hieß, dass er auf diese Weise sterben würde."
Kingsley trug eine Münze bei sich, auf der ein Phönix geprägt war. Harry nahm sie an sich.
Er fand Tonks unten im Raum in die Leere starrend. Harry schritt neben sie.
„Wer war das?", fragte sie stimmlos, „Bellatrix ist tot. Die Schatten gehen so nicht vor. Wer…"
Harry schüttelte den Kopf. Er wusste es nicht. Delacour drückte ihnen einen weiteren Portschlüssel in die Hand und verschwand selbst in eine andere Richtung. Die Frage blieb noch, was man von Kingsley wollte, wenn man ihn so gefoltert hatte.
A/N: Nächstes Mal: Thomas wacht mal wieder auf.
