Ruinierte Dokumente.

Gellert hatte ganze Arbeit geleistet. Als Albus schlussendlich Zutritt zu Grindelwalds verstecktem Büro hatte, war bereits alles vernichtet. Doch Texte waren nicht das Einzige, dass einem Aufschluss geben konnte.

Gellert hatte seinen Fluch auf eine bestimmte Sektion des Raumes gerichtet. Von dort aus hatte er sich in alle Winkel hinein ausgebreitet.

Das Feuer hatte aber nicht nur Dokumente zerstört. Wertvolle magische Artefakte waren in diesem Raum versteckt gewesen und Albus fühlte Trauer über den Verlust solcher Artefakte.

„Keine Spur von ihm.", sprach Thomas hinter ihm. Er war noch sehr jung und noch unerfahren in manchen Dingen, aber das war für Albus Zwecke überhaupt nicht verkehrt.

„Ich war mir bewusst, dass wir ihn hier wohl nicht finden würden.", erwiderte Albus.

„Wieso suchen wir dann hier? Benötigen wir etwas, was er hinterlassen hat? Es scheint ja wichtig gewesen zu sein.", fragte Thomas darauf, vage in den Raum deutend. Er wirkte ein wenig verwirrt, aber das legte sich schon noch.

Albus wusste natürlich genau, nach was er suchte, doch zog er es vor, zunächst nichts davon preiszugeben.

„Dir ist sicherlich die Siegfriedsage bekannt.", sagte er stattdessen.

Thomas nickte ruppig. Es war für ihn wohl schmerzhaft, an seine Erziehung zu denken, doch aus welchen Gründen würde sich noch zeigen.

„Der Drachentöter. Das Zeichen für Treue und Stärke und das Spiegelbild der Germanen.", sagte Thomas schließlich, nachdem Albus eine Zeit lang geschwiegen hatte.

„Uns was ist die Lehre aus der Geschichte? Worum geht es dabei?", fragte Albus weiter.

Wieder dieser gepeinigte Gesichtsausdruck. Vielleicht war das ja ein Ausdruck des Zweifels an den Lehren, oder auch ein Ausdruck davon, dass Thomas niemals zum Nachdenken angeregt wurde und das, obwohl der Junge ein heller Kopf war. Selbst, wenn Thomas jegliche Informationen fehlten, so hatte der Junge doch das Gefühl, dass etwas fundamental falsch an den Lehren der Nazis war.

„Unsere Lehrer haben immer gesagt, es sei der Nibelungengeist, den die germanische Rasse wiedererlangen müsse, wenn sie die Welt erobern möchte. Wir haben die Schrift von Bruno Tanzmann lesen müssen. Wer Ohren hat, der hört jetzt im furchtbarsten Krieg aller Kriege wieder das Nibelungenlied brausen. Die Götterdämmerung bricht an: jetzt in diesem furchtbaren Weltkriege wird sich zeigen müssen, ob in uns Deutschen noch der weltüberwindende Siegfriedgeist lebt.", zitierte Thomas. Nach einem kurzen Moment fügte der Jugendliche noch hinzu, „Hat sich aber geirrt. Musste es aber auch am Ende vom selben Buch zugeben. Außerdem haben die Nazis ihn in den Selbstmord getrieben, obwohl sie seine Ideen mochten. Danach mussten wir uns mit irgendwelchen Verrätern des deutschen Volkes beschäftigen."

Albus nickte, „Dir wird sicherlich auch bewusst sein, dass die tatsächliche Sage eine etwas andere Lehre hat?"

Thomas sah ihn einfach nur reglos an. Für Albus war das mittlerweile das Zeichen, dass der Junge nicht verstand, aber mehr wissen wollte.

Albus schmunzelte, „Siegfried tötet in der Tat den Drachen und beweist damit Mut, aber viel wichtiger ist noch, dass er, als er in dem Blut des Drachen badet, mit ihm eine magische Einheit bildet. Seine Magie und die Magie des Drachen. Diese Art von Kommunikation ist vielleicht ein bisschen simplifiziert dargestellt, doch ist der Krux an der Geschichte der, dass Siegfried nicht einfach den bösen Drachen besiegt, sondern gegen einen Drachen kämpft und in der Wirkung der Drachenmagie neue Erkenntnisse gewinnt. Er lernt von dem Wesen, dass er gejagt hatte. Alle Geschöpfe sind gleich und jeder kann von dem anderen etwas lernen."

Thomas nickte nur und sagte nichts weiter dazu. Selbst wenn Thomas Unbehagen gegenüber seinem Unterricht rein akademischer Natur war, so wollte Albus es doch nutzen, um die Ansichten, die dem Jungen eingetrieben worden waren, etwas gerade zu rücken. Es konnte auch nicht schaden, wenn Thomas etwas über alte magische Riten lernte.

X

X

X

Als Harry Thomas besuchte, wurde er gerade von Pflegern wieder auf den Rücken gedreht. Emilia stand am Fußende des Bettes und nickte ihm nur stumm zu. Die Pfleger waren beide simpel gekleidet und verschwanden sehr schnell wieder aus dem Raum heraus.

Er war stark sediert, hatte man ihm gesagt. Die Manschetten und verschiedenen Gerätschaften machten den Anblick nicht gerade besser. Es wirkte als würde sich sein Zustand verschlimmern statt verbessern.

„Entschuldigung?", fragte eine Stimme hinter ihnen. Ein etwas verhaltener Mann in schlichter Uniform drängte sich zwischen ihnen durch, „Ich muss seine Werte überprüfen."

Emilia und Harry machten ihm schnell Platz. Harry schielte zu Emilia herüber, die das wahrscheinlich schon getan hatte.

„Unsägliche Brown, sie haben sicher schon…", setzte der Mann an, doch Emilia winkte ab.

„Ich halte mich da lieber raus.", sagte Emilia dann, „Dann kann mir keiner Fehler vorwerfen und ich muss mich nicht schuldig fühlen."

Es verging ein Moment in Stille. Für Harry sah es aus als wäre der Mann neu hier, immer wieder hielt er zögernd inne und musste nach einigen Utensilien suchen. Vielleicht hatte er ursprünglich im Sankt Mungos gearbeitet und wurde jetzt von der Zentrale für seine Dienste bezahlt, da auch das Sankt Mungos nun gefährlich war.

„Das sieht nicht gut aus.", sagte der Mann schließlich und Harry hatte zwar schon so ein Gefühl gehabt, wusste aber nicht, was das heißen sollte.

Der Mann tippte sein Abzeichen an, dass er an den Gürtel geschnallt hatte. Wenn Harry darüber nachdachte, war er mit seinem vielleicht ein wenig direkt, da er es auf der Brust trug. Selbst Thomas hatte seines nicht an der Brust. Doch zu Harrys Verteidigung war dort nun mal die vorgesehene Halterung.

Bridger eilte wenig später in den Raum hinein. Harry hatte irgendwie das Gefühl, dass die Schritte des Mannes weniger aufgeregt waren. Harrys erste Begegnung mit dem Mann hatte sich schließlich in sein Gehirn gebrannt.

„Beiseite.", befahl Bridger kühl und der andere Heiler sprang beinahe weg. Harry sah Emilia mit verwirrtem Gesicht an, doch diese zuckte nur mit den Schultern.

Bridger beugte sich über Thomas und zog ihm mit einer Hand die Augenlieder hoch. Mit seinem Zauberstab leuchtete er ihm in die Augen und zog danach seinen Zauberstab wieder weg. Den Vorgang wiederholte er einige Male an beiden Augen.

„Keine Pupillenreaktion.", kommentierte Bridger, ehe er sich wieder aufrichtete. Er schien nachzudenken.

„Brauchen wir eine CT?", fragte der andere Heiler nun, worauf Emilia sich zu dem Mann umdrehte, „Wofür eine CT?"

Der Mann verwies unsicher auf Bridger, „Er hat uns verboten, Magie auf den Patienten anzuwenden, damit wir sein System nicht stören."

„Thomas ist noch immer instabil. Normalerweise müssten die Manschetten ihre Wirkung zeigen, doch bei Thomas haben sie nur die Anfälle überwunden. Ich fürchte, dass wir ihn aufwecken müssen."

„Bitte was?", zischte Emilia nun, „Und seinen Tod riskieren? Was ist, wenn er aufwacht und seine Magie nicht kontrollieren kann?"

Bridger zuckte mit den Schultern und hielt Emilias Blick mit überraschender Leichtigkeit stand, „Unsäglicher Thomas kann anscheinend seine Magie unterbewusst nicht mehr steuern. Üblicherweise erwartet man, dass sich Schatten daran gewöhnt haben, doch er ist vermutlich sein ganzes Leben mit seinem Bruder verbunden gewesen. Das heißt, dass sein Körper überhaupt nicht die Möglichkeit hat, sich zu wehren. Er muss es bewusst machen. Wir haben keine andere Möglichkeit, oder fällt Ihnen etwa eine ein, Miss Brown?"

„Thomas steht unter starker Beobachtung.", fügte der andere Heiler hinzu, „Sie müssen sich also keine Sorgen machen."

„Tut mir leid, wenn ich mich besser fühlen würde, wenn mir das eine qualifizierte Fachkraft versichern würde.", spottete Emilia feindselig und Harry war sich unsicher, woher die plötzliche Feindseligkeit im Raum kam.

„Mister Potter, bitte halten Sie sich bereit, Unsäglichen Thomas zu sichern, falls er uns wegsterben sollte. Wir können uns keine größeren magischen Entladungen in diesem Raum leisten. Ach, und William, bitte halten sie doch die Beine fest.", befahl Bridger nun ruhig.

Harry eilte zur Höhe von Bridger und hielt sich bereit. Er war ein wenig unsicher, was er tun sollte, doch wenn es Thomas so ergehen würde wie August war Harry zumindest vorbereitet. Er wusste, was er tun konnte und er würde diesmal schneller reagieren können. Doch irgendwie machte sich Harry keine Sorgen.

Bridger starrte noch eine Sekunde lang in das Gesicht von Thomas, scheinbar irgendetwas suchend. Dann ließ er die Manschetten aufklicken, welche sich sogleich lösten. Bridger drehte ein Rädchen an dem Tropf und richtete seinen Zauberstab auf Thomas.

„Stupor.", sprach der Mann und mit einem roten Leuten versetzte er Thomas wieder in eine Starre, „Wir müssen Thomas schlagartig zurückholen. Wir können es uns nicht leisten, dass er nur ein wenig aufwacht und unsere Arbeit zunichte macht. Allerdings bitte ich Sie, Unsägliche Brown, bei ihm zu bleiben, damit wir keine bösen Überraschungen erleben. Rufen Sie mich sofort, wenn Sie Änderungen seiner Magie spüren."

Beinahe sofort erfasste Harry eine starke Magiewelle. Bevor er es realisiert hatte, verkrampfte sich Thomas Arm und Bridger sprach sofort einen erneuten Schockzauber auf den Mann.

Schattenmagie baute sich in Thomas auf und Harry konnte förmlich spüren, wie das Magiefeld den Raum erkalten ließ. Es war keine körperliche Kälte, sondern vielmehr wirkte es wie die Präsenz von Dementoren.

Instinkt und Not halfen Harry oft bei Dingen, die er sich von selbst nicht zutrauen würde. Er nahm einen tiefen Atemzug und seine Hand fing an zu glühen. Er brachte die Hand in Richtung von Thomas Brustkorb und ließ diese fremde Kraft mit der dortigen Magie kämpfen. Thomas Hand entkrampfte und Emilia starrte ihn geschockt an.

„Mister Potter, ich hatte nicht erwartet, das von Ihnen zu sehen, aber ich habe aktuell keine Zeit, mich darum zu kümmern. Fürs erste denke ich, dass Sie die Situation unter Kontrolle haben.", sagte Bridger nun ruhig.

Die Heiler verließen den Raum und Harry und Emilia waren wieder alleine. Harry nahm seine Hand von Thomas Brustkorb weg und Emilia ging an die Stelle, an der Bridger eben noch gestanden hatte.

„Das war seltsam.", sagte Emilia. Harry sah weiterhin auf Thomas und wusste nicht, wie er sich erklären sollte.

„Seit wann kannst du das?", fragte Emilia, „Das klingt nämlich wie eine Sache, die du melden solltest."

Harry zuckte mit den Schultern, „Ich konnte es auch erst drei Mal oder so. Einmal bei August, einmal als ich bei Luna war und… Einmal als ich beinahe bewusstlos war als ich gegen Schatten und Todesser gekämpft habe. In unterschiedlichen Stärken."

„Aber wieso weiß ich nichts davon? Was hast du davon, wenn du neue Fähigkeiten entwickelst und niemanden um Rat dabei fragst? Wer weiß überhaupt davon? Ich nehme dann ja wohl an, dass Luna Bescheid weiß."

Harry nickte, „Ja, das weiß sie. Sie scheint es sogar irgendwie zu verstehen, allerdings rede ich mit ihr normalerweise lieber über…"

„Normale Dinge? Kann ich schon verstehen. Wer weiß es noch?"

Harry grinste verlegen, „Thomas weiß es. Er hat es aber auch gesehen. Aber dann war die ganze Sache mit seinem Bruder und seitdem ist er ja im Koma, da habe ich nicht weiter nachgehakt."

Emilia seufzte, „Dann werden wir das jetzt nachholen. Ich weiß nicht, was Thomas dir dazu gesagt hatte, aber ich kann dir eindeutig bestätigen, dass es sich um eine normalmagische Kraft handelt. Was die Frage aufwirft, wieso du nicht deswegen explodierst. Hast du probiert, einen normalen Zauberstab in die Hand zu nehmen? Weißt du, ob man deinen Zauberstab gefunden hatte, als man in die Ruine deines ehemaligen Zuhauses gegangen ist?"

Harry wusste, dass alles natürlich nicht, „Ich habe nie gefragt, was passiert ist."

Emilia lächelte verstehend, „Das waren die Nachwirkungen der Flüche, allerdings ist es vielleicht höchste Zeit die Fragen, die du damals nicht gestellt hast, nachzuholen."

Harry nickte bedächtig. Er wollte etwas erwidern, doch eine weitere Welle von Magie ging von Thomas aus und Harry legte dem Mann sofort wieder die glühende Hand auf die Brust.

„Ich würde es für einen unrealistischen Zufall halten, dass du diese Fähigkeit jetzt entwickelt hast, aber anscheinend hat die bei August ja überhaupt nichts gebracht.", sagte Emilia trocken.

Harry seufzte, „Aber wenn wir schnell reagieren können, dann bringt es ja vielleicht etwas. Und Thomas ist doch viel zu stur um ins Gras zu beißen. Der macht das schon."

Emilia zuckte mit den Schultern, „Ich bin nur froh, dass es Thomas Eigenart ist, die jetzt Probleme macht und kein Fehler meiner Arbeit."

Harry nickte, ehe er den Mut aufbrachte, sich zu entschuldigen, „Hör mal, es tut mir leid, wenn ich dich erst verurteilt habe. Du weißt ja, ich bin nicht gut in… situationsbedingter Ethik."

Emilia nickte, sah aber weiter auf Thomas, „Es ist ja gut, wenn du eine starke Moral hast. Die wirst du denke ich auch brauchen. Es ist zwar nicht so offensichtlich wie bei Ron oder Hermine, aber seitdem du die Gabe erhalten hast, haben sich deine Fähigkeiten enorm gesteigert. Du bist alleine in ein Nest gegangen und lebend wieder heraus gekommen. Aber danke. Ich… muss ja auch zugeben, dass es sehr egoistisch von mir war.

„Glaubst du, dass er sich ändert? Glaubst du, dass er sich jetzt freier fühlt? Voldemort war ja nie seine persönliche Sache. Das ist ja mehr oder weniger nur sein Job für ihn. Denkst du, dass er…" Harry wusste nicht so recht, wie er den Satz beenden sollte.

Emilia schüttelte jedoch den Kopf, „Er weiß doch, was ich möchte, es bringt ja nichts, ihn zu drängen."

Harry legte den Kopf schief, „Und was, wenn nicht? Er mag ja vielleicht denken, dass es im Hintergrund lauert, aber wenn du ihm klar machst, dass das von nun an deine Absicht ist…"

Emilia grinste, „Wir müssen uns ja erst darum kümmern, wenn er auf den Beinen und wieder voll funktionsfähig ist. Wenn er nicht stirbt."

Harry grinste wiederrum, „Ich kann mir so schwer vorstellen, dass Thomas einfach so auf die andere Seite geht. Der wird sich weigern oder die Leute zusammenschimpfen."

Emilia piekste Thomas in die Wange, „Unser lieber Thomas wird da sicherlich jemanden eine Standpauke halten."

„Pieks mir nicht ins Gesicht.", murmelte Thomas schläfrig.

Sie schreckten zurück. Einen Moment später reagierte Emilia erst damit, breit zu grinsen, bevor sie schnell ihr Abzeichen antippte. Der jüngere Heiler kam schnell angelaufen und auch Bridger hörte man im Gang bereits fluchen.

Dass der Mann fluchen konnte war Harry aber neu.

Thomas hingegen zog scharf die Luft ein und Harry gab ihm zur Sicherheit nochmal einen kräftigen Wärmestoß, wodurch Thomas husten musste.

„Potter, eine Vorwarnung wäre gut gewesen.", krächzte Thomas nun stimmlos. Seine Stimme war immerhin seit vielen Tagen ungenutzt.

„Ich wollte nur sichergehen, dass du keinen Anfall bekommst.", meinte Harry darauf belustigt. Thomas schien jedoch relativ stabil zu sein und das, obwohl seine Magie eben noch in extremem Aufruhr gewesen war.

Als wollte er ihm die Vorfreude nehmen keuchte Thomas auf und eine Welle von Magie erfasste sie alle, als sich die Hand seines Mentors verkrampfte.

„Ich dachte das mit den Anfällen hätten wir hinter uns, Unsäglicher Thomas.", sagte Bridger nun ruhig und bedeutete dem anderen Heiler nochmals, dessen Beine festzuhalten.

„Geben sie ihm die Manschetten!", zischte Emilia an Bridger gewandt, doch dieser zuckte nur mit den Schultern.

„Derselbe Grund wie eben.", erklärte der ältere Heiler, „Wenn Thomas das nicht von selbst auf die Reihe bekommt, dann können wir ihm nicht helfen. Unsäglicher Potter, einen Schub Normalmagie bitte, aber diesmal einen Kräftigen."

Harry nickte und konzentrierte sich stärker auf den Energiestrom und leitete ihn in Thomas hinein. Er wusste überhaupt nicht, wieso es funktionierte und doch machte es irgendwie Sinn. Normalmagische Zauber funktionierten nicht, indem man sie steuerte oder indem man sie schrittweise und wortweise aufbaute. Es lief einfach irgendwie… anders. Es war schon so lange her, dass sich Harry kaum noch erinnerte, wie es eigentlich vonstatten ging.

Doch es zeigte Wirkung. Thomas keuchte nochmals und musste wieder husten und Harry fragte sich bei dem Husten ein wenig, ob er etwas falsch machte, doch der andere Mann wirkte wieder in Kontrolle seiner Aura.

Dennoch brannte Thomas Aura und machte, dass Harrys Wahrnehmung beinahe geblendet wurde. Der Mann versuchte sie ein wenig herunter zu regeln und Harry konnte das spüren.

„Gegenwelle, Thomas, Gegenwelle.", versuchte Harry seinen Mentor zu erinnern. Dessen Aura war normalerweise nie im normalen Zustand gewesen und daher wusste er vielleicht nicht, wie man seine Aura zügeln konnte. Doch Thomas hatte eine gute Motivation. Nicht zum Dementor zu werden war Harrys allerhöchstes Ziel.

Schließlich schien sich Thomas genug auf seine Aura konzentrieren zu können, dass sie einigermaßen abebbte. Sie war noch immer unglaublich. Harry konnte sich so schwer vorstellen, dass das die ganze Zeit hinter Thomas' Magie gesteckt hatte, doch allem Anschein nach war es schon immer so gewesen. Das würde auch den unheimlichen Stress auf Thomas Körper erklären.

„Wasser.", brachte Thomas nun hervor und Emilia reagierte zuerst. Kurze Zeit später kam sie mit einem Glas Wasser wieder und hielt es Thomas an die Lippen.

Dieser machte ein paar kräftige Züge und leerte das Glas ohne absetzen zu müssen. Emilia nahm das Glas wieder weg und ließ es verschwinden.

„Wie lange war ich ohnmächtig?", fragte Thomas.

„Drei Wochen. Dabei ist das normalerweise eher meine Tätigkeit, findest du nicht?", stichelte Harry nun belustigt.

Thomas wiederrum war nicht zum Scherzen aufgelegt.

„Was macht Voldemort?", fragte er weiter.

„Wow und hier stehe ich und denke du fragst vielleicht zuerst nach mir. Immerhin habe ich dir das Leben gerettet und so. Vor allem denkst du auch noch, dass wir anderen alle vollkommen hilflos ohne dich sind. Aber wenn du es genau wissen möchtest: Wir haben nichts gehört. Keine Aktivität und keine sonderlich starke Kontrolle über England. Wir haben sogar einen neuen Schub Menschen evakuieren können.", antwortete Emilia.

Thomas blinzelte einmal kräftig. All diese Gesichtsausdrücke waren auf Thomas Zügen tatsächlich neu. Harry dachte nie, dass er Thomas orientierungslos und verwirrt erleben würde.

„Wollen Sie probieren sich aufzusetzen?", fragte der jüngere Heiler dann, „Vielleicht hilft Ihnen etwas Bewegung.

Thomas nickte ruppig und setzte sich sofort auf. Der Heiler war etwas verunsichert von der ruckartigen Bewegung doch richtete Thomas dann sein Kissen und verschwand aus dem Zimmer, vermutlich um irgendwem Bescheid zu geben, dass nun ein weiterer Patient wohl feste Nahrung benötigen würde.

„Tut mir leid, wenn ich nicht in großer Dankeslaune bin solange ich die Situation nicht begriffen habe.", murmelte Thomas nun, allerdings relativ leise.

„Das mag ja sein, aber du wirst ja jetzt auch nicht sofort aufspringen können um gegen irgendwen zu kämpfen. Du brauchst Zeit.", erwiderte Emilia.

„Wer kümmert sich jetzt um den Orden?", fragte Thomas und Harry nahm das ein wenig den Boden unter den Füßen weg. Aber es war doch irgendwie klar. Natürlich wusste Thomas, dass Dumbledore gestorben ist.

„Woher…", setzte Emilia an.

Thomas schüttelte reumütig den Kopf, „Glaubst du allen Ernstes, dass er mich nicht vorgewarnt hat? Was hätte ich schon tun können? Wenn die Zeit steht, sobald das Gespräch zu Ende ist, hat man überhaupt keine Zeit, zu reagieren. Mit mir hat er vor dir gesprochen. Es wundert mich nicht, dass er es dir nicht gesagt hat."

Emilia war etwas schockiert, doch Harry leuchtete es irgendwie ein. Wenn Dumbledore etwas in der letzten Zeit bewiesen hatte dann war es, dass er machen konnte, was er wollte. Niemand hatte die Fähigkeit, ihn aufzuhalten und selbst Voldemort hatte sich nie Dumbledore in den Weg stellen können. Am Ende hatte sich der Schulleiter selbst geopfert.

„Alastor kümmert sich um den Orden und die Angelegenheiten in der Zentrale, die vorher Dumbledores Aufgabe waren, teilen sich aktuell einige Mitarbeiter. Das schließt internationale Zusammenschlüsse ein. Ziemlich viel vom Finanzhaushalt ging anscheinend auch über Dumbledores Tisch. Wir haben einige Informationslücken, aber es sind erstaunlich wenige.", antwortete Emilia.

Harry hätte ebenfalls gedacht, dass mehr Wissen verloren war, aber anscheinend hat Dumbledore am Ende doch mehr mit anderen geteilt als er gedacht hatte – vieles davon wohl postmortal.

Thomas schwang seine Decke zur Seite. In einem Krankenhausgewandt sah er sehr merkwürdig aus.

„Ich weiß nicht ob du…", setzte Emilia an, doch Thomas ging überhaupt nicht darauf ein und stand einfach aus dem Bett auf.

Harry war sich sicher, dass man nach so langer Zeit im Bett sicher nicht einfach so aufstehen konnte, doch Thomas unterstützte seine Beine wohl mit Magie. Ob das so sicher war, in Anbetracht seiner Lage, wusste Harry nicht, daher hielt er sich lieber bereit, sollte Thomas der Fuß abfallen.

„Vorsicht.", wies Emilia an.

Thomas nickte beiläufig und machte einige Schritte in Richtung der Tür. Er hatte keine Manschetten oder Ähnliches mehr an seinem Arm, doch er hatte noch immer den Zugang. Harry war froh, dass er den zumindest drin ließ.

„Aktivitäten der Schatten?", erkundigte sich Thomas.

Emilia zögerte und auch Harry war neugierig, immerhin hatte er nichts davon gehört, „Wir glauben, dass sie eventuell ihre Standorte ändern. Auf mich wirken die Aktivitäten zumindest so."

Thomas dreht sich um und ging ein paar vorsichtige Schritte wieder zurück zum Bett, wo er sich hinsetzte, „Nicht unüblich. Aber die Frage ist, was die Schatten dann so aufregt, dass sie sich sichern wollen. Hat Jason noch ein paar Angriffe geführt?"

„Nur einen. Auf ein kleineres Nest. Es wurde vollkommen zerstört, aber das sollte eigentlich keine so große Reaktion ausgelöst haben.", antwortete Emilia.

„Was machen die Aufklärer in England?", fragte Thomas nun und Emilia zuckte mit den Schultern. Thomas ging wohl die Liste von Dingen ab, die er dringend würde tun müssen.

Bridger stand noch immer im Raum, aber war sehr ruhig die ganze Zeit. Erst jetzt erkannte Harry, dass Thomas nicht einfach irgendwelche Dinge tat, sondern gezielt Diagnosen an sich selbst ausführte. Das fiel Harry aber erst auf, als Thomas sich mit einem Finger gegen die Nase tippte.

„Sehr gut.", sprach Bridger und ging zu Thomas. Zu Harrys Verwirrung legte er ihm die Hände auf das Gesicht und fuhr im danach Hals und Arme entlang.

Thomas nickte, „Fühlt sich alles normal an."

„An den Beinen auch?", fragte Bridger nun knapp und strich Thomas über die Beine. Das war irgendwie seltsam für Harry, aber Bridger war schließlich auch der Heiler und nicht Harry.

„Neurologische Erhebung", flüsterte ihm Emilia zu, als würde ihm das in irgendeiner Weise mehr verraten.

„Ich nehme nicht an, dass sie weiter hier bleiben wollen, oder?", fragte Bridger nun beiläufig und Thomas schüttelte den Kopf.

„Na dann. Ich gebe dem Direktor ein Schreiben, dass Sie sich zu bestimmten ambulanten Untersuchungen in den nächsten Wochen nochmals hier einfinden müssen, aber ansonsten vertraue ich auf Ihre magische Stärke, nicht bei der nächsten Gelegenheit umzufallen. Ich komme gleich nochmal für ein paar Tests wieder."

Damit schritt Bridger aus dem Raum heraus und musste wohl erstmal dem anderen Heiler sagen, dass Thomas dann wohl doch kein Mittagessen aus der Krankenstation benötigen würde.

X

X

X

Harry hatte sich irgendwann entschuldigt. Emilia sah dem jungen Unsäglichen hinterher, als er sich seinen Weg zurück durch die Station bahnte.

„Er hat sich doch sehr gut eingefunden.", kommentierte Thomas, „Und das trotz allem."

Emilia nickte bedächtig. Sie war damals natürlich auch kein allzu großer Fan davon gewesen, Harry Potter von seiner Schule wegzureißen, aber gegen die Anweisungen von Albus Dumbledore konnte man am Ende des Tages nicht viel machen.

„Wie ist er klar gekommen?", fragte Thomas. Emilia ließ ihn fürs Erste das Thema wechseln. Früher oder später mussten sie zwar über Thomas reden, aber für ein kleines Weilchen konnte sie ihn in Ruhe lassen. Immerhin musste er sich doch konzentrieren, auf die Beine zu kommen.

„Ganz gut.", antwortete Emilia als sie sich neben Thomas auf das Bett setzte, um mit ihm zu warten.

„Vorkommnisse?", hakte Thomas nach.

Emilia nickte, „Harry hat den ermordeten Kingsley gefunden. Anscheinend ziemlich blutig. Hermine und Ron wurden von Aberforth geschickt, um sicherzustellen, dass keine undichte Stelle existiert was die Positionen der Familien angeht."

„Was sind die Details zu dem Mord an Kingsley?", fragte Thomas nun.

Emilia seufzte. „Keine sonderlich aufbauende Unterhaltung."

„Tu mir den Gefallen."

„Okay, also er hatte wohl probiert, die in London lebenden Zauberer zu unterstützen. Es wurden im Nachhinein mehrere Muggelgeborene identifiziert, die im tropfenden Kessel Unterschlupf gesucht haben. Er hat ihnen wahrscheinlich geholfen. Da wir nicht genau wissen, ob der dunkle Lord ihn töten ließ, wissen wir auch nicht, ob er aufgeflogen ist."

„Magische Spuren?"

„Tatort war zu alt. Als Harry dort angekommen ist, waren bereits alle mehrere Tage tot."

„Und wieso konnte es kein Todesser gewesen sein?"

„Keiner, der uns bekannt ist, geht so vor. Kingsley wurde gefoltert bevor er gestorben ist. Wir wissen nicht genau, was der Angreifer wissen wollte."

„Ohne magische Spuren wird die ganze Sache sowieso schwierig.", gab Thomas zu bedenken.

Emilia wusste, dass sie sich vorgenommen hatte, ihn erstmal nicht darauf anzusprechen, aber sie konnte ja nicht gar nicht nachhaken, oder?

„Und wie geht es dir jetzt?", fragte sie dann.

Thomas presste kurze seine Lippen zusammen, „Gut. Ich habe es weitgehend unter Kontrolle. Es ist nur eine Umgewöhnung."

„Und was machst du jetzt wegen…", fragte sie dann darauf.

„Was mache ich wegen was? Eines nach dem Anderen, Emilia. Wir müssen nichts überstürzen."

„Ich meine ja nur, dass…"

Bridger kam wieder in den Raum herein, „Unsäglicher Thomas, ich möchte, dass sie kurz in sich gehen. Ziemlich wörtlich gesprochen."

Thomas runzelte kurz die Stirn, schien aber beinahe sofort zu begreifen, was Bridger meinte.

„Was meint er?", fragte Emilia besorgt.

„Er fragt nach meiner Seele. Immerhin war das ja genau das Problem meiner bisherigen Lebzeit.", antwortete Thomas für Bridger. An den Heiler gewandt sagte er, „Ich weiß natürlich nicht hundertprozentig, ob es Probleme gibt, aber mein Geist ist noch fest verbunden also erwarte ich keine Schwierigkeiten."

„Was passiert, wenn es da Probleme gäbe?", fragte Emilia nun.

Bridger holte tief Luft, die er stoßartig ausblies, „Nun ich gehe davon aus, dass es unerwartete Alterung geben könnte. Oder plötzliche kognitive Dissoziation. Allerdings denke ich, dass wohl das erste Anzeichen auch plötzlicher Tod sein könnte. Thomas kann aufgrund seiner Natur dazu mehr sagen als ich."

„Ich denke, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, Emilia.", meinte Thomas.

„Aber wird er… Ich meine, seine Seele ist ja schon etwas älter.", fragte Emilia dann ungenau.

Thomas grinste, „Ich lasse dich meinen Kopf kontrollieren, ob ich graue Haare bekomme."

„Wir haben keine Erfahrungen mit Menschen von Thomas Natur. Es gibt keinen Präzedenzfall und nichts auf, dass ich mich beziehen könnte. Das obwohl, wenn ich es betonen darf, die magischen Ströme in und um Menschen genau mein Spezialgebiet sind."

„Wir müssen uns jetzt auch nicht unnötig verrückt machen, Emilia.", sprach Thomas darauf.

„Ich weiß, dass das Folgende weit hergeholt klingt.", erklärte Bridger darauf ernst, „Aber vielleicht hatte ihr Alterungsstopp auch nichts mit der Bindung zu ihrem Bruder zu tun. Unserer Erfahrung nach werden ältere Schatten entweder getötet oder es gibt sie nicht. Wir haben keine Aufzeichnungen dazu und keiner von den bisher Übergelaufenen kann eine Aussage dazu treffen. Wir werden es mit der Zeit herausfinden müssen."

„Also ich altere schon.", widersprach Emilia, ohne ins Detail zu gehen.

Bridger seufzte, „Obwohl ich Ihre Selbsteinschätzung durchaus ernst nehme, haben wir keine verlässliche Methode, um das zu testen. Ich fürchte, dass einer der Übergelaufenen schon graue Haare entwickeln muss, damit wir uns sicher sein können. Deutliche Altersanzeichen zeigt keiner der bei uns registrierten Schatten. Magische Tests funktionieren auch am normalmagischen Zauberer nicht."

„Was ist mit Zahnwurzeltransparenz?", fragte Emilia nun.

Bridger hob die Augenbrauen, „Die Veröffentlichungen davon sind durchaus fundiert, allerdings ist auch dafür, wenn es überhaupt geht, eine höhere Altersspanne vonnöten."

„Ach der liebe Thomas hat doch gute Gene.", spöttelte eine Stimme im Flur. Alexander steckte seinen Kopf in den Raum und wurde kurz darauf von Jason zur Seite geschoben.

„Was ist hier denn für eine Party?", fragte Jason jovial.

Thomas lächelte mit einem Ausdruck im Gesicht, den Emilia sehr gut kannte. Er mochte bestimmte Wörter einfach nicht.

„Man hat mir nie gesagt, ich hätte gute Gene.", bemerkte Thomas, „Ich war immer nicht rein genug oder stammte von Nazis ab. Gute Gene ist neu."

„Ach komm – zumindest hast du nicht meine Hackfresse.", stichelte Jason dann, wohl wissend, dass er überhaupt keine guten oder schlechten Gene hatte.

„Okay, aber wie wäre es wenn wir Thomas ein Bein amputieren und die Ringe zählen?", witzelte Alexander nun, „Aber stellt euch vor, heute ist Thomas noch ein fitter irgendwie-jähriger und morgen wacht er mit Rückenschmerzen auf."

„Beschrei es nicht, Alex.", murmelte Thomas erschöpft.

„Also gut, die Show ist vorbei. Wir müssen Thomas ja jetzt nicht die ganze Zeit belagern. Wir sehen ihn wahrscheinlich früher wieder im Dienst als uns lieb ist.", forderte Emilia auf.

„Jetzt tu nicht so als würden wir auf einmal stören. Immerhin musst du dich ja nicht sorgen, du siehst ihn außerhalb der Dienstzeiten sowieso. Wenn ich bei ihm zu Hause auftauche, jagt er mir einen Fluch auf den Rücken.", widersprach Alexander fröhlich-empört.

„Wieso seid ihr überhaupt hier? Ihr werdet ja wohl wissen müssen, dass ich nicht lange hier bin, wenn ich wach werde.", entgegnete Thomas.

„Du wirst gebraucht, um festzustellen ob Voldemort noch irgendwas aus Nurmengard hat mitgehen lassen.", erwiderte Jason nun ernst.

„Ich wusste, dass sich Arbeit aufstapeln würde.", meinte Thomas nur gelassen.

„Nunja, Unsäglicher Thomas.", fing Bridger nun wieder an, „Ich fürchte, dass sie auf meinen ärztlichen Segen nicht viel geben werden. Passen Sie aber auf sich auf."

Damit verließ der Heiler den Raum und übergab Thomas in die Fittiche von Jason und Alexander, die sich anscheinend wochenlang Witze aufgespart hatten.

X

x

Als Harry einige Tage später Wache am Stützpunkt hielt, war alles verhältnismäßig ruhig. Er wollte ein Auge auf seine Freunde werfen und auf all diejenigen Schüler, die noch zurückgeblieben waren. Wie sie auf dem Schlachtfeld feststellen mussten, schloss das nicht nur Luna mit ein.

Es machte irgendwie Sinn, dass Draco Malfoy sich nicht mit ihnen absprach, wo er war und wo er schlief, allerdings machte die Unsicherheit, was der ehemalige Slytherin trieb, Harry schon ein mulmiges Gefühl. Immerhin konnten die anderen auf dem Stützpunkt ihn im Auge behalten.

Der Stützpunkt war sehr leer und Harry wusste auch, dass die Muggel die Sektion, in der die Zauberer untergebracht waren, mit Absicht mieden. Es war wahrscheinlich einfacher so.

Sie belegten fünf Häuser. Es waren sogar recht große Häuser. Es gab welche unter Ihnen, die Raumerweiterungszauber wirken konnten, allerdings hatten die ihre Grenzen und außerdem wollte man auch ein wenig auf die sozialen Aspekte des Zusammenlebens achten. Es war insgesamt schwierig und wenn man die Möglichkeit hatte, nicht unbedingt alle auf einem Haufen zu haben, dann nutzte man sie.

Harry wusste, dass das wohl etwas paranoid war, doch wollte er zumindest einmal nachsehen, ob alle da waren, wo sie hingehörten.

Auf dem Muggelstützpunkt war es erstaunlich einfach, magische Personen zu sehen. Bei den Muggeln hielt man es normalerweise für besser, magische Felder abzuschwächen und nicht zu bestärken.

Ron und Hermine waren im Gebäude und sie waren erstaunlich alleine. Remus und Tonks saßen wohl in der Küche im Erdgeschoss. Harry wirkte vermutlich ein wenig komisch. Eine einsame Figur, die vor den Häusern der Zauberer stand und sie anstarrte. Doch er konnte mehr sehen als nur gewöhnliche Hausfassaden.

Es war in der Dunkelheit nicht einfacher, Magie zu sehen. Wenn es am Tag flüchtige Eindrücke im Augenwinkel waren, so waren es in der Nacht Schemen in der Dunkelheit. Es war kein physisches Licht, dass Harry wahrnehmen konnte und das tagsüber nur überstrahlt wurde. Vielmehr musste er sich auf das konzentrieren, was er zwischen seinen Blicken sah. Wie die flüchtige Dunkelheit beim Blinzeln.

Doch deutlich erkannte er, dass eine Gestalt alleine im Flur eines der Häuser herumwanderte und irgendwann stehen blieb. Es war auch keine gewöhnliche Aura. Normalerweise war das Feld um einen Zauberer relativ unscheinbar und reagierte ein wenig mit den Emotionen der Person. Was Harry spürte, war jedoch irgendwie verzerrt. Und dunkler.

Als die Figur nach einer Minute immer noch regungslos blieb, betrat Harry das Haus. Lautlos ging er die Treppen hinauf, um schließlich in einem kleinen Flur zu stehen. Der Teppichboden war gewöhnungsbedürftig, doch er verschluckte seine Schritte und Harry konnte sich ungestört nähern.

Nun sah er die Figur, deren Eindruck er eben noch von draußen beobachten konnte.

„Malfoy?", rief Harry ihm zu. Die Figur in den Schatten war nicht gut zu erkennen, allerdings konnte man im Ausschlussverfahren sehr gut sagen, um wen es sich handeln musste.

Der junge Malfoy stand an einem Fenster und schien herauszustarren. Allerdings gab es da das Problem, dass das Fenster zugezogen war. Draco stand somit vor einem geschlossenen Vorhang und starrte unfokussiert auf die Fasern.

„Du weißt, dass ihr euch nicht außerhalb der Räumlichkeiten aufhalten solltet.", sprach Harry dann. Doch Malfoy antwortete noch immer nicht und Harry wurde langsam unruhig, weil er keine Antwort bekam.

Er entschloss sich, mit normalen, etwas lauteren Schritten auf Malfoy zuzugehen. Vielleicht schlafwandelte Malfoy auch. Das war zwar etwas unangenehm, aber zumindest eine gute Erklärung.

Er war beinahe hinter Malfoy angelangt und etwa in Armreichweite. Harry ließ das Licht angehen. Malfoy war in seinen Schlafsachen gekleidet. Er tippte Malfoy auf die Schulter.

Dieser zuckte heftig zusammen und wandte sich um. Was immer Malfoys Augenfarbe vorher gewesen war, komplett schwarze Augen hatte er jedenfalls nicht gehabt.

Mit einem wilden Schwung setzte Malfoy zu seinem Hieb an und Harry sprang zurück.

Das gab Malfoy Zeit, einen Zauberstab zu ziehen. Mit einem wortlosen Schwenker sandte er einen Schneidefluch in Harrys Richtung. Harry parierte die Attacke und sandte Fesseln in Richtung seines Gegners.

Wie im Wahn schnitt Malfoy auch durch die Fesseln. Als wäre das aktuell sein einziger Fluch.

Harry löste sich aus der Ebene und beobachtete Malfoy.

In der Schattenebene konnte er sich dem Verrückten deutlich sicherer nähern. Körperlosigkeit war sehr desorientierend, allerdings konnte Harry sich mit etwas Konzentration vorstellen, einen Körper zu haben.

Draco schien in eine Art Starre zu gehen. Leicht übergebeugt stand er nun in den Gang und starrte wie wild in Richtung der Treppe. Er schien wirklich nicht ganz bei sich und Harry wusste nicht, was diese Episode ausgelöst hatte. Dann waren da natürlich noch seine Augen.

Ohne zu blinzeln stand Malfoy nun da und schien zu keuchen.

Harry bewegte sich ohne Zögern in Reichweite, löste sich aus der Ebene, und schlug Malfoy mit einem magisch verstärkten Arm auf die Wange. Malfoy klappte zusammen und traf mit der Schulter auf die Wand auf.

„Potter?", murmelte er dann verwirrt und nuschelig.

Seine Augen waren wieder normal und er schien wieder bei Sinnen, doch nun, da Harry etwas näher war, konnte er spüren, dass es das dunkle Mal von Malfoy war, was so gefährlich strahlte.

„Ja. Du kommst glaube ich besser mit.", forderte er diesen auf.

„Auf keinen Fall. Was machst du hier unten? Verschwinde.", nuschelte Malfoy weiter.

„Was meinst du mit unten? Wir sind oben. Aber ich fürchte, dass du gerade keine Wahl hast. Ich bin Unsäglicher und du hast Aussetzer."

„Glaub nicht, dass du davon kommst, Potter. So leicht geht das nicht.", nuschelte Draco dann. So richtig da schien er noch immer nicht zu sein, doch Harry wollte ihm jetzt nicht schon wieder eine Ohrfeige verpassen.

X

X

X

Draco Malfoy wurde am Abend des letzten Freitags im Januar in den Krankenflügel der Zentrale aufgenommen. Harry hatte Mühe, den zunehmend paranoiden Typen still zu halten und er sah sich oft hilfesuchend nach den Ärzten um. Um ihn herum war Chaos und Draco zuckte ab und zu Mal gegen ihn, doch irgendwie unkontrolliert. Am Ende war es Albert Bridger, der zu ihnen stieß.

„Ich nehme hiermit den Patienten Draco Malfoy in den Krankenflügel der IVZ Zentrale in Straßburg auf. Draco Malfoy, wissen Sie, wo Sie sind und wie Sie hergekommen sind?", fragte Bridger nun.

„Ich bin im Krankenflügel. Potter hat mich gegen meinen Willen vor zehn Minuten oder so abgeholt und hierher gebracht.", antwortete Draco tonlos und ein wenig angestrengt. Sein dunkles Mal strahlte eine gefährliche Macht ab und Harry machte sich für jede Eventualität bereit.

Neben Bridger schwebten ein kleines Diktiergerät sowie eine animierte Feder, die dokumentierte.

„Draco Malfoy ist unter Zwang in unserem Krankenflügel vorstellig geworden. Ankunftszeit wird von Unsäglichem Harry Potter nachgetragen. Der Patient leidet unter leichter Ataxie in den Extremitäten und hat Schwierigkeiten zu sprechen.", dokumentierte der Heiler, „Er scheint sonst allerdings normal zur Zeit, Ort und Person orientiert. Keine Kopfverletzung. Unsäglicher Potter, ihr Bericht?"

Harry sah zu Bridger, nachdem er seinen Blick von dem mit sich kämpfenden Draco lösen konnte, „Ich habe eine negative Einwirkung aus seinem dunklen Mal gespürt, die sich verschlimmert hat. Da habe ich ihn sofort hergebracht. Außerdem, ähm… Seine Augen waren schwarz."

Bridger wandte sich zu ihm um, „Die Iris, der Augapfel, oder beides?", fragte er dann.

„Beides. Gibt es da verschiedene Stufen oder wie soll ich das jetzt verstehen?", fragte Harry verdutzt.

Dracos Bein zuckte einmal heftig auf und irritierte die beiden Anwesenden.

„Sie haben das erst seit Kurzem, Mister Malfoy? Ich meine das Zucken in den Beinen?", fragte Bridger nun ruhig.

„Draco.", sagte der Andere. Allerdings noch immer mit Schwierigkeiten, „Ja, noch nicht lange."

„Haben Sie sonst Beschwerden?", fragte Bridger, „Abgesehen von dem Sprechen?"

„Er war außerhalb seines Quartiers und hat die Fenstervorhänge angestarrt.", erklärte Harry, „Auf dem Weg hier meinte er aber, aus dem Fenster gesehen zu haben und an den Angriff auf mich kann er sich auch nicht erinnern. Auf jeden Fall war er nicht im Bett."

„Mister Malfoy?", hakte Bridger nach, doch Draco zuckte abwertend mit den Schultern, „Ich konnte nicht schlafen."

„Unsäglicher Potter, ich möchte einige Tests machen und sie sind der Einzige, der hier ist. Fixieren sie Draco kurz, bitte.", bat Bridger ihn. Harry wusste, dass er den Mann nicht so gut kannte, doch es fiel ihm erneut auf, wie wenig fröhlich der Mann nun war. Es beeinflusste einen in der Tat sehr, von den Schatten gefangen zu sein.

Bridger holte einige Gefäße aus seinem Umhang und hielt sie in der Hand. Seinen Zauberstab setze er bei Draco am Hinterkopf an, welcher wegzucken wollte, doch Harry hielt ihn magisch in Position.

„Für das Protokoll", sprach Bridger und seine Apparaturen schwebten augenblicklich zu ihm, „Ich nehme Gewebe aus dem Rücken, Blut aus der Halsschlagader und Hirnflüssigkeit aus dem dritten und dem Seitenventrikel. Ich ordne ein großes Blutlabor, Prüfung von Verzauberungen, Prüfen von Tränken, Prüfung von magischem Potential, Prüfung auf Imperius, Prüfung auf Tenebrisflüche, großes CSF Labor, insbesondere PR, und präventive Quarantäne an."

Kaum bemerkbar erhoben sich aus dem Hinterkopf von Draco mehrere Flüssigkeiten, eine rot und zwei durchsichtig, und schwebten durch den Deckel der Gefäße hindurch und sackten dort zu Boden.

Harry stand etwas unbeholfen da und wusste nicht so recht, was er nun tun sollte. Es verhieß auf jeden Fall nichts Gutes, dass der Mann auf so viele Dinge prüfte.

Die Gefäße in Bridgers Arm verschwanden ins Nichts und der Mann wandte sich Harry zu, „Ich werde Sie kurz mit einem Zauber reinigen, dann melden Sie sich sofort bei Thomas. Er wird aktuell bei meinem Chef sein."

Bridgers Stimme klang hart und kühler als früher, „Den Gang runter, rechts, wieder den Gang hinunter, die große Bürotür. Tergeo!"

Harrys Haut fühlte sich auf einmal extrem trocken an und er gab Bridger zu verstehen, dass er ihn verstanden hatte. Doch dass Thomas direkt auch mit dem Leiter des Krankenflügels sprach, verwunderte Harry ein wenig. Thomas konnte doch nicht jeden Job übernehmen? Wenn Harry es sich recht überlegte, kannte er keine der anderen Führungspersonen in der Zentrale.

Das Büro war nicht weit entfernt, doch in diesem Seitengang sah es bereits viel weniger nach Krankenflügel und viel mehr nach Büros aus. Harry klopfte an und eine strenge Stimme rief „Herein!", von der anderen Seite.

Thomas saß an einem Schreibtisch, der dem asiatisch aussehenden Abteilungsleiter des Krankenflügels gehörte. Es war ein einfaches Büro. Weiße Aktenschränke und ein Schreibtisch, der nichts verriet. Es war ganz unterschiedlich. Manche wollten sich zu Hause fühlen und manche wollten sich klar machen, dass es die Arbeit und nicht das zu Hause war.

Der Asiate stand auf. „Unsäglicher Potter. Mein Name ist David.", sprach er in akzentfreiem Englisch. Harry fühlte sich erst etwas schlecht wegen seiner Annahmen, doch der Mann verwies ihn direkt auf einen Stuhl und fuhr fort.

„Sie haben einen ehemaligen Mitschüler hier eingeliefert. Berichten Sie bitte."

„Draco Malfoy ist mit Episoden von Abwesenheit und hoher Feindseligkeit hier eingeliefert worden. Auf dem Weg ist mir aufgefallen, dass er auch noch paranoid ist, nuschelt und insgesamt nicht so super bei sich ist. Bridger hat einige Tests veranlasst, doch mehr weiß ich bisher nicht."

„Wie lange ist er schon so? Aussagen der Anderen? Wer hat ihn gestern gesehen?", fragte David nun.

„Habe ich noch nicht in Erfahrung bringen können.", gab Harry zu.

Thomas machte eine Handbewegung, die wohl etwas wie nun mach schon aussagen sollte, und Harry machte sich auf den Weg zurück.

X

X

X

Den Schülern war nichts aufgefallen. Harry hatte das bereits befürchtet, aber es war doch ein wenig frustrierend, für nichts noch einmal zurück reisen zu müssen. Genervt – und vor allem müde – kam Harry schließlich wieder in der Zentrale an. Er ließ einen Unsäglichen Thomas seine kurze Meldung überbringen und setzte sich ein wenig zum Ausruhen hin.

Harry war schließlich in einem der Aufenthaltsräume eingenickt. Ab und zu kamen Unsägliche vorbei, doch es war der große Vorteil an dieser Zentrale, dass sie ihn nicht nervten oder ungewollt ansprachen. Hier war er nur irgendjemand, und das machte ihn auch ziemlich froh.

Kurz war er von einem entfernten Gong aufgewacht, doch war noch nicht richtig wach, und seine Augen waren einfach wieder zu gefallen. Doch als wenige Momente später sein Abzeichen pfiff, schreckte er auf. In seinem Kopf rief er sich sofort den schnellsten Weg zu den Aufzügen in den Kopf, doch er hielt einen Moment inne, um auf die Durchsage zu hören.

„Eilalarmierung stationierter Eingreifzauberer und Gruppe Omega, Zugriffseinsatz, Einsammeln aller Aufklärer, die das dunkle Mal tragen. Briefing findet im Krankenflügel der Zentrale statt.", dröhnte die Stimme durch die Gänge und Harry setzte sich augenblicklich in Bewegung.

Am Ende lief ihm Emilia zuerst entgegen, dicht gefolgt von Jason und den Anderen. Ein zweiter Gong ertönte.

„Eilalarmierung Heiler in Bereitschaft. T-MIN Einsatz. Patient mit eindeutigen Symptomen.", sagte der Disponent dann.

Als er ankam bemerkte er, dass ihm doch ein Platz in dem Zugriffsteam von Thomas zugesprochen worden war. Da August tot war, war der Platz wohl ihm zugefallen, was ihn ein wenig verwunderte. Vielleicht war Caroline im Rang nachgerückt.

„Achtung.", verkündete Thomas, welcher von dem Leiter der medizinischen Abteilung gefolgt in den Behandlungsraum von Draco Malfoy schritt. Bridger hatte seinen ehemaligen Mitschüler fixiert und rasiert. Ein kahler, ausdrucksloser Patient starrte sie nun an, dessen Augen ein wenig hektisch hin und her huschten.

„Wir sind hier, da wir ein Phänomen bei Mister Malfoy beobachtet haben, dass unsere sofortige Aufmerksamkeit benötigt. Unsäglicher Bridger?", forderte der Leiter nun.

Bridger nickte ernst, „Ich habe allerhand Tests angeordnet, da ich einen dringenden Verdacht hatte. Den Meisten unter Ihnen muss ich das Folgende nicht erklären, doch für Mister Potter nun einmal die Kurzfassung: Wir alle haben Gehirne, die aus vielen kleinen Zellen auf der Hirnrinde bestehen. Darunter liegt die sogenannte graue Masse. Dort liegen Verbindungen zwischen den Hirnzellen. Das Gehirn von Mister Malfoy jedoch scheint sich selbst zu zersetzen. Ich habe einen 14-3-3 Test angeordnet, der spezifisch nach Proteinen sucht, die für den Abbau von Hirnzellen verantwortlich sind. Hohe Auffälligkeit."

„14-3-3? Deswegen haben sie den T-MIN Einsatz ausgelöst?", fragte der Abteilungsleiter nun. Er verschränkte die Arme.

„Ganz genau.", antwortete Bridger.

„Moment, Moment.", unterbrach Alexander, „Was bedeutet das? Das ist kein Stichwort, dass für Eingreifzauberer verwendet wird."

Der Abteilungsleiter wandte sich um und blickte sie ruhig an, „Bei T-MIN handelt es sich um magisch induzierte Neurodegeneration mit dem Vermerk, dass Ansteckungsgefahr vermutet wird. Sie kennen sicherlich die Regelungen für Erinnerungszauber. Die gelten genau aus diesem Grund."

„Neurodegeneration nach der siebten Anwendung des Obliviate-Zaubers.", bestätigte Jason.

Bridger machte einen Schritt nach vorn, „Genau. Sehen Sie, wir alle haben Eiweiße im Gehirn, die hauptsächlich das Zellwachstum im Embryo anregen. Jede Einwirkung von magischer Strahlung im Gehirn erhöht die Chance, dass sich Fehlbildungen dieser Eiweiße entwickeln, die daraufhin das Gehirn angreifen. Bei Mister Malfoy scheint das allerdings nicht der Fall zu sein. Es kommt aus seinem dunklen Mal."

„Haben sie Proteolysetrank verabreicht?", fragte der Abteilungsleiter nun ruhig.

„Noch nicht und nur sehr ungern. Der Trank ist sehr neu und ich kann mir nicht sicher sein, dass er nur die korrekten Proteine selektiert. Wenn ich ihn wirklich verabreiche, dann auf Ihre Verantwortung.", erwiderte Bridger barsch. Er hatte sich wirklich verändert.

„Also gut. Ich übernehme die Verantwortung und stütze Ihre These. Unsäglicher Thomas, Sie wissen am besten, wie man weiter verfährt.", erklärte der Leiter und verschwand.

Sie wandten sich Thomas zu, welcher sich wiederum zu Harry wandte, „Hol deine Freunde. Hermine wird die Todesser aufspüren."

Harry nickte und drehte sich augenblicklich um. Er wusste, dass die Eingangshalle ein wenig weiter von Aufzügen entfernt war als die Sprungzone in der Rettungswache, daher machte er sich dorthin auf den' Weg. Auch die Rettungswache war unterirdisch, da hier ja keine Fahrzeuge stehen mussten. Sie wurde immerhin von Zauberern betrieben.

Er sprang direkt von der Zentrale in den Stützpunkt. Die Strecke war kurz, da der SHAPE Stützpunkt ebenfalls in Belgien lag.

Als die kalte Luft gegen sein Gesicht biss, erschien beinahe augenblicklich zwei Zauberstäbe und die dazugehörigen Gesichter von Ron und Hermine, welche ihn zunächst kalt ansahen. Als sie ihn erkannten, löste sich doch sogleich die Anspannung von ihren Gesichtern.

„Wir brauchen euch in der Zentrale.", sagte Harry schnell, „Es geht um die Unsäglichen, die das dunkle Mal tragen."

„Was ist mit ihnen? Ist mit Draco irgendwas Ernstes? Ich dachte der Typ spinnt nur.", fragte Ron nun verdutzt.

„Bridger kann es besser erklären. Wir müssen alle Betroffenen aufspüren und brauchen Hermine.", antwortete Harry nun, „Wir sollten uns beeilen. Soll ich euch mitnehmen oder wisst ihr den Weg?"

„Öh ziemlich sicher, dass ich noch immer nur auf Sicht apparieren kann. Hermine kann es vielleicht, aber ich wollte schon immer mit dir mitkommen.", erwiderte Ron enthusiastisch. Auch Hermine nickte neugierig.

„Na dann. Haltet euch fest.", sprach Harry. Zwei Menschen hatte er noch nie mitgenommen. Doch das Einzige, auf das er aufpassen musste, war nicht innerlich zu zerfallen. Er hatte es bei August gesehen und es wirkte nicht angenehm.

Sie verschwanden vom Stützpunkt und diesmal spürte Harry, dass er direkt in die Rettungswache springen konnte und das, obwohl er zwei Gäste mitnahm.

„Huch.", meinte Ron verdutzt, „Wieso sind wir nicht…"

„Die Magie der Zentrale erkennt uns beide als Unsägliche.", gab Hermine zu bedenken, „Bisher haben wir das nicht gemerkt, aber Albus hatte ja schon angedeutet, dass es vielleicht Vorteile hat."

„Bekomme ich jetzt auch so ein Abzeichen?", fragte Ron dann, an Harry gewandt, welcher nur grinste.

Thomas und Jason standen am Ende des Ganges. Zusammen schritten sie direkt in Richtung der Aufzüge. Harry war zum ersten Mal mit so vielen Leuten in diesem Raum und er war sich sicher, dass es zu viele sein würden. Doch es hatte jeder Platz. Harry fiel dafür schnell eine einfache und unbefriedigende Erklärung ein.

„Gefahrenabwehrabteilung.", sprach Thomas kühl.

Sie wurden alle in einen anderen Raum gezogen. Ron konnte es anschließend kaum erwarten, wieder dort hinaus zu kommen und auch Hermine war etwas mulmig. Harry war mittlerweile froh, dass er Schattenspringen konnte. Dabei wurde er nicht gequetscht, herum gewirbelt und bekam auch keine Asche in den Mund.

„Wir verwenden einen der Besprechungsräume.", erklärte Thomas ruppig und ließ sie hinein, „Ich treibe alle Informationen auf. Jason holt sich noch ein paar Aufklärer dazu, die uns vielleicht Tipps geben können. Wir machen das schnell und koordiniert."

Harry drehte sich um und war mit Hermine, Ron, und eine Reihe verwirrter Eingreifzauberer alleine. Caroline schwang wenig später etwas genervt die Tür auf, „Erst sagen sie Rettungswache und dann soll ich herkommen?"

Es verging wieder ein Moment der Stille und Emilia trat in den Raum hinein und blickte kurz kritisch in die Runde, ehe sie sich zu Caroline setzte.

„Also wie läuft das jetzt hier?", fragte Ron von der Seite unsicher.

„Wir machen eine Besprechung, dann gibt es eine Planung, wir sehen uns Karten an… Wie man es sich vorstellt denke ich.", gab Harry als Antwort.

Ron schmunzelte, „Ich habe nie einen Gedanken daran verschwendet, wie eine Einsatzbesprechung für dich abläuft, Harry. Aber gut ich nehme an, dass man mir schon sagen wird, wenn ich was tun soll."

Harry nickte, „Kann sein, dass du aufgefordert wirst, dich an eine bestimmte Route zu halten. Aber Hermine wird sich die mit Sicherheit für dich merken."

„Darauf baue ich mehr als du denkst.", flüsterte Ron nun, als Thomas wieder in den Raum trat. Er stand vorne an einem kleinen Podium und blickte über den Raum, bis sein Blick schließlich an Hermine haften blieb.

„Wie einfach sind deine Fähigkeiten abrufbar?", fragte er sachlich. Er wirkte überhaupt nicht mehr angeschlagen.

„Wir können das einfach jetzt im Meeting einfließen lassen, wenn das gewünscht ist.", antwortete Hermine ein wenig gestelzt. Was das jetzt heißen sollte, konnte Harry natürlich nicht wissen, aber wenn er raten müsste, würde er sagen, dass sie sich unwohl fühlte.

Thomas nickte. Jason kam in dem Moment durch die Tür und schritt mit ein paar anderen Aufklärern in den Raum.

„Alle da? Gut.", fing Thomas nun an, „Wir müssen alle Aufklärer einsammeln, die das dunkle Mal tragen. Natürlich sind die nicht in einem echten Angestelltenverhältnis, daher auch keine Überwachungssphären."

Ein Mann im grauen Anzug stand nun auf. Er war blond und hatte ein relativ langes Gesicht und runde Brillengläser. Auch er trug sein Abzeichen an der Hüfte, wie Harry bemerkte.

„Wir haben zwölf von ihnen verloren. Wir sind bei ihnen allen im normalen Rhythmus, aber nachdem, was bei dem jungen Malfoy geschehen ist, der ja überhaupt nicht mehr im Dienst von Voldemort stand, müssen wir sofort handeln.", sprach der Mann an alle gewandt.

Thomas gab ohne Probleme das Wort ab. Das musste wohl der Chef der Aufklärer sein, den Harry nicht kannte.

„Begebt euch bitte sofort zu den Transporthallen, nachdem wir euch eingeteilt haben. Erster Fall?", wies Thomas nun an.

Der blonde Mann räusperte sich, „Jakob Smith, Magier in zweiter Generation. Hat das dunkle Mal seit vier Jahren und ist vor dreieinhalb Jahren zu uns gestoßen. Letzter bekannter Aufenthaltsort war London in der…"

„Er ist da immer noch.", unterbrach Hermine den Mann, „London. Er hält Wache am Bahnhof Kings Cross. Im magischen Teil."

Thomas nickte. Mit einem Fingerzeig auf Emilia und Caroline schickte er die Beiden aus dem Raum.

„Vanessa King, Magierin in dritter Generation. Letzter Aufenthaltsort war in Liverpool an den Docks, da dort normalerweise die…", setzte der Mann an.

„Auch immer noch da.", sprach Hermine ruhig, „Genau wo sie sagten. Am Duke's Dock. In der Nähe des Riesenrades. Ist gar nicht zu verfehlen."

Thomas zeigte darauf auf Harry. Harry nickte ihm zu und verschwand aus dem Raum, in Richtung der Transporthallen.

X

X

X

Das einzige, was Ron nicht erwartet hatte, war sofort nach Ankunft angegriffen zu werden. Die Welt kam in Fokus, die Verwirbelung durch die Apparation verschwand und ein Schneidefluch riss sich aus der Luft und raste auf sie zu. Hastig duckte er sich und zog Hermine mit sich.

Im Bruchteil einer Sekunde musste er Deckung suchen. Der plötzliche Schock ließ den Moment in Zeitlupe vergehen.

Eine kleine geziegelte Begrenzung bot sowohl Hermine als auch Ron Platz. Sie lugten hinter der Ecke der Mauer hervor und erspähten den Mann, der gerade wie im Wahn Flüche schoss. Davon sogar nicht alle in ihre Richtung.

Sie hatten es eilig und Ron und Hermine verstanden sich mittlerweile auch ohne große Worte. Ron ging aus der Deckung und beschwor sogleich ein Schild. Zauber leuchteten wütend auf und Ron duckte sich instinktiv.

Mit langsamen Schritten ging Ron auf den Mann zu, das Schild noch immer beschworen.

Der Mann schrie. Seine Zauberstabhand verkrampfte sich und er fing an zu zittern. Mit der anderen Hand schlug er sich gegen den Kopf.

Auf zwei Metern konnte Ron sehen, dass die Augen des Mannes geschwärzt waren.

Hermine tauchte hinter dem Mann auf und versetzte ihm einen starken Schockzauber. Darauf trat sie ihn in den Rücken.

Der Mann fiel nach vorne und regte sich nicht mehr. Zur Sicherheit beschworen sie Fesseln.

Ron ließ sein Schild fallen und grinste Hermine an. „Was machen wir jetzt?"

Hermine gestikulierte in jede Richtung. Ron bemerkte die Muggel, die sich ansammelten.

„Sollen wir…", setzte er an, doch Hermine winkte ab, ohne dass er den Satz hatte beenden müssen. Wie schlimm konnte es schon sein, dass die Muggel das sahen. Vermutlich hatte Voldemort andere Sorgen als die Geheimhaltung aufrecht zu erhalten.

Dazu sah Ron, dass die Muggel sehr wohl wussten, was sie waren. Und sie hatten Angst. Als sich Ron umwandte, sah er, wie eine Gruppe von Frauen, die nicht viel älter waren als er, in Panik gerieten. Man würde das in Jahren nicht reparieren können.