Sommer 1943
„Was glauben sie?", fragte einer der Heiler. Das Ministerium war wie leergefegt.
„Ich glaube, dass sie die Tests am Besten doppelt und dreifach durchführen bevor sie mir irgendeinen Bericht vor die Nase halten und erwarten, dass ich Ihren Methoden vertraue.", schnaufte Aberforth neben Albus, als der Heiler das Pergament ausstreckte und sie erwartend ansah.
„Aberforth… Ich habe mich von dir breitschlagen lassen, den Jungen hierhin zu bringen, damit diese Tests gemacht werde und nun, da du die Ergebnisse hast, weigerst du dich, sie anzuerkennen?", fragte Albus.
„Ich glaube, dass du immernoch ignorierst, dass diese Unfälle ein Muster aufweisen, dass du einfach zu dumm bist zu sehen! Oder du bist schlau genug dafür und handelst aus einer Bosheit, von der du mir weiß machen wolltest, du hättest sie abgelegt!", zischte Aberforth nun. Er wandte sich zu Albus um. Sie standen im Nebenraum. Der Junge Thomas Grindelwald war allein in seinem Patientenzimmer, ruhig wartend und nicht gefesselt. Er bewegte sich ja kaum irgendwo hin, Fesseln waren da unnötig.
Der Junge war wie verstört. So sah Albus es jedenfalls. Aberforth, wie er ihm wiederholt klarzumachen versuchte, sah es als den Ruhezustand eines Monsters an, dass aber jeden Moment wieder töten könnte, wenn es dazu aufgefordert wurde.
Albus weigerte sich, Aberforths Meinung über den Jungen zu teilen. Er unterdrückte mit eiserner Hand jedes Gefühl, dass ihm die andere Seite schicken könnte, und konzentrierte sich auf die Aufgabe, die er erfüllen wollte. Den Jungen beschützen, aufwachsen sehen und ihm zu einem Werkzeug machen, mit dem man die Welt verbessern konnte. Man warf so jemanden wie Thomas Grindelwald nicht einfach weg. Nicht, wenn er vom nächsten wieder aufgenommen werden konnte um Schaden statt Gutes anzurichten.
X
X
X
Ron schritt auf der Suche nach Harry hastig den Gang hinunter. Er hatte Harry an diesem Morgen noch nicht gesehen, aber Harry hatte sich auch zu einem Langschläfer entwickelt. Er konnte es wohl nicht lassen, nachts den Stützpunkt zu überwachen, als würde er den SHAPE Leuten nicht zutrauen, die Zauberer zu bewachen.
Daher ging Ron als erstes zu Harrys Zimmer. Lunas Raum war am anderen Ende des Ganges und dazwischen wohnten Ron und Hermine. Sie hatten sich die Zimmer in der zweiten Etage eines der freien Häuser genommen und auch Harry ein Zimmer reserviert. Allerdings schlief Harry nie länger als eine Woche an einem Ort und er schien sich nie sicher zu sein, wo er hin sollte. Wenn er paranoid wegen des Stützpunktes war, war er hier und patrouillierte. Ron wusste nicht, was der Herr Unsägliche mit dem Rest seiner Zeit machte.
Er klopfte zweimal kräftig und schwang die Tür im selben Moment auf. Das Licht fiel vom Gang ins Zimmer und beleuchtete einen Harry, der in seinem Bett lag. Es dauerte eine viel zu lange Sekunde, bis Ron realisierte, dass das blonde Haar daneben nicht zu Harry gehörte und dieser auch unbekleidet war.
Ron schwang schnell die Tür wieder zu, „Entschuldigung!"
„Ron.", rief ein verschlafener Harry, „Seit wann klopft man und öffnet dann ohne eine Antwort abzuwarten sofort die Tür?"
„Ich sagte sorry! Ich dachte du wärst allein!", rief Ron zurück.
„Und deswegen willst du trotzdem einfach reinkommen und mich wecken?"
„Wir waren jahrelang zusammen in einem Schlafsaal!", hielt Ron entrüstet dagegen.
„Das ist etwas Anderes!", rief Harry zurück.
„Ach jetzt wo du eine Tür hast denkst du, du könntest einfach mehr Privatsphäre verlangen?", rief Ron empört.
„JA!", rief Harry zurück.
Zögerlich wurde die Tür wieder geöffnet und eine bekleidete Luna Lovegood grinste ihn an.
„Ich glaube, dass ihr einiges zu bereden habt, da werde ich mich mal aus dem Staub machen.", flüsterte sie und verschwand den Gang entlang.
Die Tür schwang zu und ein wenig später öffnete Harry sie und mit einem Seufzten ließ er Ron in sein Zimmer.
„Was ist denn los? Es ist immerhin noch früh morgens.", fragte Harry dann, während er sich noch sein Shirt anzog. Ron setzte sich auf einen Stuhl neben dem kleinen Schreibtisch, den Harry anscheinend nie verwendete.
„Du solltest ein Tagebuch führen.", kommentierte Ron, „Du weißt schon, damit du das Schreiben nicht verlernst."
Harry setzte sich auf das Bett und starrte Ron an, „Dafür bist du hier? Witze über Schulabbrecher?"
„Nein, nein sorry, das war etwas zu viel. Hermine hat etwas gesehen.", erklärte Ron, „Und sie glaubt, dass es etwas mit Voldemort zu tun hat."
„Sie glaubt es? Seit wann müssen wir ihre Gabe auch noch zu deuten lernen? Sie ist keine Hellseherin, Ron, sie sieht nur was da ist. Bist du sicher, dass es kein Traum war?"
„Es ist eine Kiste.", unterbrach sie Hermine, die leise die Tür geöffnet hatte. Mit Luna im Schlepptau trat sie ein.
Beim Anblick von Luna musste Ron schmunzeln, da es beinahe so wirkte als hätte Hermine Luna aufgeweckt.
Hermine schien seinen Blick zu merken und wollte sich erklären, „Ich dachte… Ich dachte es wäre nett, wenn wir sie auch dazu holen. Immerhin ist sie doch… Da habe ich sie geweckt."
„Japp. Super!", schmunzelte Ron, „Das war sehr lieb von dir."
Hermine blickte ihn verwirrt an, doch Harry unterbrach sie, „Eine Kiste?"
„Ja, eine Kiste, die unter einem Baum vergraben ist. Dann war da noch etwas mit einer kleinen Nadel. Es ist kein… visuelles Bild. Ich weiß es nur auf einmal. Voldemort sucht in jedem Fall nach etwas. Er ist in Europa und ich spüre, dass er im Osten ist."
„Das ist eine deutlichere Info.", kommentierte Harry.
„Die Frage ist doch auch", warf Ron ein, „Wieso Voldemort das Risiko eingeht, sich auf das europäische Festland zu begeben, wenn er so sehr auffällt. Die Unsäglichen werden ihn sicher auch bemerkt haben."
„Vielleicht haben sie es ja. Oder er schafft es irgendwie sich zu verstecken."
„Harry, kann man, was auch immer Voldemort gerade befällt, in Speicherkristalle stecken?", fragte Hermine.
Harry zuckte mit den Schultern, „Ich weiß nicht genau über die Funktionsweise der Speicherkristalle Bescheid. Aber… die Speicherkristalle sind in ihrer Wirkung begrenzt. Ich weiß nicht ob das, was Voldemort befällt, so einfach wegzusperren ist. Immerhin hat es verheerende Effekte auf ganz England. Wenn es so unerschöpflich ist, dann könnte es schwierig sein."
„Vielleicht muss er sich auch nicht verstecken.", warf Luna ein, „Magische Tierwesen in seiner Umgebung zu beeinflussen ist sicherlich etwas, was ihm gefallen würde."
„Es ist auf jeden Fall ein Druckmittel.", stimmte Ron zu, „Ich nehme an, dass die Menschen verzweifelter werden. Ihre Heimat wendet sich gegen sie. Voldemort muss nur in die Nähe seiner Ziele gehen und sie werden ihm die Informationen freiwillig geben, die er sucht. Wenn Hermines Vision aber schon so ungenau ist, dann wird Voldemort mehr Probleme haben."
„Wir sollten in jedem Fall die Unsäglichen alarmieren. Vielleicht mit Thomas darüber reden.", sagte Hermine.
„Dazu habe ich eine kurze Frage!", wandte sich Ron an Harry, „Kennst du irgendeinen anderen Vorgesetzten der irgendwie damit betreut ist, zu tun, was Thomas tut? Weil Thomas ist ja nicht permanent im Dienst."
Harry zuckte mit den Schultern und grinste, „Keine Ahnung. Aber wenn ihr die Unsäglichen alarmieren wolltet, wieso kommst du dann zuerst zu mir? Du hättest mich auch danach informieren können."
Ron musste schmunzeln und Harry sah ihn verwirrt an. Ron antwortete nicht, sondern zeigte nur auf das Abzeichen auf Harrys Schreibtisch.
„Ja okay, das macht Sinn.", sagte Harry.
„Dafür, dass dieses kleine Metallding so einen höllischen Lärm machen kann, vergisst du erstaunlich oft, dass es existiert.", stichelte Ron.
„Es ist schon ziemlich laut, da hast du recht.", gab Harry zu.
„Es ist verdammt laut.", bestärkte Luna darauf mit einem Blick auf Harry.
Dieser hob abwehrend die Hände, „Ich sagte es tut mir leid! Es ist ja nicht so als hätte ich es vorsätzlich unter meinem Kissen liegen gehabt!"
„Aber, wenn du dann fünf Minuten brauchst, um es zu finden geht es einem doch schon auf die Ohren.", erwiderte Luna.
„Also gut, gehen wir in die Zentrale, bevor wir ich mich jetzt da wieder rein reite.", meinte Harry als er aufsprang. Ron bemerkte, dass er Muggelkleidung trug, sich aber dafür entschied, sie anzubehalten. Er befestigte sein Abzeichen an seinem Gürtel und verließ zuerst den Raum. Hinter Harry laufend bemerkte Ron, dass er doch noch ein ganz schönes Stück größer war als Harry. Mit einem Seitenblick auf Luna versuchte Ron abzuschätzen, wie der Höhenunterschied der beiden war, aber er war nicht sonderlich gut im Schätzen.
In dem Haus auf dem Stützpunkt war ein Kamin eingerichtet worden, sehr zum Leidwesen der Muggelsoldaten. Das hieß nämlich, dass sie einen zusätzlichen Zugang in den Stützpunkt erschaffen hatten und eine Handvoll Soldaten, die vorher andere Aufgaben gehabt hatten, bewachten nun in Schichtarbeit den Kamin, damit niemand dort unbemerkt eintreten konnte.
Sie fühlten sich dabei augenscheinlich nicht wohl. Mit einem unsicheren Blick ließen sie sie passieren, als Harry sie zum Kamin führte. Der Kamin war magisch geschützt und der Orden hatte es dem Stützpunkt auch mitgeteilt, aber es war Protokoll.
Hermine führte einen schnellen Vergrößerungszauber aus. Das war zwar ein schwieriger Zauber, aber um ganze Größenordnungen einfacherer als die Verzauberung, die dasselbe permanent ermöglichte.
Alle vier traten in den Kamin, die misstrauischen Blicke der Soldaten ignorierend. Harry nahm dann das Flohpulver an sich, gab sein Passwort durch und sie landeten direkt in einem Gebäudekomplex, den Ron noch nicht kannte.
„Hier sind die Apparationshallen und die Sammelplätze für Eingreifzauberer. Als ich letztens mal an meinem Briefkasten war, habe ich festgestellt, dass ich hier arbeite. Wenn Voldemort wirklich so weit weg möchte, müssen wir irgendwen vorwarnen, dass das Ganze eine längere Sache werden wird."
An einigen Sofas vorbei und einer Art kleinem Spielzimmer für erwachsene Kinder leitete Harry sie vorbei in Richtung eines Büros, das an zwei Seiten komplett verglast war. Privatsphäre hatte man in diesem Kasten nicht und die Person dort sah sie bereits bevor Harry an die Scheibe klopfte.
„Herein bitte.", rief die von den Scheiben gedämpfte Frauenstimme. Es war eine jüngere Frau, die allerdings etwas gebückt ging und Handschuhe trug.
„Entschuldigung, aber ich habe eine Bitte.", fing Harry an.
„Setzen.", sprach die Frau, nachdem sie Harry die Hand geschüttelt hatte. Er durfte sich als einziger hinsetzen, während Ron mit den anderen halb im Flur wartete.
„Identifikation?", fragte die Frau dann.
„Harry Potter, Eingreifzauberer, Team Omega.", antwortete Harry und für Ron klang das fast, als wäre er befördert worden.
„Okay…", murmelte die Frau und zog eine Akte aus einer der Schubladen heraus. Als sie sie aufschlug, runzelte sie die Stirn.
„Hier steht, dass sie seit einem Jahr ein Auszubildender in der Orientierungsphase sind. Zum einen habe ich noch nie etwas davon gehört und zum anderen… Sind sie bald mit der Orientierung fertig?"
„Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, was das heißt. Aber vielleicht wartet die Zentrale darauf, dass ich den Abschluss nachhole und hat sich eine Rolle ausgedacht.", gab Harry dann zu. Das war schon lustig mit anzusehen.
„Na schön. Also, was ist Ihre Bitte, Unsäglicher Potter?", fragte die Frau nun resigniert.
„Also wir müssen Voldemort verfolgen, der etwas möchte um sich entweder zu heilen oder um unsterblich zu werden. Aber ich denke das Letzte wirkt auch gegen das Erste, also wer weiß es schon."
Die Frau runzelte die Stirn, „Und sie wissen das woher?"
„Aus ähm… Hermine hat es gesehen. In einer Vision.", erklärte Harry.
Die Frau legte die Akte auf den Schreibtisch, „Ich verstehe. Und ist ihre Hermine denn auch als Seherin eingetragen und geprüft worden?"
„Nein nicht so eine Vision. Was ich meine ist…"
Thomas spazierte von hinten in den Raum, erschrak alle drei an der Schwelle stehenden. Ungerührt unterbrach die Unterhaltung, „Was er meint ist, dass diese Information unter der Autorität der Ermittlerabteilung geheim ist. Ich entführe nun den Unsäglichen Potter und mache ihm für Sie klar, dass er nicht zu jeder Person persönlich hingehen muss, wenn er die Formulare auch schicken kann."
„Thomas!", rief Harry, als er sich aufrichtete.
„Kommt mit. Alle vier.", wies er dann barsch an.
Thomas verließ den Raum und Harry bedeutete ihnen ihm zu folgen. Während Hermine sofort zu Thomas hin lief, um ihm die Kurzfassung ihrer Vision zu geben – die selbst schon nicht viele Informationen enthalten hatte – ließ sich Luna etwas zurückfallen um Harry aufmunternd die Hand zu drücken.
Hermine hatte ihr Gespräch mit Thomas beendet und wartete kurz auf Ron, während Thomas sie durch die Gänge und Transporträume der Zentrale zum öffentlichen Teil des Komplexes brachte.
„Wo wollen wir hin?", fragte Ron an Hermine gewandt.
„Er sagt, dass wir hier nicht viele Informationen finden werden. Er möchte in die Zentrale in Sankt Petersburg und dort recherchieren.", flüsterte Hermine ihm zu.
„Die Zentrale wo?", fragte Ron zurück.
X
X
X
Es war eine traurige Realität, die Hermine in Sankt Petersburg begrüßte. Sie verschwanden in einer Eingangshalle in Strasburg und landeten in einer anderen in Sankt Petersburg, doch es veränderte sich nichts. Wenn Hermine nicht sehen würde, dass andere Menschen in diesem Raum standen, hätte sie sich vielleicht gefragt, ob sie sich überhaupt bewegt hatten.
Der auffälligste Unterschied war, dass Thomas nun nicht direkt in die Büros der Angestellten sprang, sondern den öffentlichen Weg verwendete. Eine Wache am Eingang überprüfte sie alle, doch da zwei der Anwesenden Abzeichen der IVZ trugen, waren die Wachen nicht sonderlich misstrauisch.
Das Betragen von Thomas änderte sich jedoch nicht. Er schritt selbstsicher und autoritär durch die Gänge, obwohl Hermine eher daran zweifelte, dass er hier Autorität hatte. Tatsächlich war das einzige richtige Oberhaupt der Unsäglichen der Hohe Rat der IVZ. Der Direktor der Zentrale in Strasburg war nichts weiter als der Direktor der Strasburger Zentrale.
Thomas lief zielstrebig und Hermine hätte das auch sehr beeindruckend gefunden, wären nicht die Linien auf dem Boden dieselben wie in Strasburg, auch wenn die Beschriftungen kyrillisch waren.
„Die Zentrale in Sankt Petersburg ist natürlich etwas anders aufgestellt als die in Strasburg. Die Hauptabteilungen des aktiven Dienstes hier sind eine eigene Ermittlungsabteilung, die Eingreifzauberer und eine Abteilung zur Absicherung von Gebäuden, Menschenmengen und Stellungen. Das ist jetzt nur eine sinngemäße Übersetzung.
Die Kommunikationssprache zwischen den Behörden ist üblicherweise Englisch, allerdings übt die Zentrale in Sankt Petersburg hier ihre volle Souveränität aus und man spricht vor Ort Russisch. Aufklärer werden hier zur Ausbildung hin geschickt. Es gibt einen Krankenflügel, aber keine Forschung an magischen Feldern oder an Krankheiten und Leiden. Dafür gibt es eine große Abteilung für Technik und magische Integration in die Fortschritte der Muggel."
„Das passiert hier?", hakte Hermine nach, „Also das Verstecken von Zauberern gegenüber der Aufnahme durch Kameras wurde hier entwickelt?"
Thomas zuckte mit den Schultern, „Es gab zu der Zeit keine akute Gefährdung. Die Bilder zeigten Zauberer zwar, aber bis zu einem gewissen Maße konnten die Muggel sensitive Informationen auf den Bildern ebenfalls nicht wahrnehmen. Das führte allerdings zu irgendwelchen Störungen der Felder und zu Verwirrungen, wenn jemand doch entfernt magisch begabt war und dann etwas Anderes auf einem Bild sah. Aber generell ja, die physische Entfernung von magischen Phänomenen von den Aufnahmen der Muggel wurde hier entwickelt. Wenn du Interesse hast, gibt es hier sicherlich einige Kontakte, mit denen du sprechen kannst."
„Könnte man einfach hier anfangen? Versetzt werden?", fragte Hermine weiter. Ron schmunzelte neben ihr und sie schlug ihm auf den Arm.
Thomas nickte, „Direkt versetzt nein. Überhaupt müsstest du erstmal Unsägliche sein. Der beste Weg wäre, dass du zuerst studierst und in den Jahren, in denen du studierst, Russisch lernst. Das wäre für die Verwaltung vermutlich von Vorteil. Du kannst dir ja überlegen, ob du Dinge wie Physik oder Elektrotechnik studieren möchtest."
„Liest die Zentrale denn auch die E-Mails?", fragte Hermine dann.
Thomas runzelte nur die Stirn und signalisierte damit, dass er keine Ahnung hatte, wovon Hermine redete. Ein Seitenblick auf Ron und Harry verriet ihr, dass es tatsächlich Beiden genauso ging. Es war zum verrückt werden.
„Ich muss euch dringend mal in die Muggelwelt mitnehmen. Ihr lebt ja wie Höhlenmenschen.", spottete Hermine frustriert. Ron lachte und tätschelte ihr gutmütig die Schulter während Harry nur zufrieden lächelte.
Irgendwann machte Thomas abrupt Halt und wandte sich zur Seite um an eine Bürotür zu klopfen.
Von innen rief eine gedämpfte Stimme etwas wie „Sanjati". Thomas trat sofort ein, was Hermine denken ließ, dass das wohl herein hieß.
Der Mann fluchte, als er Thomas sah und sprang beinahe auf. Thomas grinste schief und zog die Augenbrauen hoch. Der Mann umrundete seinen Schreibtisch und umarmte Thomas, welcher die Umarmung mit einem kleinen Klopfen auf die Schulter erwiderte.
„Thomas, mein Freund, wie geht es dir?", fragte der Mann jovial, aber mit einem starken russischen Akzent, durch den es ein wenig klang, als würde er nuscheln.
„Gut, Egor, und dir?", fragte Thomas zurück.
„Ich dachte schon er spricht jetzt auch noch Russisch.", flüsterte Harry hinter Hermine an Luna gewandt.
„Vielleicht ist Egor er nur höflich.", flüsterte sie zurück, „Oder Thomas ist befallen."
„Befallen von was?", flüsterte Harry nun. Dass er das wirklich fragen wollte, erstaunte Hermine dann doch. Wenn sie es wäre, würde sie Luna keinen Grund geben, über ihre ausgedachten Tiere zu reden.
Vielleicht bemerkte das andere Mädchen ja die negative Energie von Hermine, denn sie antwortete nicht, sondern wartete nur mit Harry darauf, dass sich Thomas wieder an sie wandte.
„Also, diese vier Kinder stehen alle irgendwie in Verbindung zueinander. Ich weiß nicht, wie viel du eingeweiht bist, aber in jedem Fall bist du es genug, dass ich sagen kann, dass sie von irgendwelchen alten Geistern berührt wurden. Hermine Granger hier, die übrigens Interesse bekundet hat, hier zu arbeiten, hatte eine Vision einer Nadel und von einer Kiste. Außerdem ist Voldemort auf dem Weg in diese Richtung, ich dachte das solltet ihr vielleicht wissen.", erklärte Thomas darauf.
„Thomas. Wenn ich erfahre, dass ihr uns eure Probleme auf den Hals hetzt…"
„Dann schulde ich dir was, denke ich. Jetzt sollten wir uns erstmal um das Problem kümmern, dass wir jetzt gerade haben. Weißt du, was ihre Vision bedeuten könnte und wenn nein, müssen wir leider an euer Archiv ran.", besänftigte Thomas, „Wenn es hilft, die Kiste ist unter einem Baum begraben."
„Eine Nadel, eine Kiste und ein Baum. Sehe ich aus wie ein Hellseher? Ich weiß nicht, was das bedeuten soll, allerdings führen wir eine Liste mit magischen Artefakten, die ihr vielleicht ansehen könntet. Ob euch das weiterhilft, weiß ich natürlich nicht."
„Sehr aufmerksam von dir. Ich bringe dir irgendwann einmal ein Bier mit.", sagte Thomas.
„Ein Bier, sehr lustig. Wenn du mir schon etwas aus Deutschland mitbringst, mach lieber ein Auto draus.", erwiderte der Mann, „Aber keins von dieser Nazifirma."
„Wenn du Volkswagen meinst, ich glaube, dass die sich in den letzten Jahren doch etwas anders vermarktet haben.", schmunzelte Thomas.
„Mir ist alles Recht.", winkte der Mann ab.
„Ist die Archivabteilung normal zugänglich?", fragte Thomas nun.
Der Mann verwies auf die Tür, „Das ist sie. Jetzt verschwinde bevor ich mit dir gesehen werde."
Thomas grinste, „Das klingt doch gut. Dankeschön wir werden dich dann bald wieder belästigen."
Der Russe murmelte etwas unter seinem Atem, was Hermine nicht einmal klangweise verstand.
Der Weg in und aus dem Transportraum war auch nicht anders als in Strasburg. Sie liefen einen Gang entlang und aus den Büros schien ein wenig Licht, was Hermine vermuten ließ, dass sie vielleicht in einem echten Stockwerk waren und nicht untertage.
„Gibt es ein gemeinsames Archiv mit den staatlichen Behörden?", fragte diesmal Harry.
„Nein, natürlich nicht, aber das haben wir in Strasburg auch nicht. Die IVZ ist dazu da, die Zauberer zu beschützen und das ist ihre einzige Aufgabe. Ab und zu mal gibt es Anliegen der Muggel, die ein Interesse der Zauberer begründen und noch viel seltener wird manchen Behörden mal ein Gefallen getan, aber das kommt ausgesprochen selten vor.", sprach Thomas, „Es ist ja nicht so als wollten wir diese Tür aufmachen."
„Angst vor Anfragen überrannt zu werden?", fragte Ron von hinten.
„Es ist schwierig. Natürlich sind besonders Unsägliche oder Auroren frustriert. Jason ist dem schon zum Opfer gefallen, in einem von der Zentrale angeordneten Urlaub. Damals war er noch ein Grünschnabel und es hat ihn in den Fingern gejuckt einen Serienmörder zu schnappen. Die Zentrale hat seinem Schabernack schnell ein Ende bereitet. Außerdem wurde der Täter, der die fünf Männer umgebracht hat, später gefasst. Colin Ireland war Jasons praktische Lektion, dass wir uns aus den Belangen der Muggel heraus halten.", erzählte Thomas, „Hier, wir sind da."
Der Gang endete in einer großen Brandschutztür, die Thomas aufstieß. Dahinter lag ein mit Betonwänden umrandetes Archiv mit weißem PVC Boden und einem stark diffusen Licht.
„Also…", setzte Thomas an.
„Die Bücher hier sind sehr alt.", kommentierte Luna, „Wir sollten sie sorgfältig behandeln."
„Ich weiß überhaupt nicht, ob wir sie direkt anfassen können.", erwiderte Thomas, „Aber rauszufinden, wie das hier funktioniert, ist auch nicht meine Aufgabe. Ihr bleibt hier und recherchiert. Harry kann im Notfall für euch Bürgen und es ist jetzt ja auch nicht so als wären meine Sprachkenntnisse sonderlich hilfreich. Ich muss jemanden besuchen."
„Okay, sagst du uns Bescheid, wenn du etwas hast und ich kontaktiere dich im umgekehrten Fall?", fragte Harry. Dass Harry Thomas Bescheid sagen würde, daran zweifelte Hermine überhaupt nicht.
„Das werde ich tun, wenn ich Zeit finde.", antwortete Thomas und verließ den Raum.
„Also… ich würde vorschlagen, dass ihr einfach bei den alten Sachen anfangt und ich schnappe mir…", setzte Harry an.
„Nein.", widersprach Hermine sofort, „Du kommst zu mir und Luna geht zu Ron. Wir wollen uns konzentrieren."
„Ach hätte ja sein können.", schmunzelte Ron dann und Hermine konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
„Gibt es ein Register?", fragte Luna nun.
Am Ende der Wand war eine Anleitung mit roten Buchstaben auf weißem Grund, allerdings war auch diese auf Russisch. In manchen Sprachen konnte man Wörter auch erraten, doch Hermine hatte sich nie die Zeit genommen Russisch zu lernen. Sie war mit ihren Sprachkenntnissen schon relativ zufrieden, doch es kam immer vor, dass man auf neue Dinge stieß.
„Aha!", rief Harry, „Hier ist ein kleines und wahrscheinlich sehr unvollständiges Handbuch auf Englisch! Die haben das wohl für genau diesen Fall hier platziert."
Er gab das Handbuch an Luna weiter, die es sofort aufschlug, „Es gibt Länderarchive, Originaltexte und Berichte. Es gibt Kataloge der Informationen auf Russisch und Englisch. Einige Quellen sind ebenfalls auf Englisch. Die Regale mit den Katalogen sind gelb markiert. Es gibt einen allgemeinen Katalog über den Bestand des Archives und ebenfalls welche in den einzelnen Themenbereichen. Es ist aber nur sehr grob gruppiert also werden wir viel durchsehen müssen."
„Das klingt nicht spaßig.", meinte Ron darauf.
X
X
X
Es war Frühling, aber das machte es nicht viel wärmer in Osteuropa. Thomas hatte die Jugendlichen abgeladen und sich auf den Weg gemacht. Die Hütte war verborgen, allerdings kaum verborgen genug, dass die Zentrale in Sankt Petersburg keine Aufzeichnungen darüber hatte. Vermutlich wurde der Mann oft von den russischen Geheimdiensten angesprochen.
Es war kalt und zum Nebel mischte sich der Rauch des Holzfeuers, das in der Hütte brannte. Anscheinend verbrannte der Mann nicht ganz getrocknetes Holz.
Thomas war Jahrzehnte lang nicht hier gewesen. Es hatte einfach keinen Sinn gemacht. Sein altes Leben hatte er aufgegeben und er war, zumindest für eine gewisse Zeit, eine vollkommen andere Person gewesen. Es war seltsam, dass nun, nach so vielen Jahren, ihn seine Vergangenheit wieder einholen sollte.
Eine Vergangenheit, die auch Konstantin einholen sollte. Er hatte ja nicht einmal seinen Namen geändert. Glück für den Mann, dass Konstantin auch ein eher beliebter Name in Russland war.
Thomas hatte nicht erwartet, sich so nahe an das Haus des Mannes begeben zu können. Doch der Mann war gänzlich unauffällig. Über ihn hatte es wenig Dokumentation gegeben und die, die es gab, war zerstört worden. Er war ein leeres Bild. Beinahe auffällig unauffällig, was wohl überhaupt dazu geführt hatte, dass die Zentralen auf ihn aufmerksam geworden waren. Sie hatten aber keinen Erfolg. Wenn man ihn nicht kannte, dann wirkte er wie ein tattriger alter Mann. Dass er ein Zauberer war, war an der Stelle nicht sonderlich wichtig.
Thomas klopfte laut an die Tür.
„Moment!", rief der Mann von drinnen. Die Stimme war bei Weitem nicht so gedämpft, wie sie durch eine moderne Tür zu hören wäre. Aber es war ja nicht so, als bräuchte der Mann eine gut isolierte Hütte, wenn er nichts anderes zu tun hatte, als hier zu leben. Fünf dutzend Mal am Tag einen Wärmezauber zu sprechen war vermutlich das Aufregendste, womit der Mann seine Zeit verbrachte.
Thomas klopfte erneut an die Tür und entlockte Konstantin damit ein, „Ich bin ein alter Mann, Herrgott warten Sie!"
Thomas umgab sich oft mit seiner Muttersprache und dennoch war es ihm immer ein wenig suspekt, wenn jemand auf Deutsch mit ihm sprach.
Schließlich wurde die Tür geöffnet und Thomas sah gerade genug, um zu sehen, dass die Maske von dem Mann abfiel, als er sah, wer da vor der Tür stand. Seine Haltung spannte sich an und man sah genau, dass das Meiste der alter Mann Fassade nur gespielt war. Doch es war eine effektive Fassade. Nur, weil es ein einfaches Hilfsmittel war, war es nicht unbedingt ein Schlechtes.
Er sagte nichts, als er Thomas erkannte. Er hielt ihm nur die Tür auf und ließ Thomas eintreten. Die Hütte war klein. Abgetrennt war ein kleines Schlafzimmer, dass nicht viel mehr als eine Ecke war, die man mit irgendwelchen Decken abgedeckt hatte. Es gab einen kleinen Kamin auf einer Seite. Es gab keine Einrichtung. Anscheinend stapelte Konstantin einfach alle Notwendigkeiten aufeinander. Töpfe, Bücher, Kleidung. Alles war irgendwie sein eigenes Regal.
„Tee?", fragte Konstantin dann, „Ich wäre kein guter Gastgeber, wenn ich dir keinen Tee anbieten würde. Trinkt ihr Engländer das nicht?"
„Du tust ja gerade so als wäre ich konvertiert. Ich wohne noch immer in Deutschland und das weißt du.", widersprach Thomas, „Aber dennoch hätte ich gerne einen Tee."
Die Stimme von Konstantin war unglaublich kratzig, als würde er sie selten verwenden, „Muss schön sein."
„Wenn du das sagst. Gerade würde ich den Westen nicht unbedingt als angenehm bezeichnen. Ironisch, wirklich, dass es den Russen gerade besser geht, wenn man bedenkt, was vorher war.", kommentierte Thomas beiläufig.
Der Mann zeigte auf einen Stapel von Brennholz, „Das ist das nächste an Stühlen, dass ich habe. Mach es dir bequem."
„Interessanter Lebensstil."
„Halt dein Maul. Was möchte der Nachtschrecken von mir?", spottete der Mann.
Thomas lächelte in seinen Tee, „Ist das wie man mich hier genannt hat?"
„Was denkst du? Ich bin sicher, dass du nicht komplett ehrlich zu deinen neuen… Vorgesetzten warst, als du von deiner Vergangenheit erzählt hast. Die Massaker, die du angerichtet hast."
„Wenn ich dir sagen würde, dass ich alles treu dokumentiert und eingereicht habe, würdest du mir sowieso nicht glauben, also wieso lassen wir das Spielchen nicht? Außerdem solltest du nicht mit Steinen werfen."
„Ach wirklich? Die Person, die sich nach Nurmengard hat versetzen lassen, die den Klauen der NSDAP entkommen war, darf sich nicht über eine Person aufregen, die für Grindelwald dutzende, wenn nicht hunderte Menschen zerfleischt hat? Die alleine Massengräber füllen konnte?", regte sich der Mann auf. Er verlor beinahe seine Stimme.
„Wir spielen doch jetzt nicht schonwieder das Moralitätsspiel, oder? Wir haben das seinerzeit schon oft durchgekaut."
„Nein, weil du auf der Entschuldigung ruhst, dass du ja nicht ganz bei Verstand warst und dass die Zauber von Gellert Grindelwald dich so maßgeblich beeinflusst hatten, dass es unmöglich für dich war, ein Gewissen zu entwickeln und dass du dich dennoch gegen die Nazis gestellt hast, ein Wunder war."
„Dein wortgetreues Zitat des Gutachtens, dass über mich erstellt wurde, lässt mich darauf schließen, dass du nicht ganz untätig hier lebst.", kommentierte Thomas, „Was genau tust du hier eigentlich?"
„Was interessiert dich das? Ich tue niemandem weh. Ich habe keine Menschenseele angefasst in den letzten Jahren. Buchstäblich wie metaphorisch. Ich habe ruhig hier gelebt. Ich unterhalte mich, mehr nicht.", verteidigte sich der Mann.
„Wir zweifeln aneinander.", schloss Thomas, „Und würde ich nicht denken, dass du deine Meinung über mich niemals ändern würdest, würde ich meine Meinung über dich vielleicht überdenken, aber bis dahin, belassen wir es doch beim Alten, Herr Aufseher."
„Was willst du überhaupt?", fragte der Mann nun und trank etwas von seinem Tee.
Thomas gestikulierte vage, „Es muss auch dir aufgefallen sein, dass Tom Riddle nach etwas sucht, was anscheinend irgendwo hier ist."
„Irgendwo hier ist aber keine gute Information. Wenn ich weiß, was er sucht, kann ich dir vielleicht helfen.", spottete der Mann, „Oder weißt du es nicht? Bist du deswegen hierhergekommen?"
Thomas grunzte, „Wenn es eine Sache gibt, von der die Nazis definitiv fasziniert waren, dann sind es die alten heimischen Kulturen, vor der Christianisierung von Europa. Du kannst mir nicht erzählen, dass du überhaupt nichts weißt. Voldemort sucht definitiv nach etwas, was eine Verbindung zu diesem Land hat. Außerdem ist es jetzt nicht als wäre er sonderlich unauffällig."
„Ah.", flüsterte Konstantin, „Ja, davon habe ich gehört. Die Zerstörung deines Bruders. Wie ist es so, Thomas? Zu wissen, dass du sterben kannst. Nach all den Jahren, in denen du über uns normalen Volk standest, nun genauso sterblich und erbärmlich zu sein wie der Rest von uns."
„Selbst, wenn ich Angst um mein Leben hätte, käme mir dennoch nie in den Sinn, Angst vor dir zu haben, Konstantin. Ich weiß nicht, was du hier spielst, aber ich will wissen, mit wem Voldemort redet und woher er seine Informationen bekommt."
Konstantin hielt für kurz inne, und beäugte Thomas einige Momente lang. Schließlich lachte er.
„Du bist überhaupt nicht daran interessiert.", rief Konstantin aus.
Thomas runzelte die Stirn, „Wie bitte?"
„Du bist hier nur als Aufpasser. Ich weiß nicht, was du genau möchtest, aber ich glaube nicht, dass es dich interessiert, was Voldemort tut. Du musst dich damit nicht befassen."
„Es ist mein Beruf, wenn es dir nicht aufgefallen ist. Wo. Ist. Voldemort.", forderte Thomas noch einmal mit Nachdruck.
Der Mann lächelte noch immer, „Tja, weißt du, Informationen sind ein kostbares Gut, wenn man wie ich im Exil lebt. Informationen können ganze Schicksale entscheiden und man sollte sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Als solches sind sie natürlich auch teuer."
Thomas hielt den Blick des Mannes und erwiderte darauf nichts.
Konstantin fuhr schließlich fort, „Nur zwei kleine Bitten. Keine dieser Bitten ist sonderlich schwierig. Aber ich muss mich doch entlohnen lassen, wenn ich so wertvoll für dich bin."
„Ich könnte die Informationen einfach aus dir heraus holen.", erwiderte Thomas dann, „Es ist ja nicht so, als würdest du in einem dicht besiedelten Gebiet leben. Ich könnte mit meiner Magie ausrutschen. In deinen Geist eindringen."
„Du glaubst, dass ich Angst vor dir hätte? Das ist ja lustig.", kommentierte Konstantin, ehe er seine Tasse abstellte, „Ich habe nichts von dir zu befürchten. Ich bin geflohen und habe Jahrzehnte von Kommunismus überlebt. Tu nicht so als könntest du mir mehr Angst machen als die Androhung von stalinistischen Konzentrationslagern."
„Was möchtest du?", fragte Thomas nun, „Ohne um den heißen Brei herumzureden."
„Ich möchte, dass du eine Sache für mich aus der Welt schaffst. In der Nähe ist ein Dorf. Ich habe die Menschen dort lieb gewonnen. Es wäre sehr unschön, wenn sie umkämen, nur, weil sich Voldemort hier umtreibt und seine Kraft nicht kontrollieren kann. Töte die Kreaturen, die im Wald leben, und wir reden weiter."
„Kreaturen. Gibt es auch Näheres?", fragte Thomas nun.
Der Mann lächelte, „Ich bin ein alter Mann. Ich habe keine Ahnung, was in diesem Wald lebt, ich weiß nur, dass Menschen verschwinden."
Thomas hielt inne. „Kinder?"
„Ha! Nein, mein lieber Thomas, es sind keine Kaltmagier, die sich hier umtreiben. Nein, nein… Aber du wirst verstehen, dass ich in meinem Alter mich nicht in eine solche Gefahr begeben möchte. Du bist jung und fit und kannst rennen, das kann ich nicht von mir sagen."
„Du hoffst, dass ich dabei sterbe.", schloss Thomas, „Was hält mich davon ab, einem alten Mann auf andere Art Manieren beizubringen."
Der Mann grinste, „Wisse, dass ich gute Gründe habe, keine Angst vor dir zu haben. Nun geh und rede erst wieder mit mir, wenn du dich darum gekümmert hast."
„Ich wäre nicht so voreilig. Was ist der zweite Gefallen?"
Der Mann wandte sich zu der Teekanne um, die über dem Feuer hing. Er goss sich heißes Wasser nach.
„Ich weiß, dass du nur ein Aufpasser bist. Du möchtest, dass Harry Potter nicht mit Menschen wie mir redet, um Voldemort zu verfolgen. Du möchtest, dass dich alle als guten Menschen in Erinnerung behalten. Ich werde dir nicht sagen, wo Voldemort ist, aber ich würde mich natürlich dazu überreden lassen, es dem jungen Harry mitzuteilen."
Thomas schritt nach vorne, bis er direkt vor Konstantin stand, der ruhig den Kessel zurückstellte.
„Wieso denkst du, dass ich dich mit ihm reden lasse?", zischte Thomas darauf.
„Weil du, mein lieber Thomas, keine Wahl hast.", spöttelte Konstantin, „Nun geh. Ich bin nicht für Gäste eingerichtet. Ich muss mich auf hohen Besuch vorbereiten."
X
X
X
„Also… Wie läuft es mit Harry?", fragte Ron. Er war sich nicht sicher, wie er die Unterhaltung anfangen sollte und hatte sich aus Versehen für den schlechtesten Weg entschieden. Es war irgendwie unfair. Hermine hätte ihn mit Harry paaren können aber nein, sie musste ja alles richtig durcheinander bringen. Außerdem, wenn jemand sich besser mit Luna verstehen sollte, dann war es doch wohl Hermine.
Ron hatte nichts gegen Luna, Ron war nur etwas unfähig.
Luna hielt inne als würde sie überlegen müssen. Kein gutes Zeichen. „Es läuft gut. Wieso fragst du?"
„Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung aber die Stille hat mich fertig gemacht. Ihr habt doch keine Probleme, oder? Wenn er irgendwas… Wenn du mal das Gefühl hast, dass etwas nicht gut läuft, sag ruhig Bescheid."
Woher sollte Ron überhaupt wissen, wieso er Dinge sagte? War das eine Sache, die anderen Menschen klar war?
Luna wandte sich überrascht um, „Er ist dein bester Freund."
Ron zuckte mit den Schultern, „Wir müssen doch zusammen halten. Niemand wusste vorher, was mit uns geschieht und man kann Harry wohl ohne schlechtes Gewissen als launisch bezeichnen. Ich weiß, das hat sich in den letzten Jahren gebessert, aber sollte doch mal irgendetwas sein, solltest du wissen, dass du nicht alleine bist."
Luna umarmte ihn, „Dankeschön, Ronald.", und wandte sich wieder den Büchern zu, „Es ist schön zu wissen, dass man sich auf Menschen verlassen kann. Viele Jahre waren es nur ich und mein Vater. Es ist nett, wenn man…"
„Wie kommt dein Vater mit all dem klar?", fragte Ron nun, aus einem seltsamen Impuls heraus. Wobei er seine Impulse wahrscheinlich einfach akzeptieren sollte, wenn man seine Gabe bedachte.
„Ich weiß es nicht. Er kommt klar.", antwortete Luna knapp. Das klang etwas komisch.
„Ist mit dir und deinem Vater denn alles gut, wenn wir schon mal dabei sind? Ich weiß, dass diese Sache alle sehr belastet hat."
„Es… Reden wir jetzt nicht darüber. Ich weiß nicht, wie mein Vater damit umgeht, aber ich muss sagen, dass ich in den letzten paar Jahren glücklicher war als je zuvor. Ganz zu schweigen davon, dass ich viel klarer denken kann, seitdem ich seinen Fingern entkommen bin.", flüsterte Luna nun und nahm direkt zwei Bücher aus dem Regal und schritt schnell in Richtung einer der Tische. Das war schon etwas merkwürdig und Ron hatte auch keine Ahnung, was sie gemeint hatte. Vielleicht wusste Harry ja etwas.
Ron spinkste wieder nach unten in das Buch, dass er gefunden hatte. Das Buch, dass er in der Hand hielt, hatte die frustrierende Eigenschaft, dass die Texte zwar Englisch waren, die Überschriften aber Russisch. So las er die Aufzeichnungen über die Mythen um eine Hexe Баба-яга und sein Mund tat sich schon ohne die Buchstaben zu kennen schwer, das auszusprechen. Vielleicht auch gerade weil er die Buchstaben nicht kannte.
Hütten mit Hühnerbeinen kamen allerdings nicht in den Visionen von Hermine vor. Es gab Querverweise auf verwandte Figuren der Mythologie, allerdings waren auch das vollkommen russisch geschriebene Verweise, als würde das Archiv das absichtlich machen. Als jemand ohne nennenswerte Fremdsprachenkenntnisse war das natürlich schwierig für Ron, aber um fair zu sein sprachen sonst überall alle Englisch. Bisher musste er sich nie mit anderen Sprachen auseinandersetzen. Vielleicht konnte er einen Kurs belegen, wenn das alles vorbei war.
Кощей war wohl eine verwandte Figur. Ron musste nicht viel weiter lesen, denn als er das Wort Nadel sah, schreckte er augenblicklich auf. „Ich habe es!", rief Ron sofort.
Augenblicklich kamen die anderen angelaufen und drei Augenpaare starrten ihn neugierig an.
„Ich habe einen Eintrag mit einer Nadel gefunden. Hier.", sagte Ron und hielt Hermine das Buch hin.
Diese nahm es sofort an sich und überflog die Seite.
„Ron hat Recht! Es ist aber wirklich seltsam.", sprach Hermine dann nachdenklich. Sie ging den Gang ein wenig entlang und schien zu zögern. Schließlich klappte sie das Buch zu und blätterte in einem der anderen Bücher herum. Verwirrt wandte sich Ron zu Harry um, doch dieser zuckte nur mit den Schultern.
Luna sah ihr nachdenklich hinterher, „Die Mythologie wird ein wenig verzerrt sein, da die Aufzeichnungen nicht die Wirklichkeit wiederspiegeln, sondern nur, was die Menschen schließlich daraus gemacht haben. Sie sollte aber nicht an ihrer Vision zweifeln nur, weil in dem Buch etwas seltsame Dinge aufgezeichnet sind."
„Wirkt ganz so als lief es bei euch besser als bei uns.", meinte Harry dann.
„Ron war sehr nett.", bestätigte Luna an Harry gewandt, „Außerdem wäre die Alternative wohl ich und Hermine, was dann doch etwas unfair ihr gegenüber wäre."
„Das klingt irgendwie herabwürdigend dir selbst gegenüber, hör auf damit.", widersprach Harry sanft.
„Ich habe etwas. Ignoriert erstmal, was hier sonst noch steht.", rief Hermine nun, „Aber es ist in etwa das, was ich gesehen habe. Sogar sehr spezifisch."
„Also, schieß los.", sagte Ron.
Hermine legte das Buch auf einen der Tische an der Wand und schlug es auf der passenden Seite auf.
„Koschchey.", murmelte Harry zu sich als könnte er die Überschrift lesen.
„Zwölftes Jahrhundert. Möglicherweise Bezug zur historischen Figur Könchek, die ungewöhnlich lange gelebt haben soll. Die Namensherkunft ist vielleicht ein militärischer Begriff der slavischen Kultur. Hier ist ein ganzer Abschnitt zu dem Thema.", murmelte Hermine.
„Überspring mal die Namensherkunft, das interessiert uns nicht sonderlich.", erwiderte Harry.
„Okay, Koschei als Antagonist in slavischer Mythologie. Wiederkehrende Legenden in unterschiedlichen Quellen sagen, dass er einen besonderen Schutz hat, um nicht getötet zu werden, da er…"
Ein Moment verging in Stille.
„Ja? Da er?", hakte Ron nach.
Hermine räusperte sich, „Da er seine Seele außerhalb seines Körpers aufbewahrt. Er hat sie in einer Nadel, die… in einem Ei steckt, das wiederrum in verschiedenen ineinander geschachtelten Tieren steckt, die an einem sicheren Ort aufbewahrt werden."
„Das klingt sehr appetitlich.", murmelte Ron.
„Weiter unten steht, dass es auch sein kann, dass die Mythologie sich hier Beschreibungen von alten türkischen Schutzamuletten borgt. Diese waren wohl oval und enthielten kleine eingravierte Spitzen, ähnlich dem Kopf einer Nadel. Genaueres ist bis heute nicht bekannt. Es gibt noch eine Diskussion zu möglichen christlichen Einflüssen.", fasste Hermine zusammen.
„Das überspringen wir auch. Weiß jemand, wo diese Nadel denn sein soll?", fragte Harry nun.
„Auf einer Insel, ich kann das nicht lesen.", sprach Hermine und zeigte auf ein kyrillisch geschriebenes Wort.
„Buyan.", las Harry irgendwie vor. Vielleicht wollte er nur angeben. Ron wusste es nicht.
„Manche Historiker glauben, dass Buyan der slawische Name für Rügen ist, was eine Insel über Deutschland ist. Buyan ist eine Insel, die die Fähigkeit hat, mit den Gezeiten zu verschwinden. Hier leben die Töchter eines Sonnengotts und die drei Brüder, der nördliche, westliche und östliche Wind."
„Die mögen es nicht, wenn man dort pupst?", fragte Ron nun. Wieder ein tolles Beispiel.
„Was?", fragte Hermine verdutzt.
„HA! Südlicher Wind.", rief Harry belustigt, „Sehr gut eingebracht, Ron."
„In jedem Fall soll die Insel wohl die Quelle von jedem Wetter sein, und die Wetter werden von dem Gott Perun herausgeschickt.", sprach Hermine weiter.
Harry seufzte, „Wenn das nicht nach einer weiteren verschluckten Zivilisation klingt, dann weiß ich nicht. Haben wir eine Karte?"
Luna schritt zur Seite und holte einen Atlas aus einem der Regale hervor.
„Die hier ist auf Russisch. Aber es ist zumindest eine Karte.", sagte sie.
„Na dann kann Harry direkt weiter angeben.", kommentierte Ron.
Sie breiteten die Karte aus. Diesmal musste Harry das Register verwenden. Er schlug eine große Ansicht auf Deutschland auf.
„Wehe wir finden heraus, dass wir dort hätten suchen müssen. Wir waren nämlich heute Morgen viel näher an Deutschland ran als jetzt.", murmelte Harry dann und suchte. Es war auch nicht schwer zu finden.
„Also diese Insel ist riesig und verdammt nah am Festland dran. Das klingt nicht wie eine Insel, die mit den Gezeiten verschwindet. Wir brauchen Abschriften von allem. Wir holen alle Informationen zu dieser Sage, den Persönlichkeiten und verwandten Themen heraus, bringen sie zu Thomas und er kann dann… Ich weiß eigentlich nicht. Uns wahrscheinlich sagen, dass wir unsere Zeit verschwendet haben.", wies Harry dann an und sie machten sich an die Arbeit.
X
X
X
Harry spürte Thomas bereits, bevor dieses in den Raum kam und nach ihren Ergebnissen fragte.
„Wir wissen, dass es nicht viel ist, aber wir haben hier wirklich alles durchsucht, was wir lesen konnten. Harry hat zusätzlich in manchen russischen Büchern mit seiner Gabe herumgesucht, aber alleine schafft er das nicht so effizient. Aber wir haben denke ich alles zusammen.", erklärte Hermine ein wenig aufgeregt.
Obwohl Hermine eigentlich keinen Grund dazu hatte, hatte sie sich mehr Mühe als normal gegeben. Vielleicht war Hermine in Gedanken ja noch bei möglichen beruflichen Chancen in der Zentrale von Sankt Petersburg.
Thomas sah sich eine von Hermine handgeschriebene Zusammenfassung an. Es vergingen ein paar Momente, in denen er vor ihnen hin und her lief und schließlich das Blatt zurückgab.
„Gute Arbeit. Die Quellen aus der Zeit haben alle etwas unter der Christianisierung gelitten, aber da wird sich nichts machen lassen.", schloss Thomas, „Wo ist Voldemort?"
„Immer noch hier.", antwortete Hermine.
Thomas nickte, „Ich gehe davon aus, dass er mindestens unseren Kenntnisstand hat. Wir arbeiten zwar effizient, aber er hat definitiv Methoden um an Informationen zu gelangen, die uns nicht zur Verfügung stehen. Ich glaube, wäre Rügen tatsächlich der Ort, wo wir suchen müssen, hätte er sich schon zurück begeben."
„Oder er möchte uns in die Irre führen, während er eine Portschlüsselverbindung aufbauen lässt. Vielleicht schleicht sich ein Todesser gerade dorthin um Voldemort einen Weg zu öffnen.", warf Harry ein.
„Das ist durchaus möglich. Wir können das auch herausfinden. Ich habe vage Ahnungen, wen Voldemort vielleicht kontaktiert haben könnte, aber nichts Konkretes. Ich weiß allerdings, wer das weiß.", antwortete Thomas, „Am Besten setzt ihr euch."
„Zwischenfrage.", fragte Ron, während sie sich Stühle holten, „Wo sind die Unsäglichen bei dieser Sache? Ich meine, ja, wir haben Harry und so, aber was ist mit den restlichen Leuten aus deinem Team?"
Thomas zeigte eine beinahe unsichtbare Reaktion. Harry hatte sie dennoch bemerkt. Es hieß nichts Gutes.
„Sie sind anderweitig eingebunden und ich werde zu diesem Zeitpunkt nicht ins Detail gehen.", erklärte Thomas kalt.
Sie setzten sich. Gespannt warteten sie darauf, dass Thomas etwas sagte. Er lehnte an der Wand in dem schwach beleuchteten Raum. Es verging ein Moment, in dem Thomas sie einfach nur anstarrte. Vielleicht wollte er abwägen, was er ihnen erzählen wollte. Harry fand, dass es überhaupt nicht wie Thomas wirkte. Am Anfang war er derjenige, der sich immer darüber aufregte, wenn die Leute nicht präzise genug waren.
„Konstantin Seidel.", sprach Thomas schließlich, „Weiß etwas darüber, wen Voldemort kontaktiert hat, als er hier angekommen ist."
„Super!", rief Ron, „Befragen wir ihn!"
Thomas' Handgeste brachte noch einmal Stille in den Raum.
„Er ist bereit, uns die Informationen zu geben, wenn wir ihm einen Gefallen tun. Ein Dorf wird von magischen Kreaturen belagert und wir sollen sie töten.", Thomas machte nochmal dieselbe abwehrende Handgeste, „Ich weiß, dass das wie eine Zeitverschwendung klingt."
„Die Frage ist doch nicht wie viel Zeit wir damit verschwenden.", warf Harry ein. Thomas wirkte etwas angespannt. Mehr als sonst. „Die Frage ist doch eigentlich, wieso wir ihm diesen Gefallen tun sollten und wieso die Zentrale von Sankt Petersburg sich nicht damit befasst."
Thomas schüttelte den Kopf, „Das fällt nicht in deren Zuständigkeitsbereich. Die russische Polizei möchte der Mann vermutlich ebenfalls nicht deswegen kontaktieren, weil er nicht weiß, inwieweit es Mechanismen für magischen Zwischenfälle in Russland gibt. Außerdem… Es gäbe vermutlich rechtliche Konsequenzen, wenn er sich offenbart, auch wenn es kaum Aufzeichnungen über ihn gibt."
„Er ist ein Nazi.", schloss Luna in einem sehr sachlichen Tonfall über den Harry in dem Moment durchaus dankbar war.
„Das beantwortet nicht die Frage.", erwiderte Harry, „Du lenkst ab, Thomas. Meinetwegen kann er sich nicht an die Behörden wenden, aber das sagt mir überhaupt nichts in Bezug auf die Frage, die ich gestellt habe, wieso wir ihm helfen sollten."
„Du hast Recht.", antwortete Thomas, „Aber die Wahrheit ist… Ich habe ihm bereits damit gedroht, anders an diese Information zu gelangen, allerdings zeigt er sich davon unbeeindruckt. Er sagt, er habe einen guten Grund, wieso er keine Angst vor mir hat. Ich glaube, dass er das auch wirklich denkt. Leider bin ich mir des Grundes nicht sonderlich sicher."
„Und ich nehme an, wenn die Unsäglichen einen Grund hätten, dann wäre er dir ebenfalls bekannt.", erwiderte Harry, „Also ist es etwas, was die Unsäglichen nicht wissen."
„Aber Thomas ist doch… Thomas ist doch schon sterblich.", warf Hermine ein, „Was könnte es noch sein?"
Harry schüttelte den Kopf, „So etwas Banales wie der Tod ist es denke ich nicht. Außerdem wäre der Mann dann in der Position, gegen Thomas kämpfen zu müssen. Ich gehe von rechtlichen Schwierigkeiten aus. Es gibt doch bestimmt Informationen, die der Mann hat, die gefährlich sein könnten."
Thomas nickte, „Da stoßen wir aber auf Schwierigkeiten. Ich habe keine Ahnung, was er womöglich wissen könnte. Doch wenn er tatsächlich etwas weiß, dann habe ich natürlich ein Problem. Konstantin Seidel war einer der Aufseher in Nurmengard, die dafür gesorgt haben, dass…"
„Was?", fragte Harry entsetzt, „Du möchtest uns sagen, dass einer deiner ehemaligen Aufseher noch am Leben ist?"
Thomas schmunzelte, „Wenn man bedenkt wie als Albus geworden war, und wie als Aberforth heute ist, ist es nicht verwunderlich, dass das so ist. Ich bin 74 und nicht 174."
„Du hättest das auch direkt sagen können.", kommentierte Harry darauf, „Wir fallen schon nicht um wenn du uns sagst, dass es um deinen alten Aufseher geht."
Thomas hielt inne.
„Irgendwas Gefährliches?", fragte Ron darauf.
„Kommt darauf an, was ihr als gefährlich empfindet. Er erwartet, dass Harry mit ihm redet und möchte niemand anderes darüber unterrichten, was er weiß.", erklärte Thomas.
„Das werden wir aber doch nicht tun oder?", warf Luna ein.
„Wie gefährlich ist er?", hakte Harry nach, „Er war zwar ein Aufseher, aber…"
„Ich bin überzeugt, dass zwei Zauberstäbe immer auf ihn gerichtet werden sein, während er mit Harry redet. Ich denke vielmehr, dass er meine Rolle in der IVZ als ungerecht empfindet.", sprach Thomas dann vorsichtig, „Er möchte meine Stellung untergraben."
Konstantin Seidel hat kein Interesse an der Stellung von Thomas, sprach die Stimme in Harrys Kopf.
Gibt es Neues von der anderen Seite?, fragte Harry zurück.
Dieser Mann hat keine persönliche Vendetta. Er möchte sich nicht rächen. Aber er sieht, was Thomas Grindelwald quält und er nutzt es, um ihn Schaden zuzufügen. Er tut es aus Bosheit, nicht mehr und nicht weniger., antwortete die Stimme.
„Harry?", fragte Ron von der Seite.
„Ich denke nach.", antwortete Harry.
„Streng dich nicht zu sehr an.", kommentierte Thomas.
Was ist denn das, was Thomas quält., fragte Harry nun in sich hinein. Er musste einfach seine Zweifel runterschlucken und die Informationsquelle nutzen, die ihm gegeben wurde. Luna drückte seine Hand in dem Moment in dem die Stimme anfing zu sprechen.
Finde es selbst heraus., antwortete die Stimme.
„Was?", rief Harry empört.
„Was was?", entgegnete Ron darauf.
Harry seufzte, „Ich weiß nicht, was wir von ihm zu befürchten haben, aber hinter Thomas Stellung ist er nicht her. Was kann er schon tun? Mit dem Mann zu reden wird wohl nicht so schlimm sein."
Thomas seufzte, „Ich weiß es wirklich nicht. Aber ich habe Egor dazu angestoßen, dass er das prüft. Wenn die Zentralen kein Vertrauen ineinander haben, dann können wir auch das Konzept der IVZ vergessen."
„Dazu habe ich noch eine Frage.", warf nun Hermine ein, „Sind alle in der IVZ gleichberechtigt?"
Thomas hob die Augenbrauen, „Du fragst, ob die Alliierten Mächte auch in der IVZ eine Sonderrolle haben. Die Antwort ist nein, es gibt keine Vetos und auch keinen weiteren Rat mit einer Sonderrolle. Die IVZ verwendet das Konzept von Komitees und die werden ohne Ausnahme aus verschiedenen Ländern mit speziellen Verfahren ausgewählt."
„Zurück zum…", setzte Ron an, doch ein Gong unterbrach ihr Gespräch.
In einem sehr starken Akzent bat sie ein Disponent, sich in das Büro eines Unsäglichen zu begeben.
„Ich fürchte wir müssen uns aufteilen. Harry kontaktiert Unsägliche und sorgt dafür, dass wir zu diesem Dorf kommen. In jedem Fall wollen wir auf jeden Fall mal schauen, was da los ist, bis wir mehr wissen. Dann benötigen wir Unterkunft. Mister Weasley kommt mit mir mit. Sobald ihr drei dort seid, kundschaftet die Umgebung aus. Ihr seid drei Leute, das sollte funktionieren.", wies Thomas an.
X
X
X
„Namen, mein lieber Thomas.", grüßte Egor sie ohne sich von dem Bearbeiten einer Akte abzuwenden.
„Was heißt das?", fragte Thomas. Er stellte sich direkt neben den Mann, aber Ron blieb lieber gegenüber dem Schreibtisch stehen.
„Das heißt, und ich kann nicht glauben, dass du das nicht selber herausgefunden hast, dass du in rechtlichen Schwierigkeiten bist."
„Weil Konstantin bestimmte Namen kennt?", fragte Thomas darauf.
„Genau. Und bevor du denkst, dass du ja eigentlich nicht mehr von der IVZ verfolgt werden kannst, heißt das nicht, dass die Familien der Opfer nicht noch das Recht haben, gegen dich vorzugehen. Der Trick, der dich die ganzen Jahre beschützt hat, ist einfach, dass niemand weiß, dass du für den Tod ihrer Angehörigen verantwortlich bist. Dein Pech hierbei ist gerade dann, wenn es andere Zauberer in diesen Familien gibt. Die sind nämlich nicht nur noch am Leben, sondern auch im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten.", schloss Egor.
„Privatpersonen können mich also belangen.", antworte Thomas, „Also, was kann ich tun?"
Egor lachte, sagte etwas Russisches, und antwortete dann, „Ich glaube nicht, dass das die richtige Frage ist. Aber wenn du es so sehen möchtest: Entweder du untergräbst Konstantins Anfrage und kontaktierst die Familien selbst und kannst dann mit ihm machen, was du möchtest, oder du machst einfach, was er möchte. Ich verstehe die Gefahr, die du darin siehst, aber es ist wirklich der weniger blutige Weg."
Thomas sah zu Ron herüber und Ron erinnerte sich wieder, wieso er mitkommen sollte.
„Ach, die drei von denen berichtet wurde?", fragte Egor dann, „Ich habe einiges davon gehört, allerdings sind wir nicht unbedingt besorgt, was die ganze Situation angeht."
„Das sind die USA auch nicht. Aber mal sehen, wie ihr euch fühlt, wenn Voldemort vor eurer Tür steht."
„Das werden wir dann wohl sehen. Also, Wunderknabe, was hältst du von der Situation?"
Ron musste, wie es mit seiner Gabe immer war, überhaupt nicht nachdenken, „Es ist sowas von keine gute Idee, die Familien zu kontaktieren, es sei denn, du möchtest sie alle umbringen."
Thomas seufzte, „Das heißt wohl, dass ich ein wenig Vertrauen haben muss, dass Konstantin uns nicht umbringen möchte."
„Das kann ich nicht sagen, aber falsch ist es in jedem Fall nicht, den Menschen in dem Dorf zu helfen.", erwiderte Ron.
Thomas seufzte, „Dann benötigen wir einen Schlachtplan. Wir kundschaften, planen und befragen. Ihr könntet euch ja selber eure Aufgaben aussuchen. Ich werde in der Zwischenzeit mein Team kontaktieren und in 24 Stunden, das ist morgen Abend, erwarte ich einen Bericht, was los ist und wie wir vorgehen."
„Aye Sir!", rief Ron mit einer Prise Ironie.
„Ach Thomas?", sagte Egor dann noch und sie wandten sich beide um, „Es bleibt aber trotzdem eine andere Frage, ob du nicht vielleicht belangt werden solltest. Vielleicht, nur vielleicht, haben die Familien ja das Recht auf Gerechtigkeit, egal, was du seitdem Gutes getan hast."
X
X
X
